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Krieg durch die Hintertür

Senat verpflichtet USA zur Unterstützung eines israelischen Überfalls auf Iran

Von Knut Mellenthin *

Der US-Senat hat die israelische Regierung einstimmig ermächtigt, die Vereinigten Staaten in einen Krieg gegen den Iran zu führen. Die in der Geschichte des Landes – und vermutlich sogar in den gesamten internationalen Beziehungen – einmalige Resolution wurde am vorigen Mittwoch mit 99 zu null Stimmen verabschiedet. Gemeinsam eingebracht hatten sie im Auftrag der Pro-Israel-Lobby AIPAC der ewig aggressive republikanische Hardliner Lindsey Graham und der Demokrat Robert (»Bob«) Menendez aus New Jersey. In den Medien wurde das einschneidende Ereignis kaum wahrgenommen.

Die Entschließung, offiziell als »Res. 65 - 113th Congress« registriert, verbirgt sich hinter einem täuschenden Titel. Dieser lautet: »Entschiedene Unterstützung für die volle Anwendung der Sanktionen der USA und der internationalen Gemeinschaft und Aufforderung an den Präsidenten, die Durchsetzung der Sanktionsgesetzgebung zu verstärken«. Darum geht es in der Resolution tatsächlich auch, aber der wichtigste Punkt kommt ganz zuletzt: Der Senat »verlangt, daß, falls Israel gezwungen ist, in legitimer Selbstverteidigung zu militärischen Aktionen gegen das iranische Atomwaffenprogramm zu greifen, die Regierung der USA an der Seite Israels stehen muß und der Regierung Israels, in Übereinstimmung mit den Gesetzen der USA und der verfassungsmäßigen Verantwortung des Kongresses, die Anwendung militärischer Gewalt zu autorisieren, diplomatische, militärische und wirtschaftliche Unterstützung bei der Verteidigung seines Territoriums, seiner Bevölkerung und seiner Existenz leisten muß.«

Im letzten Satz der Entschließung heißt es zwar: »Nichts in dieser Resolution darf als Autorisierung zur Anwendung von Gewalt oder als Kriegserklärung ausgelegt werden.« Aber das ist nur ein Routinevorbehalt geübter Kongreßjuristen, der in diesem Fall ohne praktische Bedeutung ist. Beide Häuser des amerikanischen Kongresses haben, vielleicht mit Ausnahme des Suez-Kriegs im Jahre 1956, mit großer Mehrheit jede militärische Handlung Israels als »gerechte Selbstverteidigung« unterstützt. Und die Vorstellung, daß die US-Regierung einen Überfall Israels auf den Iran nicht als »gerechte Selbstverteidigung« einstufen könnte, ist ebenso absurd wie unrealistisch. Wahr an dem Standardvorbehalt ist lediglich, daß es nicht der Präsident der USA ist, der durch diese Resolution zur Auslösung eines Krieges mit wahrscheinlich weitreichenden regionalen Folgen autorisiert wird, sondern der Ministerpräsident Israels und sein engeres Kabinett.

Gleichzeitig sind im Abgeordnetenhaus und im Senat mehrere Gesetze im Diskussionsprozeß, die auf eine Verschärfung der sogenannten einseitigen Sanktionen abzielen. Besser wäre wohl die Bezeichnung »indirekte Sanktionen«: Sie richten sich nicht direkt gegen Iran, sondern bestrafen dessen Handelspartner, um dadurch letztlich eine totale Wirtschaftsblockade zu erzwingen. Die Maßnahmen treffen also in erster Linie Staaten wie Rußland, China oder die Türkei, auf deren Kooperation die USA in anderen Zusammenhängen angewiesen sind. Die Sanktionsgesetze enthalten deshalb in der Regel eine Klausel, die es dem Präsidenten gestattet, im Namen höherer außenpolitischer Interessen Ausnahmen für einzelne Länder, sogenannte Waivers, anzuordnen. Die jetzt im Kongreß vorbereitete Gesetzgebung soll dem Präsidenten diese Möglichkeit nehmen. Die Republikaner haben außerdem im Senat ein Gesetz angeschoben, nach dem die von den USA gegen Iran praktizierten Sanktionen nur mit Zustimmung des Kongresses ausgesetzt oder aufgehoben werden könnten.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 28. Mai 2013

Dokumentiert

S.Res.65 - A resolution strongly supporting the full implementation of United States and international sanctions on Iran and urging the President to continue to strengthen enforcement of sanctions legislation.
113th Congress (2013-2014)

States that Congress:
  • reaffirms the long-standing bonds of friendship and cooperation between the United States and Israel which enjoy bipartisan support in Congress and among the people of the United States;
  • supports the close military, intelligence, and security cooperation that President Obama has pursued with Israel;
  • condemns the statements and policies of the leaders of the Islamic Republic of Iran threatening Israel's security and existence;
  • recognizes the tremendous threat posed to the United States, the West, and Israel by Iran's pursuit of a nuclear weapons capability;
  • reiterates that U.S. policy is to prevent Iran from acquiring a nuclear weapon capability and to take necessary action to implement such policy;
  • supports the full implementation of U.S. and international sanctions on Iran;
  • declares that the United States has a vital national interest and commitment to ensuring Israel's existence and security;
  • supports Israel's right to self-defense; and
  • urges that if Israel is compelled to take military action in self-defense against Iran's nuclear weapons program the U.S. government should provide Israel with diplomatic, military, and economic support.
States that nothing in this resolution shall be construed as an authorization for the use of force or a declaration of war.

Quelle: http://beta.congress.gov/bill/113th-congress/senate-resolution/65




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