Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Friedliche Lösung durch Zweistaatlichkeit

Es häufen sich Proteste gegen die israelische Politik - Absage an jeden Antisemitismus

Am Wochenende vom 13./14. April fanden in mehreren Städten der Bundesrepublik, aber auch im Ausland, zahlreiche Demonstrationen gegen die israelische Kriegspolitik statt. Diese Demos wurden vornehmlich von ausländischen Mitbürgern getragen: Palästinensern, Arabern und moslemischen Gemeinden. Dagegen wurden hier und da Vorwürfe des "Antisemitismus" und der "Einseitigkeit" erhoben, in Berlin gab es sogar eine - randständige - Gegendemonstration. Auch aus meiner Sicht macht es durchaus einen Unterschied, ob man z.B. als betroffener Palästinenser gegen das erlittene Unrecht protestiert, oder ob man sich als Deutscher kritisch mit der Situation im Nahen Osten auseinandersetzt. Kritische Friedenswissenschaftler und Nahost-Experten und eine sensibilisierte Friedensbewegung stützen sich z.B. ausdrücklich auch auf die friedensorientierten Stimmen in der Konfliktregion - ob das die israelische oder palästinensische Friedensbewegung ist oder ob das Historiker oder Sozialwissenschaftler renommierter israelischer Universitätsinstitute sind. Soweit uns deren Analysen auch in deutscher Übersetzung zugänglich sind, machen wir auf unseren Internetseiten auch Gebrauch davon. (Wir danken an dieser Stelle ausdrücklich für die vielen anerkennenden Zuschriften!)

Im Folgenden dokumentieren wir zwei neuere Stellungnahmen aus der österreichischen und aus der christlichen Friedensbewegung, die sich sehr eingehend und differenziert mit dem Nahost-Konflikt befassen. Eine ähnlich argumentierende Stellungnahme - die schon etwas älter ist und die dramatische Entwicklung der letzten Wochen nicht reflektiert - hat im vergangenen Jahr der Bundesausschuss Friedensratschlag zur Diskussion gestellt (Einmischung erwünscht: Für eine Zivilisierung des israelisch-palästinensischen Konflikts ). Sie lehnte sich sehr stark an die 80 Thesen für ein neues Friedenslager der israelischen Friedensbewegung "Gush Schalom" an.


Für einen souveränen palästinensischen Staat

Gegen Ethnizismus und neue Kolonialpolitik im Nahen Osten
Für ein sofortiges Ende der israelischen Besatzung


Eine Stellung nahme der Friedenswerkstatt Linz

Der Amoklauf der israelischen Armee in den palästinensischen Gebieten muss gestoppt werden. Wir fordern den sofortigen Rückzug der israelischen Armee und das Ende der Besetzung. Wir verurteilen auch die palästinensischen Selbstmordattentate, aber die Wurzel des palästinensischen Aufstandes liegt in der strukturellen Gewalt der israelischen Besatzungspolitik. Millionen von Palästinensern wurden zu Flüchtlingen gemacht, die unter katastrophalen Bedingungen seit Jahrzehnten in Flüchtlingslagern hausen. Jene, die sich nicht verteiben ließen, leben unter dem Stiefel der israelischen Besatzungsmacht. Die seit 1967 von Israel besetzten Gebiete sind - so linke Abgeordnete in der Knesset - "Ghettoland". Mittlerweile wurden 200.000 israelische Siedler in den besetzten Gebieten angesiedelt. Das ist nicht nur ein klarer Verstoß gegen internationales Völkerrecht, das die Besiedelung und Konfiszierung besetzter Territorien untersagt. Diese Besiedlung zerschneidet auch das soziale Leben: den 200. 000 Siedlern stehen rund 3 Millionen Palästinenser gegenüber. Diese 7 Prozent Siedler verfügen 75 Prozent der knappsten und kostbarsten Ressource in der Region - Wasser. Die Palästinenser leben auf engstem Raum zusammengepfercht, besonders drastisch im Gaza-Streifen. 7.000 Siedler (=0,7%) verfügen dort über 30 bis 40 Prozent des Territoriums, eine Millionen Palästinenser lebt auf dem Rest. Die israelischen Siedlungen sind so gestaltet, dass die palästinensischen Gebiete kreuz und quer durchschnitten werden. Den Palästinensern bleiben von Militär umzingelte "Bantustans", die für sich nicht lebensfähig sind. Zwei Drittel der Palästinenser leben unter der Armutsgrenze. Insgesamt kontrollieren die Palästinenser trotz Autonomiestatut nur rund 18 Prozent der besetzten Territorien und auch hier beschränkt sich die Kontrolle auf die "Erdoberfläche", d. h. es gibt kein Verfügungsrecht über die Bodenschätze und den Luftraum. Diese expanisve Siedlungspolitik wird von oben gemacht. 80 % der Siedler sind ökonomische Siedler, d. h. sie gehen in die besetzten Gebiete, weil ihnen dort von der Regierung günstiger Wohnraum geboten wird.

