Spur nach Riad
Libanon: Drahtzieher des Anschlags auf iranische Botschaft in Beirut verhaftet
Von Jürgen Cain Külbel *
Am Neujahrstag erklärte der Verteidigungsminister des Libanon, Fajes Ghosn, dem Geheimdienst seiner Streitkräfte sei ein spektakulärer Coup gelungen. Am 30. Dezember habe eine Spezialeinheit den »Emir« der »Abdallah-Assam-Brigaden in der Levante«, den aus Saudi-Arabien stammenden Madschid Bin Muhammad Al-Madschid, verhaftet. Der Topterrorist gilt als Drahtzieher des Anschlags auf die iranische Botschaft in Beirut vom
19. November 2013, bei dem sich zwei Selbstmordattentäter im Minutenabstand in die Luft gesprengt hatten. 25 Menschen, darunter der iranische Kulturattaché Ibrahim Ansari, waren dabei getötet worden, 146 wurden zum Teil schwer verletzt. Al-Madschid werde derzeit »im geheimen verhört«, erklärte der Minister.
Aktivisten der Al-Qaida-nahen »Abdallah-Assam-Brigaden« hatten sich nach dem Attentat über den Kurznachrichtendienst Twitter zu dem Blutbad bekannt. Als »Grund« nannten sie das Eingreifen der vom Iran unterstützten libanesischen Hisbollah-Miliz in den syrischen Bürgerkrieg. Teheran gilt als wichtigster Verbündeter der syrischen Regierung in der Region.
Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah hatte am 3. Dezember erklärt, Saudi-Arabien stehe hinter dem Anschlag. Er habe keine Zweifel, daß der saudische Geheimdienst enge Verbindungen zu den »Brigaden« pflege. Diese seien eine Gruppe, »die einen saudischen Emir besitzt, deren Führung direkt mit dem saudischen Geheimdienst verbunden ist«. Der Anschlag sei »Ausdruck der Wut Saudi-Arabiens auf Teheran, weil Riad in Syrien eine Niederlage erleidet«.
Die USA stufen die »Abdallah-Assam-Brigaden« seit 2012 als »terroristische Organisation« ein, nachdem diese in der Vergangenheit die Verantwortung für das sporadische Abfeuern von Raketen auf Israel sowie für einen 2010 verübten Bombenanschlag auf einen japanischen Öltanker übernommen hatten. Der 2012 zum Führer der »Brigaden« auserkorene Al-Madschid war 2009 von Libanons Justiz wegen Zugehörigkeit zu einer anderen, ebenfalls von Al-Qaida inspirierten Gruppe in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Diese Fatah Al-Islam hatte sich 2007 schwere Kämpfe mit der libanesischen Armee im Palästinenserlager Nahr Al-Bared im Nordlibanon geliefert. Mehr als 400 Menschen waren damals getötet worden, unter ihnen 168 Soldaten. Al-Madschid steht aber auch in seinem Heimatland Saudi-Arabien auf der Fahndungsliste. Das Innenministerium in Riad führt ihn als einen der meistgesuchten und gefährlichsten Männer auf der »Liste der 85«.
So zeigte sich Saudi-Arabiens Botschafter im Libanon, Ali Awadh Asiri, in der Tageszeitung Al-Hayat erleichtert: »Wenn DNA-Tests beweisen, daß die inhaftierte Person Al-Madschid ist, dann sind wir sehr begeistert.« Es sei normal, »mit den libanesischen Behörden die erforderlichen rechtlichen Maßnahmen zu koordinieren, um ihn nach Saudi-Arabien auszuliefern, wenn seine Identität bestätigt worden ist«.
Das aber könnte des Verschwinden in der saudiarabischen Versenkung bedeuten. Schon Anfang 2006 verhaftete die libanesische Polizei die Gruppe der »13 Salafisten«. Einer der Komplizen, der Saudi Faisal Akbar, gestand die Planung des 2005 verübten Attentates auf Libanons Expremier Rafik Hariri, zog das Geständnis aber kurz danach zurück. Insider glauben, der saudische Geheimdienst habe Einfluß auf die Vernehmungen genommen. Der mit diesen befaßte Ermittler Samir Shehade überlebte im gleichen Jahr ein Autobombenattentat. Nachdem er aus Sicherheitsgründen nach Kanada geflüchtet war, erklärte er, der saudische Geheimdienst habe seine Finger im Spiel gehabt.
* Aus: junge Welt, Freitag, 3. Januar 2014
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