Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

17. bis 31. Juli 2004

Chronologie der Ereignisse

17. bis 18. Juli
  • Nach einer Entführungsserie im Gazastreifen hat der palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia sein Kabinett zu einer Dringlichkeitssitzung am 17. Juli einberufen. Nach offiziellen Angaben soll die Regierung am frühen Nachmittag in Ramallah im Westjordanland zusammenkommen. Der palästinensische Minister ohne Geschäftsbereich, Kadura Fares, sagte, die Situation sei ernst. Die Regierung müsse nun ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen.
  • Der palästinensische Regierungschef Ahmed Kureia hat am 17. Juli seinen Rücktritt eingereicht. Palästinenserpräsident Jassir Arafat lehnte aber offenbar ab. "Kureia hat bei Arafat seinen Rücktritt eingereicht, aber dieser bat ihn, den Antrag zurückzuziehen und kündigte eine Umstrukturierung der Sicherheitsdienste an", sagte ein ranghoher Vertrauter Kureias. Diese Umstrukturierung ist seit langem auch von der internationalen Gemeinschaft gefordert worden. Arafat kündigte inzwischen die Reduzierung der Dienste von acht auf drei und die Entlassung von Polizeichef Ghasi Dschabali an.
    Ab sofort gebe es nur noch drei Sicherheitsdienste: die Polizei, einen Allgemeinen Sicherheitsdienst und den Geheimdienst, sagte Arafat-Berater Nabil Abu Rudeina. General Sajeb el Adsches teilte mit, er löse den bisherigen Polizeichef Ghasi Dschabali ab, der am Freitag für vier Stunden entführt worden war. Die palästinensischen Geiselnehmer warfen Dschabali Bestechlichkeit vor und forderten die Autonomiebehörde auf, dieses "Symbol der Korruption" zu entlassen. An der Spitze des Allgemeinen Sicherheitsdienstes löst Mussa Arafat, ein Neffe des Palästinenserpräsidenten, den bisherigen Leiter Abdelrasak el Madschaida ab. Den Geheimdienst solle weiterhin Amin el Hindi leiten.
    Die El-Aksa-Brigaden haben die Ernennung eines Neffen von Palästinenserpräsident Jassir Arafat zum Chef des Allgemeinen Sicherheitsrats kritisiert. Mit Mussa Arafat sei ein "Symbol der Bestechlichkeit" zum neuen Sicherheitschef gemacht worden, erklärten die Brigaden, der bewaffnete Arm von Arafats Fatah-Organisation, am 17. Juli. Die Ernennung sei ein "gefährliches Zeichen" und werde zu internen Konflikten innerhalb der Palästinenserorganisation führen.
    Tausende Palästinenser haben am Abend des 17. Juli gegen die Ernennung eines Neffen von Palästinenserpräsident Jassir Arafat zum neuen Chef des Allgemeinen Sicherheitsdienstes protestiert. In Gaza gingen rund 3000 Demonstranten gegen die Nominierung von Mussa Arafat auf die Straßen. Auch in Chan Junis im südlichen Gazastreifen gab es einen Protestmarsch mit mehreren hundert Teilnehmern. "Nein zur Korruption, Ja zu Reformen" skandierten die Demonstranten.
  • Ein 21-jähriger Palästinenser ist am 17. Juli bei einer Auseinandersetzung mit israelischen Soldaten in Nablus im Westjordanland getötet worden. Wie palästinensische Augenzeugen berichteten, schossen die Soldaten in eine Menschenmenge, nachdem sie mit Steinen beworfen worden waren. Ein israelischer Militärsprecher sagte dagegen, die Soldaten hätten auf einen bewaffneten Mann geschossen, der das Feuer auf sie eröffnet habe.
