Die Kriegsgefahr ist nicht gebannt
Stellungnahmen aus der Friedensbewegung zum Irak
Im Folgenden dokumentieren wir zwei aktuelle Stellungnahmen aus der Friedensbewegung, die sich mit der akuten Kriegsgefahr befassen.
Die Kriegsgefahr ist nicht gebannt
Friedensbewegung will "Achse des Friedens" neu beleben
Stellungnahme des Bundesausschusses Friedensratschlag zum Einlenken Iraks in der Waffeninspektionsfrage
Der Bundesausschuss Friedensratschlag begrüßt die Zusicherung der
irakischen Regierung, "die Rückkehr der Waffeninspekteure der Vereinten
Nationen ohne Bedingungen zu erlauben". Das war ein überfälliger
Schritt, da Bagdad damit nur der herrschenden "Beschlusslage" des
UN-Sicherheitsrats nachkommt. Aus Sicht des Irak ist dieser Schritt mit
einem weit gehenden Verzicht auf bisherige Positionen verbunden, die zum
Teil durchaus begründet waren. Wir denken insbesondere an die Forderung
nach einer Aufhebung des seit 12 Jahren andauernden Wirtschaftsembargos,
an dessen Folgen bisher Hunderttausende Zivilpersonen, darunter viele
Kinder und alte Menschen, gestorben sind. Wir denken aber auch an den
Missbrauch der UN-Waffeninspektionen zu Zwecken geheimdienstlicher
Tätigkeiten durch einzelne US-amerikanische Inspekteure.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag begrüßt die positiven Reaktionen
aus vielen Hauptstädten der Welt und aus dem UN-Hauptquartier. Die
Einladung des Irak aufzugreifen und in direkten Gesprächen zwischen
UN-Generalsekretär und der irakischen Regierung schnellstens zu
konkretisieren und praktisch umzusetzen, ist das Gebot der Stunde.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag begrüßt auch die Haltung der
Bundesregierung und das spontane Angebot des Bundeskanzlers, deutsche
Waffeninspekteure für die UN-Mission zur Verfügung zu stellen. Es ist in
der Tat so, dass Deutschland über vielfältige Erfahrungen auf dem Feld
irakischer Rüstungsprogramme verfügt, waren doch noch vor dem Golfkrieg
1991 zahlreiche deutsche Firmen an der irakischen Aufrüstung beteiligt
gewesen.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag warnt aber auch davor, sich nun in
Sicherheit zu wiegen. Die Kriegsgefahr ist noch lange nicht gebannt.
Dies verdeutlichen die Reaktionen aus Washington und London auf das
Angebot Iraks. Sowohl die US-Administration als auch der britische
Premierminister Blair haben in den letzten Wochen immer wieder betont,
dass ihnen nicht nur an der Vernichtung der - vermuteten - irakischen
Massenvernichtungsarsenale gelegen ist, sondern dass sie die Machthaber
in Bagdad stürzen und durch ein ihnen wohl gesonnenes Regime ersetzen
wollen. US-Finanzminister Paul O'Neill sagte wörtlich: "Saddam Hussein
muss gehen. Es muss einen Regimewechsel geben." Beide Regierungen
dringen weiter auf eine UN-Resolution, die ihnen den Weg für den seit
langem angekündigten und wohl auch schon vorbereiteten Krieg ebnen soll.
US-Präsident Bush hat in seiner Rede vor der UN-Generalversammlung am
12. September unmissverständlich erklärt, dass er notfalls auch ohne
UN-Mandat den Sturz Saddams herbeiführen wird. "Ein Regime, das seine
Legitimität verloren hat, wird auch seine Macht verlieren", sagte er und
fügte hinzu: "Wir können nicht daneben stehen und nichts unternehmen,
während Gefahr im Verzug ist." Schließlich drohte er den Vereinten
Nationen: "Wir müssen für Sicherheit und die dauerhaften Rechte und
Hoffnungen der Menschheit einstehen. Aufgrund ihres Erbes und ihrer
Entscheidung werden die Vereinigten Staaten von Amerika sich dafür
einsetzen. Und, verehrte Delegierte der Vereinten Nationen, Sie haben
die Macht, dies ebenfalls zu tun."
Der Bundesausschuss Friedensratschlag sieht in der Auseinandersetzung um
den Irak mehr als nur eine Frage von Rüstungskontrolle und Sanktionen.
Es geht immer auch um geostrategische, wirtschaftliche und ressourciale
Interessen. Für die USA ist der Irak ein weiterer Meilenstein im sog.
