Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Carter verlangt Ende des Kuba-Embargos

Sanktionen der USA seien "kontraproduktiv"

Von Knut Henkel *

Altpräsident Jimmy Carter hat in einem Interview wieder einmal Front gegen das USA-Embargo gegen Kuba gemacht. Am Wochenende forderte er Barack Obama auf, die Handels- genauso wie die Reisebeschränkungen aufzuheben. Sie wären ohnehin nur »kontraproduktiv«.

Ein Freund der US-amerikanischen Sanktionspolitik war Jimmy Carter noch nie. »Ich billige keine Sanktionen gegenüber den Menschen eines Landes, das unter einer Diktatur leidet«, erklärte Carter am vergangenen Wochenende gegenüber einer Presseagentur in Worten, die seiner Herkunft und seiner Denkungsart entsprechen. Im gleichen Atemzug appellierte Carter an Präsident Barack Obama das Handelsembargo aufzuheben, da es »kontraproduktiv« sei, »nur die Diktatur stärke und Schaden für die Bevölkerung bringe«.

Diese Forderung ist in den vergangenen Monaten immer öfter in den USA zu hören. So liegt im Kongress ein Gesetz auf Eis, das die Reisebeschränkungen für US-Amerikaner zur Makulatur erklärt und es gilt als ausgemachte Sache, dass dieses Gesetz eine Mehrheit finden wird. Zumindest ist sich Kirby Jones sehr sicher. Jones ist einer der Organisatoren einer mehrtägigen Konferenz von USA-Unternehmern aus der Reise-Industrie mit ihren staatlichen kubanischen Partnern, die im März im mexikanischen Badeort Cancún stattfand. Da wurden schon Geschäftskontakte für den Fall der Aufhebung des Embargos und der Annullierung von Reisebeschränkungen in Richtung Havanna geknüpft.

Unterstützung für die Beendigung der Reisebeschränkungen für US-Bürger erhalten die Befürworter aber nicht nur in den USA, sondern auch von der Insel. So haben sich 74 bekannte kubanische Systemoppositionelle in einem Brief an den Kongress Mitte Juni für die Beseitigung aller Reisehürden für US-Amerikaner in Richtung Kuba ausgesprochen. Einen »Demokratisierungsschub« erhoffen sich die Unterzeichner vom Besuch möglichst vieler US-Amerikaner auf der Insel.

Gegen solche Besucher hat auch die kubanische Führung nichts einzuwenden, denn Touristen-Dollar sind angesichts der schwierigen Wirtschaftslage in Kuba gern gesehen. Die Ernteergebnisse sind dürftig, nach der Kaffee- und der Zuckerernte waren auch die Ergebnisse beim Tabak nicht ermutigend. Auch deshalb ist die finanzielle Situation wieder einmal angespannt, nachdem schon 2009 ein schwieriges Jahr war. Die Hurrikanschäden von 2008 wirkten da noch nach. Die erwartete Erholung der Landwirtschaft ist trotz der Verteilung von einer Million Hektar Ackerland an Kleinbauern bisher ausgeblieben. So ist die Versorgung in den Städten nach wie vor schwierig, wie Armando Nova, Agrarexperte von der Universität Havanna, berichtet.

Es fehlt der kubanischen Regierung an Devisen für Agrarimporte; deshalb kämen die Touristen aus dem Norden durchaus gelegen, denn sie könnten zusätzliche Dollars in die Kassen bringen. Ohnehin hätte die Regierung in Havanna nichts dagegen, wenn auch das Handelsembargo fallen würde. Parlamentspräsident Ricardo Alarcón hat der USA-Regierung bereits vor einigen Monaten die Aufhebung des Embargos auf Probe vorgeschlagen.

Nun hat Altpräsident Jimmy Carter nachgelegt und Barack Obama gleich noch aufgefordert die politischen Gefangenen freizulassen. Gemeint hatte er die »Cuban Five«, auch als »Miami Five« bekannt.

* Aus: Neues Deutschland, 30. Juni 2010


Zurück zur Kuba-Seite

Zur Embargo-Seite

Zurück zur Homepage