Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Der Weg nach vorn / The Way Forward: Für einen Nahen Osten ohne Massenvernichtungswaffen

Bericht von einer Konferenz der Friedensbewegung in Helsinki


In der Zeit vom 15.-16. Dez. fand in Helsinki eine internationale Konferenz der Friedensbewegung statt, um zu beraten, wie der Prozess einer UN-Konferenz für eine Zone frei von Massenvernichtungswaffen für den Mittleren und Nahen Osten unterstützt werden Könnte. Die Konferenz hatte dadurch eine zusätzliche Aktualität erhalten, dass die für den 17.-18. Dez. vorgesehene UN-Konferenz zum selben Thema kurzfristig auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Israel hatte seine Teilnahme aus nicht näher bekannten Gründen abgesagt.

Mohssen Massarrat nahm an der Konferenz der Friedensbewegung teil und schickte uns deren Bericht, den wir im Folgenden in deutscher und englischer Sprache dokumentieren.

Laut Massarrat war die Frage, wie sich die UN-Konferenz von der Blockadehaltung Israels lösen und starten könne, zum wichtigen Thema der Konferenz geworden. Den Teilnehmer/innen wurde ziemlich schnell klar: Die UN-Konferenz müsste auf jeden Fall so bald wie möglich starten, selbst wenn Israel sich weigern sollte. Massarrat weiter: "In welcher Welt leben wir eigentlich? Ein Land bedroht ein anderes Land permanent mit Krieg, weil es angeblich Atomwaffen bauen will und ausgerechnet boykottiert eben dieses Land eine UN-Konferenz, die dafür sorgen will, dass ein Wettrüsten bei Massenvernichtungsmitteln im Mittleren und Naheon Osten ein Ende findet. Und alle Welt tanzt trotzdem nach der Pfeife eben dieses einzigartigen Staates - verrückt, oder? Wollen wir hoffen, dass in 2013 die Welt endlich anfängt, ihre Verrücktheiten durch Venunft und Menschenverstand ersetzt und auch ein wenig friedlicher wird."


Der Mittlere Osten ohne Massenvernichtungswaffen, ein zivilgesellschaftlicher Beitrag

Der Weg nach vorn

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz „Der Mittlere Osten ohne Massenvernichtungswaffen, der Weg nach vorn – ein zivilgesellschaftlicher Beitrag“, die vom 14. bis 16. Dezember 2012 in Helsinki stattfand, begrüßen die Vereinbarung der NVV-Überprüfungskonferenz von 2010, dass der „UN-Generalsekretär und die Co-Sponsoren der Resolution von 1995, in Absprache mit den Staaten der Region, für 2012 eine Konferenz einberufen werden, an der alle Staaten des Mittleren Ostens teilnehmen sollen – eine Konferenz zur Schaffung einer Zone frei von Atomwaffen und allen anderen Massenvernichtungswaffen im Mittleren Osten auf der Grundlage von frei getroffenen Vereinbarungen zwischen den Ländern der Region und mit voller Unterstützung und Mitwirkung der Staaten in Atomwaffenbesitz“ und den jährlichen Konsensbeschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Schaffung einer Atomwaffenfreien Zone im Mittleren Osten (A/RES/67/28).

Die Anwesenden der gegenwärtigen zivilgesellschaftlichen Konferenz sind empört über die Entscheidung, den Zeitpunkt der Konferenz „neu abzustimmen“. In Anbetracht der Tatsache, dass es bereits Androhungen eines umfassenden Krieges bzw. von Formen der Kriegführung gegen den Iran gibt, ist die Vertagung der Konferenz eine ernsthafte Bedrohung für den Frieden im Mittleren Osten.

Wir sind der Ansicht, dass die Konferenz und ein Prozess zur Schaffung einer Atom- und Massenvernichtungswaffenfreien Zone, für die Sicherheit der Menschen in der Region und den Friedensprozess von enormem Nutzen sein würde.

Die Existenz von Massenvernichtungswaffen in der Region, insbesondere der Atomwaffenbesitz Israels, darf nicht aufrechterhalten werden und verleiht der Konferenz daher entscheidende Bedeutung.

Die Konferenz wäre von historischer Wichtigkeit für die Zukunft der Region und den Weltfrieden und muss daher so bald wie möglich stattfinden.

Wir glauben, dass der Dialog, der notwendig ist, um eine solche Zone zu schaffen, helfen wird, Konflikte zu verhindern. Damit er erfolgreich sein kann, darf er jedoch nicht unter Zwang oder Kriegs- bzw. Angriffsdrohungen geführt werden.

