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Gefälschte Beweise gegen Friedensaktivisten?

Gloria Cuartas über die Vorwürfe von Kolumbiens Staatsanwaltschaft gegen linke Oppositionelle

Gloria Cuartas ist in Kolumbien als »Bürgermeisterin für den Frieden« bekannt. Sie ist Mitglied in der Linkspartei PDA und in der Gruppe Kolumbianer für den Frieden. Mit ihr sprach für das "Neue Deutshcland" (ND) Harald Neuber.



ND: Frau Cuartas, Sie engagieren sich in Kolumbien seit Jahren für eine friedliche Beilegung des Jahrzehnte währenden bewaffneten Konfliktes. Ihre Organisation Kolumbianer für den Frieden ist zuletzt aber ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Was sollen Sie denn verbrochen haben?

Cuartas: Zunächst einmal: Mit der Gruppe Kolumbianer für den Frieden haben wir etwas völlig Neues erreicht. Zum ersten Mal in der 50-jährigen Geschichte des kolumbianischen Konflikts haben sich politische und soziale Organisationen sowie Intellektuelle und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in einer zivilen Organisation zusammengeschlossen. Es ist ein politisch pluralistisches Bündnis, das ein gemeinsames Ziel hat: Wir wollen den sozialen und bewaffneten Konflikt in Kolumbien mit friedlichen Mitteln und auf politischem Wege lösen.

Das wird Ihnen aber doch nicht vorgehalten?

Nein, aber Staatsanwalt Alejandro Ordóñez hat vor einigen Wochen Ermittlungen gegen mehrere Politiker der linksgerichteten Opposition eingeleitet, darunter die prominenten Vertreter der Partei PDA, Gloria Inés Ramírez, Wilson Borja und Jorge Enrique Robledo. Ihnen allen wird vorgehalten, Kontakte zur Guerillaorganisation FARC unterhalten zu haben.

Der Staatsanwalt argumentiert immerhin mit Datenfunden auf Computern des FARC-Manns Raúl Reyes.

Reyes ist bei einem Bombardement Anfang März vergangenen Jahres getötet worden. Sein gesamtes Lager wurde zerstört. Wie soll eine Festplatte diesen Angriff überstanden haben? Zudem waren die Datenträger lange unbeaufsichtigt. Sie hätten unzählige Male manipuliert werden können. Diese angeblichen Computer von Reyes haben keinerlei Beweiswert. Außerdem wäre es nicht das erst Mal, dass Beweise sich als Fälschungen herausstellen.

Auf welche Fälle beziehen Sie sich?

Wir wissen, dass die Geheimpolizei DAS schon im Jahr 2002 versucht hat, Beweise über die Verbindung der FARC zu Kritikern der Regierung zu fälschen. Das betraf unter anderem den Journalisten Hollman Morris. Und auch ich geriet ins Visier, als Gerüchte über die Existenz einer sogenannten »Sozialen Front für die FARC« lanciert wurden. Wir Aktivisten der Kolumbianer für den Frieden sehen uns nun besonderen Attacken ausgesetzt, weil wir gegen einen militärischen Ausweg aus dem Konflikt plädieren -- und weil wir damit Erfolg haben.

Wie viele Mitglieder hat Ihre Gruppe denn?

Wir sind landesweit 70 Aktivisten. Aber die Kolumbianer für den Frieden sind keine Mitgliederorganisation, sondern ein Zusammenschluss von Politikern und Aktivisten. Landesweit setzen sich rund 370 000 Menschen in den unterschiedlichsten Gruppierungen und Organisationen für den Friedensprozess ein.

Bekannt wurde vor allem die Senatorin der Liberalen Partei, Piedad Córdoba ...

... die wegen ihres Engagements ebenfalls Angriffen ausgesetzt ist. Es gibt von der Regierung bezahlte Gruppen, die ihr auf Schritt und Tritt folgen. Piedad Córdoba wurde mehrfach physisch angegriffen, bei einer Rede an einer Universität und an einem Flughafen.

Die Regierung von Präsident Álvaro Uribe beruft sich bei ihren politischen Attacken auf Sie und andere Oppositionelle immer wieder auf ehemalige Mitglieder der FARC-Guerilla. Sie sollen die Verbindungen zu dieser Gruppe beweisen. Wie glaubhaft sind diese Zeugen?

Mehrere ehemalige Mitglieder der FARC-Guerilla haben sich unter dem Druck des Krieges und verlockt durch Geldzahlungen in den Dienst der Uribe-Regierung gestellt. Diese ehemaligen Guerilleros wie »Olivio Saldaña«, »Samir« oder »Karina« spielen eine Schlüsselrolle. Uribe hat sie zu »Förderern des Friedens« benannt, um die Bemühungen der Friedensbewegung zu konterkarieren. Sie nehmen eine aktive Rolle gegen Friedensgruppen und -initiativen ein und helfen, Vorwürfe etwa gegen die Aktivisten der Kolumbianer für den Frieden zu unterstützen. Dabei sind es lediglich Kronzeugen, die aus ihrem Engagement einen persönlichen Nutzen ziehen.

* Aus: Neues Deutschland, 28. Juli 2009


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