  • Aus Protest gegen die Ernennung von Mussa Arafat zum neuen palästinensischen Sicherheitschef haben bewaffnete Palästinenser in Chan Junis im südlichen Gazastreifen ein Gebäude des Militärgeheimdienstes unter ihre Kontrolle gebracht und von dort Gefangene befreit. Die Radikalen hätten die Waffen mitgenommen und das Gebäude in Brand gesteckt, berichteten Augenzeugen am 18. Juli. Die radikalen El-Aksa-Brigaden übernahmen die Verantwortung für den Angriff. "Dies ist eine klare Botschaft an den korrupten Mussa Arafat, dass wir seine Ernennung nicht dulden werden und dass er sein Amt wieder abgeben soll", hieß es in einer Erklärung, die der Nachrichtenagentur AFP vorlag.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon ist am 18. Juli erneut mit dem Chef der oppositionellen Arbeitspartei Schimon Peres zusammengetroffen, um über die Bildung einer großen Koalition zu beraten. Das verlautete aus dem Umfeld Scharons. Am 12. Juli hatten Scharon und Peres ihre Verhandlungen aufgenommen. Von Sonntagabend an sollen Ausschüsse beider Parteien Richtlinien für eine eventuelle Zusammenarbeit in einer Koalition ausarbeiten.
  • Palästinenserpräsident Jassir Arafat und Regierungschef Ahmed Kureia haben am 18. Juli vier Stunden lang über die politische Krise in den Palästinensergebieten beraten. Die Politiker wollten nach Angaben des palästinensischen Chefvermittlers Sajeb Erakat über die chaotische Sicherheitslage und das Rücktrittsgesuch Kureias sprechen. Laut Erakat war Kureia zum Rücktritt entschlossen. Arafat hatte dies am Vortag abgelehnt. Kureia verweigerte beim Verlassen von Arafats Amtssitz in Ramallah jeden Kommentar. Er wollte am Nachmittag an einer Krisensitzung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) unter Vorsitz Arafats teilnehmen.
  • Der israelische Regierungschef Ariel Scharon hat alle in Frankreich lebenden Juden zur sofortigen Emigration nach Israel aufgerufen. "Ziehen Sie so schnell wie möglich nach Israel - das sage ich Juden überall auf der Welt. Aber in Frankreich ist es ein Muss", sagte Scharon am 18. Juli bei einer amerikanisch-jüdischen Veranstaltung in Jerusalem. "Sie müssen sofort umziehen." Der Regierungschef verwies auf den wachsenden Antisemitismus in Frankreich.
    Die Regierung in Paris hat verärgert auf Äußerungen des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon über wachsenden Antisemitismus in Frankreich reagiert. Außenminister Michel Barnier nannte die Bemerkungen am Abend des 18. Juli inakzeptabel und forderte von der israelischen Regierung eine Erklärung. Auch jüdische Vertreter bezeichneten Scharons Äußerungen als wenig hilfreich.
  • Die UN-Vollversammlung erwägt nach dem Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag zur israelischen Sperranlage im Westjordanland jetzt Sanktionen gegen Israel. Der Vollversammlung liegt ein Resolutionsentwurf arabischer und blockfreier Staaten vor, hieß es am 18. Juli in New York. Darin wird Israel zum Abriss der Sperranlage aufgefordert und Jerusalem anderenfalls Strafmaßnahmen in Aussicht gestellt. Über den Entwurf soll am 19. Juli in der UN- Vollversammlung abgestimmt werden.
  • Bewaffnete Palästinenser haben am 18. Juli im Streit um die Führung über die Sicherheitskräfte einen Posten des palästinensischen Militärgeheimdienstes in Rafah im Gazastreifen angegriffen. Augenzeugen berichteten, es sei zu Schießereien gekommen. Der Militärgeheimdienst wird von General Mussa Arafat geführt, einem Verwandten von Palästinenserpräsident Jassir Arafat. Er hatte den Offizier auch zum neuen Polizeichef ernannt. Im Gazastreifen gab es Proteste dagegen, weil dem General Korruption vorgeworfen wird.
  • Bei den innerpalästinensischen Kämpfen im Gazastreifen sind am 18. Juli mindestens 18 Menschen verletzt worden. Sowohl Aktivisten der El-Aksa-Brigaden als auch Zivilisten seien verletzt worden, als es zu Zusammenstößen militanter Palästinenser mit Beamten des Allgemeinen Sicherheitsdiensts kam, teilten örtliche Krankenhäuser mit. Drei Menschen seien durch Schüsse schwer verletzt worden.
