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September 2006

Chronologie der Ereignisse

Freitag, 1. September, bis Sonntag, 3. September
  • Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Ernst Uhrlau, wird nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" vom 1. Sept. am Wochenende in den Libanon reisen. Die Gespräche mit libanesischen Geheimdienstlern stünden aber nicht im Zusammenhang mit einer etwaigen deutschen Vermittlung bei einem Gefangenenaustausch zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah, berichtet das Blatt in seiner Freitagausgabe unter Berufung auf deutsche Sicherheitsbeamte. Es gebe derzeit keine deutschen Aktivitäten für einen Gefangenenaustausch.
  • Israel verlangt vor Gesprächen über einen möglichen Gefangenenaustausch mit dem Libanon ein Lebenszeichen der beiden von der Hisbollah verschleppten Soldaten. Bedingung für Verhandlungen sei zudem, dass die beiden Israelis zuvor an die libanesische Regierung übergeben werden, zitierte die israelische Tageszeitung "Jediot Achronot" Regierungsvertreter in Jerusalem.
    Die israelische Armee ist inzwischen aus der Hälfte des im Krieg besetzten Gebietes im Libanon abgezogen.
  • EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner hat davor gewarnt, über die aktuelle Krise im Libanon den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern "aus den Augen zu verlieren". Vor dem EU-Außenministertreffen in Finnland regte die Kommissarin am 1. Sept. eine europäische Initiative für ein Treffen zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas an. Ziel eines solchen Treffens müsse eine Lösung des Geiseldramas um den im Gazastreifen entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit sein, sagte Ferrero-Waldner. Zugleich könnten dabei "vielleicht auch andere Gefangenenfragen" gelöst werden, fügte die Kommissarin offenbar in Anspielung auf die palästinensischen Häftlinge in Israel hinzu.
  • Die Prämissen des Westfälischen Friedens von 1648 hat sich die neu gegründete "Deutsche Initiative für den Nahen Osten" (D.I.N.O.), zum Vorbild für ihr Engagement genommen, Wege und Vorstöße zu einem gerechten Frieden im Nahen Osten zu unterstützen. Ziel sei es, die drei Kernforderungen des Westfälischen Friedens "Friede ist das höchste Gut", "Befleißigt Euch der Gerechtigkeit, die Ihr auf Erden richtet" und "Man höre beide Parteien" auch im Nahen Osten Gehör zu verschaffen. Deutschland kommt nach Auffassung der Initiative eine besondere Verantwortung zu.
    Mitglieder der Initiative, die ihren Sitz in Münster nehmen wird, sind u.a. Manfred Erdenberger, Sprecher der Initiative, früherer WDR-Chefredakteur, Avi Primor, langjähriger Botschafter Israels in Deutschland, Rudolf Dressler, langjähriger Botschafter Deutschlands in Israel, Prof. Dr. Rita Süßmuth, ehemalige Bundestagspräsidentin, Dr. Mitri Raheb, Bethlehemer Pfarrer der Ev.-Luth. Weihnachtskirche und Direktor des Internationalen Begegnungszentrums, Jürgen Bremer, Kommunikationschef des Fernsehsenders PHOENIX. (ots, 1. Sept.)
  • Deutschland wird deutlich mehr als 2.000 Soldaten in einem Marineverband zum Schutz der libanesischen Gewässer entsenden. Nach dpa-Informationen aus Fraktions- und Bundeswehr-Kreisen vom 1. Sept. wird das Bundestagsmandat für den UN- Einsatz auch Sanitäter und Ersatzkräfte umfassen und somit über den bisher genannten 1.200 Soldaten liegen.
  • Israel hat seinen Widerstand gegen eine indonesische Beteiligung an der UN-Truppe im Südlibanon fallen lassen, wie ein Vertreter der Vereinten Nationen in New York am 1. Sept. erklärte. Jetzt seien Gespräche darüber aufgenommen worden, wann Indonesien die zugesagten 1.000 Soldaten entsende. Israel hatte sich dem Vernehmen nach gegen eine indonesische Beteiligung gesträubt, weil die Regierung in Jakarta Israel nicht anerkenne.
  • Die Vereinten Nationen haben eine Untersuchung über den Gebrauch israelischer Waffen im Libanon-Krieg eingeleitet. Dazu werde eine Kommission in den Libanon entsandt, teilte ein UN-Sprecher am 1. Sept. in Genf mit. Eine solche Untersuchung hatte der UN-Menschenrechtsrat in einer Resolution verlangt. Die Experten sollen untersuchen, ob die von Israel eingesetzten Waffen gegen internationales Recht verstoßen. Israel wird unter anderem vorgeworfen, Streubomben eingesetzt und damit vor allem die Zivilbevölkerung getroffen zu haben.
  • Im Süden des Libanon sind am Morgen des 2. Sept. die ersten italienischen Soldaten zur Verstärkung der UN-Mission UNIFIL eingetroffen. Die Soldaten trafen in Tyrus ein, wie ein AFP-Reporter vor Ort berichtete. Insgesamt sollten zunächst 870 italienische Soldaten an Land gehen. Als größter Truppensteller der UNIFIL will Italien im Verlauf der kommenden vier Monate knapp 2.500 Soldaten im Südlibanon stationieren. Im kommenden Jahr soll das Land von Frankreich das Kommando über die Truppe übernehmen, die nach Planungen der UNO mit bis zu 15.000 Mann das Grenzgebiet zwischen dem Libanon und Israel sichern soll.
  • Die israelischen Streitkräfte haben am 2. Sept. nach palästinensischen Angaben im Gazastreifen erneut drei Menschen getötet. Sicherheitskräfte teilten mit, Soldaten seien von Panzern und Hubschraubern unterstützt in Beit Hanun im nördlichen Gazastreifen eingedrungen und hätten zwei Hamas-Aktivisten erschossen. Ein dritter Palästinenser wurde erschossen, als er sich Grenzanlagen näherte, wie die israelischen Streitkräfte mitteilten.
  • Der ägyptische Präsident Husni Mubarak hat Berichte bestätigt, wonach Israelis und Palästinenser über einen Gefangenenaustausch verhandeln. An den Gesprächen nähmen palästinensische und israelische Nicht-Regierungsorganisationen teil, zitierte die Regierungszeitung "El Ahram" Mubarak am 2. Sept. Ziel der israelischen Seite sei eine Freilassung des israelischen Soldaten Gilad Schalit. Im Gegenzug sollten in Israel inhaftierte palästinensische Frauen und Kinder freikommen. Die israelische Regierung dementierte den Bericht.
  • Deutschlands Beitrag am Nahost-Friedenseinsatz steht offenbar fest: Die deutsche Marine werde sich mit zwei Fregatten, bis zu vier Schnellbooten, drei Minensuchern, einem Abhörschiff und bis zu drei Versorgungsschiffen beteiligen, berichtete der "Tagesspiegel" (Vorabbericht am 2. Sept.). Neben rund 1.130 Marinesoldaten sollten bis zu achthundert Mitglieder der Luftwaffe zum Einsatz kommen. Damit wären insgesamt knapp zweitausend Deutsche am geplanten UN-Friedenseinsatz beteiligt. Die Marine werde voraussichtlich mit den Fregatten "Mecklenburg-Vorpommern" und "Karlsruhe" in See stechen, erfuhr die Zeitung aus Marine-Kreisen. Als Obergrenze für den Marineeinsatz sieht die Bundesregierung dem "Focus" zufolge etwa 3.000 Soldaten vor.
  • Die iranische Führung hat den Vereinten Nationen ihre Unterstützung für die erweiterte Blauhelmmission UNIFIL im Südlibanon zugesagt. Nach einem Treffen mit UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte der iranische Außenminister Manuschehr Mottaki am 2. Sept. in Teheran, sein Land unterstütze die Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats. Die iranische Führung ist nach Mottakis Worten der Überzeugung, dass die UNO "bei der Schaffung von Frieden im Grenzgebiet" einen Beitrag leisten kann.
  • Nach Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern sollen einem Zeitungsbericht zufolge 800 palästinensische Häftlinge gegen den entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit ausgetauscht werden. Wie die israelische Tageszeitung "Jediot Ahronot" am 3. Sept. berichtete, wird darüber gesprochen, zunächst 300 in Israel inhaftierte Palästinenser im Austausch gegen Schalit frei zu lassen. In einer zweiten und dritten Phase sollen dann bis Dezember die restlichen 500 Inhaftierten auf freien Fuß kommen.
  • Den zweiten Tag in Folge haben libanesische Minister und Abgeordnete am 3. Sept. mit einem Sitzstreik im Parlament gegen die israelische Luft- und Seeblockade protestiert. Parlamentspräsident Nabih Berri verbrachte die Nacht zum 3. Sept. zusammen mit zwei Ministern und neun Abgeordneten im Parlament. Die Abgeordneten wollen jeweils in Zehnergruppen im Parlament übernachten, bis Israel die Blockade aufhebt. Außenminister Fausi Salluch wertete die Protestaktion nach Angaben der Nachrichtenagentur Ani als "wichtigen Schritt, um die Exekutive in ihren Bemühungen zur Aufhebung der Blockade zu unterstützen".
  • Israel schließt zum gegenwärtigen Zeitpunkt Friedensverhandlungen mit Syrien aus. Zuerst müsse die Regierung in Damaskus ihre Unterstützung für libanesische und palästinensische Extremisten beenden, sagte Außenministerin Zipi Livni am 3. Sept. im israelischen Fernsehen. Hingegen bekräftigte der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert am selben Tag seinen Wunsch nach einem Friedensabkommen mit dem Libanon. "Wie natürlich, wie verständlich wäre es für den Ministerpräsidenten des Libanons, auf einen meiner vielen Anrufe bei ihm zu reagieren und zu sagen: 'Lassen Sie uns zusammensetzen, die Hände schütteln, Frieden schließen und ein für alle Mal die Feindseligkeit, den Neid, den Hass beenden'", sagte Olmert bei der Besichtigung einer Schule im Norden Israels.
Montag, 4. September, bis Sonntag, 10. September
  • Israelische Kampfhubschrauber haben am in der Nacht zum 4. Sept. mit Raketen ein Haus in einem palästinensischen Flüchtlingslager bei Gaza zerstört. Das teilten palästinensische Sicherheitskräfte mit. Fünf Nachbarn seien verletzt worden. Das Haus habe einem Aktivisten der Fatah-Bewegung gehört. Die Israelis hätten den Mann vor dem Angriff gewarnt und nahe gelegt, sein Haus zu verlassen. Die israelischen Streitkräfte äußerten sich nicht zu dem Angriff. Seit Wochen werden im Gazastreifen Luftangriffe gegen Gebäude geflogen, deren Bewohner vorher gewarnt werden. Nach israelischen Angaben werden Häuser angegriffen, in denen militante Palästinenser Waffen und Raketen für Angriffe auf Israel versteckt haben.
  • Katar hat als erstes arabisches Land einen Beitrag zur UN-Friedenstruppe im Libanon (UNIFIL) zugesagt. Der Golfstaat wird zwischen 200 und 300 Soldaten entsenden, wie Außenminister Hamad Ben Dschassem Ben Dschabr El Thani am 4. Sept. mitteilte. Damit solle "der Welt gesagt werden, dass es eine - wenn auch kleine - arabische Präsenz gibt und Israel gesagt werden, dass wir an diese Resolution glauben und sie umsetzen wollen", sagte Thani nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär Kofi Annan in der katarischen Hauptstadt Doha.
  • Israel treibt den den Ausbau umstrittener Siedlungen im Westjordanland voran. Die Behörden schrieben am 4. Sept. den Bau hunderter Wohnungen in zwei Siedlungen aus. Das Wohnungsbauministerium schaltete dazu Zeitungsanzeigen für den Bau von 348 Häusern in Maale Adumim östlich sowie von 342 Häusern in Beitar Eilit südlich von Jerusalem. Es ist die größte Ausschreibung dieser Art in diesem Jahr und seit dem offiziellen Amtsantritt von Regierungschef Ehud Olmert Anfang Mai.
