Protest trotz Reiseverbots
Palästinenser verurteilen Festnahmen von Gaza-Aktivisten. Israel baut weiter an der Trennungsmauer
Von Karin Leukefeld *
Die Vertreterin der Palästinensischen Autonomiebehörde in Europa, Leila Shahid, hat europäische Staaten und Fluglinien heftig dafür kritisiert, daß Aktivisten am 8. Juli nicht zu einem Besuch in die von Israel besetzten palästinensischen Gebiete reisen durften. »Ist Europa genauso blockiert wie Palästina?« fragte sie in einer Erklärung am Freitag. »Was ist die Grundlage dafür, daß europäische Aktivisten, die aus Solidarität nach Palästina reisen wollen, an Flughäfen in europäischen Ländern auf schwarzen Listen stehen und gehindert werden, zum Al-Lud-Flughafen (Ben Gurion/Tel Aviv) zu reisen?«
Mehr als drei Dutzend Gruppen aus der palästinensischen Zivilgesellschaft wollten mit der Kampagne »Willkommen in Palästina« am 8. Juli unter anderem gegen den fortgesetzten Bau der Mauer protestieren, mit der Israel sich von den Palästinensern abschotten will. Der Mauerbau war vor sieben Jahren, am 8. Juli 2004, vom Internationalen Strafgerichtshof für illegal erklärt worden, und Israel wurde angewiesen, die Mauer wieder abzubauen. Der Richterspruch ist nicht bindend, Israel baut weiter. 85 Prozent der Mauer verlaufen durch die palästinensische West Bank. Dabei hat Israel rücksichtslos palästinensische Dörfer von ihren Feldern getrennt und Nachbarschaften zerteilt. Sollte der Bau fertiggestellt werden, hätte Israel weitere 50 Prozent palästinensischen Bodens gestohlen, und vom historischen Palästina würden den Palästinensern lediglich zwölf Prozent verbleiben.
Die Aktivisten, die »nichts anderes tun wollten, als sich mit den Palästinensern solidarisch zu zeigen«, wären mit Sicherheit lieber direkt auf einem palästinensischen Flughafen gelandet, so Leila Shahid. Der Jasser-Arafat-Flughafen in Gaza war allerdings kurz nach Fertigstellung 2002 von Israel komplett zerstört worden. Shahid warf den »Behörden in verschiedenen EU-Staaten und europäischen Fluggesellschaften« vor, mit Israel zusammengearbeitet zu haben. »Die einzige Demokratie im Mittleren Osten«, wie Israel sich selber bezeichnet, hatte Fluggesellschaften eine Liste mit 342 Namen vorgelegt, gegen die ein Einreiseverbot bestehe. Sollten die Fluggesellschaften diese Personen dennoch einfliegen, müßten sie sie auf eigene Kosten wieder abtransportieren. Zudem würden Flüge in Israel aufgehalten.
Nach Angaben des Deutschen Koordinationskreises Palästina Israel (KOPI), der die Kampagne »Willkommen in Palästina« unterstützt, hatten die Deutsche Lufthansa, Air Berlin, Swiss Air und die ungarische Fluglinie Malev die Tickets der von Israel ausgesonderten Personen daraufhin annulliert. »Wo verlaufen die Grenzen Israels?« fragte ein KOPI-Sprecher. »Israel besetzt völkerrechtswidrig palästinensisches Territorium, und jetzt werden auf Druck Israels bereits in griechischen Häfen und europäischen Flughäfen Menschen abgefangen, die nach Palästina wollen.« Europäische Fluggesellschaften und die griechische Regierung hätten sich zu »Handlangern der israelischen Politik« gemacht, so der Sprecher.
Hunderte palästinensischer und ausländischer Solidaritätsaktivisten, denen dennoch die Einreise in die besetzten Gebiete gelungen war, versammelten sich am Samstag am Kontrollpunkt in Kalandia zwischen Ramallah und Jerusalem und forderten ein internationales Eingreifen, damit Israel die Trennungsmauer endlich abbaut. Der Protest in Kalandia sei erst der Anfang der Kampagne, erklärte Salah Al-Khawaja, einer der palästinensischen Organisatoren der Aktion.
* Aus: junge Welt, 11. Juli 2011
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