19. bis 25. Juli
  • Israelische Bulldozer und Panzer haben am frühen Morgen des 19. Juli in der Grenzstadt Beit Hanun im Gazastreifen drei Häuser, mehrere Gewächshäuser und zwei Hühnerställe eingerissen. Zuvor hatten militante Palästinenser Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert. Anwohnern zufolge war unter den niedergerissenen Gebäuden auch das Haus eines Hamas-Kommandeurs, der vor kurzem bei Kämpfen getötet wurde.
  • Die israelische Armee ist am Morgen des 19. Juli in eine Ortschaft im Norden des Westjordanlands vorgerückt und hat dabei einen Palästinenser getötet. Die Armee sei mit einem Dutzend Fahrzeugen in die Ortschaft Seida bei Tulkarem vorgestoßen, hieß es in ranghohen palästinensischen Sicherheitskreisen. An dem Einsatz seien auch zwei Kampfhubschrauber und eine Planierraupe des Militärs beteiligt gewesen. Es habe mehrere Schusswechsel gegeben. Ein israelischer Militärsprecher sagte, die Soldaten hätten auf einen Palästinenser geschossen, der einen Sprengstoffgürtel getragen habe und auf sie zugekommen sei. Ein israelischer Offizier habe schwere Schussverletzungen erlitten.
  • Ein ranghohes Mitglied der schiitischen Hisbollah-Miliz ist bei einem Bombenanschlag in der libanesischen Hauptstadt Beirut getötet worden. Die Autobombe sei explodiert, als Ghaleb Awali gerade sein Haus verlassen habe, teilte ein Hisbollah-Sprecher am 19. Juli mit. Die Explosion ereignete sich demnach in einem südlichen Vorort von Beirut. Eine sunnitische Fundamentalistengruppe bekannte sich in einer Erklärung zu der Tat. Die schiitische Hisbollah-Miliz hat aber Israel für den tödlichen Bombenanschlag verantwortlich gemacht. Das Bekennerschreiben einer sunnitischen Fundamentalistengruppe sei ein "feindlicher" Versuch, Zwietracht zu säen, erklärte ein Hisbollah-Sprecher in der libanesischen Hauptstadt Beirut.
  • Ein vierjähriges palästinensisches Mädchen ist im Krankenhaus den Verletzungen erlegen, die israelische Soldaten ihm vor knapp zwei Wochen zugefügt haben. Das Kind sei am 8. Juli mit einem Kopfschuss in das Europäische Krankenhaus in Chan Junis im Gazastreifen eingeliefert und seitdem dort behandelt worden, verlautete am 19. Juli aus dortigen Ärztekreisen. Es sei bei einem Einsatz in der benachbarten Stadt Rafah verletzt worden.
  • Jordanische Grenzschützer haben am 19. Juli drei bewaffnete Männer erschossen, die aus dem Norden des Landes nach Israel eindringen wollten. Ein vierter Verdächtiger sei festgenommen worden, teilte eine Regierungssprecherin in der jordanischen Hauptstadt Amman mit. Aus welchem Land die Bewaffneten stammten, konnte die Sprecherin zunächst nicht sagen. Die isarelische Armee hatte zuvor mitgeteilt, dass im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Westjordanland ein Soldat verletzt worden sei, als aus dem Nachbarland auf ihn geschossen worden sei.
  • Der palästinensische Präsident Jassir Arafat hat seinen Cousin Mussa wieder vom Posten des Chefs der Sicherheitskräfte entlassen und den früheren Amtsinhaber wieder eingesetzt. Dies verlautete am 19. Juli aus palästinensischen Regierungskreisen in Ramallah.
