Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Peking wehrt sich

Iran-Sanktionen der USA sind auch Wirtschaftskrieg gegen China und Indien

Von Knut Mellenthin *

China hat in ungewöhnlich scharfer Form gegen die jüngsten Iran-Sanktionen der US-Regierung protestiert. Washington hatte am Dienstag Strafmaßnahmen gegen eine Reihe von Geldinstituten angekündigt, über die der Iran Öl- und andere Exportgeschäfte abwickelt. Unter den Bestraften, denen künftig der Ausschluß vom US-amerikanischen Markt droht, ist auch die chinesische Bank of Kunlun. In einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme des Pekinger Außenministeriums wird diese Maßnahme als »schwere Verletzung der internationalen Beziehungen« kritisiert.

Weiter heißt es in der vom Ministeriumssprecher Qin Gang abgegebenen Erklärung: »China und Iran haben normale zwischenstaatliche Beziehungen. Ihre normale, offene und transparente geschäftliche Zusammenarbeit auf den Gebieten von Energie und Handel steht in keiner Beziehung zu Irans Atomprogramm.« Diese Kooperation verstoße gegen keine Resolution des UN-Sicherheitsrates und schädige nicht die Interessen einer dritten Partei. Die USA hätten schon wiederholt Sanktionen gegen chinesische Unternehmen und Banken verhängt. Das werde die Kooperation zwischen beiden Staaten negativ beeinflussen.

Abschließend heißt es in der Stellungnahme: »China fordert die USA dringend auf, den Fehler sofort zu korrigieren, die grundlosen Sanktionen gegen die Bank of Kunlun zurückzunehmen und aufzuhören, Dinge zu tun, die sowohl Chinas Interessen als auch der chinesisch-amerikanischen Zusammenarbeit schaden.«

Bei einem Besuch in Peking hatte der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Ramin Mehman-Parast, am Dienstag darauf hingewiesen, daß es ein wesentliches Ziel der US-amerikanischen Sanktionen gegen Iran sei, auf diesem Weg zugleich das wirtschaftliche Wachstum Chinas, Indiens »und anderer asiatischer Staaten« zu hemmen.

Indessen ist US-Verteidigungsminister Leon Panetta am Dienstag abend zu einem Besuch in Israel eingetroffen. Kurz zuvor hatte Premierminister Benjamin Netanjahu in vier Interviews mit verschiedenen israelischen Sendern seine Bereitschaft wiederholt, Iran ohne Zustimmung der US-Regierung anzugreifen. Israels Prinzip sei es, »auf niemanden zu rechnen, nicht einmal auf unsere besten Freunde«.

Netanjahu ging außerdem auf groß aufgemachte Meldungen israelischer Medien ein, daß die gesamte Führungsspitze des Militärs und der Geheimdienste gegen einen Alleingang sei. In einem demokratischen Staat sei es die politische Ebene, die die Entscheidungen treffe, und das Militär müsse sie dann durchführen, sagte Netanjahu dazu. Als Beispiel führte er den früheren Regierungschef Menachem Begin an, der 1981 einen Luftangriff zur Zerstörung eines irakischen Atomreaktors angeordnet habe, obwohl die Spitzen des Auslandsgeheimdienstes Mossad und des militärischen Geheimdienstes dagegen gewesen seien.

Panetta sagte vor Beginn seiner Reise, die ihn auch nach Ägypten führte, er wolle Israel die Botschaft bringen, daß die USA »ihre Souveränität und ihre Fähigkeit respektieren, Entscheidungen zu treffen, die ihre eigene Sicherheit berühren«. Zugleich dementierte er, daß er in Jerusalem über konkrete Kriegspläne sprechen wolle, betonte aber, daß es »eine sehr enge Zusammenarbeit« zwischen beiden Staaten hinsichtlich Irans »und anderer regionaler Bedrohungen« – gedacht war dabei offenbar an Syrien – gebe.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 2. August 2012

"Iran, das gefährlichste Regime der Welt"

Über den Besuch Panettas in Israel verbreitete die israelische Botschaft per Newsletter folgende offizielle Meldung des Außenministeriums:

Panetta in Israel

US-Außenminister Leon Panetta befindet sich auf Besuch in Israel. Am Mittwoch traf er mit Ministerpräsident Binyamin Netanyahu zusammen.

Netanyahu erklärte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Vorfeld des Treffens unter anderem:

„Erlauben Sie mir zunächst, Ihnen, Präsident Obama und dem amerikanischen Kongress für die Stärkung der strategischen Beziehungen zwischen unseren beiden Staaten zu danken. In diesen Zeiten der Instabilität in unserer Region schätzen wir die Botschaft der parteiübergreifenden Unterstützung Israels sehr.
Heute haben wir Gelegenheit, die vielen Herausforderungen zu diskutieren, vor denen unsere Region steht. Keine Herausforderung ist größer als das iranische Streben nach Atomwaffen. Der Iran ist der größte Unterstützer von Terrorismus, und alles muss getan werden, um den Iran, das gefährlichste Regime der Welt, davon abzuhalten, die gefährlichste Waffe der Welt zu entwickeln. [...]
[U]nglücklicherweise ist es [...] so, dass weder Sanktionen noch Diplomatie bisher einen Einfluss auf das Atomwaffenprogramm des Iran hatten. [...] Sie selbst haben vor einigen Monaten erklärt, dass wenn alles andere fehlschlägt, Amerika handeln wird. Doch diese Erklärungen haben die Iraner noch nicht davon überzeugt, ihr Programm zu stoppen. [...] Im Moment glaubt das iranische Regime, dass die internationale Gemeinschaft sein Atomprogramm nicht wirklich stoppen will. Dies muss sich ändern, und es muss sich schnell ändern, da die Zeit, dieses Thema friedlich zu lösen, uns davonläuft. [...]"

Panetta erklärte unter anderem:

„[...] Israel und die Vereinigten Staaten teilen die tiefe Besorgnis über die Gewalt im Nachbarstaat Syrien und die nuklearen Ambitionen des Iran. Und ich möchte Sie noch einmal der Position der Vereinigten Staaten versichern, dass wir nicht zulassen werden, dass der Iran eine nukleare Waffe entwickelt. Punkt. Wir werden ihnen nicht gestatten, eine Atomwaffe zu entwickeln, und wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um sicherzustellen, dass das nicht passiert. [...] Die Vereinigten Staaten stehen fest an der Seite Israels, und wir haben der Sicherheit Israels und seiner Bürger gegenüber eine felsenfeste Verpflichtung.“

(Amt des Ministerpräsidenten, 02.08.12)




Zurück zur Iran-Seite

Zur China-Seite

Zur Seite "Sanktionen, Embargo"

Zur Israel-Seite

Zurück zur Homepage