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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

1. bis 15. Oktober 2004

Freitag, 1. Oktober, bis Sonntag, 3. Oktober
  • Irakische und US-Truppen sind nach amerikanischen Angaben in der Nacht zum 1. Oktober in das Zentrum der Stadt Samarra vorgedrungen und haben das Rathaus gestürmt. Zudem seien Polizeiposten in der Widerstandshochburg rund 125 Kilometer nördlich von Bagdad wieder unter Kontrolle gebracht worden, hieß es in einer Erklärung der US-Armee.
    Bei den nächtlichen Kämpfen in Samarra sind mindestens 20 Menschen getötet worden. 35 weitere seien verletzt worden, als sich irakische und US-Truppen Gefechte mit Aufständischen in der Rebellenstadt rund 125 Kilometer nördlich von Bagdad lieferten, erklärten der Polizeichef und das örtliche Krankenhaus am Morgen des 1. Oktober.
  • Bei einem Rettungsversuch für die beiden vor eineinhalb Monaten im Irak verschleppten französischen Journalisten sind offenbar sechs Menschen getötet worden. Ein Konvoi mit den Geiseln Georges Malbrunot und Christian Chesnot sei auf dem Weg nach Syrien von US-Soldaten beschossen worden. Das teilte der französische Abgeordnete Didier Julia am 1. Okt. in der syrischen Hauptstadt Damaskus mit. Die Entführten seien nicht verletzt worden. Er ließ offen, ob der Konvoi seinen Weg nach Damaskus habe fortsetzen können. Die US-Armee wies die Angaben als falsch zurück.
    Der französische Präsident Jacques Chirac hat sich besorgt gezeigt über den Einsatz des selbst ernannten Vermittlers zur Freilassung der zwei französischen Geiseln im Irak. Chirac hoffe, dass die Initiative des Abgeordneten Didier Julia der Regierungspartei UMP "nicht negativ" verlaufe, verlautete am 2. Okt. aus dem Umfeld des Präsidenten. Er sei "beunruhigt über die Einmischung in einen heiklen Vorgang", hieß es weiter.
  • Rund 100.000 irakische Kurden haben am 2. Oktober in Suleimanija für die nationale Einheit ihrer Volksgruppe demonstriert. Vor dem Gebäude der Provinzregierung forderten sie die Integration von Kirkuk in die autonome Kurdenregion. Die Demonstranten verlangten eine Volksabstimmung über die Zukunft der Kurden im Irak. Außerdem forderten sie die Vereinigung der beiden größten kurdischen Parteien im Norden des Landes.
  • Eine Autobombe ist am 2. Okt. in der Nähe eines US-Konvois 25 Kilometer westlich von Falludscha explodiert. Wie Augenzeugen berichteten, fuhr der aus fünf Fahrzeugen bestehende Konvoi auf der Autobahn Bagdad-Amman, als ein Selbstmordattentäter auf die Kolonne zuraste und sich selbst in die Luft sprengte. Die Augenzeugen sprachen auch von Opfern unter den US- Soldaten.
  • Gefechte in den irakischen Widerstandshochburgen und Angriffe der US-Luftwaffe haben am 1. und 2. Oktober weit über 100 Menschen das Leben gekostet. Allein bei einer Großoffensive amerikanischer und irakischer Truppen in der Stadt Samarra wurden nach Militärangaben vom 2. Oktober (abends) 125 "Aufständische" getötet. Anwohner erklärten dagegen, unter den Toten seien zahlreiche Frauen und Kinder. In Falludscha wurden bei mehreren Bombenangriffen nach Krankenhausangaben elf Zivilisten getötet. Auch im Bagdader Stadtteil Sadr kam es erneut zu Gefechten.
  • In Samarra begann die Bevölkerung am 3. Oktober mit der Beisetzung der Opfer der am 1. Oktober begonnenen Offensive, die auch einen US-Soldaten das Leben kostete. Irakische und amerikanische Soldaten durchsuchten zahlreiche Häuser nach Aufständischen und Waffen. Zuvor waren nach US-Angaben bereits 88 Verdächtige festgenommen worden.
    Die US-Luftwaffe hat zum dritten Mal innerhalb von 24 Stunden Ziele in der irakischen Widerstandshochburg Falludscha bombardiert. Bei einem Angriff auf ein Gebäude in einem Vorort der Stadt sei vermutlich eine "große Zahl" Aufständischer getötet worden, teilte die US-Armee am 3. Oktober mit. In dem bei dem Angriff stark beschädigten Gebäude seien offenbar Munition und Waffen gelagert worden. Darauf ließen kleinere Explosionen nach dem Beschuss durch US-Flugzeuge schließen.