Friedliche Lösung erfordert Zweistaatlichkeit

Die Lösung des Israel-Palästina-Konflikts besteht angesichts der derzeitigen Eskalation nur mehr in der Zweitstaatlichkeit:
  • Rückzug der israelischen Armee gemäß der UNO-Resolution 242 auf das Gebiet vor 1967
  • Errichtung eines souveränen palästinensischen Staates auf dem Gebiet des Westjordanlandes bzw. Gazastreifens mit Ostjerusalem als der Hauptstadt (mit einer gemeinsamen Verwaltung der heiligen Stätten)
  • Rückzug der israelischen Siedlungen bzw. Landtausch
  • Anerkennung des Unrechts an den palästinensischen Flüchtlingen, Rückkehr bzw. Entschädigung
  • Internationale Wirtschaftshilfe für die Errichtung eines palästinensischen Staates und die humane Lösung der Flüchtlingsfrage
  • Stopp der Waffenexporte in die Nahost-Region und großzügige internationale Wirtschaftshilfe zum Aufbau der wirtschaftlichen und sozialen Infrastrukturen.
Westliche Großmachtsinteressen im Nahen Osten

So sehr wir die Politik der Regierung Scharon ablehnen, so sehr müssen wir auch sehen, dass die Ursachen Nahost-Konflikts nicht losgelöst von der europäischen und US-amerikanischen Großmachtspolitik betrachtet werden kann. Es war die Erfahrung mit Holocaust und Vernichtungskrieg des deutschen Nationalsozialismus, die der Idee eines eigenständigen jüdischen Staates zum Durchbruch verholfen haben, um den verfolgten Juden eine sichere Heimstatt zu gewähren. Dieses legitime Interesse an einem eigenen Staat wurde jedoch von den europäischen Kolonialmächten von Anfang an für ihre Interessen instrumentalisiert. Der Staat Israel wurde zum "Frontstaat" gegen die arabischen Länder hochgerüstet, um die westlichen Wirtschaftsinteressen in einer der rohstoffreichsten Regionen der Welt gewaltsam abzusichern. Britische und französische Truppen lieferten nicht nur Waffen an Israel, sondern griffen 1956 direkt in die Kämpfe ein, als Ägypten den Suez-Kanal verstaatlichten wollte. Mit dem Niedergang der europäischen Kolonialmächte in der Nachkriegszeit wurde Israel zunehmend zum waffenstarrenden Statthalter der US-Politik zur Sicherung der geostrategischen Kontrolle des Nahen Ostens. Opfer dieser Politik waren und sind sowohl die arabische Bevölkerung, insbesondere die Palästinenser, aber auch die Mehrheit der israelischen Bevölkerung, die die Existenz als Kolonialmacht mit der Militarisierung der israelischen Gesellschaft und der permanenten Gefährdung der eigenen physischen Existenz und der ihres Staates zu bezahlen haben. Nachdem in den 90er Jahren mit dem Friedensprozess von Oslo zunächst Friedenshoffnungen aufgekommen waren, hat sich die Situation in den letzten Jahren wieder dramatisch verschlechtert. Der unmittelbaren Gründe für das Scheitern der Verhandlungen von Camp David und Taba im Jahr 2000 sind umstritten und reich an gegenseitigen Schuldzuweisungen. Tatsache aber ist, dass der Friedensprozess vor allem an der Enttäuschung der Masse der Palästinenser gescheitert ist, für die sich durch den Friedensprozess nichts an der fortgesetzten strukturellen Gewalt in den besetzten Gebieten und der miserablen sozialen Situation geändert hat.