  • In einem Krieg gegen Syrien würde Israel nach den Worten von Ministerpräsident Ehud Olmert deutlich härter zuschlagen als gegen den Libanon. Olmert sagte am 4. Sept. im israelischen Radio, Syrien wisse, dass Israel sich im Libanon zurückgehalten habe und dass man diese Zurückhaltung gegen Damaskus fallen lassen würde. Dies gelte, falls Israel zu einem Krieg gegen Syrien gezwungen werde. Vor dem Parlamentsausschuss für Verteidigung und äußere Angelegenheiten bekräftigte Olmert, Israel werde keine Verhandlungen mit Syrien aufnehmen. Wie aus Teilnehmerkreisen verlautete, sagte Olmert den Abgeordneten, Israel habe schon während des Libanon-Krieges eine entsprechende Botschaft an Damaskus gesandt. Diese Position habe weiterhin Gültigkeit.
  • Ein Extremist hat am 4. Sept. in Jordaniens Hauptstadt Amman einen britischen Touristen erschossen und fünf weitere Urlauber verletzt. Das Innenministerium berichtete, der jordanische Schütze sei festgenommen worden. Er hatte am Morgen am Eingang zum römischen Amphitheater mit einer Maschinenpistole das Feuer auf die Ausländer eröffnet. Nach offiziellen Angaben wurden ein Holländer, eine Neuseeländerin, zwei Britinnen, eine Australierin und ein jordanischer Sicherheitsbeamter verletzt.
  • Israel und die Hisbollah haben sich nach den Worten von UN-Generalsekretär Kofi Annan auf indirekte Verhandlungen zur Freilassung der beiden entführten israelischen Soldaten geeinigt. Beide Seiten hätten Annan um Vermittlung gebeten, hieß es am 4. Sept. Der UN-Generalsekretär sagte auf einer Pressekonferenz in Dschidda, er werde einen Mittelsmann benennen. Ob es bei den Gesprächen um einen Gefangenenaustausch gehen soll, ließ er offen.
  • Die Anforderung von Bundeswehrsoldaten für die UN-Mission UNIFIL durch die libanesische Regierung hat sich weiter verzögert. Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora sagte, seine Regierung sei dabei, sich mit dem Wunsch aus Berlin zu befassen. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), sagte am 4. Sept., die Verzögerung der bereits zum Wochenende erwarteten Anforderung um "ein oder zwei Tage" sei kein Grund, den Einsatz in Frage zu stellen. Als erstes arabisches Land sagte Katar seine Beteiligung an der UN-Friedenstruppe zu. Die Bundesregierung geht nach Angaben unverändert davon aus, dass der Libanon deutsche Soldaten bei den Vereinten Nationen anfordern wird. Es liege im Interesse des Libanons, dass die israelische Seeblockade aufgehoben werde. Er wollte sich allerdings nicht festlegen, ob ein Bundestagsbeschluss noch diese Woche erfolgen könne, sagte ein Regierungssprecher. Sowie die Anforderung an die UNO vorliege, werde Berlin "schnell und rasch" handeln. Erst dann entscheide sich auch, ob eventuell Sondersitzungen von Kabinett oder Bundestag erforderlich seien.
  • Ein großer Teil des Waffennachschubs für die radikal-schiitische Hisbollah kam nach Angaben von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) über das Mittelmeer. Deswegen müsse jetzt dieser Waffenschmuggel durch einen internationalen Flottenverband unterbunden werden, sagte Jung bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung am 4. Sept. in Bonn. Zu dem Verband würden auch Schiffe der deutschen Marine gehören. Über Waffenlieferungen an Israel sagte Jung nichts.
  • Der Libanon will wegen der anhaltenden See- und Luftblockade gegen Israel Beschwerde vor dem UN-Sicherheitsrat einlegen. Die Blockade sei eine Verletzung der UN-Resolution 1701, sagte der libanesische Informationsminister Gasi Aridi am 4. Sept. nach einer Sitzung des Kabinetts. Transportminister Mohammed Safadi hatte zuvor die internationalen Fluggesellschaften dazu aufgerufen, die israelische Blockade zu brechen.
  • Der israelische Vize-Ministerpräsident Schimon Peres hat den Palästinensern nach einer Freilassung des verschleppten Soldaten Gilad Schalit Friedensgespräche in Aussicht gestellt. Ministerpräsident Ehud Olmert werde den Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas treffen, sobald der in den Gazastreifen entführte Schalit frei sei, sagte Peres am 5. Sept. dem israelischen Armeeradio.
  • Eine Entscheidung des Bundestags über den Libanon-Einsatz der Bundeswehr noch in dieser Woche wird immer unwahrscheinlicher. In Koalitionskreisen wurde am 5. Sept. nach den Verzögerungen durch die libanesische Regierung nicht mehr damit gerechnet, dass am 8. Sept. im Plenum über die Mission abgestimmt werden kann. Der Bundesregierung lag bis Mittag des 5. Sept. keine Anfrage der libanesischen Regierung für eine deutsche Beteiligung an der Mission vor. Nach Angaben von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) setzt Berlin aber weiterhin auf eine positive Entscheidung aus Beirut. Die libanesische Regierung will offenbar erst dann offiziell die Truppen anfordern, wenn Israel seine Luft- und Seeblockade gegen das Land aufhebt. Nach Ansicht der israelischen Regierung sind die Voraussetzungen dafür aber noch nicht gegeben.
  • Nach tagelangem Ringen hat sich der Libanon für einen Einsatz der Bundeswehr zur Sicherung seiner Küste ausgesprochen. Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits am Abend des 4. Sept. über die Entscheidung seines Kabinetts informiert, sagte ein Sprecher der Bundesregierung in Berlin. Im Streit um die israelische Seeblockade zeichnete sich eine Lösung ab: Der Libanon bat Frankreich um die vorläufige Überwachung der Seegrenze. Siniora hatte seinem Kabinett vorgeschlagen, die Bundeswehr im Rahmen der UNIFIL-Mission für die Überwachung der libanesischen Küste anzufordern, um unter anderem illegale Waffenlieferungen an die Hisbollah-Miliz zu unterbinden. Die Regierung in Beirut hatte eigentlich bereits am Wochenende ihre offzielle Anfrage an die UNO starten wollen, dies wegen interner Debatten jedoch verschieben müssen. Die Entscheidung des libanesischen Kabinetts hatte sich offenbar durch den Widerstand der schiitischen Hisbollah-Minister verzögert. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte, vor weiteren Schritten müsse zunächst das Anschreiben an die UNO vorliegen. In einem Interview für die ARD sagte er am 5. Sept.: "Wir wollen das Schreiben sehen mit der Anfrage der libanesischen Regierung." Es gebe aber "positive Signale" aus dem Libanon.
    Bis zur Ankunft der Bundeswehr wird möglicherweise Frankreich die Überwachung der libanesischen Küste übernehmen. Präsident Jacques Chirac habe eine entsprechende Anfrage aus Beirut "im Prinzip" positiv beantwortet, teilte das Präsidialamt am 5. Sept. in Paris mit. Annan sagte der Pariser Tageszeitung "Le Monde", er habe auch um die Prüfung einer möglichen Beteiligung von Griechenland und Italien gebeten. Damit sollten die etwa zwei Wochen bis zum Eintreffen der Bundesmarine aus Deutschland überbrückt werden.
  • In der Bundeswehr mehren sich angesichts der Querelen in der libanesischen Regierung um den deutschen Einsatz Stimmen, die Mission ganz zu lassen. Entsprechend äußerte sich der Chef des Bundeswehrverbands, Bernhard Gertz. Er sagte am 5. Sept. der "FAZ" (Ausgabe vom 6. Sept.), wenn es Beschränkungen für die Marine wie etwa Meilenzonen gebe, rate er von einer Beteiligung ab. Bei der Frage, welche Soldaten wo stationiert werden, geht es vor allem darum, ob die Deutschen auch Waffenlieferungen an die Hisbollah auf dem Seeweg verhindern können.
  • In der Bundesregierung wird offenbar über einen Verzicht auf den Libanon-Einsatz der Bundeswehr nachgedacht. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), äußerte sich in der ARD zurückhaltend für den Fall, dass die libanesische Regierung den geplanten Marineeinsatz von Bedingungen abhängig macht. Dabei geht es um den Wunsch der Regierung in Beirut, die deutschen Schiffe nicht innerhalb der Sieben-Meilen-Zone vor der libanesischen Küste operieren zu lassen. Dazu sagte Erler im ARD-Morgenmagazin am 6. Sept.: "Wir haben klar unsere Bedingungen formuliert. Wenn die Bedingungen erfüllt sind, sind wir bereit zu helfen. Auf einer anderen Basis können wir es denn eben nicht tun."
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat drei Schritte vorgezeichnet, um die israelische Blockade des Libanon binnen 48 Stunden aufzuheben. Der erste Schritt beinhalte Frankreichs am 5. Sept. erfolgte grundsätzliche Zusage an den Libanon, sich zunächst an der Überwachung der libanesischen Küste zu beteiligen, sagte Annan der "New York Times (Ausgabe vom 6. Sept.). Dann solle der libanesische Regierungschef Fuad Siniora in einem zweiten Schritt einen Brief an ihn richten und förmlich zustimmen, dass Deutschland wie geplant Soldaten vor der libanesischen Küste stationiert, sagte Annan dem Bericht zufolge am 5. Sept. auf dem Flug nach Ägypten.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bereitschaft der Bundesregierung bekräftigt, im Rahmen der UN-Friedensmission an einer Lösung des Nahostkonflikts im Libanon mitzuwirken. Die Anerkennung des Existenzrechts Israels gehöre zur Staatsräson Deutschlands, sagte Merkel am 6. Sept. im Bundestag. Deshalb könne Deutschland nicht sagen, es halte sich dabei heraus. Wegen der Unklarheiten um die libanesische Anforderung sowie möglicherweise damit verknüpfter Bedingungen hatte sich der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), vorsichtig zu dem geplanten Bundeswehr-Einsatz geäußert. Merkel betonte in ihrer Rede, aus historischen Gründen stünde die Bereitstellung von Kampftruppen nicht zur Debatte: "Es muss vermieden werden, dass deutsche Soldaten auf israelische schießen."
  • SPD-Fraktionschef Peter Struck hat sich hinter die Forderung von Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek Zeul gestellt, einen Streubombeneinsatz Israels im Libanon untersuchen zu lassen. Eine solche UN-Untersuchung könne für alle Seiten von Nutzen sein, sagte Struck am 6. Sept. in der Haushaltsdebatte des Bundestags. Die Kritik des Zentralrats der Juden an der Forderung Wieczorek-Zeuls wies Struck "im Namen meiner Fraktion" zurück. Der SPD-Fraktionsvorsitzende bekräftigte die Solidarität Deutschlands mit Israels, sagte aber auch: "Auch Freunde müssen wahrheitsgemäß miteinander umgehen."
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist offenbar zu einer Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben bereit. Mit Blick auf die zahlreichen Auslandseinsätze und die geplante Libanon-Mission sagte Merkel der Wochenzeitung "Die Zeit" (6. Sept.): "Deshalb müssen wir uns insgesamt fragen, ob die Strukturen unserer Streitkräfte zukunftstüchtig sind". Die Kanzlerin verwies darauf, dass Deutschland gemessen am Bruttosozialprodukt weniger für die Armee ausgebe als andere europäische Staaten oder die USA. Deutschland könne auch nicht sagen: "In den nächsten Jahrzehnten bitte keine neuen Konflikte, weil wir uns das nicht leisten können." Merkel stellte zugleich klar, dass es nicht um eine Anhebung des Verteidigungsetats im Zeitraum 2007/2008 gehe. Richtig sei aber, dass der Zustand der Bundeswehr verbessert werden müsse und könne.
  • Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat mit Blick auf die Libanon-Mission der Bundeswehr auf die Gefahren von Auslandseinsätzen hingewiesen. Es könne Situationen geben, "in denen die Soldaten auch kämpfen müssen", sagte Jung am 6. Sept. im Bundestag und nannte die Einsätze im Kongo und in Afghanistan. Auch in neuen Einsätzen könne dies nicht ausgeschlossen werden, fügte der Verteidigungsminister angesichts der anstehenden Nahost-Mission hinzu. Jung hatte im August für Wirbel gesorgt, als er in einem Zeitungsinterview gesagt hatte, es könne von einem Kampfeinsatz gesprochen werden, wenn deutsche Soldaten im Nahen Osten gegen den Willen des Kapitäns an Bord eines Schiffes gingen.


