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Zurück ins Amt

Bogotá: Präsident setzt den abgesetzten Bürgermeister Gustavo Petro wieder ein

Von Lena Kreymann *

Der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos hat am Mittwoch den im Dezember abgesetzten Bürgermeister der Hauptstadt Bogotá, Gustavo Petro, wieder in sein Amt eingesetzt, wie der lateinamerikanische Fernsehsender TeleSur berichtete. Damit folgte er einem Entscheid des Verwaltungsgerichtshofs von Cundinamarca, der Provinz, zu der Bogotá gehört.

Petros Anwälte hatten am Dienstag erklärt, das Gericht habe angeordnet, daß Santos innerhalb von 48 Stunden den Anordnungen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) Folge zu leisten hätte. Diese hatte die Wiedereinsetzung des Bürgermeisters verlangt.

Petro war am 9. Dezember vergangenen Jahres von der Procuraduría, einem Kontrollgremium für die Exekutive, seines Amtes enthoben und außerdem mit einem 15jährigen Ämterverbot belegt worden. Als Vorwand hatten dem konservativen Prokurator Alejandro Ordóñez Schwierigkeiten bei der Rekommunalisierung der Müllabfuhr gedient, die er Petro als »schlechte Amtsführung« zur Last gelegt hatte. Aus der Sicht zahlreicher Kolumbianer ist der Exguerillero jedoch wegen seiner linken Politik entmachtet worden. In den letzten Monaten hatte es in Bogotá und weiteren kolumbianischen Städten immer wieder Großdemonstrationen gegeben, auf denen seine Wiedereinsetzung gefordert worden war.

Jetzt kehrt Petro ins Amt zurück, nur einen Tag nach der Einsetzung einer vorläufigen Bürgermeisterin für Bogotá. Wie TeleSur berichtete, hatte Santos am Montag María Mercedes Maldonado ernannt, die unter Gustavo Petro bereits als Sekretärin für Wohnraum gearbeitet hatte. Sie stammt aus der Partei Alianza Verde, die sich vor einigen Monaten mit der fortschrittlichen Partei Petros, den »Progresistas«, zusammengeschlossen hatte. Dementsprechend erklärte Petro zu ihrer Ernennung: »Damit geht das Bürgermeisteramt von Bogotá an die Bürgerbewegung zurück, das die Wahlen gewonnen hat.« Maldonado hatte der argentinischen Tageszeitung página 12 zufolge angekündigt, sie werde das Regierungsprogramm des abgesetzten Bürgermeisters weiterverfolgen. Das Beste wäre aber, wenn dieser ins Amt zurückkehre.

Am Mittwoch morgen erklärte Santos per Twitter: »Ich habe ein Dekret unterschrieben, das den Bürgermeister Petro wiedereingesetzt. Meine Pflicht als Präsident ist, war und wird es immer sein, die Gesetze zu befolgen.« Santos hatte bereits am Dienstag vor zwei Wochen gesagt, wenn ein Gericht es ihm vorschreibe, würde er Petro gleich am nächsten Tag wieder einsetzen. Dieser kündigte am Mittwoch an, sein politisches Projekt fortzuführen: »Das Ziel ist das gleiche: Die Demokratie vertiefen, den Krieg in Kolumbien beenden und den Rechts- und Sozialstaat wieder Wirklichkeit werden lassen.«

Nach seiner Amtsenthebung war es zu einer langwierigen juristischen und politischen Auseinandersetzung gekommen, ob die Amtsenthebung in dieser Form rechtsmäßig gewesen sei. Petros Anwälte argumentierten dabei, daß die Absetzung durch die Procuraduría das Recht des passiven und aktiven Wahlrechts verletze.

Das Verwaltungsgericht von Cundinamarca hatte nach mehreren, einander jeweils widersprechenden Entscheidungen schließlich Mitte Januar vorläufige Anordnungen gegen den Beschluß der Procuraduría herausgegeben. Auch die CIDH, ein Gremium der eigentlich US-dominierten Organisation Amerikanischer Staaten, beschloß Mitte März Schutzmaßnahmen für Petro und forderte, daß die Absetzung »mit sofortiger Wirkung aufgehoben« werde. Auf diese bezog sich auch der aktuelle Gerichtsentscheid. Wie TeleSur berichtete, sind nach Beschluß des Verfassungsgerichts derartige Vorgaben internationaler Gre­mien in Kolumbien bindend.