Palästina als nächster "Hinterhof"? Eine weitere - vielfach unterschätzte - Komponente tritt in den letzten Jahren hinzu: die ehemaligen europäischen Kolonialmächte beginnen über die EU wieder Großmachtsinteressen in der Region anzumelden. Die Nahost-Region liegt im deklarierten Einsatzbogen der EU-Armee, die ab 2003 einsatzbereit sein soll. So wie die US-Politik jahrzehntelang die legitimen Interessen der Juden an einem eigenständigen Staat instrumentalisierte, um die Region politisch zu kontrollieren, so beginnt zunehmend die EU die legitimen Ansprüche der Palästinenser zu instrumentalisieren, um - in Rivialität zur USA - politisch und militärisch in der Erdölregion Nummer 1 Fuß zu fassen. Der Kern des Plans der deutschen Außenministers Fischer zielt darauf ab, EU-Truppen in der Region zu implementieren. Wir lehnen die derzeitige israelische Politik entschieden ab, aber die nun in Deutschland aufflammende Gleichsetzung der israelischen Politik mit den Verbrechen der Nazis, ist unerträglich. Damit wollen die deutschen Eliten den Holocaust relativieren, um wieder freie Hand für die neue Eroberungspläne zu bekommen. Erinnern wir uns: mit der "Auschwitzlüge" (der Gleichsetzung von Hitler und Milosevic) haben Schröder, Fischer und Scharping den Angriffskrieg auf Jugoslawien gerechtfertigt. Heute wird der Balkan in deutschen Medien bereits stolz als "unser Hinterhof" be-zeichnet. Der deutsche Bundeskanzler Schröder hat bereits angedeutet, dass er deutsche Soldaten auch in Palästina sehen möchte. Palästina als nächster "Hinterhof"?

Brandstifter als Feuerwehr?

Der Nahost-Konflikt droht zum Stellvertreterkrieg zwischen US-amerikanischen und EU-europäischen Großmachtsrivalitäten um die erdölreichste Weltregion zu werden. Es ist daher vollkommen absurd, die Lösung des Israel-Palästina-Konflikts den westlichen Großmächten anzuvertrauen. Sie schüren das Feuer, um sich hernach als vorgebliche Feuerwehr ein Mandat für militärische Präsenz zu verschaffen. Die Großmächte haben ein Interesse an der ethnizistischen, d. h. religiös und kulturell verbrämten Zuspitzung des Konflikts. Die Ethnisierung macht eine Konfliktlösung unverhandelbar, sodass die dauerhafte Präsenz der Großmächte als "Sicherheitsgaranten" unverzichtbar erscheint. Der von der EU abgesegnte Plan Deutschlands läuft letztlich darauf ab, auch die Nahost-Region als "Protektorat" unter den Großmächten aufzuteilen. Die Blaupausen dafür existieren bereits in Bosnien, Kosovo, Mazedonien, Afghanistan. Die Instrumentalisierung der UNO für diese neue Form der Kolonialpolitik tritt das Grundanliegen der UNO-Charta nach einer "Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker und Nationen" mit Füßen.

Gegen Ethnizismus und neue Kolonialpolitik

Wir treten für eine zweistaatliche Lösung ein, und als friedensbewegte Menschen ist unsere Perspektive ebenso multiethnisch wie antikolonialistisch. Wir unterstützen den Kampf der Palästinenser für das Ende der Besatzung und einen eigenen Staat. Dafür gibt es Verbündete in der israelischen Gesellschaft, selbst innerhalb der Streitkräfte werden Stimmen lauter, die ein Ende der Besatzungspolitik fordern. Wir solidarisieren uns mit jenen Kräften auf beiden Seiten, die die Wurzeln nicht in religiösen und kulturellen Unterschieden, sondern in Armut und Aufrüstung, Unterdrückung und Besetzung sehen. Wir streiten auf der Seite jener, die sich für die friedliche Koexistenz zweier Staaten - Israel und Palästina - einsetzen: als souverän und demokratisch Staaten und nicht als waffenstarrende Statthalter rivalisierender Großmachtinteressen.