Hier geht es zur Rede von Verteidigungsminister Jung und zur Debatte im Bundestag:
Jung: "Die Auslandseinsätze sind wertorientiert; sie dienen den nationalen Interessen" - Schäfer: "Die Zahl der Militäreinsätze nimmt zu und eine nachhaltige Befriedung ist oft nicht in Sicht"
Die Bundeswehr auf dem Prüfstand? - Haushaltsdebatte dritter Teil

  • In das Ringen um den Einsatz der Bundeswehr vor der libanesischen Küste ist Bewegung gekommen: Israel will am Abend des 7. Sept. die Luft- und Seeblockade gegen den Libanon aufheben. Das teilten israelische Regierungsvertreter am 6. Sept. mit. Beirut hatte zuvor die offizielle Anforderung der Bundesmarine an diesen Schritt geknüpft. Wegen drohender Einschränkungen deutete die Bundesregierung allerdings einen Verzicht auf die Mission an. Dabei geht es um Überlegungen, die deutschen Schiffe nicht in einer Sieben-Meilen-Zone vor der Küste operieren zu lassen. Die seit dem 13. Juli geltende Blockade solle am Donnerstag um 17.00 Uhr MESZ aufgehoben werden, sagten die Regierungsvertreter in Jerusalem. Israel werde sämtliche "Kontrollposten" verlassen. Israel hatte die Blockade aufrecht erhalten, obwohl die UN-Resolution 1701 deren Ende verlangt. UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte zuvor bereits angekündigt, die Aufhebung der Blockade sei bis zum 7. Sept. möglich.
  • Nachdem Israel die Aufhebung der Libanon-Blockade angekündigt hat, bat die Regierung in Beirut offiziell um deutsche Marineunterstützung. Mit der Truppenanforderung an die Vereinten Nationen wurde der Weg für einen Einsatz deutscher Soldaten vor der libanesischen Küste bereitet. Die Marineeinheiten, für deren Entsendung noch ein Bundestagsmandat nötig ist, sollen die Küstengewässer kontrollieren, hieß es am Abend des 6. Sept. im Umfeld des libanesischen Ministerpräsidenten Fuad Siniora.
  • Der Dirigent Daniel Barenboim übt scharfe Kritik an der Politik der israelischen Regierung. In einem Gespräch mit der ZEIT (Ausgabe vom 7. Sept.) sagt Barenboim, der selbst israelischer Staatsbürger ist, er sehe "weder die strategische noch die moralische Begründung" für den zurückliegenden Libanon-Krieg. Israel habe in der Vergangenheit "viele langfristige strategische Fehler gemacht ... Jeder militärische Sieg hat Israel in eine politisch und moralisch schwächere Position gebracht". Immer wenn Israel geglaubt habe, "mit Zerstörung etwas erreichen zu können", sei es mit immer radikaleren Gegnern konfrontiert worden.
  • Ungeachtet der Waffenruhe und der erwarteten Aufhebung der israelischen Blockade bleibt die Lage im Libanon nach den Worten von Frankreichs Premierminister Dominique de Villepin "fragil". "Der Konflikt kann jederzeit wieder beginnen und den politischen Prozess gefährden", sagte Villepin am 7. Sept. in einer Regierungserklärung vor der Nationalversammlung in Paris. "Wir können jedoch nicht hinnehmen, dass dieses Land erneut als Schlachtfeld für die Kriege der anderen dient." In der Nacht wurden in Frankreich 13 Leclerc-Panzer auf Schiffe verladen, die im Libanon die verstärkte UN-Schutztruppe UNIFIL unterstützen sollen.
  • Auch nach Aufhebung der Luft- und Seeblockade des Libanon will Israel Waffenlieferungen an die Hisbollah notfalls mit Gewalt verhindern. Die israelische Armee habe das Recht, Konvois mit Waffen, die die syrisch-libanesische Grenze überquerten, anzugreifen, sagte Regierungssprecherin Miri Eisin am 7. Sept. "Israel hat weiterhin sein Recht auf Selbstverteidigung und wird die Umsetzung des (Waffen)-Embargos an der syrisch-libanesischen Grenze überwachen, versicherte Eisin der Nachrichtenagentur AFP.
  • Ein Einsatz der deutschen Marine vor der libanesischen Küste wird durch die Bedingungen Beiruts mehr und mehr in Frage gestellt. Der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU), sagte am 7. Sept. der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin, eine Entsendung sei noch keineswegs beschlossene Sache. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer zweifelte ebenfalls an der Mission. Beide Politiker wandten sich gegen Äußerungen von SPD-Fraktionschef Peter Struck, der sich zuvor überzeugt gezeigt hatte, dass die Bundesregierung in Kürze den Einsatz beschließen werde. Schmidt sagte, die Regierung habe bis jetzt keine konkretisierte Anfrage. Im Sender NDR info hatte sich Struck dafür ausgesprochen, auch die Bedingung der libanesischen Regierung zu akzeptieren, wonach die deutschen Schiffe nicht in unmittelbarer Nähe der Küste operieren dürften: "Ich glaube, dass man diese Bedingung akzeptieren sollte." Nach wie vor hat die Bundesregierung auch keinen Zeitplan für die notwendigen Entscheidungen. Sie wartet zunächst die Bewertung der Vereinten Nationen (UN) ab, die am Vorabend die libanesische Truppenanforderung erhalten hatte.
    Die Diskussion in der Koalition wurde dadurch belastet, dass die libanesische Regierung nun auch signalisierte, die deutsche Marine solle im Fall ihres Einsatzes Boote nicht auf eigene Faust durchsuchen. Transportminister Mohammed Safadi sagte der dpa in Beirut: "Die Deutschen werden nur dann eingreifen, um die Boote anzusehen, wenn sie von der libanesische Armee darum ersucht werden." Zwischen beiden Seiten müsse es eine enge Kooperation geben. Der Flughafen von Beirut und der Küstenstreifen würden auch nach der Stationierung der Deutschen allein von libanesischen Sicherheitskräften und Marinesoldaten kontrolliert, betonte der Minister. "Am Internationalen Flughafen von Beirut und in den Seehäfen werden keine deutschen Truppen stationiert sein."
    Die Bundesregierung hatte nach Bekanntwerden der Anforderung unterstrichen, dass der Beschluss nicht überstürzt, sondern nach "sorgfältiger Prüfung" getroffen werden solle. Bei den UN in New York müsse zunächst geprüft werden, inwieweit die Anforderung mit der dortigen Operationsplanung übereinstimme, hieß es in Berlin.
  • Die UN-Friedenstruppe im Libanon dürfte nach Einschätzung von UN-Generalsekretär Kofi Annan bis Mitte September stark genug sein, um einen israelischen Abzug aus dem Land zu ermöglichen. Er hoffe, dass die angekündigte Aufhebung der See- und Luftblockade durch Israel die weiterhin bestehenden Spannungen mindern werde, sagte Annan am 7. Sept. bei einem Besuch in Madrid. Damit sich Israel zurückziehen könne, müsse eine "glaubwürdige" Streitmacht im Süden des Libanons stationiert sein. Bis Mitte des Monats werde die internationale Truppe 5.000 Mann umfassen. Zusammen mit 16.000 libanesischen Soldaten, die dorthin entsandt würden, stelle dies dann die "glaubwürdige Streitmacht" dar, sagte Annan. Die Israelis müssten abziehen, damit "die anderen" dort stationiert werden könnten, sagte er.
  • Ein Einsatz der Bundeswehr im Libanon könnte nach Ansicht des SPD-Politikers Rainer Arnold größeren Einfluss Deutschlands und der EU auf den Nahost-Friedensprozess bedeuten. "Nachdem wir uns in Nahost jetzt mit Militärs derart engagieren, haben wir auch einen Anspruch auf eine stärkere Mitgestaltung des Friedensprozesses in Nahost, insbesondere was die Klärung des Verhältnisses zwischen Israelis und Palästinensern betrifft", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion der "Leipziger Volkszeitung" (Ausgabe vom 8. Sept.). Zugleich verlangte Arnold für das deutsche Marine-Kontingent eine regelmäßige Überprüfung des Mandates durch den Bundestag anstelle eines zeitlich unbefristeten Beschlusses. Der SPD-Abgeordnete wies zudem daraufhin, dass die Koalition vertraglich vereinbart habe, dass die Bundeswehr bei zusätzlichen neuen Auslandsmissionen zusätzliche Haushaltsgelder erhalten müsse.
  • Das Entwicklungshilfeministerium hat eine Übernahme der Kosten für humanitäre Auslandseinsätze der Bundeswehr abgelehnt. Zu einem entsprechenden Vorschlag aus der Union sagte ein Sprecher des Ministeriums in Berlin, dies sei eine Einzelmeinung. Das Verteidigungsministerium wollte sich nicht dazu äußern. Die "Bild"-Zeitung hatte am 8. Sept. berichtet, Haushaltspolitiker der Union würden darauf dringen, dass diese Einsätze künftig aus dem Haushalt des SPD-geführten Entwicklungshilfeministeriums bezahlt werden. Der CDU-Haushaltspolitiker Ole Schröder sagte der "Bild", Missionen wie in Nordafghanistan und im Kongo seien "eindeutig Entwicklungshilfe". Der Wehretat könnte so "in Millionenhöhe entlastet" werden.
  • Nach acht Wochen hat Israel am 8. Sept. seine Seeblockade gegen den Libanon beendet. Eine UN-Flotte unter italienischem Kommando übernimmt übergangsweise die Kontrolle der libanesischen Seegrenzen, wie eine Sprecherin des israelischen Regierungschefs Ehud Olmert mitteilte. UN-Sprecher Stephane Dujarric sagte, die UNO wolle nun schnellstmöglich die Einsatzregeln festlegen, damit Deutschland "innerhalb von zwei Wochen" seine Truppen entsenden könne. Geplant ist, dass deutsche Marine-Einheiten dort Waffenlieferungen an die Hisbollah unterbinden. Bis zum Eintreffen deutscher Marine-Einheiten wird die Seegrenze des Libanon übergangsweise durch UN-Einheiten aus Italien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien und der Türkei gesichert. Diese sollten das Waffenembargo gegen die Hisbollah im Libanon umsetzen, sagte die Sprecherin Olmerts. Die französische Marine soll nach Angaben der Regierung in Paris die Zone "von sechs bis zwölf Seemeilen" vor der libanesischen Küste überwachen. Bei der Überwachung kann die Interims-Mission demnach verdächtige Boote aber nicht mit Gewalt stoppen. Ob dieselben Regeln für die künftige so genannte See-UNIFIL unter deutschem Kommando gelten sollen, war zunächst offen: Darüber werde derzeit bei der UNO verhandelt, sagte ein Sprecher des französischen Verteidigungsministeriums.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat eine Vermittlerrolle Deutschlands bei einem möglichen Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hisbollah grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Allerdings frage er sich, ob die Zeit für eine solche Rolle reif sei, sagte Steinmeier am 8. Sept. nach einem Treffen mit der israelischen Außenministerin Zipi Livni in Tel Aviv. Wenn aber Deutschland gefragt würde, werde es sich einer solchen Aufgabe nicht entziehen.
  • Israelische Soldaten haben im Süden Libanons sechs Dorfbewohner festgenommen. Fünf Personen wurden nach Angaben von Augenzeugen im Dorf Aita al Tschaab abgeführt, wo es im 34-Tage-Krieg zwischen Israel und der Hisbollah zu schweren Kämpfen gekommen war. Unter ihnen befand sich auch ein Polizist. Die libanesische Nachrichtenagentur NNA meldete am 8. Sept., dass im nahe gelegenen Dorf Marwahin ein weiterer Bewohner festgenommen und über die Grenze nach Israeli gebracht worden sei. Die israelischen Streitkräfte teilten mit, Soldaten hätten eine Gruppe von Männern gestoppt, die sich auf sie zu bewegt hätten.
  • Beim geplanten Libanon-Einsatz der Bundeswehr kommt es möglicherweise zu weiteren Verzögerungen. Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte der "Bild am Sonntag" (10. Sept.), er halte es nicht für sehr wahrscheinlich, dass der Bundestag bereits in den nächsten Tagen darüber entscheiden werde. Hintergrund ist wachsender Unmut in der Unionsfraktion über den Einsatz. Kritisiert werden die Auflagen, mit denen die libanesische Regierung den Einsatz versehen will. Nach Informationen der "Frankfurter Rundschau" (vom 9. Sept.) will die Union deshalb erst am 21. September abstimmen lassen. Die libanesische Regierung will deutsche Schiffe nicht in einer Sechs-Meilen-Zone vor der Küste patrouillieren lassen. Ferner soll die Bundesmarine nur auf Ersuchen der libanesischen Armee eingreifen. Kauder kritisierte die Bedingungen: "Es darf nicht sein, dass die Hisbollah für den Kampf gegen Israel aufgerüstet wird und die Bundesmarine zum Zuschauen verurteilt ist." Notwendig sei ein "klares Mandat" zur Kontrolle der Seeküste und zur Verhinderung von Waffenschmuggel.
    Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) wies indes Kritik an seiner Vorbereitung des Einsatzes zurück. Der "Welt am Sonntag" (10. Sept.) sagte er, die Truppe werde den Einsatz mit ihrem Material stemmen können. Er werde keinen Soldaten in einen Auslandseinsatz schicken, der nicht "bestmöglichst ausgerüstet" sei, versicherte der Minister. Der Grünen-Sicherheitspolitiker Winfried Nachtwei monierte Jungs Informationspolitik gegenüber dem Bundestag. Die Obleute der Fraktionen im Verteidigungsausschuss hätten immer noch "keine militärfachliche Unterrichtung" über den geplanten Libanon-Einsatz bekommen, sagte Nachtwei der in Dresden erscheinenden "Sächsischen Zeitung" am 9. Sept.
  • Ein einseitiger Rückzug Israels aus dem Westjordanland steht nach den Worten des stellvertretenden Ministerpräsidenten Schimon Peres nicht mehr auf der Tagesordnung. Der Plan sei angesichts der anhaltenden Kämpfe mit den Palästinensern sowie der Auseinandersetzungen mit der Hisbollah im Libanon «verschwunden», sagte Peres am 10. Sept. im israelischen Rundfunk. "Wir haben uns aus dem Gazastreifen und dem Libanon zurückgezogen, und sie haben uns von dort weiterhin wie verrückt unter Feuer genommen", fügte er hinzu.
  • Israel und die Palästinenser haben sich während eines Vermittlungsbesuchs des britischen Premierministers Tony Blair zu neuen Friedenskontakten bereit erklärt. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas forderte am 10. Sept. eine umgehende Wiederbelebung des Friedensprozesses in Nahost. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Blair in Ramallah bot er dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert ein Treffen "ohne Vorbedingungen" an. Auch Olmert hatte am Vortag nach einem Gespräch mit Blair gesagt, er wolle sich mit Abbas treffen, "um wirklichen Fortschritt" bei der Umsetzung des Nahost-Friedensplanes (Road Map) zu erreichen.
  • Der italienische Ministerpräsident Romano Prodi hat sich für die Entsendung unbewaffneter EU-Beobachter an die syrische Grenze zum Libanon ausgesprochen. Der Einsatz unbewaffneter Beobachter in Zivil könne zur Vertrauensbildung beitragen, erklärte Prodi am 10. Sept. am Rande des EU-Asien-Gipfels in Helsinki. Er habe sich mit dem syrischen Sttatspräsidenten Baschar Assad auf einen solchen Einsatz verständigt, um "die syrischen Truppen bei der Kontrolle der Grenze zu unterstützen und sie auszubilden". Der vorgeschlagene Einsatz von EU-Beobachtern trage israelischen Bedenken Rechnung, dass über die Grenze Waffen für die Hisbollah in den Libanon geschmuggelt werden könnten, sagte Prodi. Medienberichte vom Wochenende, wonach er eine militärische Präsenz der EU in Syrien anstrebe, seien aber falsch.
Montag, 11. September, bis Sonntag, 17. September
  • Der geplante Einsatz der Bundeswehr im Libanon wird nach Ansicht des SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck wahrscheinlich länger als ein Jahr dauern. "Jedem muss klar sein: Wir schicken die Soldaten in einen heiklen Einsatz, der lange dauern kann - in einem Jahr ist das wahrscheinlich nicht getan", sagte Struck der "Bild"-Zeitung (Ausgabe vom 11. Sept.). Er gehe davon aus, dass es in beiden großen Fraktionen eine überwältigende Mehrheit für den Einsatz geben werde. Es sei "richtig und notwendig, die Bundeswehr mit der größtmöglichen Rückendeckung des Parlaments auszustatten".
  • Der israelische Verkehrsminister und Ex-Verteidigungsminister Schaul Mofas hat sich den Forderungen nach einer umfassenden Untersuchung des Libanon-Einsatzes angeschlossen. "Eine staatliche Untersuchungskommission ist die einzige Möglichkeit, der Öffentlichkeit wieder Vertrauen in die staatlichen Institutionen zurückzugeben", erklärte Mofas am 11. Sept. in Jerusalem. Er ist das erste Mitglied der Partei Kadima von Ministerpräsident Ehud Olmert, das eine mit weit reichenden Vollmachten ausgestattete staatliche Untersuchungskommission zum Libanon-Einsatz forderte. Mofas war bis Mai Verteidigungsminister.
  • Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Bernd Siebert, hat sich für den Fall unzureichender Bedingungen gegen einen Libanon-Einsatz der Deutschen Marine ausgesprochen. Im Südwestrundfunk sagte Siebert am 11. Sept., sollte der Marine die Kontrolle verdächtiger Schiffe untersagt werden, lehne er die Entsendung ab. Ein Operationsgebiet außerhalb der Sieben-Meilen-Zone, wie es in Beirut diskutiert werde, sei ebenfalls militärisch nicht sinnvoll und müsse für die deutsche Seite Anlass sein, "über den Einsatz insgesamt" noch einmal nachzudenken, sagte der Unionspolitiker. Zugleich plädierte er dafür, mit den Kosten eines solchen Einsatzes nicht den Verteidigungsetat zu belasten. Das Geld müsse, wie in der Koalitionsvereinbarung festgelegt, dem allgemeinen Haushalt entnommen werden.
  • Die libanesische Regierung hat in aller Form deutsche Soldaten zur Friedenssicherung angefordert. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm und der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Thomas Raabe, erklärten am 11. Sept. in Berlin, die Anforderung sei am Wochenende in Berlin eingegangen. Einzelheiten nannten sie nicht. Bei den Vereinten Nationen würden zur Zeit die Einsatzanforderungen ausgearbeitet, mit denen ebenfalls "zeitnah" in Berlin gerechnet werde. Wenn diese "Rules of Engagement" in Berlin eintreffen, sollen zunächst die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen unterrichtet werden. Anschließend werde das Bundeskabinett entscheiden, sagte Wilhelm. Dies könne entweder am 13. Sept. während der planmäßigen Kabinettssitzung oder auf einer Sondersitzung in der zweiten Wochenhälfte geschehen. Alle weiteren Entscheidungen seien dann "der Verfahrensherrschaft des Deutschen Bundestages anheim gegeben", sagte Wilhelm.
  • Dem britischen Minister Tony Blair ist bei einem Besuch in Beirut Wut und Ablehnung entgegengeschlagen. Mehrere tausend Menschen demonstrierten am 11. Sept. in der libanesischen Hauptstadt gegen die Nahost-Politik Blairs, der im Krieg zwischen Israel und der Hisbollah nach Meinung vieler zu lange an der Seite von US-Präsident George W. Bush die Forderung nach einem Waffenstillstand blockiert hat. Parlamentspräsident Nabih Berri, der der Hisbollah nahe steht, ließ einen Termin mit dem britischen Regierungschef platzen und auch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ministerpräsident Fuad Siniora kam es zu einem Zwischenfall. "Dieser Besuch ist eine Beleidigung", rief eine Frau vor laufenden Kameras: "Schäm' Dich, Tony Blair." Sie wurde von Sicherheitskräften aus dem Raum getragen. Siniora sagte: "Wir sind in einer Demokratie, wir respektieren jede Art von Meinung."
  • Die Anforderung für eine Beteiligung der deutschen Marine am Libanon-Einsatz sieht Kontrollen außerhalb einer Sieben-Meilen-Zone vor der Küste vor. Dies berichtete die Tageszeitung "Die Welt" unter Berufung auf Regierungskreise am 11. Sept. vorab aus ihrer Ausgabe vom 12. Sept. Die Bundesregierung sei aber zuversichtlich, dass die "Operationsfähigkeit im Einzelfall" doch noch hergestellt werden könne, berichtet die Zeitung. Ziel der derzeit laufenden Verhandlungen mit den Vereinten Nationen über die genauen Einsatzregeln sei eine "gesichtswahrende, aber effiziente Lösung".
  • China will nach Angaben des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac 1.000 Soldaten für die UN-Friedenstruppe im Südlibanon beisteuern. Dies habe der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao beim Asien-Europa-Treffen in Helsinki zugesagt, erklärte Chirac am 11. Sept. auf einer Pressekonferenz. Die Soldaten sollten zusätzlich zu den rund 200 Chinesen entsandt werden, die jetzt schon in der Friedenstruppe UNIFIL dienen. Chirac betonte, er habe sich eine Beteiligung asiatischer Staaten an der Mission gewünscht.
  • Der Libanon will Israel wegen der Folgen der Bombardierung des Kraftwerks Dschijeh vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) verklagen. Das Land wolle damit Schadenersatz für die durch die Bombardierung ausgelöste Ölpest erreichen, sagte der libanesische Umweltminister, Jakub Sarraf, am 11. Sept. der Nachrichtenagentur AFP in Beirut. Er berufe sich dabei auf Artikel 8 des IStGH-Statuts. Dieser sieht vor, dass ein vorsätzlicher Angriff in der Kenntnis, dass dieser "weit reichende und langfristige Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird", als Kriegsverbrechen gewertet werden kann.
  • Angesichts der internationalen Isolierung der Hamas-Regierung wollen die Palästinenser ein Kabinett der nationalen Einheit bilden. Er habe sich mit Ministerpräsident Ismail Hanija von der radikalislamischen Hamas-Bewegung auf eine Koalition geeinigt, erklärte Präsident Mahmud Abbas, der die gemäßigtere Fatah leitet, am 11. Sept. im palästinensischen Fernsehen. "Das nationale Interesse erfordert es, dass unser Volk geeint in stabilen Schritten voranschreitet, damit wir mit der Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staats mit Jerusalem als Hauptstadt einen Sieg erringen können", sagte Abbas laut einer Meldung palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA. Präsidentenberater Nabil Abu Rdeneh erklärte, Abbas werde Hanijas Kabinett binnen 48 Stunden auflösen, um einer neuen Koalitionsregierung den Weg zu bereiten. Dem Abgeordneten Sajeb Erakat zufolge müssen bis dahin allerdings noch ein paar Details geklärt werden. Hanija bestätigte die Einigung mit der Fatah. "Ich bringe dem palästinensischen Volk eine gute Nachricht, und ich bin stolz und zufrieden darüber, dass wir zu diesem wichtigen Zeitpunkt eine Regierung der nationalen Einheit bilden können", sagte er. Bereits vor der Erklärung des Präsidenten hatte Hanija betont, er werde das Amt des Ministerpräsidenten auch in der nächsten Regierung behalten.
    Der israelische Regierungssprecher Mark Regev verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass die künftige palästinensische Regierung eben diese drei Bedingungen erfüllen möge. Ferner müsse sie für die sofortige Befreiung des im Gazastreifen entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit sorgen. "Wenn dies geschehen sollte, hätten wir neue Energien für den Friedensprozess und neuen Schwung für den israelisch-palästinensischen Dialog", sagte Regev.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, die Bildung einer palästinensischen Regierung der nationalen Einheit, deute auf eine Öffnung, aus der sich vieles Weitere ergeben könnte. "Wir müssen darauf hoffen, dass das gelingt", sagte der SPD-Politiker in Berlin. Verlässlichkeit auch auf palästinensischer Seite sei für den Nahost-Friedensprozess äußerst wichtig.
  • Die syrische Botschaft in Washington hat den USA vorgeworfen, mit ihrer Politik Extremismus, Terrorismus und eine gegen die USA gerichtete Stimmung im Nahen Osten anzuheizen. Dass die Politik Washingtons dies befördere, sei bedauerlich, hieß es in einer am 12. Sept. in Washington veröffentlichten Erklärung der syrischen Botschaft. "Was im Libanon, in den Palästinensergebieten und im Irak geschehen ist, erschwert den Kampf gegen den weltweiten Terrorismus", hieß es weiter. Die USA sollten nun die Gelegenheit ergreifen und ihre Nahostpolitik überdenken.
  • Das Konzept für den Einsatz der Bundesmarine vor der libanesischen Küste steht weitgehend: Das Bundeskabinett will am 13. Sept. über die Beteiligung an der UNIFIL-Mission entscheiden, wie ein Regierungssprecher am 12. Sept. mitteilte. Zuvor sollen die Fraktionsspitzen informiert werden. Das Operationskonzept und die Einsatzregeln für die Mission sehen nach Angaben aus Koalitionskreisen vor, dass die Bundesmarine doch den gesamten Küstenstreifen kontrollieren darf. Das Mandat soll robust sein, so dass die deutschen Soldaten verdächtige Schiffe stoppen können.