    Eine "große Zahl" Aufständischer sei vermutlich bei einem Angriff auf ein Gebäude in einem Vorort Falludschas getötet worden, teilte die US-Armee mit. Zehn bis 15 Rebellen mit mutmaßlichen Verbindungen zu Sarkawi hätten sich in dem Versteck aufgehalten. Krankenhausmitarbeitern zufolge waren bei einem vorhergehenden Angriff sieben Menschen getötet und weitere 13 verletzt worden. Unter den Opfern seien auch Frauen und Kinder. Die US-Armee bezweifelte die Angaben.
    Bei Gefechten im Bagdader Stadtteil Sadr wurden am 2. Oktober Krankenhausärzten zufolge zwölf Iraker getötet und elf verletzt. Die US-Streitkräfte berichteten von einem getöteten Rebellen. Zwei amerikanische Soldaten wurden verletzt, als unter ihrem Schützenpanzer eine Bombe explodierte. Bei Bombenanschlägen auf zwei Militärkonvois nahe Falludscha und Mossul wurden drei weitere Soldaten verwundet.
  • Südlich von Bagdad wurden am 3. Oktober die Leichen eines enthaupteten Mannes und einer per Kopfschuss getöteten Frau entdeckt. Die Herkunft der beiden Toten war zunächst unklar. Im Internet waren am Abend zuvor Videoaufnahmen einer Enthauptung veröffentlicht worden. Das Opfer war nach Angaben der Ansar-al-Sunna-Armee ein Iraker. Zudem strahlte der Sender Al Arabija ein Video aus, in dem Extremisten mit der Ermordung eines Jordaniers drohen.
  • Italien wird seine Truppen möglicherweise nach der Wahl im Januar aus dem Irak abziehen. Wenn eine repräsentative Regierung im Amt sei, gebe es keine Notwendigkeit mehr für die Präsenz ausländischer Soldaten, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Gianfranco Fini am 2.Oktober.
  • Unterdessen übernahm Südkorea die Verantwortung für die Sicherheit in der nordöstlichen Provinz Erbil. Dort sind 2.500 südkoreanische Militärangehörige stationiert, die meisten Ingenieure oder Sanitäter.
  • Deutsche Firmen haben einem Zeitungsbericht zufolge durch den Export von Waffen, Munition, Rüstungsmaterial und Gütern, die sowohl zivil als auch militärisch nutzbar sind, vom Krieg im Irak profitiert. Dies gehe aus der "Übersicht über erteilte Ausfuhrgenehmigungen" des Bundeswirtschaftsministeriums für das Jahr 2003 hervor, meldete der "Tagesspiegel" am 3. Oktober. Die Summe der Ausfuhren von Kriegsmaterial und von so genannten Dual-Use-Gütern an die Teilnehmer der Irak-Kriegs-Koalition lag demnach 2003 mit rund 1,792 Milliarden Euro höher als im Vorjahr mit rund 1,619 Milliarden Euro.
  • Die Grünen erteilen Rüstungsexporten in den Irak eine entschiedene Absage. Auf ihrem Parteitag in Kiel stellten sich die Delegierten in einem mit 167 Ja-Stimmen bei 130 Nein-Stimmen verabschiedeten Beschluss gegen die Entscheidung des Bundessicherheitskabinetts zur Lieferung von 20 "Fuchs"-Transportpanzern in den Irak. Dieser Lieferung stimme die Partei nicht zu, heißt es in dem Beschluss. Die Bundestagsfraktion der Grünen und ihre Regierungsmitglieder forderte der Parteitag auf, "jeden Export von Rüstungsgütern in den Irak zu verhindern". Grünen-Fraktionsvize Winfried Nachtwei hatte zuvor in der Debatte vergeblich dafür geworben, den Antrag abzulehnen. Unter Verweis auf das auch deutsche Interesse an einer Stabilisierung des Irak betonte er, dass die gepanzerten "Fuchs"-Transporter den noch schwachen Sicherheitsorganen des Landes auch einen Überlebensschutz böten und zudem nicht etwa zu Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden dürften. Die Lieferung sei keineswegs ein "Türöffner" für umfassende Rüstungsexporte in den Irak.
