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Okinawa will Frieden

Großdemonstration auf japanischer Insel gegen US-Stützpunkt

Von Josef Oberländer *

Gut 100000 Menschen sind am Sonntag nachmittag im Yomitan Sports Park auf der japanischen Insel Okinawa zusammengekommen, um die Schließung des US-Stützpunkts Futenma zu fordern. »Um unser Leben, unser Eigentum und unsere Umwelt zu schützen, fordern wir sowohl die japanische als auch die US-amerikanische Regierung auf, Futenma schnellstens zu schließen und die Verlegung an einen Ort innerhalb von Okinawa aufzugeben«, heißt es in der von der Kundgebung verabschiedeten Resolution.Viele Teilnehmer trugen gelbe Kleidung, um der Tokioter Zentralregierung symbolisch die gelbe Karte zeigen. Zuvor hatten rund 2000 Bewohner von Yomitan dagegen demonstriert, daß ein US-Soldat gegen Kaution freigelassen wurde, der bei einem Autounfall einen Rentner getötet und danach Fahrerflucht begangen hatte.

Für Japans Premierminister Yukio Hatoyama wird die Luft somit immer dünner. Kurz vor einer Großdemonstration gegen die US-Truppenpräsenz auf Okinawa knüpfte der Mitgründer der Demokratischen Partei sein politisches Schicksal erneut daran, bis Ende Mai eine Lösung für den jahrzehntelangen Streit um einen Stützpunkt der US-Marines dort zu finden. Außenminister Katsuya Okada bestritt unterdessen, daß er bei einem Treffen mit dem US-Botschafter in der vergangenen Woche auf die Linie Washingtons eingeschwenkt sei.

Okinawa liegt nordöstlich von Taiwan und dient dem US-Militär als »unsinkbarer Flugzeugträger« im Westpazifik. Nahezu alle der 41 Gemeinden der Präfektur Okinawa waren mit ihren Bürgermeistern auf der Kundgebung vertreten. Viele Kommunen stellten Busse für die Teilnehmer zur Verfügung. Besonders schmerzlich für Tokio: Auch Gouverneur Hirokazu Nakaima nahm teil. »Futenma ist nicht nur ein Problem von Okinawa«, sagte Nakaima. Daß die Inselgruppe bis heute, 65 Jahre nach der blutigen Schlacht um Okinawa gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, die größten Belastungen aus dem Japanisch-Amerikanischen Sicherheitsvertrag tragen müsse, sei in hohem Maße unfair. Mehr als die Hälfte der 47000 in Japan stationierten US-Truppen befinden sich auf der Inselgruppe. »Der Krieg ist vorbei« und »Wir brauchen keinen Japanisch-Amerikanischen Sicherheitsvertrag«, war auf Transparenten zu lesen. Auch Friedensgruppen in den USA unterstützten die Inselbewohner, unter anderem mit Protestaktionen vor der japanischen Botschaft in Washington und vor dem japanischen Konsulat in Honolulu.

Tokio und Washington hatten sich 2006 darauf geeinigt, den Hubschrauberlandeplatz Futenma aus der dicht bevölkerten Inselhauptstadt Ginowan herauszuverlegen. Dazu sollte eine künstliche Insel in Henoko, in der Nähe der US-Basis Camp Schwab aufgeschüttet werden. Rund 8000 Marines sollten auf die Pazifikinsel Guam umgesiedelt werden. Massive Proteste von Umweltschützern und der örtlichen Bevölkerung brachten das Projekt jedoch zum Stillstand.

Zwischenzeitlich hatte die japanische Regierung die Insel Tokunoshima als Alternativstandort ins Auge gefaßt. Doch auch dort gingen über 15000 Menschen gegen das Vorhaben auf die Straße, mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Die USA lehnten diesen Vorschlag ohnehin ab. Der Hubschrauberlandeplatz dürfe nicht mehr als 120 Kilomegter von den Marineinfanteristen am Boden entfernt sein, hieß es zur Begründung. Tokunoshima liegt etwa 200 Kilometer nordöstlich der Hauptinsel von Okinawa. Zudem verfüge die zur Präfektur Kagoshima gehörende Insel nicht über die erforderliche Infrastruktur. Hatoyama sah sich wieder einmal gezwungen, zurückzurudern. Jetzt tickt für ihn die Uhr.

* Aus: junge Welt, 26. April 2010


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