  • Bei ihrem Gipfeltreffen am 15. und 16. Sept. in Havanna wollen die Blockfreien Staaten die fünfwöchige Militäroffensive Israels im Libanon scharf verurteilen. In einem am 12. Sept. vorgelegten Entwurf für die Abschlusserklärung hieß es, die 118 Mitgliedstaaten der Blockfreien verurteilten "die unerbittliche Aggression" Israels gegen das Nachbarland energisch. "Israel muss für seine Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden."
  • Das Bundeskabinett hat am 13. Sept. den ersten Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Nahen Osten beschlossen. Die Bundeswehr werde sich an der Sicherung der libanesischen Seegrenze im Rahmen der UN-Mission beteiligen, teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin mit. Der Einsatz der Bundeswehr im Nahen Osten "hat für uns eine historische Dimension", fügte Merkel mit Blick auf die deutsche Geschichte hinzu. Die Entscheidung sei mit Blick auf die besondere Verantwortung Deutschlands für das Existenzrecht Israels und aus Verantwortung für eine Friedenslösung in der gesamten Region getroffen worden. Der Marineverband werde unter deutscher Führung arbeiten. (Hier geht es zum Antrag der Bundesregierung.)
  • Nach dem Kabinettsbeschluss zum Libanon-Einsatz rechnet Grünen-Fraktionschefin Renate Künast mit einer mehrheitlichen Zustimmung ihrer Fraktion zur Entsendung von Bundeswehr-Soldaten nach Nahost. "Ich glaube nicht, dass wir zu hundert Prozent mit Ja stimmen werden", sagte Künast am 13. Sept. im Fernsehsender N24. "Aber es ist schon so, dass die Mehrheit eine Tendenz hat, mit Ja zu stimmen." Der Bundestag wird nach Angaben von Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am kommenden Mittwoch über die deutsche Beteiligung an der UN-Mission entscheiden.
  • Die israelische Armee hat bei ihrem Libanon-Einsatz nach Angaben eines kriegsbeteiligten Offiziers mindestens 1,2 Millionen Streubomben abgeworfen. Wie die Zeitung "Haaretz" (Ausgabe vom 13. Sept.) berichtete, bezeichnete der Offizier, der nicht namentlich genannt werden wollte, die Art der Kriegsführung als "abscheulich und verrückt". Streubomben sind in größeren Bomben enthalten, die sich in der Luft öffnen und ihre Ladung über weite Flächen verteilen. Der nicht genannte Befehlshaber einer Raketenwerfer-Einheit schickte nach Angaben der Zeitung einen Protestbrief an Verteidigungsminster Amir Perez.
  • Der Chef der Hisbollah-Miliz, Hassan Nasrallah, hat einen Monat nach der Waffenruhe mit Israel die weitere Präsenz seiner Kämpfer im Süden Libanons bekräftigt. "Der Wiederstand steht südlich des Flusses Litani und im gesamten Süden Libanons", sagte Nasrallah in einem am 13. Sept. ausgestrahlten Interview mit dem arabischen Fernsehsender El Dschasira. Es seien "Lügen" der israelischen Regierung, wenn behauptet werde, die Hisbollah sei aus dem Süden Libanons verdrängt, fügte Nasrallah hinzu. "Niemand wird uns daran hindern können, auf unserem Land zu bleiben, um das Land, unsere Erde und unser Vaterland zu verteidigen".
  • Die USA und Israel haben die künftige Regierung der Palästinenser erneut aufgefordert, dem Terror abzuschwören und das Existenzrecht Israels anzuerkennen. "Wir werden sehen, was das Ergebnis ist", sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice am 13. Sept. nach einem Treffen mit ihrer israelischen Kollegin Tzipi Livni zu der Regierungsbildung in den Autonomiegebieten.
  • Umfrage 1:
    Die Bundesbürger stehen dem geplanten Bundeswehreinsatz im Libanon nach wie vor kritisch gegenüber. Laut einer Emnid-Umfrage im Auftrag des Nachrichtensenders N24 lehnen 64 Prozent der Befragten die Mission ab, nur 32 Prozent sprechen sich dafür aus. Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Ausstattung der Bundeswehr geben 56 Prozent der Befragten an, die Bundeswehr sei nicht gut genüg gerüstet für den Auftrag. 34 Prozent halten den aktuellen Ausrüstungsstand für ausreichend. 67 Prozent der Befragten sehen keinen Anlass zur Aufstockung des Wehretats, nur 30 Prozent sprechen sich dafür aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vor kurzem mehr Geld für die Bundeswehr gefordert. - Emnid befragte 1000 Bundesbürger. (ddp, 13. Sept.)
  • Umfrage 2:
    Mit 58 Prozent steht eine deutliche Mehrheit der Deutschen hinter dem Marineeinsatz der Bundeswehr vor der Küste Libanons. Im Westen ist die Zustimmung mit 60 Prozent noch höher als im Osten mit 52 Prozent. Das ergab eine Umfrage der Leipziger Volkszeitung, für die das Leipziger Institut für Marktforschung Ende August/Anfang September 1002 repräsentativ ausgewählte Erwachsene aus ganz Deutschland interviewte. Interessanterweise befürworten die FDP-Wähler mit 67 Prozent sogar überdurchschnittlich diesen Einsatz, während die liberale Parteiführung ihn ablehnt. Auch fast jeder zweite Anhänger der Linkspartei (44 Prozent) findet den Marineeinsatz akzeptabel als überschaubares, bedachtsames militärisches Engagement der Deutschen. Von den Unionswählern stehen 65 Prozent, von den SPD-Wählern 58 Prozent dahinter. Der Einsatz von Bodentruppen wird dagegen mit gewaltiger Mehrheit abgelehnt. Lediglich zwölf Prozent sind dafür, die Bundeswehr als kämpfende Truppe an der israelisch-libanesischen Grenze einzusetzen, darunter wesentlich mehr junge Leute als Ältere. 70 Prozent der Deutschen, im Osten noch mehr als im Westen, erwarten von der Bundesregierung eine neutrale Position im Nahost-Konflikt. Nur 29 Prozent fordern eine klare Unterstützung Israels im Kampf gegen den islamistischen Terror, darunter im Westen mehr als im Osten. Dass zwei Drittel (66 Prozent) der Deutschen eine deutliche Verurteilung israelischer Militärangriffe von der Bundesregierung fordern und 61 Prozent keine Notwendigkeit sehen, eindeutig Israel beim Kampf gegen den Terror zu unterstützen, lässt auf eine ziemlich verbreitete israelkritische Stimmung schließen. (Leipziger Volkszeitung, 14. Sept.)
  • Die Menschenrechtsorganisation Amnesty international (ai) hat der Hisbollah-Miliz vorgeworfen, im Libanon-Konflikt Kriegsverbrechen begangen zu haben. Mit ihren Raketenangriffen habe die Hisbollah "vorsätzlich Zivilpersonen und zivile Objekte in Israel anvisiert oder nicht zwischen militärischen und zivilen Zielen unterschieden", erklärte ai am 14. Sept. in Berlin. Beides sei nach dem Völkerrecht ein Kriegsverbrechen. Amnesty forderte die Vereinten Nationen auf, die Verletzung des humanitären Völkerrechts durch beide Konfliktparteien unabhängig und umfassend untersuchen zu lassen. Ein besonderes Augenmerk müsse dabei den Auswirkungen des Konflikts auf die Zivilbevölkerung gelten. Das Ausmaß der Raketenangriffe auf israelische Städte und Dörfer, der nicht zielgerichtete Charakter der verwendeten Geschosse sowie Aussagen der Hisbollah-Führung bestätigen die Absicht der Miliz, die Zivilbevölkerung zu treffen und damit die Verletzung des humanitären Völkerrechts, sagte die ai-Nahost-Expertin Gudrun Sidrassi-Harth.
  • Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora hat am 14. Sept. Kontakte mit Israel ausgeschlossen. Siniora sagte nach einem Treffen mit Ägyptens Präsident Husni Mubarak in Kairo, es gebe keinerlei Kontakt mit Israel, und es "gibt keine Möglichkeit dazu". Der Libanon arbeite für den Frieden, aber aufgrund der Umstände könne sein Land nur das letzte arabische Land sein, das dem Friedensprozess beitrete.
  • Nach dem Kabinettsbeschluss hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert über die geplante deutsche Beteiligung an der UN-Friedensmission im Libanon informiert. In dem Telefongespräch habe Olmert die geplante Beteiligung der Bundeswehr begrüßt und der Regierung für ihr Engagement gedankt, sagte ein Regierungssprecher am 14. Sept. in Berlin. Merkel habe Olmert über die weiteren parlamentarischen Schritte vor Beginn des Einsatzes unterrichtet.
  • Der bevorstehende Libanon-Einsatz der Bundeswehr hat die Diskussion um eine Erhöhung des Verteidigungsetats angeheizt. Für das kommende Jahr seien zusätzliche Gelder erforderlich, sagte die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Ulrike Merten (SPD), am 14. Sept. Von der Bundesregierung erwarte sie dafür entsprechende Unterstützung. Auch weitere Politiker sowie der Bundeswehrverband verlangten mehr Geld für die Truppe. Merten sagte im RBB, bei der Aufstellung des Etats 2006 sei der Einsatz noch nicht absehbar gewesen. Das Geld müsse deswegen durch Umschichtungen aus dem laufenden Haushalt erwirtschaftet werden. Für das kommende Jahr sei aber eine Aufstockung erforderlich. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bereits vor einigen Tagen Bereitschaft zu einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben erkennen lassen. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, Bernhard Gertz, verlangte eine Aufstockung des Verteidigungsetats um eine Milliarde Euro, um den Schutz von Soldaten in Auslandseinsätzen zu verbessern. Er verwies in der Hannoverschen "Neuen Presse" (14. Sept.) auf die Lage in Afghanistan.
  • Israel hat eine Ungenauigkeit in einer Militärkarte als Ursache des tödlichen Luftangriffs auf einen UN- Posten im Libanon-Krieg bezeichnet. Statt einer Stellung der radikal- islamischen Hisbollah sei deswegen die Position der 180 Meter entfernten UN-Beobachter getroffen worden, sagte der israelische Regierungssprecher Mark Regev am 15. Sept. "Es gab auf unserer Seite einen Fehler", betonte er. Bei dem Luftangriff waren am 25. Juli vier UN-Soldaten aus Österreich, China, Kanada und Finnland getötet worden.
  • Unbekannte haben in der Nacht zum 15. Sept. einen libanesischen Militärposten nahe der Grenze zu Syrien beschossen. Dabei wurde nach Angaben der Streitkräfte ein Soldat leicht verletzt. Kurz zuvor waren dort mehrere Personen festgenommen wurden, die mit einem Traktor Zement von Syrien in den Libanon schmuggelten, wie aus libanesischen Sicherheitskreisen verlautete. Nach der Schießerei seien zwölf Verdächtige festgenommen worden. Es war der erste Zwischenfall dieser Art seit der Stationierung libanesischer Soldaten entlang der Grenze zu Syrien im vorigen Monat. Die Soldaten sollen vor allem das Einschmuggeln von Waffen für die Hisbollah-Miliz unterbinden.
  • Die israelische Außenministerin Zipi Livni hat die libanesische Regierung dazu aufgerufen, das Waffenembargo gegen die Hisbollah-Miliz durchzusetzen. Dies sei ein Test für die Regierung in Beirut und die internationale Gemeinschaft sagte Livni am 15. Sept. kurz vor ihrem Rückflug aus den USA der Nachrichtenagentur AP. "Der Libanon muss seine Souveränität geltend machen und die Hisbollah entwaffnen", verlangte sie. Die schiitische Miliz verfüge nicht mehr über viele Waffen. Schätzungen dazu wollte Livni nicht nennen.
  • Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, fordert die EU-Regierungen zur offiziellen Einstufung der radikalislamischen Hisbollah als Terrororganisation auf. Es sei nicht akzeptabel, dass die Hisbollah bisher in den EU-Staaten legal agieren könne, sagte Korn dem Nachrichtenmagazin "Focus" laut Vorabbericht vom 16. Sept. "Das Problem für die EU ist: wenn die Hisbollah zu einer Terrororganisation erklärt wird, dann muss sie die libanesische Regierung als eine Regierung einstufen, die mit einer Terrororganisation zusammenarbeitet", sagte er. Korn warf den EU-Staaten ein Zurückweichen vor der Politik islamischer Staaten und islamistischer Terrororganisationen vor. Die Hoffnung Europas, sich ausschließlich mit besänftigendem Dialog und Geld den Terror vom Leib halten zu können, sei eine folgenschwere Illusion. Korn kritisierte zudem die Kontakte des PDS-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Gehrcke zur Hisbollah und die Äußerungen von Bundesentwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) am Streubombeneinsatz der israelischen Armee im Libanon.
  • Vier Wochen nach der Absage seines Besuchs in Damaskus sucht Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wieder Kontakt zur syrischen Regierung. Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" am 16. Sept. vorab berichtete, hat der syrische Außenminister Walid al Muallim Steinmeier angeboten, ihn in der kommenden Woche entweder am Rande der UN-Vollversammlung in New York oder auf der Rückreise bei einem Zwischenstopp in Berlin zu treffen. Steinmeier habe eingewilligt, ein konkreter Termin werde noch gesucht.
  • Der libanesische Außenminister hat am 16. Sept. Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum deutschen Libanon-Einsatz kritisiert. Fausi Salluch appellierte zugleich an Berlin, ein unvoreingenommener Teilnehmer der UN-Mission für den Libanon zu sein. Salluch stieß sich an einer Äußerung Merkels nach der Entscheidung im Bundeskabinett für eine Beteiligung der Bundeswehr an dem Einsatz am 13. Sept. Die Kanzlerin hatte dabei die Entscheidung für den Einsatz auch mit der besonderen Verantwortung für das Existenzrecht Israels begründet. Jeder, der sich verpflichtet fühle Israel zu schützen, sollte seine Truppen auf der anderen Seite der Grenze stationieren, zitierte die amtliche libanesische Nachrichtenagentur NNA den Außenminister. Salluch erklärte weiter: "Wir erwarten von einem befreundeten Land wie Deutschland, dass es ausgewogen und unvoreingenommen an die Mission herangeht."
  • Militante Palästinenser im Gazastreifen haben am 17. Sept. eine Rakete auf Israel abgefeuert, deren Einschlag in der Stadt Sderot einen Menschen verletzte. Das teilten Rettungskräfte mit. Der israelische Rundfunk meldete, zwei Raketen seien in Sderot eingeschlagen. Nach der großen israelischen Militäroffensive Ende Juni waren palästinensische Raketenangriff in letzter Zeit etwas zurückgegangen.
  • Das israelische Kabinett hat die Einsetzung eines Regierungsausschusses beschlossen, der die Versäumnisse der Offensive im Libanon untersuchen soll. In der wöchentlichen Kabinettssitzung am 17. Sept. stimmten 22 Minister für die Kommission, zwei votierten dagegen, wie Regierungsmitarbeiter sagten. Ministerpräsident Ehud Olmert kündigte an, der Ausschuss werde "mit Befugnissen ausgestattet, die denjenigen einer staatlichen Kommission entsprechen". Er hoffe, dass der Ausschuss so schnell wie möglich seine Arbeit beenden und somit Israel bei der Bewältigung künftiger Herausforderungen helfen werde, sagte Olmert am 17. Sept.
  • Die deutsche Marine wird bei ihrem historischen Einsatz vor der libanesischen Küste zwar Schiffe durchsuchen, etwaige Waffen aber nicht selbst sicherstellen können. Wenige Tage vor den entscheidenden Beratungen des Bundestags von diesem Dienstag an stellte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) die Einsatzbedingungen für den Flottenverband in diesem Punkt klar. Nach seinen Worten ist die Beschlagnahme von Waffen allein "Aufgabe der libanesischen Regierung". Die FDP-Führung sah nach dieser Aussage ihre Bedenken gegen den Einsatz bestätigt. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am 17. Sept.: "Abgesehen von unserer grundsätzlichen Ablehnung der Beteiligung bewaffneter deutscher Soldaten im Libanon zeigt das Hin und Her um die Zuständigkeiten für die Entwaffnung wie unausgegoren das Mandat ist. Die mangelnde Zuständigkeit der deutschen Marine führt dieses Mandat vollends ins Lächerliche."
  • Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat die Gespräche mit der Hamas über die Bildung einer Koalitionsregierung verschoben. Seine Berater erklärten am 17. Sept., Grund seien die Forderungen aus den USA, dass die neue Regierung Israel anerkennen und die bestehenden Friedensverträge respektieren müsse. Die Entscheidung ist ein Rückschlag für Abbas, der die international isolierte Hamas mit Hilfe einer Koalitionsregierung bewegen wollte, Israel doch noch anzuerkennen. Der palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija betonte jedoch, die Zustimmung zu einer Koalitionsregierung in der vergangenen Woche bedeute nicht, dass die Hamas die bisher unterzeichneten Friedensabkommen mit Israel anerkenne. Man werde aber mit den Abkommen arbeiten, wenn das im Interesse der Palästinenser sei. Kommantare wie dieser hätten Abbas sehr verärgert, verlautete aus den Kreisen der Palästinenser. Abbas habe sein Möglichstes getan, um die USA und Europa von seinem Plan zu überzeugen, sagte sein Berater Jassir Aed Rabbo. Die Hamas habe diese Bemühungen jedoch torpediert.
Montag, 18. September, bis Sonntag, 24. September
  • Frankreich hält für den Wiederaufbau im Libanon eine weitere Hilfskonferenz für notwendig. Staatspräsident Jacques Chirac sagte am 18. Sept. in Paris, nach dem Waffenstillstand zwischen Hisbollah und Israel und der beginnenden Stationierung der UN-Friedenstruppe schlage er eine internationale Konferenz vor, "die den Wiederaufbau des Libanon mit internationaler Hilfe erlaubt". Ende August waren bei einer Geberkonferenz in Stockholm bereits Hilfszusagen über mehr als 900 Millionen Dollar (über 700 Millionen Euro) für den Libanon zusammengekommen.
  • Ein israelisches Militärgericht hat am 18. Sept. die Entscheidung über die Freilassung von 18 Hamas-Politikern auf unbestimmte Zeit vertagt. Der Richter habe beide Seiten angehört, werde seine Entscheidung aber erst später bekanntgeben, berichtete der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Israel wirft dem palästinensischen Parlamentspräsidenten Asis Duweik und 17 weiteren Hamas-Politikern die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Das Militärgericht hatte vor knapp einer Woche die Freilassung der Inhaftierten verfügt, die Staatsanwaltschaft legte dagegen Berufung ein.
  • Eine Mehrheit der Palästinenser ist gegen die von ausländischen Regierungen geforderte Anerkennung des Staates Israel. In einer in Ramallah am 18. Sept. veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts PCPSR erklärten 66 Prozent der Befragten, die regierende, radikal-islamische Hamas solle eine Anerkennung Israels nicht als Preis für ein Ende des Finanzboykotts gegen die palästinensische Regierung akzeptieren. Für eine Anerkennung Israels sprachen sich 30 Prozent der 1268 im Westjordanland und im Gazastreifen Befragten aus.
  • Der französische Kommandeur der UN-Truppe im Libanon hat eine Entwaffnung der Hisbollah-Miliz abgelehnt. Generalmajor Alain Pelligrini sagte am 18. Sept., Hauptaufgabe der UNIFIL sei es sicherzustellen, dass der Südlibanon nicht wieder als Ausgangpunkt für Angriffe auf Israel benutzt werden könne. Eine Entwaffnung der Kämpfer sei nicht Aufgabe der UNIFIL, sondern eine rein libanesische Angelegenheit. Der französische Staatspräsident Jacques Chirac erklärte dagegen, die Hisbollah dürfe keinen militärischen Flügel unterhalten. "Kein Land kann leben, wenn ein Teil seines Territoriums sich der Autorität der Regierung entzieht", sagte Chirac in einem Interview mit Radio Europe-1. Er wolle, dass die UN-Resolution, die nach 34 Tagen den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah beendete, ohne Vorbehalte umgesetzt werde. In der Praxis wollen jedoch weder die libanesischen Streitkräfte noch die UN-Truppen eine Konfrontation mit den gut ausgebildeten Kämpfern der Miliz provozieren.
  • Die israelische Armee hat am 18. Sept. nach libanesischen Angaben in mehreren Ortschaften im Süden des Libanon Sperren errichtet. Ein solches Vorgehen stelle eine Verletzung der so genannten Blauen Linie dar, der Grenze zwischen Israel und dem Libanon, verlautete aus libanesischen Militärkreisen. Demnach errichteten israelische Soldaten etwa einen Kilometer tief auf libanesischem Gebiet in vier Dörfern Sperren aus Stacheldraht.
  • Die Bundesregierung hat im Bundestag nachdrücklich für die Zustimmung zum geplanten Nahost-Einsatz der Bundeswehr geworben. "Wir stehen in einer gemeinsamen Verantwortung", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am 19. Sept. zum Auftakt der Parlamentsdebatte über den deutschen Beitrag zur UN-Friedensmission. "Wir sind entschlossen, zu dieser Verantwortung zu stehen." Es gehe nicht um ein "beliebiges Fällen von Tabus", sondern um die Glaubwürdigkeit Deutschlands. Israel habe ausdrücklich um eine deutsche Beteiligung gebeten. (Hier geht es zur Debatte: Bundestagsdebatte Libanon Teil I.)
  • Israel will den Dialog mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas wieder aufnehmen und mit ihm gemeinsam am Aufbau eines palästinensischen Staates arbeiten. Die israelische Außenminister Zipi Livni sagte nach einem Treffen mit Abbas am 19. Sept. in New York, Ziel sei eine Zwei-Staaten-Lösung des Konflikts. Abbas sprach von einem sehr positiven Treffen, das kein Thema ausgeklammert habe. Livni erklärte, sie habe Abbas gesagt, dass Israel zu seiner Weigerung stehe, mit der Hamas zu sprechen. Die Organisation müsse erst der Gewalt abschwören und die bestehenden Friedensabkommen sowie den Staat Israel anerkennen.
  • US-Präsident George W. Bush hat vor der UN-Generalversammlung am 19. Sept. die Welt zur Unterstützung seines Demokratisierungsprogramms für den Nahen Osten aufgerufen. Zugleich betonte er, dass sich seine Politik nicht gegen den Islam richte. Die USA würden es aber nicht zulassen, wenn diese Religion von Terroristen zur Verbreitung von Tod und Zerstörung "pervertiert" werde. (Hier geht es zur ganzen Rede des US-Präsidenten.)
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Bundestag um Zustimmung für den Libanon-Einsatz deutscher Soldaten geworben. Die Bundesregierung habe die Voraussetzungen für das Engagement gründlich geprüft, sagte sie am 20. Sept. "Es dient deutschen Interessen. Ich bitte sie deshalb um eine breite Zustimmung zu diesem Mandat." Die CDU-Vorsitzende bekräftigte: "Es ist ein Einsatz von historischer Dimension." (Hier geht es zur ganzen Rede und zur Debatte im Bundestag.)
  • In einer Großrazzia in palästinensischen Städten im Westjordanland hat Israel nach eigenen Angaben umgerechnet rund 1,15 Millionen Dollar (910.000 Euro) beschlagnahmt, die der Finanzierung "terroristischer Aktivitäten" dienen sollten. Am Morgen des 20. Sept. hätten Armee, Polizei und der Inlandsgeheimdienst Schin Beth Wechselstuben und Banken durchsucht, sagte ein Armeesprecher. Aus palästinensischen Sicherheitskreisen verlautete, dass von den Israelis unter anderem in Ramallah, Nablus, Tulkarem und Dschenin "Millionen Dollar, Dokumente und Akten gestohlen wurden".
  • Der Einsatz deutscher Soldaten im Nahen Osten kann beginnen: Der Bundestag stimmte am 20. Sept. der Entsendung der Bundeswehr mit großer Mehrheit zu. Dafür votierten in namentlicher Abstimmung 442 von 599 Abgeordneten, dagegen waren 152 Parlamentarier; fünf Abgeordnete enthielten sich. Neben den Regierungsparteien CDU/CSU und SPD hatten auch die Grünen vor der Abstimmung Unterstützung angekündigt. Ablehnend äußerten sich FDP und Linksfraktion.
