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Immer mehr Sanktionen

"Iran-Sechs" wollen in der nächsten Woche über neue Strafmaßnahmen beraten

Von Knut Mellenthin *

Die US-Regierung drängt auf weitere internationale Strafmaßnahmen gegen Iran. Im Sanktionskomitee des UN-Sicherheitsrats forderte die Vertreterin Washing­tons, Susan Rice, am Mittwoch, »über eine angemessene Antwort auf Irans reihenweise Verletzungen der Sicherheitsratsresolutionen zu diskutieren«. Den jüngsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über das Atomprogramm des vorderasiatischen Landes bezeichnete Rice als »klarsten Beweis, daß Iran (...) entschlossen scheint, die Fähigkeit zur Herstellung von Nuklearwaffen zu erreichen«. Die Botschafterin kündigte an, daß sich die »Iran-Sechs« (China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Rußland und USA) in der kommenden Woche treffen würden, um die nächsten Schritte gegen Teheran zu beraten. Anfang September endete die in der Sicherheitsratsresolution 1929 vom 9. Juni gesetzte 90-Tage-Frist, in der Iran bedingungslos sämtliche Forderungen der Ländergruppe erfüllen sollte.

Auch die seit Montag in Wien stattfindende Vorstandssitzung der IAEA nutzen die USA für heftige Angriffe gegen Iran. Die Tatsache, daß das Land im Juni zwei Inspektoren der Behörde wegen Befangenheit abgelehnt hatte, nannte der US-Botschafter bei der IAEA, Glyn Davis, am Mittwoch »beispiellos«. Dagegen seien »Maßnahmen« erforderlich. Fast wortgleich wetterten auch die Vertreter Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens in einer gemeinsamen Erklärung: Das iranische Vorgehen sei »besorgniserregend und verwerflich«; dadurch solle die Behörde »eingeschüchtert« werden. In Wirklichkeit steht nach den Statuten der IAEA allen Staaten das Recht zu, einzelne Inspektoren abzulehnen. Iran wirft den beiden vor, sie hätten einen Vorgang falsch dargestellt und diese Fehlinformation zudem an Medien weitergegeben. Die Inspektoren der IAEA sind zur Vertraulichkeit verpflichtet.

Gleichzeitig unternimmt die US-Regierung große Anstrengungen, um Kritik der Atombehörde am Nuklearwaffenarsenal Israels zu verhindern. Im September 2009 hatte die Jahresvollversammlung erstmals seit 18 Jahren Israel aufgefordert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten und seine nuklearen Anlagen der Kontrolle durch die IAEA zu unterstellen. Diese Resolution wurde allerdings nur mit sehr knapper Mehrheit angenommen: 49 Staaten stimmten dafür, 45 dagegen, darunter die USA, Kanada, die EU-Länder, Australien und Neuseeland. Es gab 16 Enthaltungen. Zusammen sind das 110 Stimmen. Der IAEA gehören 151 Staaten an.

Um zu verhindern, daß eine ähnliche Resolution auch während der diesjährigen Vollversammlung verabschiedet wird, die in der nächsten Woche stattfindet, setzen die USA vor allem die arabischen Staaten unter Druck. Gary Samore, der Spitzenberater von Präsident Barack Obama zu Atomfragen, erklärte am Rande der IAEA-Vorstandstagung, daß eine solche Entschließung die Teilnahme Israels an einer für 2012 geplanten Abrüstungskonferenz gefährden würde.

* Aus: junge Welt, 17. Sep. 2010


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