Montag, 4. Oktober, bis Sonntag, 10. Oktober
  • Bei neuen US-Luftangriffen in der irakischen Widerstandshochburg Falludscha sind am Morgen des 4. Okt. nach Krankenhausangaben neun Menschen ums Leben gekommen. Unter den Toten seien drei Frauen und zwei Kinder, sagte ein Arzt. 14 weitere Menschen seien verletzt worden. Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete von zwei getroffenen Häusern im Zentrum. Dem Arzt zufolge wurden sieben Menschen in dem einen und zwei in dem anderen Haus getötet.
  • Bei der Explosion einer Autobombe vor einem Rekrutierungszentrum der irakischen Armee im Zentrum von Bagdad sind am 4. Okt. mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 76 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte ein Krankenhaus in der irakischen Hauptstadt mit. Der Anschlag ereignete sich nach Angaben der US-Armee nahe der besonders gesicherten so genannten Grünen Zone, in der irakische Regerungsgebäude und die US-Botschaft untergebracht sind. Es seien keine US-Bürger unter den Opfern.
  • Bei einem zweiten Autobombenanschlag im Zentrum von Bagdad ist am 4. Okt. ein Mensch getötet worden. Zwölf weitere Menschen seien verletzt worden, teilten Ärzte in der irakischen Hauptstadt mit.
  • Bei der Exlosion einer dritten Autobombe sind im Irak am 4. Okt. drei weitere Menschen getötet worden. Der Sprengsatz explodierte offenbar früher als geplant in einem südlichen Viertel der nordirakischen Stadt Mossul, wie ein Arzt am städtischen Krankenhaus mitteilte. Neun Menschen seien dabei verletzt worden.
  • Polen will seine Truppen bis Ende kommendes Jahres aus dem Irak abziehen. "Das endgültige Datum für einen Abzug sollte das Auslaufen der Resolution (1546) des UN-Sicherheitsrates sein", sagte Verteidigungsminister Jerzy Szmajdzinski am 4.Okt. im staatlichen polnischen Rundfunk. Die Resolution läuft Ende 2005 aus. "Ich hoffe, dass die Situation im Irak es uns erlaubt, unseren Rückzugsplan umzusetzen", sagte Smajdzinski. "Wir haben nicht so eine große Armee wie die USA oder Großbritannien, die unbegrenzte Möglichkeiten bietet." Es war das erste Mal, dass ein polnisches Regierunsgmitglied ein klares Datum für einen Abzug nannte. Bislang hatte Warschau gesagt, die Truppen sollten im kommenden Jahr reduziert werden.
  • Extremisten haben im Irak nach eigenen Angaben zwei Geiseln getötet. Der Nachrichtenagentur AFP wurde am 4. Okt. in Bagdad ein Video mit Datum vom 2. Oktober zugespielt, in dem gezeigt wird, wie zwei Männer mit verbundenen Augen erschossen werden. Fünf maskierte Entführer, die sich "Gotteskrieger" nennen, verlesen eine Erklärung, in der sie ihren Geiseln vorwerfen, "für die israelischen, iranischen und türkischen Geheimdienste" gearbeitet zu haben. Bei den beiden Opfern handelt es sich demnach um den 44-jährigen Italiener irakischer Herkunft, Ajad Anuar Wali, und einen 33-jährigen Türken
    Zwei verschleppte indonesische Frauen wurden dagegen von ihren Entführern freigelassen und der Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate in Bagdad übergeben, wie ein VAE-Diplomat am 4. Okt. mitteilte.
  • Der ehemalige Leiter der UN-Waffeninspektoren, Hans Blix, hat den US-geführten Krieg gegen den Irak erneut kritisiert. "Es ist offensichtlich, dass die Besatzung des Irak den Terrorismus angeregt hat", sagte Blix am 4.Okt. bei der Eröffnung einer dreitägigen Sicherheitskonferenz im schweizerischen Montreux. Eine "ungesetzliche" militärische Antwort ziehe auch in anderen Fällen als dem Einsatz im Irak weitere Terrorakte nach sich und drohe Terroristen Zulauf zu verschaffen. Für den Kampf gegen den Terrorismus im Nahen Osten sei nichts wichtiger, als den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern zu lösen, betonte der Schwede. "Mit militärischen Mitteln gegen Terroristen vorzugehen, ist wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen."