* Aus: junge Welt, Donnerstag 24. April 2014


Gustavo Petro wieder in Amt und Würden

Bogotás geschasster Bürgermeister wird durch ein Berufungsgericht vorerst wieder eingesetzt

Von David Graaff, Bogotá **


Ein Berufungsgericht von Bogotá hat angeordnet, Gustavo Petro wieder als Bürgermeister einzusetzen. Für Präsident Santos bedeutet diese Entscheidung mitten im Wahlkampf eine Niederlage.

«Kolumbianer, die Waffen haben euch die Unabhängigkeit gegeben, die Gesetze werden euch die Freiheit bringen.« So steht es in großen Lettern über dem Eingang zum Justizpalast auf der Plaza Bolívar im Zentrum Bogotás. Doch der Ausspruch Francisco de Paula Santanders, neben Simón Bolívar einer der wichtigsten Kämpfer für Kolumbiens Unabhängigkeit, trifft derzeit in der Hauptstadt kaum zu. Denn statt der Freiheit hat die Juristerei den Bewohnern der Millionenmetropole diese Woche einen weiteren Akt in einem mehrmonatigen politisch-juristischen Tauziehen um das zweitwichtigste Amt des Landes beschert. Am Dienstag traten zwei Richter in Bogotá aufs Parkett und ordneten an, den linken Bürgermeister Gustavo Petro wieder einzusetzen, nachdem ihn die Staatsanwaltschaft für Disziplinarfragen im Dezember 2013 wegen Problemen bei der Umstellung des öffentlichen Müllentsorgungssystems seines Amtes enthoben hatte.

Das Urteil ist ein Affront für die Hauptstadtelite, allen voran Staatspräsident Juan Manuel Santos. Der hatte im März eine Aufforderung der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) abgelehnt, die Amtsenthebung Petros auszusetzen. Doch die Verfügungen der CIDH, eines Organs der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), seien bindend, entschieden jetzt die Richter des hauptstädtischen Berufungsgerichts. Santos musste nachgeben und unterzeichnete am Mittwoch den entsprechenden Erlass mit hörbarem Zähneknirschen. »Ich habe keine andere Möglichkeit, es ist meine Pflicht. Einigen mag das gefallen, anderen nicht«, sagte er im Präsidentenpalast.

Für das Staatsoberhaupt ist der Richterspruch eine Niederlage. Santos hatte sich als Retter Bogotás inszenieren wollen und in der Person von Arbeitsminister Rafael Pardo einen Vertrauten zum Übergangsbürgermeister ernannt. Den Präsidenten hat diese Entscheidung mitten im Kampf um seine Wiederwahl Sympathien gekostet. Seine Umfragewerte fielen. Für viele Menschen war die Absetzung Petros ein neuerliches Beispiel dafür, wie die Eliten des Landes progressive Politik von links verhindern können.

Petro, der seine Absetzung stets als Staatsstreich bezeichnet hatte, zeigte sich erwartungsgemäß zufrieden und kündigte die Fortsetzung des unter dem Titel »Für ein menschlicheres Bogotá« firmierenden Regierungsprogramms an.

Doch hat er möglicherweise nur einen Etappensieg errungen. Denn er muss sich nun wohl dem Referendum stellen, das nach seiner Absetzung zunächst hinfällig geworden war und bei dem die Bürger der Stadt über seinen Verbleib im Amt entscheiden sollen. Eine einfache Mehrheit würde für seine neuerliche Absetzung ausreichen; und seine Gegner sind einflussreich und finanzstark. auch die Richter der nationalen Obersten Gerichte werden sich möglicherweise noch mit dem Fall beschäftigen. Die Gesetze werden den Kolumbianern in Bogotá also weitere Überraschungen bescheren.

** Aus: neues deutschland, Freitag 25. April 2014

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