  • Die von Ministerpräsident Ariel Scharon zur Auflösung bestimmten Siedlungen im Gazastreifen und Westjordanland sind seit Bekanntgabe des Abzugsplans vor sechs Monaten kräftig gewachsen. Wie aus Unterlagen des Innenministeriums hervorgeht, die der Nachrichtenagentur AP am 19. Juli vorlagen, hat sich etwa die Einwohnerzahl in Sa Nur im Norden des Westjordanlands verdoppelt. Die Entwicklungen konterkarieren die Politik Scharons, der die Zahl der Siedler in den Gebieten senken, nicht erhöhen will. Siedlerfunktionäre räumten ein, dass sie gezielt neue Bewohner für die betroffenen Siedlungen anwerben. Avner Schimoni, Bürgermeister der jüdischen Gemeinden im Gazastreifen, wollte bis zum Sommer 500 neue Familien aufnehmen. Er werde das Ziel jetzt erst im Winter erreichen, sagte er. Es sei Platz da, und der Wunsch der Familien, die Großsiedlung Gusch Katif zu stärken, sei offensichtlich. Im gesamten Gazastreifen hat die Siedlerzahl seit Dezember um 4,3 Prozent zugenommen. Vor Veröffentlichung des Plans lag die durchschnittliche Zuwachsrate bei 1,5 Prozent.
  • Die arabische Liga hat die Palästinenser angesichts der Krise der palästinensischen Autonomiebehörde vor erheblichen Nachteilen gewarnt. Die "alarmierenden Entwicklungen" in den Palästinensergebieten gefährdeten die "Interessen des palästinensischen Volkes" und dienten den Zielen Israels, sagte ein Mitarbeiter des Generalsekretärs der Organisation, Amr Mussa, am 19. Juli in Kairo. Die Lage ermögliche es der israelischen Regierung zu behaupten, es gebe keine handlungsfähige palästinensische Führung. Tatsächlich aber sei es die arabische Seite, die in Israel keinen geeigneten Partner für Friedensverhandlungen finde.
  • Bei einem israelischen Raketenangriff im Gazastreifen sind am 19. Juli nach palästinensischen Angaben drei mutmaßliche Extremisten verletzt worden. Ein Sprecher des Volkswiderstandskomitees teilte mit, aus der Luft sei ein Gebäude im Flüchtlingslager Schati beschossen worden, das von Abed Kuka, dem Führer der Gruppe im nördlichen Gazastreifen, genutzt worden sei.
  • Bei einem heftigen Feuergefecht zwischen Israel und der radikalen Hisbollah-Miliz im Grenzgebiet sind am 20. Juli drei Menschen getötet worden. Scharfschützen der Miliz hätten zwei israelische Soldaten tödlich getroffen, teilte die israelische Armee mit. Das Militär habe danach Raketen von einem Hubschrauber abgefeuert, die nach libanesischen Angaben einen Hisbollah-Mann tödlich verletzten.
  • Der palästinensische Regierungschef Ahmed Kureia bleibt trotz des ungelösten Streits um Reformen und die Kontrolle über die Sicherheitskräfte vorerst im Amt. Ein Krisentreffen mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat habe keine Lösung gebracht, Kureia werde aber als Chef einer Übergangsregierung auf seinem Posten bleiben. Das sagten Minister nach dem Treffen in Ramallah am 20. Juli.
  • Mit den Stimmen der EU hat die Generalversammlung der UNO Israel zum Abriss der Sperranlage zum Westjordanland aufgefordert. Die am 20. Juli mit 150 gegen sechs Stimmen angenommene Resolution ruft Israel dazu auf, dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag zu der Anlage zu folgen. Der IGH hatte die Anlage entlang des Westjordanlandes für illegal erklärt und einen Abriss gefordert. (Vgl. den Bericht: "UN-Vollversammlung verlangt von Israel den Spruch des IGH zu erfüllen".)
    Die palästinensische Autonomiebehörde hat die UN-Resolution gegen die israelische Sperranlage als Erfolg ihrer diplomatischen Bemühungen gewertet. Die Entschließung der UN-Vollversammlung bestätige "die illegale Natur der israelischen Besatzung" und erkläre alle Maßnahmen in den Palästinensergebieten einschließlich Ost-Jerusalem für nichtig, sagte der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat am 21. Juli in Gaza. Die "historische" Entscheidung sei "ein großer Sieg" für die palästinensische und arabische Diplomatie und für das palästinensische Volk. Zudem sei es die wichtigste Entscheidung "für die palästinensische Sache seit 1947", als die UNO die Schaffung des Staates Israel billigte.
