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Selbstverteidigung und Vergeltung

Iran will Durchsuchung seiner Schiffe auf hoher See nicht hinnehmen

Von Knut Mellenthin *

Iran will sich gegen Inspektionen seiner Schiffe auf hoher See zur Wehr setzen. »Wir behalten uns das Recht auf Vergeltung vor...Wir sind in der Lage, unsere Rechte zu verteidigen«, sagte Präsident Mahmud Ahmadinedschad am Montag während einer Pressekonferenz. Die am 9. Juni vom UNO-Sicherheitsrat beschlossene vierte Sanktionsresolution erlaubt allen Staaten, Schiffe auf dem Weg von und nach dem Iran zu durchsuchen. Allerdings nur, wenn die Regierung, unter deren Flagge das betreffende Schiff fährt, zustimmt. Eine ähnliche Regelung ist für Nordkorea seit 2006 in Kraft, ohne daß es bisher zu einem ernsthaften Zwischenfall gekommen ist. Es wird aber von Experten vermutet, daß die US-Regierung jetzt gegen Iran einen sehr viel aggressiveren Gebrauch von der durch den Sicherheitsrat erteilten Lizenz machen will.

Schon am 16. Juni hatte Parlamentspräsident Ali Laridschani in einer Rede vor den Abgeordneten erklärt: »Ich warne die USA und gewisse andere zum Abenteurertum geneigte Länder, daß sie im Fall einer Durchsuchung der Fracht von iranischen Schiffen und Flugzeugen sicher damit rechnen müssen, daß wir dasselbe im Persischen Golf und im Golf von Oman tun.«

Am 23. Juni bekräftigte der Kommandeur der iranischen Marine, Admiral Ali Fadawi, diese Warnung: »Sollten sie zu einer so törichten Handlung greifen (...), würden wir im Persischen Golf und in der Straße von Hormus mit einem ganz besonderen, adäquaten Zug antworten. (...) Der Persische Golf ist das Zentrum und der empfindlichste Punkt der gesamten Welt. Die Amerikaner können ohne den Persischen Golf nicht überleben, und wir können jederzeit an dieser Meerenge so viel Druck ausüben, wie wir möchten.«

In seiner Pressekonferenz am Montag kündigte Ahmadinedschad an, daß Teheran seine Gespräche mit den sogenannten Iran-Sechs (China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Rußland und USA) nicht vor Ende August wieder aufnehmen wolle. Diese Verzögerung sei als »Strafe« gedacht, »um ihnen eine Lektion zu erteilen, wie man mit Nationen spricht«. Iran will außerdem erreichen, daß weitere Länder an den Verhandlungen beteiligt werden. Deren Namen werde man demnächst nennen, sagte der Präsident. In erster Linie dürfte dabei an Brasilien und die Türkei gedacht sein. Ahmadinedschad forderte die Iran-Sechs darüber hinaus auf, offen ihr Verhältnis zu den Atomwaffen Israels darzulegen.

* Aus: junge Welt, 30. Juni 2010


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