"Eine von außen diktierte Einschränkung der staatlichen Souveränität wird keine iranische Regierung akzeptieren"
Eine Stimme aus der Friedensbewegung zu den Protesten und Unruhen im Iran
Nach zahlreichen Erklärungen und Interventionen von Menschenrechtsorganisationen hat sich nun auch die Friedensbewegung zu den Vorgängen im Iran Stellung bezogen. Wir dokumentieren im Folgenden eine Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag, der auch mit einer längeren Erklärung die öffentliche Diskussion sucht. Die Erklärung ist hier herunterzuladen: Für Menschenrechte, Gewaltlosigkeit und Frieden (pdf-Datei).
Für Menschenrechte, Gewaltlosigkeit und Frieden
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag zu den Protesten und Unruhen im Iran
Kassel, 26. Juni 2009 - Die gewaltsamen Ereignisse im Iran im Anschluss
an die offenkundig manipulierte Präsidentenwahl fordern auch die
Friedensbewegung heraus. In einer
Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag wird das Regime in Teheran aufgefordert, wenigstens die minimalen Menschen- und Freiheitsrechte zu gewähren, an die Adresse der Bundesregierung und des "Westens" geht der Rat, sich aller Äußerungen und Handlungen zu enthalten, die von den iranischen Machthabern als Einmischung in die inneren Angelegenheiten
ausgeschlachtet werden könnten und somit kontraproduktiv seien.
Nach Auffassung des Sprechers des Bundesausschusses Friedensratschlag
haben die Proteste der letzten zwei Wochen den Iran bereits nachhaltig
verändert. Der Ruf nach Demokratie und Durchsetzung fundamentaler
Menschen- und Freiheitsrechte habe zu einer tiefen Verunsicherung der
politischen und geistlichen Machthaber geführt. Ein einfaches "Weiter
so" wird es - ob mit oder ohne Ahmadinedschad - nicht geben können, da
jedes Regime künftig mit dem Aufbegehren der Zivilgesellschaft rechnen muss.
Den westlichen Regierungen einschließlich der Bundesregierung, die sich
mit Verurteilungen und Ratschlägen weit aus dem Fenster gehängt haben,
wird "Scheinheiligkeit" im Umgang mit dem Iran vorgeworfen. Wenn
Bundeskanzlerin Angela Merkel von Teheran verlangt, "friedliche
Demonstrationen zuzulassen" und "keine Gewalt gegen Demonstranten
anzuwenden", dann sollte sie sich daran erinnern, dass während des
NATO-Gipfels in Kehl/Strasbourg das Recht auf Meinungsäußerung und
Demonstration mit Füßen getreten wurde und unverhältnismäßige brachiale
Gewalt gegen Demonstranten ausgeübt wurde - ohne dass auch nur ein
zaghaftes Wort der Kritik über die Lippen der Kanzlerin kam.
In der Erklärung des Friedensratschlags wird außerdem darauf
hingewiesen, dass der Iran - gleich unter welcher Führung - auf seinem
Recht zur zivilen Nutzung der Kernkraft bestehen wird - ein Recht, das
nach Art. IV des Atomsperrvertrags allen Staaten der Erde zusteht. Eine
von außen diktierte Einschränkung der staatlichen Souveränität wird
keine iranische Regierung akzeptieren. Der Westen sollte auch die
Sicherheitsbedürfnisse Irans ernst nehmen und auf militärische
Drohgebärden oder verschärfte Sanktionen verzichten. Stattdessen sollte
dem Iran ein wirklicher Dialog über die Frage des Atomprogramms sowie
über Probleme einer nahöstlichen Friedensordnung angeboten werden.
Die Erklärung des Friedensratschlags richtet sich nicht nur an die
Politik und die Friedensbewegung, sondern soll in den nächsten Tagen als
Massenflugblatt breit gestreut werden. In Zeiten, in denen der Sohn des
einstigen "Schahs von Persien", die NeoCons in den USA oder die
Berlusconis in Europa einen "Regimewechsel" im Iran fordern, kommt es
darauf an, über die wirklichen Vorgänge und Probleme aufzuklären und auf
die gesellschaftlichen und politischen Prozesse im Land selbst zu setzen.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski, Kassel
Zurück zur Iran-Seite
Zur Presse-Seite
Zur Seite "Deutsche Außenpolitik
Zur Seite "Friedensbewegung"
Zurück zur Homepage