Ökumenisches Friedensnetz Düsseldorfer Christinnen & Christen:

Leitgedanken

für eine Kritik an der menschenverachtenden Militär-Politik der Regierung Ariel Sharons im Hinblick auf "antisemitische" Gefahren bei uns

Unsere menschliche Solidarität ist mit Blick auf den Konflikt im Nahen Osten unteilbar. Sie gilt gleichermaßen den israelischen wie den palästinensischen Menschen. Sie sind unsere Schwestern und Brüder. Zusammen mit einer breiten Ökumene setzen wir uns ein für einen Frieden beider Völker mit der Zielsetzung: "Gerechtigkeit für das palästinensische Volk im eigenen Staat, ohne Besetzung; Sicherheit für das israelische Volk ohne Bedrohung und Angst; Achtung der Menschenrechte aller Bürger und eine Zukunft in Gleichheit, die die Möglichkeit zu Vergebung öffnet." Ohne eine Überwindung des Kreislaufs von Angst, Gewalt und Rache kann es für Israelis und Palästinenser keinen Frieden geben.

Menschen jüdischen Glaubens in Israel und überall auf der Welt kritisieren öffentlich die Politik der derzeitigen israelischen Regierung. Gleichzeitig vermischen andere Stimmen durch irrationale Strategien Fragen des Glaubensbekenntnisses, der ethnischen Zugehörigkeit und der aktuellen nationalen Politik. Zum einen tun das jene, die in unzulässiger Weise jede Kritik an der nationalen israelischen Politik als "Antisemitismus" diffamieren. Zum anderen tun dies auch diejenigen Stimmen, die ihre abscheuliche antisemitische Gesinnung heuchlerisch im Gewand einer Kritik an der israelischen Militärpolitik transportieren.

Angesichts dieser dumpfen Vermengungen und der bleibenden Gefahren des Antisemitismus legen wir die folgenden Leitgedanken vor. Wir werden diese Grundsätze nicht bei jeder Gelegenheit wiederholen.

(1) Die Glaubensgeschichte Israels hat die gesamte Völkerwelt für alle Zeiten mit ihrem Reichtum beschenkt. Sie verbindet insbesondere Juden, Christen und Muslime auf der ganzen Welt. In der prophetischen Religion des Volkes Israel ist die Botschaft von der unbedingten Würde jedes Menschen und der Unverletzbarkeit jedes Menschenlebens, die Verbindung von Gottesehrfurcht und Mitmenschlichkeit sowie die Vision eines umfassenden Friedens aller Völker begründet.

(2) Zahlreiche Juden, darunter etwa Martin Buber und Albert Einstein, gehören zu den wunderbarsten Vertretern einer universalen menschlichen Solidarität und haben ihre antimilitaristische Gesinnung auf unvergleichliche Weise zum Ausdruck gebracht. Das halten wir nicht für einen Zufall. Unter den Gründervätern des heutigen Staates Israel lebte die Überzeugung, dass die Leiden eines einzigen arabischen Kindes ihre Bewegung Lügen strafen würde.

(3) Zu den größten Verbrechen der Menschengeschichte gehören "Antisemitismus" bzw. "Antijudaismus" in Gesinnung und Tat. Für dieses Verbrechen, das in einem millionenfachen Massenmord mündete, trägt die sogenannte "christliche Kulturwelt" eine weit zurückreichende Verantwortung. Der unbeschreibliche Massenmord an Juden im faschistischen Deutschland ist eine dunkle Last, ohne die Gründung, Geschichte und Politik des Staates Israel kaum richtig verstanden werden können. Wenn Überlebende des Holocaust und Nachfahren der Holocaust-Opfer von "Sicherheit" reden, dann meinen sie keine leicht dahergesagte Stärke-Floskel.

(4) Mittelbar ist dieser geschichtliche Hintergrund auch für die Leiden des palästinensischen Volkes mitverantwortlich. Ganze palästinensische Generationen leiden bis heute unter Fluchtschicksal, Verfolgung, willkürlicher Militärherrschaft, kollektiver Demütigung und Missachtung. Der palästinensische Befreiungskampf ist auf dem Boden von Ungerechtigkeit und Unterdrückung gewachsen. Im jahrzehntenlangen Zirkel von Gewalt und Gegengewalt haben sich Hass und Feindseligkeit im Nahen Osten in den Herzen von Menschen tief eingenistet. Eine Versöhnung zwischen Palästinensern und Israelis scheint uns nur vorstellbar, wenn Erinnerung und das gegenseitige Eingestehen von Schuld möglich werden.