Die gegenwärtige Versammlung schlägt die folgenden Empfehlungen zur Unterstützung des Prozesses vor:

An die Einberufenden der Konferenz: Die Russische Föderation, das Vereinigte Königreich, den Generalsekretär der Vereinten Nationen und die Vereinigten Staaten: [1]
  1. Wir dringen auf die unverzügliche Festlegung eines Datums, welches öffentlich bekannt gegeben wird, selbst wenn nicht jeder Staat seine Absicht teilzunehmen erklärt hat. Ein Datum zu bestimmen und Einladungen zu verschicken, erhöht den positiven Druck auf alle Staaten sich zu beteiligen.
  2. Wir drängen darauf, dass die internationale Unterstützung der Konferenz durch eine Resolution der UN-Generalversammlung nochmals bestätigt wird und sie damit gänzlich unter die Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stellt.
  3. Wir fordern alle einberufenden Instanzen auf, den Entscheidungs- und Schlichtungsprozess zu unterstützen, indem sie alles unterlassen, was zur Isolation irgendeines bestimmten Landes in einem Prozess führen könnte.
An den Vermittler der Konferenz, Botschafter Jaakko Laajava:
  1. Wir danken Ihnen für Ihre fortwährenden und unermüdlichen Bemühungen die Konferenz zu ermöglichen.
  2. Wir bitten Sie dringend, sich eingehender mit der regionalen Zivilgesellschaft als Interessengruppe zu beraten, um die Notwendigkeit der Transparenz Ihrer Vorbereitungen deutlich zu machen.
  3. Wir bitten Sie dringend, vorbereitende Arbeitssitzungen (auf höchster diplomatischer Ebene) abzuhalten, um Vereinbarungen über die Rahmenbedingungen der Konferenz zu treffen und die Teilnahme aller Staaten der Region zu ermöglichen. Wir fordern Sie weiterhin auf, einen Platz für die Zivilgesellschaft während dieser Sitzungen hinzuzufügen.
An die Staaten der Region:
  1. Wir fordern, dass alle Staaten in gutem Glauben an der geplanten Konferenz teilnehmen und sich aktiv an den Diskussionen beteiligen, welche nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit, des wechselseitigen Entgegenkommens und gemeinsamen Nutzens geführt werden.
  2. Wir fordern alle Staaten auf, ohne Zurückhaltung und Vorbedingungen, ihren Einsatz für die Schaffung der Zone zu verkünden und konstruktiv an der Realisierung der Konferenz zu arbeiten.
  3. Wir fordern höhere Transparenz hinsichtlich Atomwaffen und anderer Waffen in der Region.
An die Zivilgesellschaft:
  1. Wir drängen die internationale Zivilgesellschaft die Öffentlichkeit, Parlamente und Regierungen in ihren Ländern zu mobilisieren, um die schnellstmögliche Einberufung der Konferenz zu gewährleisten und die Idee einer Massenvernichtungswaffenfreien Zone (WMD Free Zone) als friedliche Alternative zum Spuk eines regionalen Krieges im Mittleren Osten zu erkennen.
  2. Wir fordern die Zivilgesellschaft und die Wissenschaft auf, mit einer Track II-Diplomacy fortzufahren und inoffizielle Dialoge zwischen den Menschen in der Region zu fördern, um Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittleren Osten zu stärken. Wir drängen die Mitglieder der Zivilgesellschaft, Berichte, Analysen, Veranstaltungen und Empfehlungen für die Schaffung einer Massenvernichtungswaffenfreien Zone an zentraler Stelle öffentlich zu machen.
  3. Wir begrüßen und unterstützen den Zuwachs an zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen, die in der Region arbeiten, einschließlich der Bewegung für eine Massenvernichtungsfreie Zone in Israel. Wir fordern alle Beteiligten auf, praktische und finanzielle Unterstützung für die Zivilgesellschaft in der Region zur Verfügung zu stellen, um sie bei ihren anhaltenden Bemühungen zu unterstützen.
Wir betonen die Notwendigkeit, dass alle Staaten geltendes Internationales Recht, die Charta der Vereinten Nationen, die umfassende Umsetzung des Nichtverbreitungsvertrages für Atomwaffen, die C-Waffen-Konvention und das B-Waffen-Übereinkommen sowie den Beschluss der Generalkonferenz der Internationalen Atomenergie-Organisation von 1990 zum Verbot aller bewaffneten Angriffe auf Kernenergieanlagen respektieren.

Letztendlich ist uns bewusst, dass Spannungen weder in einem Vakuum entstehen noch gelöst werden. Chemische und biologische Waffen sind jeweils Gegenstand einer spezifischen Konvention, welche allgemeingültige, faire Regeln gegen ihre Entwicklung, Erwerb sowie ihren Besitz und Einsatz aufstellt. Wir fordern alle Länder dazu auf, ein rechtlich bindendes Verbot von Atomwaffen zu unterstützen. Wir glauben, dass multilaterale Verhandlungen über einen Atomwaffenvertrag die Schaffung einer Massenvernichtungswaffenfreien Zone im Mittleren Osten erleichtern und unterstützen würden.