  • Der israelische Botschafter in Deutschland, Schimon Stein, hat die am 20. Sept. vom Bundestag beschlossene Beteiligung deutscher Soldaten an dem UN-Friedenseinsatz im Libanon begrüßt. "Deutschland kann einen Beitrag dazu leisten. Zu Deutschland haben wir Vertrauen", sagte Stein dem Sender n-tv. Generell sei die internationale Militärpräsenz für Israel wichtig, da die libanesische Regierung nach wie vor "nicht in der Lage ist, ihre volle Souveränität im Süden des Landes auszudehnen". Nun solle eine internationale Truppe einen Beitrag zur Stabilisierung des Gebiets leisten.
  • Die israelische Außenministerin Zipi Livni hat die iranische Regierung als "wachsende Gefahr" und "größte Kampfansage an unsere Werte" bezeichnet. Die internationale Gemeinschaft habe "keine wichtigere Verantwortung, als sich gegen diese wachsende Gefahr zu stellen, nicht zum Wohl Israels, sondern um ihrer selbst willen", sagte Livni bei einer Rede vor der UN-Vollversammlung in New York am 21. Sept. Teheran verleugne nicht nur den Holocaust und spreche "stolz und offen" darüber, Israel vernichten zu wollen. Die iranische Führung versuche zudem, sich dafür Waffen zu beschaffen, was die Region gefährde und die Welt bedrohe. (Hier geht es zu Livnis Rede im Wortlaut - englisch.)
  • Aus Anlass des am 22. Sept. beginnenden jüdischen Neujahrsfests hat der israelische Verteidigungsminister Amir Perez die vollständige Abriegelung der Palästinensergebiete angeordnet. Wann die Maßnahme wieder aufgehoben werde, hänge von den Umständen ab, sagte ein Ministeriumssprecher am 21. Sept. Das Rosch-Haschanah-Fest wird am 23. und 24. Sept. gefeiert. Perez kündigte zugleich an, dass der seit Monaten geschlossene Übergang Rafah zwischen dem südlichen Gazastreifen und Ägypten "in den kommenden Tagen" geöffnet werde.
  • Die libanesische Regierung hat Israel mit der Anrufung des UN-Sicherheitsrates gedroht, sollte das Nachbarland seine Truppen nicht bis spätestens Ende der kommenden Woche aus dem Südlibanon abgezogen haben. Der libanesische Verteidigungsminister Elias Murr sagte am 21. Sept. nach einer Regierungssitzung in Beirut, der Repräsentant von UN-Generalsekretär Kofi Annan im Libanon habe ihn am 20. Sept. darüber informiert, dass der engültig letzte Termin für den israelischen Abzug der Freitag kommender Woche sei (29. Sept.). "Wenn der Abzug bis Freitag nicht abgeschlossen ist, wird der Libanon den UN-Sicherheitsrat anrufen", fügte er hinzu.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat die Anerkennung Israels durch die Palästinenser zugesagt. Die künftige Palästinenserregierung werde Israel anerkennen, sagte Abbas am 21. Sept. vor der UN-Vollversammlung in New York. Die neue Regierung werde "alle Abkommen anerkennen", die zwischen der Palästinensischen Befreiungsbewegung (PLO) und der israelischen Regierung abgeschlossen wurden. Dazu zähle "insbesondere" die gegenseitige Anerkennung durch den damaligen israelischen Ministerpräsidenten Jizchak Rabin und den damaligen PLO-Chef Jassir Arafat 1993.
  • Hamas hat die Ankündigung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas dementiert, sie sei zur Anerkennung Israels bereit. Die künftige Regierung der nationalen Einheit sehe in ihrem politischen Programm nicht die Anerkennung des Staates Israel vor, sagte der wichtigste Berater von Ministerpräsident Ismail Hanija, Ahmed Jussef, am 22. Sept. der Nachrichtenagentur AFP. Um die Krise beizulegen, sei die Hamas zu einer zehnjährigen Waffenruhe bereit. Dies werde Stabilität und Wohlstand in der Region fördern, fügte Jussef hinzu. Eine "dritte Partei" solle vermitteln, um den Waffenstillstand zu erreichen.
  • Laut der Erklärung eines Repräsentanten der Vereinten Nationen in Genf bedrohen ungefähr eine Million nicht explodierter Streumunitionen die Bevölkerung im Südlibanon. Drei Menschen fallen diesen Blindgängern täglich zum Opfer. Die UNO hat die Verwendung von Streubomben im Libanon angeprangert. Handicap International fordert die deutsche Politik auf, sich international wirkungsvoll gegen diese heimtückischen Waffen einzusetzen - und national mit einem völligen Verbot von Streubomben voranzugehen. Laut Chris Clark, dem Verantwortlichen der Vereinten Nationen für Entminung und Minenaufklärung im Südlibanon, wurden über 2,8 Millionen Streumunitionen von der israelischen Artillerie über dem Südlibanon abgeschossen - die meisten davon während der letzten 72 Stunden des Konflikts. Die Streubomben, die zusätzlich von der israelischen Luftwaffe abgeworfen wurden, sind in diese Zahl noch nicht eingerechnet. Die schweren Bombenangriffe haben über 500 Standorte getroffen. Über 40 % der Streumunition ist nicht beim Aufprall explodiert! Dies bedeutet laut Chris Clark, dass der Boden im Südlibanon von ca. einer Million nicht explodierten Streumunitionen übersät ist. Diese hohe Konzentration übertrifft noch ähnliche Situationen nach den Kriegen im Irak, in Afghanistan und im Kosovo, wo ebenfalls Streumunition eingesetzt wurde. (ots, 22. Sept.)
  • Arabische Staaten haben am 22. Sept. vor Abschluss der Generalversammlung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) für die Verabschiedung einer Resolution gegen Israel geworben. In einem von ihnen eingebrachten Entschließungsantrag wird das israelische Atomprogramm als Bedrohung bezeichnet. Ferner wird Israel in dem Entwurf aufgefordert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten, damit im Nahen Osten eine atomwaffenfreie Zone eingerichtet werden könne. Der Resolutionsentwurf wurde von 15 arabischen Staaten vorgelegt. Iran, Venezuela, Kuba, Indonesien und Malaysia haben angekündigt, den Antrag mit zu unterstützen.
  • Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit dem 34-Tage-Krieg gegen Israel hat der Chef der radikalislamischen Hisbollah, Scheich Hassan Nasrallah, einen "historischen und strategischen Sieg" gegen den jüdischen Staat verkündet. Hunderttausende Anhänger begrüßten Nasrallah am 22. Sept. im Süden Beiruts mit Hoch-Rufen. Viele Demonstranten waren mit Wagen und Kleinbussen aus dem Süden des Landes, der Hochburg der Miliz, in die libanesische Hauptstadt gebracht worden. Es hatte Spekulationen darüber gegeben, ob Nasrallah sich an die Öffentlichkeit wagen würde. Der Hisbollah-Führer war mit dem Ausbruch des militärischen Konfliktes mit Israel in den Untergrund gegangen. Israel hatte angekündigt, Nasrallah trotz der seit dem 14. August geltenden Waffenruhe weiter zu jagen.
  • Die libanesische Armee hat am 23. Sept. erstmals an der Grenze zu Israel Stellungen bezogen. Die Truppen rückten unterstützt von UN-Blauhelmsoldaten zur so genannten Blauen Linie vor, die als Grenze zwischen beiden Staaten dient, wie ein AFP-Reporter berichtete. Die rund 200 von Panzern unterstützte Soldaten einer Infanterieeinheit bezogen ihre Stellungen an zwei Punkten im westlichen Sektor der Grenze bei Nakura an der Mittelmeerküste und beim rund drei Kilometer östlich gelegenen Labbuneh, wie ein Armeesprecher weiter erläuterte. Die beiden Posten, die von der UN-Friedensmission UNIFIL errichtet wurden, sind rund einhundert Meter von israelischen Truppen auf der anderen Seite der Grenze entfernt. Damit wird die libanesische Armee zum ersten Mal seit Jahrzehnten an der Grenze zu Israel stationiert.
  • Die regierende palästinensische Hamas-Partei hat am 24. Sept. ihren Wunsch zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit bekräftigt, im strittigen Punkt der Anerkennung des Existenzrechts Israels aber kein Einlenken erkennen lassen. Ministerpräsident Ismail Hanija sagte, die Hamas wolle den Erfolg in den Verhandlungen mit Präsident Mahmud Abbas. Der hatte am Vortag von einem schweren Rückschlag gesprochen: Hanijas Weigerung, einer Regierung vorzustehen, die das Existenzrecht Israels anerkennt, habe die Gespräche "zurück auf Null" gebracht.
  • Der syrische Präsident Baschar el Assad beurteilt den Einsatz von Bundeswehrsoldaten vor der libanesischen Küste skeptisch. Deutschland solle verhindern, dass Waffen zur islamischen Hisbollah-Miliz im Libanon gelangten - niemand aber könne die Bewaffnung einer Widerstandsbewegung verhindern, wenn diese die Unterstützung des Volkes besitze, sagte Assad dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" (24. Sept.). Das lehre die Geschichte. Die Mehrheit im Libanon betrachte den "Widerstand" der Hisbollah gegen Israel als legitim. "Ich rate den Europäern: Verschwendet eure Zeit nicht, geht an die Wurzel des Problems."
  • Der christliche und antisyrische libanesische Politiker Samir Geagea hat am 24. Sept. vor zehntausenden Anhängern klar Stellung gegen die Siegesfeiern der schiitischen Hisbollah-Miliz bezogen. Geagea wandte sich vor allem gegen die Behauptung von Hisbollah-Führer Scheich Hassan Nasrallah, der den 34-tägigen Krieg Israels gegen die Hisbollah als "göttlichen Sieg" bezeichnet hatte. "Ich merke nichts von einem Sieg", sagte Geagea, "weil die Mehrheit der Libanesen nichts von einem Sieg merkt. Sie haben vielmehr das Gefühl, dass sie eine große Katastrophe ereilt hat, die ihr Leben und ihre Zukunft unsicher macht." Die Kundgebung folgte einer jährlichen Messe in Harissa, das rund 30 Kilometer nördlich von Beirut liegt, bei der die im Bürgerkrieg getöteten christlichen Milizionäre geehrt werden. Sie zeigte auch die tiefe Spaltung des Landes. Erst am Freitag waren rund 800.000 Menschen zu einer Kundgebung der Hisbollah in Beirut gekommen, auf der Nasrallah verkündete, dass sich seine Organisation von keiner Armee der Welt entwaffnen lassen werde.
Montag, 25. September, bis Samstag, 30. September
  • Israel darf per Gerichtsurteil 21 Vertreter der radikalislamischen Palästinenserbewegung Hamas unbefristet in Haft behalten. Ein Militärrichter im Stützpunkt Ofer bei Ramallah im Westjordanland habe einem entsprechenden Antrag des Militärstaatsanwalts stattgegeben, sagte der Anwalt der Betroffenen am 25. Sept. der Nachrichtenagentur AFP. Das Gericht in Ofer hatte Mitte September die Freilassung der Hamas-Vertreter angeordnet. Zwei Tage später legte die Militärstaatsanwaltschaft dagegen Berufung ein.
  • Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat die 1967 eroberten Golanhöhen zum "integralen Bestandteil" Israels erklärt. So lange er Regierungschef sei, würden die Golanhöhen "in unseren Händen bleiben", erklärte Olmert nach Presseberichten vom 26. Sept. Neue Friedensverhandlungen mit Syrien sind damit praktisch ausgeschlossen. Die Verhandlungen zwischen Israel und Syrien waren im Januar 2000 abgebrochen worden. Damaskus besteht darauf, dass die 1967 eroberten und 1981 annektierten Golanhöhen im Zuge einer Friedensregelung zurückgegeben werden müssen. Vor sechs Jahren war die damalige israelische Regierung bereit, den Großteil des Gebietes zurückzugeben, wollte aber einen Geländestreifen am See Genezareth behalten. Olmert hatte kürzlich gesagt, er betrachte Syrien derzeit nicht als möglichen Partner von Verhandlungen.
  • Für rund 200.000 Flüchtlinge aus dem Libanon könnte sich die Rückkehr in ihre Heimat noch um mehrere Monate verzögern. Ursache seien hunderttausende Streubomben, die Israel bei seinen Angriffen im Libanon eingesetzt habe und die noch nicht entschärft seien, teilte das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) am 26. Sept. in der libanesischen Hauptstadt Beirut mit. Für manche Flüchtlinge könnte sich die Rückkehr sogar um zwei Jahre verzögern, da sich in Häusern und auf freiem Gelände noch Bomben befänden. Die nicht explodierte Munition aus den Streubomben sei "die größte Gefahr" für die Zivilbevölkerung.