  • Statistik:
    Die US-Streitkräfte haben vorigen Monat die höchsten Verluste im Irak seit Mai erlitten. Wie aus einer aktuellen Zählung des Verteidigungsministeriums in Washington hervorgeht, verloren im September 80 US-Soldaten ihr Leben. Dies ist dieselbe Zahl wie im Mai. Die höchsten Verluste in diesem Jahr gab es im April mit 135 getöteten amerikanischen Soldaten. Bis zum 4. Okt. kamen nach Angaben des Pentagons seit Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 insgesamt 1.058 Militärangehörige ums Leben, darunter drei zivile Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums. 917 der Opfer haben die USA nach dem 1. Mai 2003 zu beklagen, als Präsident George W. Bush die Hauptkämpfe für beendet erklärte.
  • Zehn hauptsächlich islamistisch orientierte Widerstandsgruppen im Irak haben nach arabischen Medienberichten ihren Zusammenschluss erklärt. Das so genannte "Vereinigte Mudschahedin-Kommando" habe mit Anschlägen auf die Öl-Infrastruktur des Landes sowie auf wichtige Verkehrsverbindungen gedroht, wenn sich das US-Militär nicht aus irakischen Städten wie Falluja und Samarra zurückzieht, hieß es in den Berichten in der Nacht zum 4. Okt. unter Hinweis auf eine bereits am Samstag im Internet veröffentlichte Botschaft. Dem Bündnis gehören auch Gruppen an, die sich aus ehemaligen Angehörigen der Sicherheitskräfte des gestürzten Diktators Saddam Hussein rekrutierten. Die Mehrheit der Organisationen weist aber einen stark islamistischen Hintergrund auf. Das US-Militär habe bis zum 9.Oktober Zeit, die Forderung zu erfüllen, hieß es in der Botschaft. Bei Nichterfüllung habe die irakische Übergangsregierung "alle Konsequenzen" zu tragen. Die kuwaitische Tageszeitung "Al-Rai al-Aam" zitierte in ihrer Ausgabe vom 4. Okt. Quellen mit engen Verbindungen zum irakischen Widerstand, denen zufolge der Zusammenschluss der zehn Gruppen auf Auffassungsunterschiede mit Zarqawi zurückgehe. Diese Gruppen lehnten das "Sektierertum" des Jordaniers Abu Mussab al-Zarqawi ab.
  • Die US-Armee hat vier Soldaten wegen Mordes an einem irakischen General angeklagt. Die Männer sollen im November vergangenen Jahres den 57-jährigen General Abed Hamed Mowhoush bei einem Verhör im irakischen Kaim erstickt haben, sagte eine Sprecherin der US-Armee am 4. Okt. in Fort Carson im US-Bundesstaat Colorado. Ihnen wird außerdem Vernachlässigung ihrer Dienstpflichten vorgeworfen. Bei einer Verurteilung droht den Angehörigen des 3. gepanzerten Kavallerieregiments lebenslange Haft.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat abweichend von früheren Äußerungen bestritten, im Vorfeld des Irak-Kriegs von nachweisbaren Verbindungen zwischen dem damaligen irakischen Machthaber Saddam Hussein und dem Terrornetzwerk El Kaida ausgegangen zu sein. "So viel ich weiß, habe ich keine starken, harten Beweise für eine Verbindung zwischen beiden gesehen", sagte Rumsfeld bei einer Diskussionsveranstaltung am 4. Okt. in New York. Ihm hätten damals Berichte des Geheimdiensts CIA vorgelegen, in dem einzelne Treffen zwischen irakischen Regierungsvertretern und El-Kaida-Repräsentanten dokumentiert worden seien, sagte Rumsfeld. "Dies war möglicherweise nicht repräsentativ für eine harte Verbindung", räumte der Minister bei seinem Auftritt vor dem regierungsunabhängigen Council on Foreign Relations in New York ein. Im September 2002 hatte Rumsfeld Informationen über Verbindungen zwischen Bagdad und El Kaida noch als "glaubwürdig" bezeichnet. So hätten El-Kaida-Vertreter im Irak Möglichkeiten zum Erwerb von Massenvernichtungswaffen sondiert und mit der Regierung über Rückzugsmöglichkeiten für Terroristen im Irak gesprochen.
    US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat seine Aufsehen erregende Äußerung zu korrigieren versucht, es gebe keine "starken, harten Beweise" für eine Verbindung des früheren irakischen Machthabers Saddam Hussein zum Terrornetzwerk El Kaida. Er sei mit dieser Äußerung bei einer Veranstaltung des Rats für Auswärtige Beziehungen am 4. Okt. "leider missverstanden" worden, betonte der Pentagon-Chef einige Stunden nach diesem Auftritt in einer in Washington veröffentlichten Erklärung.
