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"Bomben werden die Bevölkerung nicht vor erneuten Giftgasanschlägen schützen"

Dokumentiert: Erklärung von Mitgliedern des Gesprächskreises Frieden der Rosa-Luxemburg-Stiftung


Im Folgenden dokumentieren wir einen Aufruf des Gesprächskreises Frieden der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Der Gesprächskreis hatte sich turnusgemäß am 29. August getroffen und sich über die aktuelle Lage in und um Syrien ausgetauscht. Ergebnis war u.a. die Erklärung "Keine Militärintervention in Syrien!", die von den anwesenden Mitgliedern des Gesprächskreises unterzeichnet wurde. Hier geht es zu einer druckfreundlichen pdf-Version des Aufrufs.

Keine Militärintervention in Syrien!

Der erbittert geführte Bürgerkrieg in Syrien rührt zu Recht an das Gewissen der Menschen auch in unserem Land. Der bewaffnete Kampf hat nach Angaben der UNO bereits über 100.000 Menschen das Leben gekostet. Nun hat der Krieg mit dem Einsatz von Giftgas eine neue grauenhafte Dimension erreicht. Chemische Waffen zur Kriegführung sind international geächtet. Ihr Einsatz verstößt damit gegen das humanitäre Kriegsvölkerrecht und ist unter keinen Umständen akzeptabel.

Wechselseitige Schuldzuweisungen beruhen bisher nur auf Vermutungen. Gesichert ist lediglich, dass beide Parteien über Giftgas verfügen.

Die Geschichte der fabrizierten Vorwände, um einen Krieg zu rechtfertigen, ist bekannt: Von dem Zwischenfall in der Tonking-Bucht im Vietnam-Krieg über das „Massaker“ an Babys in Kuwait bis zu den „Massenvernichtungswaffen“ im Irak – so wird auch jetzt der Chemieangriff benutzt, um militärische Sanktionen zu rechtfertigen. Die Rolle der Geheimdienste bei all diesen großen Täuschungsmanövern ist zu bekannt, als dass man ihren „Erkenntnissen“ heute noch glauben kann.

Auch in dieser verzweifelten Situation darf das Völkerrecht nicht geopfert werden. Selbst wenn sich herausstellen würde, dass die Armee Assads Giftgas eingesetzt hätte, wäre eine militärische Intervention ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats völkerrechtswidrig. Strafsanktionen sind auch dem Sicherheitsrat im Rahmen der UN-Charta verwehrt. Selbst für humanitäre Katastrophen ebenso wie für den Einsatz von Massenvernichtungswaffen und Völkermord ist für eine militärische Aktion ein Mandat des Sicherheitsrats notwendig. Die sog Schutzverantwortung (Responsibility to Protect) erlaubt den Staaten keine militärischen Maßnahmen ohne Mandat der UNO.

Eine bewaffnete Intervention in Syrien würde zu einer unkontrollierten Eskalation des Krieges führen. Raketenangriffe von US-Kriegsschiffen oder von Stützpunkten in der Region und Luftangriffe machen weder vor Zivilisten noch vor zivilen Einrichtungen halt. Die syrische Bevölkerung ist das größte Opfer dieses Bürgerkrieges gewesen. Es darf keine weiteren Opfer und Zerstörungen durch Bomben der USA und der NATO geben! Bomben werden die Bevölkerung weder vor erneuten Giftgasanschlägen schützen noch vor der Repression und Kriminalität des Assad-Regimes. Die begrenzte Wirkung sog. Präzisionswaffen ist eine Illusion. Krieg schützt nicht, sondern tötet. Außerdem droht ein verheerender Flächenbrand im ohnehin hochexplosiven Nahen Osten.

Wir fordern für eine politische Lösung:
  • Einen sofortigen Waffenstillstand.
  • Einstellung aller Waffenlieferungen an die Kriegsparteien in Syrien.
  • Eindeutige Klärung des Chemiewaffeneinsatzes durch die UNO.
  • Umgehende Einberufung der vereinbarten Friedenskonferenz in Genf, an der neben den USA und Russland auch der Iran beteiligt sein sollte.
Von der Bundesregierung fordern wir, sich weder direkt noch indirekt an militärischen Maßnahmen gegen Syrien zu beteiligen, sondern sich konstruktiv für eine politische Lösung einzusetzen.

Berlin, 29. August 2013

Mitglieder des Gesprächskreises Frieden der Rosa-Luxemburg-Stiftung:
Dr. Fritz Balke, Berlin * Dr. Erhard Crome, Berlin * Peter Delis, Frankfurt am Main * Wolfgang Grabowski, Botschafter a.D., Berlin * Lühr Henken, Berlin * Florian Höllen, Bielefeld * Prof. Dr. Raimund Krämer, Potsdam * Prof. Dr. Karin Kulow, Berlin * Prof. Dr. Claus Montag, Potsdam * David Noack, Berlin * Prof. Dr. Norman Paech, Hamburg * Prof. Dr. Helga Picht, Schönow * Prof. Dr. Werner Ruf, Kassel * Dr. Bärbel Schindler-Saefkow, Berlin * Prof. Dr. Wilfried Schreiber, Oberst a.D., Berlin * Dr. Arne Seifert, Botschafter a.D., Berlin * Ingar Solty, Berlin * Dr. Peter Strutynski, Kassel * Prof. Dr. Wolfgang Triebel, Berlin * Achim Wahl, Berlin


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