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Friedensratschlag: Hände weg von Syrien

Nach den israelischen Angriffen auf Syrien: Die Kriegsgefahr steigt / Friedensbewegung warnt vor Eskalation im syrischen Bürgerkrieg

Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag

Kassel, 6. Mai 2013 – Zu den jüngsten israelischen Luftangriffen auf Ziele in Damaskus erklärte der Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag in einer ersten Stellungnahme in Kassel:

Die jüngsten israelischen Luftangriffe auf Damaskus sind mit nichts zu rechtfertigen. Sie stellen einen Akt der Aggression gegen einen souveränen Staat dar, sind völkerrechtswidrig und eskalieren die Lage in der Nahostregion bis an den Rand eines Flächenbrands.

Die Rechtfertigung Israels, es handle sich bei den Angriffen um den „legitimen“ Versuch, iranische Waffenlieferungen an die libanesische Hisbollah zu vereiteln, reicht nicht einmal zur Beruhigung der engsten Bündnispartner. Zwar beeilte sich der Sprecher des Weißen Hauses, die Aktion als Akt der „Selbstverteidigung“ zu charakterisieren, wozu jeder Staat ein Recht habe. Darüber hinaus gab es aber keinerlei Beifall oder gar Ermutigung, diesen Kriegskurs fortzusetzen. Andere westliche Hauptstädte schweigen sich aus.

Zur Erinnerung: Zur Unterbindung des Waffenschmuggels an die libanesische Hisbollah hatte der UN-Sicherheitsrat 2006 eine Mission (UNIFIL) beschlossen, in deren Rahmen auch die Bundesmarine vor der Küste Libanons in Stellung gegangen ist. Dieses Mandat, das auf Resolution 1701 des Sicherheitsrats fußt, ist seither Jahr für Jahr verlängert worden. Der entscheidende Passus aus dieser Resolution lautet:

Der UN-Sicherheitsrat „fordert die Regierung Libanons auf, ihre Grenzen und anderen Einreisepunkte zu sichern, um zu verhindern, dass Rüstungsgüter und sonstiges Wehrmaterial ohne ihre Zustimmung nach Libanon verbracht werden, und ersucht die UNIFIL entsprechend der Ermächtigung in Ziffer 11, der Regierung Libanons auf deren Ersuchen hin behilflich zu sein“.

Falls Israel also der Meinung ist, dass unerlaubte Waffenlieferungen von Syrien nach Libanon bevorstehen, sind die Regierung in Beirut und das Hauptquartier der UNIFIL die Ansprechpartner und beauftragten Akteure. Dies ist offenkundig nicht geschehen. Die Aktion der israelischen Streitkräfte kann demnach nicht anders als ein Akt der Selbstjustiz eingestuft worden. So etwas ist sowohl innerstaatlich als auch in den internationalen Beziehungen verboten.

Auch von „Selbstverteidigung“ kann in diesem Fall keine Rede sein. Sie ist nach Artikel 51 der UN-Charta einem Staat nur erlaubt, wenn er militärisch angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar bevorsteht. Beides ist in diesem Fall eindeutig nicht gegeben.

Stattdessen trägt der Angriff dazu bei, den Bürgerkrieg in Syrien weiter anzuheizen und die bewaffneten Aufständischen in ihrem Kampf zu ermutigen. Diese Unterstützung von außen kommt in einem Augenblick, in dem die Rebellen Verdächtigungen ausgesetzt sind, im Krieg gegen das Regime chemische Kampfstoffe eingesetzt zu haben. Diesen Vorwurf erhob am Wochenende die UN-Ermittlerin und frühere Chefanklägerin des UN-Tribunals für das ehemalige Jugoslawien, Carla del Ponte. Die Ermittler hätten in benachbarten Ländern Opfer des Syrien-Krieges sowie Ärzte und Mitarbeiter von Krankenhäusern befragt, sagte del Ponte. "Auf Basis ihres Berichts von vergangener Woche gibt es einen deutlichen, konkreten Verdacht, aber noch keinen unwiderlegbaren Beweis für den Einsatz von Saringas, was die Art der Behandlung der Opfer angeht." Wann oder wo das Nervengas zum Einsatz gekommen sein könnte, sagte sie nicht. Hinweise darauf, dass die syrischen Regierungstruppen Sarin eingesetzt hätten, habe die UN-Kommission dagegen noch nicht.

Der Einsatz von Chemiewaffen gilt sowohl der israelischen als auch der US-Regierung als „rote Linie“, bei deren Überschreitung Konsequenzen angedroht werden. Man darf gespannt sein, wie Tel Aviv und Washington auf die Meldung aus der Schweiz reagieren. Die Zurückhaltung der Bundesregierung im Streit um die Chemiewaffen hebt sich aus dem Kriegsgeschrei positiv hervor und kann von der Friedensbewegung ruhig einmal gelobt werden.

Zusammen mit den Friedensbewegungen in den USA und Israel fordern wir die schleunige Einschaltung der Vereinten Nationen, die internationale Verurteilung jeglicher Aggression und Kriegsvorbereitung gegen Syrien sowie die Aufforderung an die syrischen Konfliktparteien zum Waffenstillstand und zu Verhandlungen. Nie war die Losung der Friedensbewegung „Hände weg von Syrien“ aktueller und richtiger als heute.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski, Sprecher



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