(5) Wir können nicht ignorieren, dass die berechtigte Kritik an der politischen Führung des Staates Israel aktuell einhergeht mit der Gefahr neuer antisemitischer bzw. antijudaistischer Parolen und Gewalttaten in Europa. Erklärte Antisemiten finden einen willkommenen Anlass, ihrer abscheulichen Gesinnung Ausdruck zu verleihen. Das giftige Erbe des Antisemitismus schlummert als unbewusste Haltung vielleicht in mehr europäischen Menschen, als wir ahnen. Dieses Gift kann sich aktuell auch auf dem Weg politischer Stellungnahmen Bahn verschaffen. Als christliches Friedensnetz distanzieren wir uns prinzipiell von jeglichem Antisemitismus, wie verdeckt oder offen er sich auch immer ausdrücken mag. Wir sehen uns damit in einer selbstverständlichen Übereinstimmung mit der gesamten Friedensbewegung.

(6) Gleichzeitig distanzieren wir uns von jeglicher Sympathie für vergangene oder zukünftige Selbstmordattentate, denen israelische Männer, Frauen oder Kinder und irregeleitete Palästinenser zum Opfer fallen. Terrorakte mit unschuldigen Opfern können in unseren Augen kein legitimes Mittel eines palästinensischen Befreiungskampfes sein. Mord bleibt Mord, und Opfer bleiben Opfer. Daran können auch verstehbare Hintergrundmotive, eine "gerechte Sache" oder die Ohnmacht von Befreiungskämpfern angesichts einer gewaltigen militärischen Übermacht nichts ändern.

(7) Die menschenverachtende Politik des derzeitigen israelischen Regierungschefs Ariel Sharon hat ihre völlige Unfähigkeit zur Beförderung des Friedens im Nahen Osten endgültig offenbart. Sie hat den Terror - u.a. durch mutwillige Provokationen - weiter angestachelt, Menschenrechte vor den Augen aller Welt durch staatlichen Terror missachtet und Vorgaben der Internationalen Staatengemeinschaft beharrlich ignoriert. Aktuell hat sie dem Frieden offen den Krieg erklärt. Am 9.1.2002 warnte die frühere Erziehungsministerin Shulamit Aloni davor, die verbrecherische Politik Sharons durch den "Antisemitismus-Vorwurf" ständig gegen Kritik zu immunisieren. (www.gush-shalom.org). Andere Stimmen in Israel möchten Sharon vor dem Internationalen Gerichtshof für Kriegsverbrecher sehen, dessen Statuten Israel und die USA noch nicht ratifiziert haben (vgl. ebd.). Unsere Kritik steht in Solidarität mit der israelischen Friedensbewegung, in der sich das kostbarste Erbe des israelischen Volkes und der ganzen Menschenfamilie ausdrückt.

(8) Wir halten es für unabdingbar, die aktuelle weltpolitische Folie zu benennen, vor der sich die Militärpolitik der israelischen Regierung vollzieht. Hier liegen "Vorbilder" offen zutage. Terrorbekämpfung und mythologische Feindbildpropaganda gegen "das Böse" dienen seit einem halben Jahr forciert zur Begründung westlicher Kriegspolitik und westlicher Kriegsankündigungen. Die Gefährdung des Weltfriedens durch neue Gewaltkreisläufe und Eskalationsrisiken wird verharmlost. Die Weltmacht USA zeigt keine Neigung, ihre Militärpolitik unter die Oberhoheit der Internationalen Staatengemeinschaft zu stellen. Menschen- und Bürgerrechte, Errungenschaften der Völkergemeinschaft wie die Genfer Konvention, internationale Abkommen über Nuklearwaffen, durchgreifende Maßnahmen auf dem Weg zu einer gerechteren Weltwirtschaftsordnung, all das wird Schritt für Schritt zur Disposition gestellt. Gleichzeitig sind die Freiheit der Medien und das Recht auf umfassende Information ernsthaft gefährdet. Tausende von zivilen Todesopfern im Rahmen der sogenannten Terrorbekämpfung werden uns nicht gezeigt und zynisch zu " Kolateralschäden" erklärt. Die aktuelle Politik der israelischen Regierung ist auch auf diesem Hintergrund einer "neuen Vorbildmoral" innerhalb der westlichen Welt zu sehen. Wir können nicht einsehen, dass Politiker, die dagegen ihre Stimme nicht erheben, nun das Recht haben sollten, sich lautstark und heuchlerisch bezogen auf den Nahost-Konflikt als Kriegsgegner zu profilieren. Für Frieden, Friedenssicherung und globales Menschrecht kann es nur ein Maß geben.

Düsseldorf, 6.4.2002


Zurück zur Seite "Naher Osten"

Zurück zur Israel-Seite

Zurück zur Homepage