[1] Dies sind laut Schlussdokument der NVV-Überprüfungskonferenz 2010 die einberufenden Instanzen der Konferenz.


The Way Forward

Participants at "The Middle East without Weapons of Mass Destruction, the Way Forward - Civil Society Input" conference, meeting in Helsinki 14-16 December 2012, strongly welcome the agreement at the NPT Review Conference in 2010 that the "Secretary- General of the United Nations and the co-sponsors of the 1995 Resolution, in consultation with the States of the region, will convene a conference in 2012, to be attended by all tates of the Middle East, on the establishment of a Middle East zone free of nuclear eapons and all other weapons of mass destruction, on the basis of arrangements freely rrived at by the States of the region, and with the full support and engagement of the uclear-weapon States" and the annual consensus resolution at the UNGA on the stablishment of a Nuclear Weapons Free Zone in the Middle East Region (A/RES/67/28).

Attendees at this civil society conference are outraged at the decision to 'readjust the timing' of the Conference. Given the fact that there are already threats of outright war and forms of warfare aimed at Iran, the postponement of the Conference is a serious threat to peace in the Middle East.

We recognise that the Conference and a process to establish a zone free of nuclear and other weapons of mass destruction would have a tremendous benefit for the security of the people of the region, and the peace process.

The existence of weapons of mass destruction in the region, and especially the possession of nuclear weapons by Israel cannot be maintained, and make the Conference vitally important.

The Conference would be of historical significance for the future of the region and for world peace and must, therefore, take place as soon as possible.

We believe that the dialogue necessary to create such a zone will help to prevent conflict, and to be successful cannot be entered into coercively or under threat of war or attack.

This gathering offers the following recommendations to support this process:

To the Conference Convenors: The Russian Federation, the United Kingdom, The United Nations Secretary-General and the United States:
  1. We urge a date to be set without delay and announced publicly, even if not every state has declared their intent to participate. Setting a date and sending out invitations increases positive pressure for all States to attend.
  2. We urge that global support for the Conference be reaffirmed through a resolution at the UN General Assembly, thereby bringing it fully under the auspices of the UN.
  3. We call on all convenors to aid the process of arbitration by refraining from any action that would isolate any particular country in any process.
To the Conference Facilitator, Ambassador Jaakko Laajava:
  1. We thank you for your continued and untiring efforts to facilitate the Conference.
  2. We urge you to consult further with regional civil society as stakeholders, demonstrating the necessity of transparency in your preparations.
  3. We urge you to hold preliminary working meetings (at a senior diplomatic level) to gain agreement on conference modalities and facilitate participation of all states in the region at the Conference. We urge you to add a place for civil society during those meetings.
To the States of the region:
  1. We urge that all States attend the proposed Conference in good faith and engage in discussions that are held in the spirit of reciprocity, mutual accommodation and mutual benefit.
  2. We urge all States to declare, without reservations or pre-conditions, their commitment to the establishment of a zone and to work constructively towards the realisation of the Conference.
  3. We call for increased transparency on nuclear weapons and other weapons of mass destruction in the region.
To Civil Society:
  1. We urge global civil society to mobilise public opinion, parliaments and governments in their own countries to ensure the immediate convening of the Conference and to recognise the idea of a WMD Free Zone as the peaceful alternative to the spectre of regional war in the Middle East.
  2. We urge global civil society and academia to continue holding track two dialogues and promoting unofficial dialogues among those in the region to promote security and cooperation in the region. We urge civil society members to post reports, analysis, events, and recommendations, for the creation of a zone to a centralised location.
  3. We welcome and support the rise of civil society organisations and initiatives working in the region, including the movement in Israel for a Weapons of Mass Destruction Free Zone.
We urge all stakeholders to provide practical and financial support for civil society in the region in their on-going efforts. And emphasize the need for all states to respect international law, the United Nations charter, the comprehensive implementation of the nuclear Non-Proliferation Treaty, the Chemical Weapons Convention and the Biological Weapons Convention as well as the 990 General Conference Resolution of the International Atomic Energy Agency on the prohibition of all armed attacks against nuclear installations.

Finally, we recognise that tensions are not created or resolved in a vacuum. Chemical and iological weapons are each the subject of a specific convention that sets a universal, fully comprehensive and non-discriminatory norm against their development, acquisitionpossession or use. We urge all countries to support a legally binding global ban on nuclear eapons. We believe that multilateral negotiations on a nuclear weapons treaty would encourage and facilitate the development of a Weapons of Mass Destruction Free Zone in he Middle East.


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