  • Der frühere palästinensische Informationsminister Nabil Amr ist bei einem gewaltsamen Überfall in Ramallah schwer verletzt worden. Mehrere Maskierte hätten den Kritiker von Palästinenserpräsident Jassir Arafat vor seinem Haus abgefangen, verprügelt, mehr als hundert Meter über die Erde geschleift und dann beschossen, teilten palästinensische Sicherheitskreise am 21. Juli mit. Der Politiker habe mehrere Schusswunden am Bein davongetragen, schwebe aber nicht in Lebensgefahr. Amr gehörte dem Kabinett des früheren Ministerpräsidenten Mahmud Abbas an, der im vorigen Jahr zurückgetreten war. Vor mehreren Monaten wurde sein Haus beschossen, nachdem er Arafats Führungsstil öffentlich kritisiert hatte. Amr sitzt für Arafats Fatah-Bewegung im Parlament.
  • Das palästinensische Parlament hat Präsident Jassir Arafat aufgefordert, den Rücktritt von Ministerpräsident Ahmed Kureia anzunehmen. Die am 21. Juli in Ramallah verabschiedete Resolution verschärfte weiter eine von politischem Chaos und Gewalt geprägte Lage in den Autonomiegebieten. Kabinettminister Kadura Fares sagte, Arafat trage den größten Teil der Verantwortung dafür. Gescheitert seien aber alle politischen Kräfte.
  • Die Bundesregierung hat den Besuch von Israels Regierungschef Ariel Scharon in Deutschland angekündigt. Scharon habe vor, "in absehbarer Zeit" nach Deutschland zu kommen, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am 21. Juli in Berlin. "Er ist der Bundesregierung ein willkommener Gast."
  • Die Unruhen in den Palästinensergebieten haben sich auch am 21. Juli fortgesetzt: In Nablus im Westjordanland verschleppten maskierte Männer nach Angaben palästinensischer Sicherheitsvertreter einen hochrangigen örtlichen Politiker. Sein Name wurde mit Fadel Asschuli angegeben.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat an die israelische Regierung appelliert, das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zu akzeptieren und die Sperranlage zum Westjordanland teilweise wieder abzureißen. Zwar lasse sich der vom Gericht empfohlene Abriss der Anlage nicht erzwingen, sagte Annan am 21. Juli im UN-Hauptquartier in New York. Doch habe das Gutachten eine "moralische Auswirkung" auf die Haltung der israelischen Regierung.
  • Israel will seine Sperranlage im Westjordanland auch nach einer Aufforderung der UN-Vollversammlung zum Abriss der Barriere weiterbauen. Der Sprecher von Israels Premier Ariel Scharon, Raanan Gissin, bezeichnete die Sperranlage am 21. Juli als Mittel der Selbstverteidigung gegen palästinensischen Terror. Sie werde im Einklang mit Entscheidungen des Obersten Gerichts Israels gebaut.
  • Deutsche Politiker haben eine Überprüfung der Finanzhilfen an die palästinensische Autonomiebehörde gefordert. Der außenpolitische Sprecher des SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen, rief die EU-Außenminister am 21. Juli dazu auf, Zuwendungen an die palästinensische Autonomiebehörde einzufrieren, falls sich der Machtkampf zwischen Palästinenserpräsident Jassir Arafat und gemäßigten Regierungskräften zuspitzt. Der stellvertretende Grünen-Fraktionschef Christian Ströbele mahnte eine schärfere Kontrolle der EU-Gelder für die Palästinensergebiete an. Man müsse stärker darauf achten, dass die Gelder nicht in dunklen Kanälen landen, sondern bei den Hilfsbedürftigen vor Ort. Ein Einfrieren der Gelder sei angesichts der katastrophalen Zustände im Gaza-Streifen aber nicht zu veranworten.
  • Israelische Kampfhubschrauber haben in der Nacht zum 22. Juli mindestens drei Raketen auf die Stadt Chan Junis im südlichen Gazastreifen abgefeuert. Nach palästinensischen Augenzeugenberichten war das Ziel des Angriffs eine Metallwerkstatt im Westteil der Stadt. Es habe mehrere Explosionen gegeben. Menschen seien nicht verletzt worden, berichteten die Rettungskräfte. Die Werkstatt soll der radikal-islamischen Hamas-Organisation als Waffenschmiede gedient haben, hieß es in israelischen Medienberichten.