  • Der frühere US-Zivilverwalter in Bagdad, Paul Bremer, hat die Politik Washingtons im Irak kritisiert. Es seien "niemals" genügend US-Soldaten im Irak gewesen, um das Land zu kontrollieren, sagte Bremer am 4. Okt. vor Versicherungsvertretern in White Sulphur Springs im Bundesstaat West Virginia. "Wir hatten nie genug Soldaten am Boden." Er widersprach damit Präsident George W. Bush und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, die versicherten hatten, die Armee im Irak würde bekommen, was sie benötige.
  • Der spanische Verteidigungsminister José Bono hat Äußerungen über eine mögliche Rückkehr der spanischen Truppen in den Irak zurückgezogen. "Spanien ist keinesfalls bereit, Soldaten in den Irak zu entsenden", stellte Bono am 5. Okt. in einem Interview mit dem Radiosender Cope klar. Am Vorabend hatte der Verteidigungsminister dem Fernsehsender Telecinco gesagt, Spanien würde eine Rückkehr seiner Truppen in den Irak in Erwägung ziehen, wenn die Vereinten Nationen Madrid um eine Sicherung der Wahk im Januar bitten würden. Er habe sich missverständlich ausgedrückt, sagte Bono. Wörtlich hatte der Verteidigungsminister in dem Fernsehinterview am 4. Okt. gesagt: "Wenn die UN uns bitten würden, die Wahl zu sichern, wie in Afghanistan, würden wir das erwägen und die Frage ins Parlament einbringen."
  • Bei einem Bombenanschlag auf einen US-Armeekonvoi ist in der Nacht zum 5. Okt. ein Soldat ums Leben gekommen. Zwei weitere US-Soldaten seien verletzt worden, als ein Sprengsatz am Straßenrand explodierte, hieß es in einer in Bagdad veröffentlichten Erklärung der Streitkräfte. Die Verletzten würden im Krankenhaus behandelt. Nach der Statistik des US-Verteidigungsministeriums starben im Irak damit insgesamt 1.056 US-Soldaten seit Kriegsbeginn im vergangenen Jahr.
  • Im irakischen Mossul haben sich am 5. Okt. zwei Attentäter mit ihrem Fahrzeug in die Luft gesprengt. Ihr Ziel war ein US-Konvoi, sie trafen aber ein ziviles Auto, in dem drei Iraker getötet wurden. Auch in Bagdad gab es wieder mehrere Explosionen. Augenzeugen sprechen von Einschlägen nahe des Erdöl- und des Wissenschaftsministeriums. Ob es Tote oder Verletzte gegeben hat, ist noch nicht bekannt.
  • Papst Johannes Paul II. hat am 5. Okt. die vor kurzem aus irakischer Geiselhaft frei gekommenen Italienerinnen Simona Pari und Simona Torretta empfangen. "Gott sei Dank sind Sie gerettet worden", sagte das 84-jährige Oberhaupt der katholischen Kirche zu den beiden 29-Jährigen bei einer kurzen Privataudienz, an der nur die Familien der Frauen und ein römischer Bischof teilnehmen durften.
  • Angesichts der verwirrenden Äußerungen von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat das Weiße Haus seine Position bekräftigt, dass es "Verbindungen" zwischen dem früheren irakischen Machthaber Saddam Hussein und dem Terrornetzwerk El Kaida gegeben habe. Zwischen Saddam Hussein und El Kaida habe es "Kontakte auf dem Niveau hoher Verantwortlicher gegeben", sagte Präsidentensprecher Scott McClellan am 5.Okt. in Washington. Dies werde durch den Untersuchungsbericht der Kommission zu den Anschlägen vom 11. September 2001 bestätigt.