"Krieg gegen den Terror", der sich schon im Fall Afghanistans als eine
Sicherung strategischer Interessen in der weltweit zweitwichtigsten Öl-
und Erdgasregion Zentralasien entpuppt hat. Die volle Kontrolle über die
Ölreserven des Nahen Ostens zu erlangen, scheint das eigentliche Ziel
der US-Administration zu sein. Hierin dürften auch die wahren
Interessenskonflikte mit Deutschland und den EU-Staaten (ausgenommen
Großbritannien) begründet sein.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag ruft die Bundesregierung dazu auf,
dem Druck der USA und Großbritanniens standzuhalten und sich in der
Kriegsfrage am erklärten Willen der großen Mehrheit der Bevölkerung zu
orientieren. In den letzten Wochen sind von verschiedenen
Friedensorganisationen etwa 100.000 Unterschriften gegen den US-Krieg
gesammelt worden. Eine solche Haltung muss aber auch praktische
Konsequenzen haben: Die Bundesregierung muss die Fuchs-Panzer aus Kuwait
abziehen und die Flotte aus der Golfregion zurückrufen. Darüber hinaus
muss sie den USA unmissverständlich klar machen, dass sie keine Nutzung
der US-Stützpunkte in Deutschland und des deutschen Luftraums für
Kriegsoperationen zulassen werde, die gegen das Völkerrecht und das
Grundgesetz verstoßen.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag wird zusammen mit anderen
Friedensorganisationen in ihren Aktivitäten gegen den drohenden
Irakkrieg nicht nachlassen. Wir treten dafür ein, die bundesweite "Achse
des Friedens", die bereits anlässlich des Bush-Besuchs in Berlin zu
Massenprotesten aufrief, neu zu beleben und koordinierte dezentrale und
zentrale Aktionen der Friedensbewegung zu initiieren.
F.d. Bundesausschuss Friedensratschlag:
Dr. Peter Strutynski (Sprecher)
Kassel, den 18. September 2002
Friedensorganisationen begrüßen Irak - Reise von
'menschlichen Schutzschilden' und fordern diplomatische
Lösung
Minden, den 19.9.2002
Am heutigen 19. September reist eine gemischte Gruppe von
US-BürgerInnen und EngländerInnen nach Irak, um dort mit ihrer
Anwesenheit gegen einen immer noch drohenden US-Militärschlag zu
demonstrieren. Durch die Präsenz an öffentlichen Plätzen als
'menschliche Schutzschilde' wollen sie den Kriegstreibern
signalisieren, "wir wollen das Leben der Irakischen Bevölkerung
schützen und einen neuen Irak-Krieg verhindern". Weitere Reisen sind
für Anfang Oktober geplant.
Einer der britischen Freiwilligen, Matt Barr, 21 Jahre, Student
in Chichester in West Sussex: "Ich glaube an die Einzigartigkeit des
menschlichen Lebens. Die letzten fünf Jahre habe ich mich mit dem
Studium der Menschenrechte beschäftigt. Wenn es einen größeren
Angriff auf den Irak geben wird, dann sind es wieder die
unschuldigen Zivilisten, die darunter leiden werden. Das ist etwas,
was ich nicht aushalten und geschehen lassen kann."
Angehörige der Reisegruppe, die koordiniert wird von der
amerikanischen NGO "Voices in the wilderness", 1460 West Carmen Ave,
IL 60640, Chicago, 001-773-784-8065, info@igc.apc.org,
www.iraqpeaceteam.org, die seit vielen Jahren regelmäßig Medikamente
und Hilfsgüter in den Irak gebracht hat, stehen in enger Verbindung
mit dem Bund für Soziale Verteidigung (BSV) und dem deutschen Zweig
des Internationalen Versöhnungsbundes (VB), beide ansässig in
Minden. Beide Organisationen begrüßen ausdrücklich diese Art der
Friedensarbeit und rufen dazu auf, dass sich deutsche BürgerInnen an
diesen Aktionen beteiligen. Interessierte können sich entweder
direkt an die oben angegebene Adresse in den USA oder an den Bund
für Soziale Verteidigung wenden.
Die Vertreter der beiden deutschen Friedensorganisationen Peter
Betz (BSV) und Clemens Ronnefeld (VB) betonen, dass nach dem
Einlenken der irakischen Führung nun den UN-Inspektoren eine Chance
gegeben werden müsse, wobei gleichzeitig der angloamerikanische
Truppenaufmarsch beendet werden müsste.
Ansprechpartner:
Bund für Soziale Verteidigung
Peter Betz, Geschäftsführer
Ansprechpartner:
Deutscher Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes
Clemens Ronnefeldt, Referent für Friedensfragen
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