Bomben auf den Irak und die neue Weltpolitik der USA
US-Angriffe stießen in der deutschen Bevölkerung auf Ablehnung. Ein Beitrag von Tobias Pflüger*
Am 16. Februar bombardierten Flugzeuge der USA und Großbritanniens den
Irak. Der neue US-Präsident Georg W. Bush trat in die Fußstapfen
seines Vaters und lies fast genau zum 10. Jahrestag des Endes des
Golfkrieges wieder den Irak bombardieren und zwar in der Nähe von
Bagdad. Begründung dafür war die angebliche Verletzung der sogenannten
Flugverbotszonen. Diese Flugverbotszonen haben die Vereinten Nationen
(UNO) nie anerkannt, sie bestehen nach Angaben der Regierungen der USA
und Großbritanniens.
"Wir haben die USA nicht zu kritisieren"
Außenminister Fischer und seine grüne Partei haben als der neue
US-Präsident seinen brutalen Bomben-Einstand gegen den Irak gegeben
hat, eine Meisterleistung vollbracht. Zuerst agieren nach dem Motto
"Wer schweigt stimmt zu", dann Fischers verhaltene Unterstützung mit
dem denkwürdigen Satz "Wir haben die USA nicht zu kritisieren", dann
grünes Murren und das übliche spätere Zurückziehen der "Bedenken"
gegen die Bomben.
Die Bomben der USA und Großbritanniens auf den Irak sind nichts
anderes als willkürlicher und rücksichtsloser Staatsterrorismus.
"Der Angriff als erste sichtbare Regierungshandlung setzt ein Signal,
das alle verstehen sollen", schreibt die "Welt". Weiter heißt es: "Man
muß auf allerhand gefaßt sein, denn es geht nicht nur um den Irak: Die
Weltpolitik nimmt eine neue Wendung."
Das Embargo, das eigentliche Problem
Die Flugverbotszonen sind reine Willkür und haben mit Hilfe für die
kurdische Bevölkerung nichts zu tun. Das Wirtschaftsemabrgo gegen den
Irak trifft die Zivilbevölkerung, nach UNICEF- und WHO-Angaben haben
mehr als 1 Million Menschen ihr Leben als Folge des Embargos lassen
müssen. Mit dabei bei der Initiative: Hans von Sponeck, bis März 2000
Leiter des Programms "Öl für Nahrungsmittel" im Irak, der aufgrund der
brutalen Wirkungen des Embargos gegen den Irak diesen Posten - wie
sein Vorgänger Dennis Halliday - aus Protest niedergelegt hat. Die
konservative Welt schrieb schon vor über einem Jahr zum Rücktritt von
Sponeck unter der Überschrift: "Die UNO bleibt blind": "Die
Entscheidung von Sponecks verrät Zorn und Hilflosigkeit. Die
UN-Sanktionen treffen den Falschen: das irakische Volk. Wer tagtäglich
mit ansehen muss, wie permanente Unterernährung zu
Kindersterblichkeitsraten wie in einem Dritte-Welt-Land führt, muss an
den Erfolgsaussichten der UN-Politik zweifeln, ja verzweifeln."
Statt Bomben auf den Irak oder Bauchschmerzen mit Bomben ist die
Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak erforderlich. Deshalb habe ich
mich jetzt einer Initiative angeschlossen, die ein Ende des Embargos
gegen den Irak fordert. (siehe
Aufruf gegen das Irak-Embargo)
Umfragen - eindeutig gegen Krieg
Am 28.02. und 01.03. wurden von zwei kleinen
Meinungsforschungsinstituten zwei interessante Meinungsumfragen zu den
Luftangriffen auf den Irak veröffentlicht. Das Hamburger Institut BIK
hat 1.000 repräsentative Bundesbürger befragt: 65 Prozent von ihnen
"empfinden die Aktion unter der Regie des neuen amerikanischen
Präsidenten George W. Bush als den falschen Weg zur Konfliktlösung.
Nur gut 14 Prozent geben an, sie hielten die amerikanischen
Luftangriffe angesichts der politischen Lage im Nahen Osten für
richtig. Mehr als jeder fünfte Befragte hat keine feste Auffassung zum
Thema oder meint, es nicht beurteilen zu können." Das ebenfalls in
Hamburg ansässige Online-Marktsforschungsinstitut "EARSandEYEs" hat
auch eine Umfrage gemacht: Ergebnis: "60 Prozent der insgesamt 706
Befragten lehnen die Offensive der westlichen Militärs ab. Dabei sind
es vor allem Frauen, die sich gegen die Angriffe aussprechen." Und
weiter heißt es: "Bezüglich des Alters der Befragten lässt sich
feststellen, daß die Angriffe vor allem bei jüngeren Menschen auf
Ablehnung stossen. Rund 63 Prozent der Befragten zwischen 14 und 29
Jahren beurteilen das Bombardement der Westmächte negativ."
Die Ergebnisse sind erwartungsgemäß: Große Ablehnung von kriegerischen
Aktionen oder von Krieg. Ein relevanter Teil von Menschen gibt offen
ihre Uniformiertheit zu. Trotzdem werden sicher viele Leser/innen über
diese eindeutige Ablehnung der Angriffe überrascht sein. Joschka
Fischers Unwort-des-Jahres-verdächtiger Spruch: "Wir haben die USA
nicht zu kritisieren" wird ihm mehr Sympathieverluste einbringen als
die gesamte Debatte über seine militante Vergangenheit.
Diese Zahlen belegen wieder einmal, daß in der Bevölkerung große
Skepsis gegen Kriegspolitik vorhanden ist. Im Jugoslawienkrieg waren
tägliche Flüchtlingsbilder, Auschwitz- und Hitlervergleiche, Lügen
(Hufeisenplan etc.) und klassische Propaganda vonnöten, um die
Menschen dazuzubringen, den Krieg hinzunehmen. So schlecht sieht es
also nicht aus für Positionen der Friedensbewegung. Unsere
Herkulesaufgabe ist es, diese oberflächliche Ablehnung von Krieg als
Mittel der Politik auf die Ebene zu bringen, auf der konkret und
täglich von den Menschen Politik in ihrer Lebenswelt erfahren wird.
Das ist sehr schwer, aber die Kriegspolitik zieht immer weitere zivile
Bereiche mit hinein...
Tobias Pflüger ist einer der Sprecher der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. Tübingen.
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