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Neuruppiner Appell: Kein Krieg gegen den Irak!

Abschlusserklärung der "Ostdeutschen Friedenskonferenz"

Am 24. und 25. August 2002 kamen in Neuruppin etwa 200 Menschen zu einer ersten Ostdeutschen Friedenskonferenz zusammen, die vom Ostdeutschen Kuratorium von Verbänden und der Bundestagsfraktion der PDS veranstaltet wurde. Als zentrale Herausforderung der Gegenwart für die Friedensbewegung wurde die Verhinderung eines Kriegs gegen den Irak angesehen. Dazu wurde eine Abschlusserklärung verabschiedet, die wir im Folgenden dokumentieren.

Der Welt droht ein neuer Krieg: Die Ankündigung eines Militärschlags durch die Regierung der USA, entsprechende militärische Vorbereitungen und diplomatische Aktivitäten zeigen unmissverständlich, dass ein Angriff auf den Irak innerhalb eines absehbaren Zeitraumes stattfinden soll. Wir wollen, dass dieser Krieg verhindert wird.

Ohne Zweifel hat auch das Regime Saddam Husseins einen undemokratischen und menschenrechtsverletzenden Charakter. Es missachtet Verpflichtungen, die es auf Grund von Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen übernehmen musste. Eine Rückkehr der UN-Inspektoren darf aber nicht mit militärischer Gewalt erzwungen werden.

Die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates zum Irak bieten völkerrechtlich keinerlei Handhabe, um einen militärischen Sturz des Regimes im Irak zu betreiben. Eine Aggression gegen den Irak - und sei es unter dem Deckmantel einer "humanitären Mission" oder "Friedensmission" - wäre völkerrechtswidrig, und würde insbesondere das Gewaltverbot der Charta der Vereinten Nationen verletzen. Es gibt auch keine völkerrechtliche Legitimation für einen Präventivschlag gegen eine angenommene Bedrohung. Es gibt nicht einmal Beweise für das Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen im Irak. Selbst für die fortgesetzten britisch-amerikanischen Bombardements in Teilen Iraks fehlt die völkerrechtliche Grundlage.

Ein Waffengang im Irak würde Öl ins Feuer des Nahostkonfliktes gießen und zusätzliche Gewaltpotenziale freisetzen. Keines der ohnehin komplizierten Probleme ließe sich so lösen. Ein Krieg würde die Beziehungen zwischen der „Islamischen Welt" und dem „Westen" nachhaltig stören. Durch eine Einbeziehung europäischer Staaten würde Europa direkt kriegsbeteiligt und von allen Auswirkungen betroffen sein.

Ein Krieg gegen den Irak würde neues Leid in das geschundene Land bringen, unabsehbare Folgen für die irakische Zivilbevölkerung haben und unzählige zivile und militärische Opfer fordern. Auch deshalb lehnen wir eine militärische Intervention ab. Wir fordern die Aufhebung aller nichtmilitärischen Sanktionen gegen den Irak, die auch zu vielen Opfern geführt haben.

Der geplante Krieg gegen den Irak darf nicht isoliert gesehen werden: Durchsetzung einer neuen Weltordnung, militärisches Vorgehen u.a. in der Balkanregion und Afghanistan, der Kampf der USA gegen eine "Achse des Bösen". Er reiht sich ein in die Bemühungen der USA und anderer Staaten, Krieg wieder als normales Mittel der Politik anzuwenden. Ganz im Sinne der neuen NATO-Strategie sollen hegemoniale Interessen einschließlich der Ansprüche auf Ressourcen- und Marktzugänge durchgesetzt werden.

Wir begrüßen den überraschenden Schwenk von Rot-Grün zu einer - im Falle des Irak - kriegsablehnenden Haltung und möchten ihn gern ernst nehmen. Doch um zu beweisen, dass es sich dabei nicht allein um ein wahltaktisches Manöver handelt, um im Lager der Friedensbewegung verlorengegangenes Terrain zurück zu gewinnen und der in der Bevölkerung vorherrschenden Anti-Kriegs-Stimmung Rechnung zu tragen, um ein Manöver, dass wenige Wochen nach den Bundestagswahlen ad acta gelegt wird, kann Rot-Grün, kann die Bundesregierung ihren Versprechen sofort konkrete Schritte folgen lassen. Wir fordern daher die Bundesregierung auf:
  • gegenüber den USA eindeutig zu erklären, dass es keine militärische, finanzielle oder logistische Unterstützung von deutscher Seite für eine US-Intervention geben wird und dass das Territorium Deutschlands für kriegsunterstützende oder begleitende Maßnahmen nicht zur Verfügung steht, und zwar selbst bei Vorhandensein eines Mandats des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen,
  • als konkrete Schritte zur Absenkung der Kriegsgefahr und um Gefahren durch eine mögliche Einbindung deutscher Soldaten, die in der Region stationiert sind, in Kriegshandlungen abzuwenden, die ABC-Spürpanzer-Einheiten aus Kuwait und die Marine-Einheiten vor dem Horn von Afrika abzuziehen und
  • im NATO-Rat die Aufhebung des bestehenden Bündnisfalls nach Artikel 5 des NATO-Vertrages zu beantragen.
Wir werden uns mit all unseren Kräften und Möglichkeiten dem angekündigten Krieg gegen den Irak entgegenstellen! Wir rufen alle auf, sich mit uns gemeinsam bei Aktionen, Demonstrationen, Unterschriftensammlungen und bei Wahlen mit Resolutionen, Appellen und eigenen Initiativen in dieser Bewegung gegen den Krieg zu engagieren!


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