  • Mit ihrem UN-Votum gegen die Sperranlage hat sich die Europäische Union nach Ansicht Israels als Vermittler im Nahost-Konflikt disqualifiziert. "Die EU kann nicht mehr damit rechnen, einen aktive Rolle in der Region zu spielen", sagte ein ranghoher Vertreter der israelischen Regierung am 22. Juli. Dies werde Regierungschef Ariel Scharon dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana bei dessen Besuch in Israel sagen. Die EU-Staaten hätten für eine "parteiische Resolution der Palästinenser gestimmt, die Israel das legitime Recht zur Selbstverteidigung" verweigere.
  • Israel hat Pläne Ägyptens für eine Nahost-Friedenskonferenz begrüßt. Kairo schlage ein Treffen der Außenminister Israels und der Palästinenser, Silvan Schalom und Nabil Schaath, mit ihren Kollegen des Nahost-Quartetts vor, sagte ein Berater von Außenminister Schalom, Mosche Debi, am 22. Juli der Nachrichtenagentur AFP. An der Konferenz solle außerdem der ägyptische Geheimdienstchef Omar Suleiman teilnehmen. Israel betrachte den Vorschlag "positiv", betonte Debi. Nach seinen Angaben könnte die Konferenz am Rande der UN-Vollversammlung im September oder "wenig später im Oktober" in New York stattfinden. Bislang seien Zeitpunkt und Gesprächsthemen aber noch nicht festgelegt. Dem Nahost-Quartett gehören die EU, USA, UNO und Russland an.
  • Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat seinen Regierungschef Ahmed Kureia zu einer umfassenden Kabinettsumbildung aufgefordert. Arafat wolle, dass Kureia auf seinem Posten bleibe und die Regierung umfassend neu ordne und stärke, sagte ein Sprecher des Palästinenserpräsidenten am 22. Juli. Kureia habe freie Hand, "alles Notwendige zu tun, um ein neues Kabinett zu bilden", sagte Arafats Sprecher Imad Falludschi.
  • Bei einem israelischen Luftangriff in Gaza sind am 22. Juli zwei militante Palästinenser getötet worden. Einer von beiden sei ein militärischer Anführer der radikalen Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad, erklärte die Gruppe. Die israelische Armee suchte den 27-jährigen Hasem Arhim von den El-Kuds-Brigaden, dem bewaffneten Arm des Islamischen Dschihad, wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an mehreren Angriffen.
  • Bei einer Schießerei zwischen israelischen Soldaten und Palästinensern in der Ortschaft Beit Hanun im nördlichen Gazastreifen ist am 23. Juli ein 18-jähriger Palästinenser getötet worden. Nach Angaben palästinensischer Sicherheitskräfte wurde der junge Mann von israelischen Soldaten erschossen; laut Augenzeugen wurde er dagegen von einem Palästinenser getroffen. Demnach versuchte der Mann zusammen mit anderen Einwohnern von Beit Hanun, eine Gruppe militanter Palästinenser davon abzuhalten, eine Bombe am Straßenrand zu deponieren. Übereinstimmenden Angaben zufolge tauchten Soldaten auf, als beide Gruppen eine laute Auseinandersetzung begannen. Daraufhin habe es einen Schusswechsel gegeben.
  • Die radikale Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad hat Vergeltung für zwei ihrer getöteten Aktivisten angekündigt. Es werde einen Angriff in der israelischen Küstenstadt Tel Aviv geben, skandierten Dutzende bewaffnete Mitglieder der Organisation am 23. Juli in Gaza bei der Beisetzung der beiden durch die israelische Armee getöteten Männer.