  • Die US-geführten Truppen und ihre irakischen Verbündeten haben am 5. Okt. südlich von Bagdad eine neue Offensive gestartet. Mehr als 3.000 Soldaten und irakische Sicherheitskräfte nähmen an dem Einsatz in der Provinz Babil teil, teilte die US-Armee mit. 30 Verdächtige seien festgenommen worden. Zur Anzahl möglicher Opfer wurden keine Angaben gemacht. Zu der zentralirakischen Provinz Babil gehören die hauptsächlich von Schiiten bewohnte Stadt Hilla sowie mehrere sunnitische Städte südlich von Bagdad, die als Rebellenhochburgen gelten. (AFP)
    Und AP berichtete: Mehr als 3.000 amerikanische und irakische Soldaten haben bei einer gemeinsamen Militäraktion südlich von Bagdad ein mutmaßliches Ausbildungslager von Aufständischen besetzt und mehr als 160 Rebellen gefangen genommen. Das teilten die US-Streitkräfte am 5. Okt. mit. Der Mitteilung zufolge nahmen die Soldaten auch eine Brücke über den Euphrat ein, die von Aufständischen genutzt wurde, um etwa nach Bagdad oder Falludscha zu gelangen. Ziel der Aktion sei es gewesen, die irakischen Behörden in ihrem Bemühen um Sicherheit und Stabilität in der südlich von Bagdad gelegenen Provinz Babil zu unterstützen.
  • Bei einem Angriff auf einen Kleinbus mit kurdischen Kämpfern sind im Zentralirak drei Milizionäre und der Fahrer getötet worden. Unbekannte hätten am Abend des 5. Okt. westlich von Baakuba aus einem Auto heraus das Feuer auf das Fahrzeug eröffnet, teilte ein Behördenvertreter der Region Saadia mit. Fünf Milizionäre der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) von Dschalal Talabani seien bei dem Angriff verletzt worden. Die Kämpfer seien unterwegs gewesen von Saadia, östlich von Baakuba, in die nordirakische Stadt Suleimanijah. In der Region von Saadia in der Provinz Dijala leben viele Kurden. Sicherheitskräfte der PUK kontrollieren die Region um Suleimanijah.
  • Die radikalen Schiiten im Bagdader Stadtteil Sadr City haben sich mit der Übergangsregierung auf eine Waffenruhe verständigt, meldete AP. Die am 5. Okt. signierte Vereinbarung soll die wochenlangen Kämpfe beenden, wie einer der Unterzeichner am 6. Okt. mitteilte. Die Anhänger des radikalen Predigers Muktada al Sadr verpflichten sich in dem Abkommen, ihre Waffen abzugeben. Im Gegenzug erhielten sie Geld und eine weit reichende Zusicherung von Straffreiheit, sagte der schiitische Stammesführer Karim al Bachatti. AFP sprach dagegen davon, dass es noch keine Vereinbarung, sondern nur "Fortschritte" bei Verhandlungen gegeben habe.
  • US-Kampfflugzeuge haben am 6. Okt. erneut Angriffe auf die irakische Stadt Falludscha geflogen. In einer Erklärung des US-Militärs hieß es, glaubwürdige Geheimdienstinformationen hätten bestätigt, dass sich in einem angegriffenen Haus führende Köpfe der Gruppe um Sarkawi aufhielten.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in der irakischen Stadt Ana westlich von Bagdad sind am 6. Okt. mindestens 20 Rekruten der Nationalgarde getötet worden. 24 Menschen seien verletzt worden, als eine Autobombe detonierte, teilte die irakische Polizei mit.
  • Bei einer Bombenexplosion in der südirakischen Stadt Basra sind am 6. Okt. ein Zivilist getötet und zehn weitere Menschen verletzt worden. Ein selbst gebauter Sprengsatz explodierte am Morgen auf der Kaddisijah-Brücke im Norden der Stadt, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Unter den Verletzten seien vier Polizisten.
  • Der Irak ist nach Einschätzung von US-Waffeninspektoren zu Beginn des Irak-Krieges nicht im Besitz von Massenvernichtungswaffen gewesen. Darüber hinaus habe die irakische Führung auch keine konkreten Pläne für die Produktion von ABC-Waffen gehabt, zitierte die "Washington Post" am 6. Okt. aus einem Bericht des obersten US-Waffeninspektors Charles Duelfer. Der frühere irakische Machthaber Saddam Hussein habe solche Waffen produzieren wollen, jedoch nicht über die Mittel dafür verfügt.
