Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

"Eine von außen diktierte Einschränkung der staatlichen Souveränität wird keine iranische Regierung akzeptieren"

Eine Stimme aus der Friedensbewegung zu den Protesten und Unruhen im Iran

Nach zahlreichen Erklärungen und Interventionen von Menschenrechtsorganisationen hat sich nun auch die Friedensbewegung zu den Vorgängen im Iran Stellung bezogen. Wir dokumentieren im Folgenden eine Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag, der auch mit einer längeren Erklärung die öffentliche Diskussion sucht. Die Erklärung ist hier herunterzuladen: Für Menschenrechte, Gewaltlosigkeit und Frieden (pdf-Datei).



Für Menschenrechte, Gewaltlosigkeit und Frieden

Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag zu den Protesten und Unruhen im Iran

Kassel, 26. Juni 2009 - Die gewaltsamen Ereignisse im Iran im Anschluss an die offenkundig manipulierte Präsidentenwahl fordern auch die Friedensbewegung heraus. In einer Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag wird das Regime in Teheran aufgefordert, wenigstens die minimalen Menschen- und Freiheitsrechte zu gewähren, an die Adresse der Bundesregierung und des "Westens" geht der Rat, sich aller Äußerungen und Handlungen zu enthalten, die von den iranischen Machthabern als Einmischung in die inneren Angelegenheiten ausgeschlachtet werden könnten und somit kontraproduktiv seien.

Nach Auffassung des Sprechers des Bundesausschusses Friedensratschlag haben die Proteste der letzten zwei Wochen den Iran bereits nachhaltig verändert. Der Ruf nach Demokratie und Durchsetzung fundamentaler Menschen- und Freiheitsrechte habe zu einer tiefen Verunsicherung der politischen und geistlichen Machthaber geführt. Ein einfaches "Weiter so" wird es - ob mit oder ohne Ahmadinedschad - nicht geben können, da jedes Regime künftig mit dem Aufbegehren der Zivilgesellschaft rechnen muss.

Den westlichen Regierungen einschließlich der Bundesregierung, die sich mit Verurteilungen und Ratschlägen weit aus dem Fenster gehängt haben, wird "Scheinheiligkeit" im Umgang mit dem Iran vorgeworfen. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel von Teheran verlangt, "friedliche Demonstrationen zuzulassen" und "keine Gewalt gegen Demonstranten anzuwenden", dann sollte sie sich daran erinnern, dass während des NATO-Gipfels in Kehl/Strasbourg das Recht auf Meinungsäußerung und Demonstration mit Füßen getreten wurde und unverhältnismäßige brachiale Gewalt gegen Demonstranten ausgeübt wurde - ohne dass auch nur ein zaghaftes Wort der Kritik über die Lippen der Kanzlerin kam.

In der Erklärung des Friedensratschlags wird außerdem darauf hingewiesen, dass der Iran - gleich unter welcher Führung - auf seinem Recht zur zivilen Nutzung der Kernkraft bestehen wird - ein Recht, das nach Art. IV des Atomsperrvertrags allen Staaten der Erde zusteht. Eine von außen diktierte Einschränkung der staatlichen Souveränität wird keine iranische Regierung akzeptieren. Der Westen sollte auch die Sicherheitsbedürfnisse Irans ernst nehmen und auf militärische Drohgebärden oder verschärfte Sanktionen verzichten. Stattdessen sollte dem Iran ein wirklicher Dialog über die Frage des Atomprogramms sowie über Probleme einer nahöstlichen Friedensordnung angeboten werden.

Die Erklärung des Friedensratschlags richtet sich nicht nur an die Politik und die Friedensbewegung, sondern soll in den nächsten Tagen als Massenflugblatt breit gestreut werden. In Zeiten, in denen der Sohn des einstigen "Schahs von Persien", die NeoCons in den USA oder die Berlusconis in Europa einen "Regimewechsel" im Iran fordern, kommt es darauf an, über die wirklichen Vorgänge und Probleme aufzuklären und auf die gesellschaftlichen und politischen Prozesse im Land selbst zu setzen.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski, Kassel

Für Menschenrechte, Gewaltlosigkeit und Frieden

Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag zu den Protesten und Unruhen im Iran (pdf-Datei) (27. Juni 2009)




Zurück zur Iran-Seite

Zur Presse-Seite

Zur Seite "Deutsche Außenpolitik

Zur Seite "Friedensbewegung"

Zurück zur Homepage