  • Die Lage in den Palästinensergebieten gleitet nach Ansicht des palästinensischen Chefunterhändlers Sajeb Erakat zunehmend in ein Chaos ab. Allerdings habe die Situation nichts mit einem Machtkampf zwischen Palästinenserpräsident Jassir Arafat und seinem Ministerpräsidenten Ahmed Kureia zu tun, sagte Erakat am 23. Juli in Amman nach einem Krankenbesuch bei dem früheren palästinensischen Informationsminister Nabil Amr, der von Bewaffneten schwer verletzt worden war. Wenn Israel das Chaos als eine Alternative zur palästinensischen Autonomiebehörde sehe und glaube, dies würde den Friedensprozess voranbringen, liege es "absolut falsch", sagte Erakat weiter.
  • In Chan Junis im Süden des Gazastreifens brachten am 24. Juli etwa 20 Kämpfer der El-Aksa-Brigaden vorübergehend das Hauptquartier des örtlichen Gouverneurs unter ihre Kontrolle.
    Im Zentrum des Gebietes wurde eine palästinensische Polizeistation angezündet. Das Gebäude im Dorf El Sawaida sei komplett abgebrannt, sagten Augenzeugen. Über mögliche Opfer wurde zunächst nichts bekannt.
  • Die israelische Armee hat am 24. Juli im Flüchtlingslager Rafah im südlichen Gazastreifen sechs Häuser zerstört. Nach Angaben palästinensischer Sicherheitskräfte drangen zwei Panzer und mindestens zwei Bulldozer in den Block G des Flüchtlingslagers ein und zerstörten sechs Häuser vollständig. Etwa zehn Familien mit insgesamt 50 Mitgliedern seien obdachlos geworden, teilte das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) mit. Nach Angaben von Augenzeugen walzten die Planierraupen auch über ein Grundstück in Rafah, das im Grenzgebiet zu Ägypten liegt. Dabei seien Absperrmauern von Siedlungen dem Erdboden gleichgemacht worden.
  • Am letzten Juli-Wochenende (24./25. Juli) nahm in Israel die Besorgnis zu, dass jüdische Extremisten einen Angriff gegen die islamischen Heiligtümer auf dem Jerusalemer Tempelberg planen. Regierung und Geheimdienst Schin Beit erklärten, es gebe ernst zu nehmende Hinwiese, dass eine Flugzeugattacke auf den Felsendom und die Al-Aksa-Moschee bevorstehe. Die jüdischen Fanatiker wollten damit die Feindschaft zwischen Israelis und Palästinensern weiter vertiefen und den israelischen Rückzug aus dem Gaza-Streifen verhindern.
26. bis 31. Juli
  • Am 26. Juli protestierten nach Angaben der Veranstalter rund 130.000 Israelis mit einer 90 km langen Menschenkette zwischen dem Gazastreifen und Jerusalem gegen die Pläne Scharons, alle 21 Siedlungen im Gazastreifen aufzulösen und die Armee zurückzuziehen. Scharon erklärte danach, es gebe dazu keine Alternative. Israel könne nicht ewig im Gazastreifen bleiben. Ohne den Abzug würden die Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen Israels gefährdet. Nach Angaben seines Büros vom 26. Juli sagte Scharon weiter, dass Israel "in keinem Fall" alle während des Sechstagekriegs 1967 besetzten Gebiete behalten könne.
    Die Zeitung Ha`aretz berichtete am 26. Juli von einem für den Herbst vorgesehenen Gesetzentwurf über Entschädigungen für etwa 1.600 Familien aus den Siedlungen im Gazastreifen und vier Siedlungen im nördlichen Westjordanland. Die jüdischen Siedler sollen Kompensation für den Verlust ihrer Häuser, ihres Einkommens und ihrer Geschäfte erhalten.
  • Am 26. Juli wurde eine geistig behinderte Palästinenserin im Gazastreifen von israelischen Soldaten erschossen. Sie hatte sich dem Vernehmen nach dem Zaun um die jüdische Siedlung Ganei Tal genähert.
  • Israel und die USA wollen noch in dieser Woche erstmals unter echten Bedingungen die Abwehrrakete Hetz testen. Die Rakete solle von der US-Westküste abgefeuert werden und eine Scud-Rakete über dem Pazifik abfangen, die über 1.000 km davon entfernt gezündet wird, hieß es am 26. Juli in einem Bericht des israelischen Fernsehens. Die Entwicklung der Hetz-Rakete, auch bekannt als "Arrow"-Rakete, war vor Beginn des Irakkriegs 2003 beschleunigt worden. Die Kosten - rund eine Mrd. US-Dollar - teilen sich die USA und Israel. Beteiligt sind Boeing und Israel Aircraft Industries.
