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Irak: Kein Ende des Embargos in Sicht?

Was sagen die UN-Resolutionen?

"Seien wir legalistisch" überschrieb Jutta Burghardt ihren Kommentar zur endlosen Auseinandersetzung um die Irak-Sanktionen in der jungen welt vom 7. März 2001. Jutta Burghardt war von Januar 1999 bis Ende März 2000 Leiterin des Welternährungsprogramms im Irak. Sie trat zusammen mit Hans von Sponeck, dem früheren Koordinator des Öl-für-Nahrung-Programms, aus Protest gegen die Sanktionen Anfang 2000 von ihrem Amt zurück.

Bagdad besteht auf der Umsetzung von Resolution 687 - Abrüstung des Irak und Aufhebung der Sanktionen. Es ist der gerade Weg. Es ist für den Irak unakzeptabel, immer wieder neue, anders geartete Sanktionsmodalitäten ins Spiel gebracht zu sehen. Trotz Bombardierung nahm der Irak denn auch in der vergangenen Woche ein seit langem anberaumtes Treffen in New York wahr, in dem der Außenminister Unterlagen zum Beweis der vollzogenen Abrüstung vorlegte. Die werden nun von den Experten zu prüfen sein. In seinen Diskussionen bei den Vereinten Nationen machte Außenminister Mohammed el Sahhaf als eine irakische »Bedingung« auch den Paragraphen 14 der Resolution 687 anhängig. Dies ist ein operationaler Paragraph, also kein Präambelparagraph. Es lohnt, ihn genauer anzusehen: (Der Sicherheitsrat) stellt fest, daß die Aktivitäten, die vom Irak entsprechend den Paragraphen 8 bis 13 unternommen werden müssen, Schritte zu dem Ziel darstellen, im Nahen Osten eine Zone einzurichten, die frei von Massenvernichtungswaffen und allen zu ihrem Einsatz notwendigen Trägerwaffen ist, und dem Ziel eines weltweiten Banns chemischer Waffen.

Zwar ist der Passus schwach (stellt fest), und auch die britische Reaktion auf diese irakische »Bedingung« war sicher korrekt (»keine Priorität«). Jedoch: Wäre dies nicht derjenige Schritt in die richtige Richtung, der insgesamt die Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben im Nahen Osten schaffen würde? Und belegt das Insistieren des Irak auf Umsetzung der Resolution 687 nun eine Haltung, die auf die Bedrohung seiner Nachbarn abzielt - oder beweist sie vielleicht unter anderem eher das Gegenteil?

Wir Deutsche gelten bei den Vereinten Nationen oft als »legalistisch«. So wollen wir denn unserem Ruf entsprechen, und uns weitere Rechtsgrundlagen vor Augen führen. Resolution 687 bietet nämlich in Artikel 33 auch eine andere wichtige Information: (Der Sicherheitsrat) erklärt, daß, nachdem der Irak den Generalsekretär und den Sicherheitsrat von seiner Akzeptanz der vorstehenden Vorschriften offiziell notifiziert hat, ein formeller Waffenstillstand zwischen Irak und Kuwait und den Mitgliedsstaaten (der VN), die mit Kuwait zusammenarbeiten, in Kraft tritt ... Wie jedoch gehen Waffenstillstand und gleichzeitige regelmäßige Überflüge von Nord- und Südirak sowie regelmäßige Bombardements zusammen? Die USA berufen sich hierbei auf Sicherheitsratsresolution 688 (vom 5. April 1991). Diese Resolution ist offenbar im Umfeld der Niederschlagung der Märzaufstände 1991 entstanden. Sie verurteilt das irakische Vorgehen, verlangt dessen sofortige Einstellung und ruft zu internationaler Hilfe auf. Allerdings: Selbst bei gutem Willen läßt sich von ihr eine Rechtfertigung, auch eine indirekte, für die Einrichtung von Flugverbotszonen, die Durchführung regelmäßiger Kontrollflüge und von Bombardements nicht ableiten. Grund, und hier sind sich die Beobachter einig: Resolution 688 ist nicht unter Bezug auf Kapitel VII der Charta erlassen.

Nachdem am 17. Dezember 1999 Resolution 1284 verabschiedet war, sagte der britische Vertreter bei den Vereinten Nationen: Diese Resolution ist jetzt globales Gesetz! Nur diese?

Jutta Burghardt

Aus: junge welt, 7. März 2001

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