  • Die israelische Luftwaffe wird auch nach dem Abzug der Bodentruppen aus dem Libanon weiter im libanesischen Luftraum fliegen. Das kündigte der israelische Verteidigungsminister Amir Perez am 26. Sept. im Fernsehsender "10" an. Israel werde die Flüge über dem Nachbarland solange fortsetzen, bis die beiden entführten israelischen Soldaten freigelassen würden und die Grenze zwischen dem Libanon und Syrien hermetisch abgeriegelt sei, so dass dort keine Waffen mehr geschmuggelt werden könnten.
  • Eine israelische Menschenrechtsgruppe hat den Streitkräften Kriegsverbrechen vorgeworfen, weil sie Ende Juni ein Kraftwerk im Gazastreifen bombardiert haben. Zwei Monate später gebe es in weiten Teilen von Gaza-Stadt nur etwa die Hälfte des Tages Strom, was die Arbeit von Krankenhäusern, die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung behindere, erklärte die Organisation B'Tselem am 27. Sept. Die Bombardierung des Kraftwerks, das sich nur gegen ein zivil genutztes Objekt gerichtet habe, sei illegal und ein Kriegsverbrechen gewesen. Es habe keine militärische Begründung für den Angriff gegeben, der offenbar aus Rache erfolgt sei. Die Luftwaffe bombardierte das Kraftwerk am 28. Juni zu Beginn der israelischen Offensive im Gaza-Streifen.
  • Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen ist in der Nacht zum 27. Sept. eine 14-jährige Palästinenserin getötet worden. Sieben weitere Kinder wurden nach Angaben von Krankenhausmitarbeitern verletzt. Der Angriff galt nach Angaben von Augenzeugen dem Haus eines Waffenhändlers. Dieser sei von den israelischen Truppen 15 Minuten vorher gewarnt worden. Verletzt worden sei zunächst niemand. Als sich dann Kinder versammelt hätten, um die Trümmer anzuschauen, habe es einen zweiten, tödlichen Angriff gegeben. Nach israelischen Angaben wurde ein Haus beschossen, das als Versteck für Schmuggler diente, die durch Tunnel Waffen aus Ägypten in den Gazastreifen hineinschmuggelten.
  • Bei Explosionen von Streubomben im Südlibanon sind am 27. Sept. ein neunjähriger Junge getötet und vier weitere Menschen verletzt worden. Der Junge war nach sofort tot, als die Bombe in der Nähe seines Wohnhauses im Dorf Sawwaneh 17 Kilometer nördlich der Grenze zu Israel detonierte, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Drei Männer erlitten Verletzungen. In Kaakajiet al Dschisr, zehn Kilometer nördlich von Sawwaneh, wurde eine 36 Jahre alte Frau bei der Explosion einer weiteren Streubombe verletzt. UN-Experten schätzten die Zahl der von Israel abgefeuerten, nicht explodierten Streubomben im Südlibanon am Dienstag auf bis zu eine Million. Auf wiederholte Anfragen der UN zu genaueren Informationen über die Lage von Streubomben hat Israel bislang nicht reagiert. Seit Ende der Kämpfe am 14. August kamen in der Region 14 Menschen durch explodierende Streubomben ums Leben, etwa 90 wurden verletzt.
  • Sechs Wochen nach seiner Festnahme hat Israel den palästinensischen Vize-Regierungschef Nasser al-Schair aus der Haft entlassen. Laut israelischen Medien vom 27. Sept. entschied das Militärgericht sich gegen eine Haftverlängerung. Schair war der ranghöchste von etwa 30 Repräsentanten der radikal-islamischen Hamas, die Israel im Sommer in Haft nahm. Politische Beobachter werteten die Haftentlassung als mögliches positives Signal im Rahmen der Bemühungen um die Freilassung eines verschleppten israelischen Soldaten.
  • Hubschrauber des libanesischen Heeres haben mit der Überwachung der syrischen Grenze begonnen, wie am 27. Sept. aus Beiruter Sicherheitskreisen verlautete. Ein ranghohes Mitglied der Streitkräfte betonte aber, dass diese Patrouillen - die ersten libanesischer Soldaten an der syrischen Grenze überhaupt - nicht in direktem Zusammenhang mit der UN-Resolution stünden, die zum Waffenstillstand zwischen Israel und der Hisbollah geführt hat. "Das hat damit zu tun, dass das libanesische Heer Verantwortung für die Kontrolle seiner Grenzen übernimmt", sagte der hohe Offizier, der seinen Namen nicht genannt wissen wollte. "Wir beabsichtigen, jeglichen Schmuggel mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterbinden." Über die syrisch-libanesische Grenze gibt es rund 60 Schmugglerrouten. Über die bislang durchlässige Grenze wurde auch die Hisbollah mit Waffen versorgt.
  • Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora hat am 27. Sept. den sofortigen Abzug der israelischen Truppen aus dem Libanon gefordert. Israel müsse seine Truppen "sofort zurückziehen" und dürfe die Hoheitsrechte des Libanon nicht weiter verletzen, sagte er am Abend vor dem Europaparlament in Straßburg. Die von Israel besetzte Region der Schebaa-Farmen im Südlibanon müsse bis auf weiteres unter internationale Aufsicht gestellt werden.
  • Die israelische Luftwaffe hat in der Nacht zum 28. Sept. das Haus eines palästinensischen Waffenhändlers in Rafah an der Grenze des Gazastreifens zu Ägypten zerstört, wie palästinensische Sicherheitskreise mitteilten. Ein Kampfflugzeug habe zwei Raketen auf das Haus abgefeuert, teilten die Gewährsleute mit. Der Hausbesitzer sei kurz vorher telefonisch gewarnt worden und die Bewohner hätten daraufhin das Gebäude verlassen. Bei dem Angriff seien zwei Menschen leicht verletzt worden. Israel hat in den vergangenen Wochen mehrere Häuser mutmaßlicher Waffenhändler mit Luftangriffen zerstört.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel und der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora haben ihren Willen zu einer politischen Lösung der Konflikte im Nahen Osten bekräftigt. Nach Gesprächen im Berliner Kanzleramt versicherte Merkel am 28. Sept. vor Journalisten, Deutschland wolle helfen, dass sowohl im Libanon eine stabile Demokratie entstehe als auch das Existenzrecht Israels dauerhaft gesichert werde. Siniora bedankte sich laut AP für die Entscheidung der Bundesrepublik, Marineeinheiten zur Verhinderung von Waffenschmuggel an der libanesischen Küste zu entsenden und Kräfte bereitzustellen, die bei der Ausbildung des libanesischen Zolls und des Grenzschutzes helfen sollen.
  • Opferbilanz der Intifada
    Seit Beginn des Palästinenseraufstands vor sechs Jahren gegen die israelische Besatzung sind auf beiden Seiten mehr als 4.800 Menschen getötet worden, wie aus einer Erhebung der israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem hervorgeht. Demnach töteten die israelischen Streitkräfte im Westjordanland und dem Gazastreifen 3.733 Palästinenser, darunter 767 Minderjährige. 208 der Getöteten fielen gezielten israelischen Angriffen zum Opfer, die sich gegen militante Palästinenser richteten. 60 Palästinenser wurden laut B'Tselem von israelischen Sicherheitskräften in Israel selbst getötet. Weitere 41 Palästinenser seien von israelischen Zivilisten im Westjordanland und im Gazastreifen getötet worden. 1.011 Israelis fielen B'Tselem zufolge im Westjordanland, dem Gazastreifen und Israel der Gewalt militanter Palästinenser zum Opfer. B'Tselem, das Israelische Informationszentrum für Menschenrechte in den besetzten Gebieten, veröffentlichte die Zahlen am 28. Sept. anlässlich des sechsten Jahrestages des Beginns der so genannten zweiten Intifada.
  • Israel hat im Vorfeld des Versöhnungsfestes Jom Kippur die Palästinensergebiete im Westjordanland und im Gazastreifen abgeriegelt. Das berichtete der israelische Rundfunk am 29. Sept. Nach israelischen Geheimdienstinformationen planen palästinensische Extremisten an den Feiertagen am Sonntag und Montag (1. und 2. Okt.) möglicherweise Anschläge. Zudem wurden die Sicherheitskräfte in Jerusalem aus Anlass des ersten Freitag im muslimischen Fastenmonat (29. Sept.) in höchste Alarmbereitschaft versetzt.
  • Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen sind am 29. Sept. zwei Palästinenser getötet worden. Wie die Streitkräfte und palästinensische Sicherheitskräfte erklärten, wurden die beiden auf einem Feld in der Nähe von Beit Hanun getroffen, von dem häufig Raketen auf Israel abgeschossen werden.
  • Um internationale Empörung zu vermeiden, will Israel laut einem Zeitungsbericht vorerst auf die Tötung von Hisbollah-Chef Scheich Hassan Nasrallah verzichten. Die Pläne seien jedoch nicht vollständig aufgegeben worden, schrieb die Zeitung "Maariv" am 29. Sept. Während des letzten Kriegs gegen die Hisbollah hätten sich die Streitkräfte um die Tötung Nasrallahs bemüht, zitierte "Maariv" am Freitag israelische Sicherheitskreise. Der Chef der schiitischen Miliz flüchtete in den Untergrund und ließ lediglich über das libanesische Fernsehen Erklärungen verbreiten.
  • Bei der Explosion eines Autos ist am 29. Sept. in der israelischen Stadt Rischon Lezion eine Person getötet worden. Drei weitere Menschen wurden nach Angaben von Rettungskräften verletzt, darunter ein zehn Jahre alter Junge und ein Baby. Die Polizei vermutete einen kriminellen Hintergrund und ging zunächst nicht von einem Anschlag aus.
  • Israel verzögert weiterhin den völligen Abzug aus dem Libanon. Ursprünglich wollte die Armee das Nachbarland bereits bis zum 22. September verlassen haben. Wie es aus Kreisen des Verteidigungsministeriums hieß, wolle man darauf warten, bis die libanesische Armee und die UN-Friedenstruppe die volle Kontrolle über das Grenzgebiet übernommen hätten. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Israel seine Absicht aufgegeben habe, den Führer der radikal- islamischen Hisbollah, Scheich Hassan Nasrallah, zu töten. (dpa, 29. Sept.)
  • Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen ist am 29. Sept. das Haus eines örtlichen Hamas-Führers zerstört worden. Berichte über Verletzte lagen nicht vor. Nach Angaben der Hamas erhielt der Hausbesitzer, ein Mitglied des militärischen Flügels der Bewegung in der Region, 15 Minuten vor dem Angriff einen Anruf der Streitkräfte. Darin wurde er aufgefordert, das Haus zu verlassen. Die Streitkräfte bestätigten den Angriff. Ziel sei ein Waffenlager gewesen.
  • Die israelische Armee wird ihren Rückzug aus dem Südlibanon nach Fernsehangaben spätestens bis Sonntagnachmittag (1. Okt.) beendet haben. Der Generalstab habe der Regierung diesen Schritt bis zum Beginn der Jom-Kippur-Feierlichkeiten empfohlen, berichtete ein israelischer Privatsender am 29. Sept. Es gebe keinen Grund mehr, die einigen hundert verbliebenen Soldaten dort zu lassen. Der Abzug erfolge, obwohl nicht alle offenen Fragen zwischen Israel und den Vertretern der UN-Truppe im Libanon (UNIFIL) geklärt seien. Jom Kippur ist der jüdische Versöhnungstag und der wichtigste Festtag im Judentum.
  • Bei einem israelischen Luftangriff in Rafah im südlichen Gazastreifen ist nach Angaben von Sanitätern am 30. Sept. ein Mann getötet worden, vier weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Unter ihnen war ein sechsjähriger Junge, der an den Beinen verwundet wurde. Den palästinensischen Angaben zufolge handelte es sich bei dem Getöteten um ein 25-jähriges Mitglied der militanten Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden. Kurz zuvor hatten israelische Soldaten im nördlichen Gazastreifen ein Ziel an der Grenze zu Israel angegriffen. Laut Augenzeugen wurde dabei niemand verletzt. Nach Angaben der Streitkräfte war ein militanter Palästinenser Ziel des Angriffs. Er soll versucht haben, eine Rakete auf Israel abzufeuern. Zuvor hatte eine Rakete ein Haus in der israelischen Grenzstadt Sderot getroffen. Ein Mensch wurde leicht verletzt.



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