  • Ein namentlich nicht genannter Regierungsbeamter der Palästinenserbehörde sagte am 26. Juli, dass Yassir Arafat und der Premier Ahmed Kurei voraussichtlich bis zum 27. Juli ihre Streitpunkte ausgeräumt und damit die schwere Krise behoben haben würden.
  • Am 27. Juli hat der palästinensische Premierminister Kurei (Abu Ala) sein Rücktrittsgesuch zurückgezogen und die Führungskrise für beendet erklärt. Nach einer Krisensitzung zeigten sich Arafat und Kurei gemeinsam auf einer Pressekonferenz. Offenbar hat Arafat dem Premier mehr Befugnisse bei der Kontrolle über bestimmte Sicherheitsorgane zugestanden. Die Machtaufteilung sieht in etwa vor, dass Kurei die Aufsicht über die "inneren Sicherheitsdienste" erhält, während Arafat selbst die umfangreicheren Geheimdienste und "nationalen Sicherheitskräfte" behält.
  • Nach Berichten der israelischen Armee soll die im Südlibanon beheimatete Hisbollah-Miliz vom Iran einige Dutzend weit reichende Raketen (115 bis 200 km) erhalten haben, die den Großraum Tel Aviv erreichen können. Allerdings seien die Raketen nicht im Südlibanon, sondern in der Gegend um Beirut stationiert.
  • Der israelische Dirigent Daniel Barenboim hat eine Stiftung zur Förderung junger Musiker aus Israel und arabischen Ländern ins Leben gerufen. Nach einer Meldung des österreichischen "Standard" vom 29. Juli soll die Stiftung, deren zweiter Namensgeber der palästinensische Historiker Edward Said ist, für ein friedliches Miteinander beider Kulturen werben. Startkapital sind drei Mio. EUR. Zunächst ist eine Tournee mit 92 Musikern durch Spanien geplant.
  • Das israelische Verteidigungsministerium hat am 29. Juli angekündigt, die berüchtigte Mauer im Westjordanland näher an die Grüne Grenze zu verlegen. Damit leiste Israel einem Urteil des Obersten Gerichtshofs in Jerusalem Folge, erklärte ein Ministeriumssprecher. Einen Verlauf der Mauer entlang der Grünen Grenze lehnte Israel indessen ab. Schon gar keine Rede könne davon sein, dass Israel die "illegale" Mauer abreiße, wie es der Internationale Gerichtshof in Den Haag vor drei Wochen gefordert hat.
  • Am 29. Juli sind durch einen gezielten israelischen Raketenangriff zwei mutmaßliche palästinensische "Terroristen" in Rafah im Süden des Gazastreifens erschossen worden.
  • Am 30. Juli rückten israelische Truppen in die Vororte der Stadt Beit Lahija im nördlichen Gazastreifen ein. Den Nachbarort Beit Hanun hatte die Armee bereits einen Monat lang besetzt gehalten, weil von dort aus immer wieder Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert wurden.
    Ungeachtet der Militäraktion feuerten Palästinenser auch am 30. Juli vom nördlichen Gazastreifen aus fünf Raketen auf die israelische Stadt Sderot ab. Über irgendwelche angerichteten Schäden wurde nichts berichtet.
  • Mitglieder der Al-Aksa-Brigaden haben am 31. Juli in Dschenin (Westjordanland) Büros des palästinensischen Geheimdienstes in Brand gesteckt.
  • Am 31. Juli haben vermutlich militante Palästinenser drei Männer aus den USA, Irland und Großbritannien in einem Restaurant in Nablus (Westjordanland) entführt; sie wurden aber kurz darauf von palästinensischen Sicherheitskräften wieder befreit.


Zurück zur Chronik-Übersicht

Zurück zur Nahost-Seite

Zurück zur Homepage