    Im Bericht haben US-Beamte schwere Vorwürfe gegen die Vereinten Nationen sowie russische und französische Politiker erhoben. Chefinspektor Charles Duelfer bekräftigte, Vertreter der UN sowie ausländischer Regierungen hätten sich bis 2003 vom Regime Saddam Husseins bestechen lassen. Der Verdacht groß angelegter Korruption im Zusammenhang mit dem UN-Programm Öl für Lebensmittel, der seit April von einer unabhängigen Kommission untersucht wird, erhält damit neue Nahrung. Namentlich belastet Duelfer unter anderem den Leiter des mittlerweile eingestellten Programms, Benon Sevan, den früheren französischen Innenminister Charles Pasqua und die scheidende indonesische Präsidentin Megawati Sukarnoputri. Auch der ultranationalistische russische Politiker Wladimir Schirinowski habe auf der Empfängerliste der irakischen Regierung gestanden, die Saddam Hussein persönlich kontrolliert habe. Die Bestechungszahlungen seien in Form von Gutscheinen für irakisches Öl geleistet worden, schreibt Duelfer. Durch die Korrumpierung von UN-Beamten habe das irakische Regime die Auflagen des Öl-für-Nahrungsmittel-Programms, das nur einen begrenzten Ölverkauf zur Versorgung der Bevölkerung erlaubte, unterlaufen. So habe Bagdad höhere Einnahmen erzielen und diese zum Import von Gütern nutzen können, die eigentlich den UN-Sanktionen unterlagen, etwa Bauteile für Raketen. Der Bericht schätzt die auf diese Weise erzielten Einkünfte des irakischen Regimes für den Zeitraum von 1990 bis 2003 auf 10,9 Milliarden US-Dollar (8,9 Milliarden Euro).
    Neben UN-Vertretern habe Saddam Hussein auch ausländische Politiker bestochen, besonders Vertreter von Staaten, die im Weltsicherheitsrat saßen. Die Empfängerliste wurde Duelfer zufolge von Russen, Franzosen und Chinesen dominiert, daneben fänden sich aber auch Mitglieder zahlreicherer anderer Regierungen sowie politische Parteien und ausländische Unternehmen.
    Die irakische Regierung unter dem ehemaligen Staatspräsidenten Saddam Hussein soll Politiker aus Frankreich, Russland und anderen Ländern bestochen haben, um die gegen das Land verhängten UN-Sanktionen zu lockern. Vor allem auf französische und russische Persönlichkeiten habe sich das Land konzentriert, da die beiden Länder über einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat verfügen, heißt es außerdem in dem Bericht von Charles Duelfer. Als Quelle wird dabei der ehemalige irakische Vize-Regierungschef und Außenminister Tarek Asis genannt.
  • Ungeachtet des Duelfer-Berichts verteidigte US-Präsident George W. Bush erneut seine Entscheidung zum Angriff auf den Irak. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hätten die USA alle Orte aufspüren müssen, an denen sich Terroristen Massenvernichtungswaffen hätten beschaffen können, sagte Bush am 6. Okt. bei einem Wahlkampfauftritt in Wilkes-Barre im Bundesstaat Pennsylvania. "Ein Regime ragte heraus. Die Diktatur von Saddam Hussein." Es habe eine "echte Gefahr" gegeben, dass der damalige irakische Präsident "Waffen oder Material oder Informationen" an "terroristische Netzwerke" weitergebe. "Dieses Risiko konnten wir nicht eingehen."
  • Frankreichs Präsident Jacques Chirac ist nach Informationen zweier französischer Journalisten in der Krisenzeit vor dem Irak-Krieg von US-Geheimdienstlern abgehört worden. Die Telefonüberwachung habe zur Zerrüttung des Verhältnisses zwischen Chirac und US-Präsident George W. Bush beigetragen, heißt es in dem Buch "Chirac contre Bush - l'autre guerre" ("Chirac gegen Bush - der andere Krieg"), das am 6. Okt. in Paris veröffentlicht wurde.
  • Die US-Armee hat am 6. Okt. eigenen Angaben zufolge den Kontakt zu einer von zwei über Bagdad fliegenden Drohnen verloren. Eines der beiden unbemannten Militärflugzeuge über der Haifa-Straße habe zuletzt gegen 15.00 Uhr (Ortszeit) ein Signal abgegeben, sagte ein Militäsprecher. Was danach geschehen sei, sei unklar.
  • Das US-Militär und irakische Sicherheitskräfte haben am 7. Okt. ihre Offensive südlich von Bagdad fortgesetzt. Bei Gefechten in Hilla kamen nach Krankenhausangaben sechs Zivilisten ums Leben. Rund 1.600 amerikanische und irakische Soldaten rückten ein. Sie suchen nach Aufständischen.
  • Zwei US-Soldaten starben bei zwei Anschlägen:
    Bei einem Bombenanschlag auf einen Transportkonvoi kam am Abend des 6. Okt. in der Nähe der Aufständischen-Hochburg Falludscha ein amerikanischer Soldat ums Leben. Zwei Soldaten wurden verletzt, wie das US-Militärkommando in Bagdad mitteilte.
    Ein weiterer Sprengsatz tötete in der Nacht zum 7. Okt. bei Bedschi, 200 Kilometer nördlich von Bagdad, einen US-Soldaten. Ein ziviler Übersetzer der angegriffenen US-Streife erlitt Verletzungen.
  • Die US-Streitkräfte haben am 7. Okt. Scheich Moajad el Chasradschi, einen Bagdader Gefolgsmann des radikalen Schiiten-Predigers Muktada el Sadr frei gelassen. Er war vor einem Jahr festgenommen worden.
  • Ein Sprengsatz ist am 7. Okt. in der südirakischen Stadt Diwanija mitten auf einem stark besuchten Markt explodiert. Mindestens sieben Menschen seien getötet, 15 weitere verletzt worden, teilte die Polizei mit. Der Anschlag habe sich gegen eine US-Streife gerichtet, habe diese aber verfehlt.
  • Nach Angaben des US-Fernsehsenders CNN schlugen am 7. Okt. zwei Raketen am Sheraton-Hotel im Zentrum Bagdads ein. CNN zeigte Bilder von Leuchtspurgeschossen im gut bewachten Gebiet zwischen dem Sheraton- und dem Palestine-Hotel. Vor dem Sheraton brach ein Feuer aus, in der Hotel-Lobby entstand Sachschaden. Ob es bei dem Zwischenfall Opfer gab, war zunächst unklar. In den Hotels sind zahlreiche ausländische Journalisten untergebracht.
  • Die US-Luftwaffe hat in der Nacht zum 8. Okt. bei einem Angriff auf die irakische Widerstandshochburg Falludscha nach Angaben von Ärzten die Gäste einer Hochzeitsfeier getroffen und mindestens zwölf Menschen getötet. 16 weitere Menschen seien verletzt worden, darunter auch die Braut, sagte ein Krankenhausarzt. Die US-Armee bestätigte den nächtlichen Luftangriff; der "Präzisionsschlag" habe einem Versteck von Anhängern des Extremistenführers Abu Mussab el Sarkawi im Nordwesten der Stadt gegolten. Ins Krankenhaus von Falludscha 50 Kilometer westlich von Bagdad wurden zehn Tote und 16 Verletzte eingeliefert, darunter neun Frauen, wie ein Arzt sagte. Zwei weitere Tote seien aus den Trümmern des bei dem Angriff zerstörten Hauses geborgen worden. Die US-Armee machte keine Angaben zu möglichen Opfern. Nach "glaubwürdigen Geheimdienstinformationen" hätten sich zum Zeitpunkt des Angriffs Führer der Sarkawi-Gruppe in dem Haus getroffen. Die Attacke habe dazu beigetragen, die "Fähigkeiten" des Sarkawi-Netzwerkes einzuschränken und die Sicherheit im ganzen Irak zu erhöhen, hieß es in einer Erklärung.
    Die US-Armee greift fast täglich mutmaßliche Rebellenverstecke in der sunnitischen Stadt Falludscha an. Sie stellt die Angriffe als Erfolg dar. Das örtliche Krankenhaus meldet jedoch häufig Opfer unter Zivilisten.
  • Bei einem gemeinsamen Einsatz südwestlich von Bagdad nahmen irakische und US-Sicherheitskräfte seit dem 5. Okt. rund 60 Verdächtige fest. Bei dem Großeinsatz entdeckten US-Soldaten zusammen mit irakischen Sicherheitskräften drei Waffenverstecke, wie die US-Armee am 8. Okt. mitteilte. Dabei seien unter anderem 250 Kilogramm Sprengstoff und fast 250 Panzerabwehrraketen und Mörsergranaten gefunden worden. Bei dem Einsatz seien vier Marineinfanteristen, drei irakische Nationalgardisten und drei Zivilisten verletzt worden. Mehr als 1.300 US-Soldaten und 800 irakische Sicherheitskräfte seien an der Militärktion um die Städte Mamudija, Latifija und Jussufija beteiligt.
  • Im nördlichen Kirkuk töteten Unbekannte bei einem Feuerüberfall einen irakischen Polizisten. Zwei weitere Beamte wurden bei dem Angriff auf eine Polizeipatrouille im Süden der Stadt verletzt, wie ein Kommandeur der Nationalgarde am 8. Okt. sagte.
  • Drei Wochen nach seiner Entführung im Irak haben die Geiselnehmer den Briten Kenneth Bigley ermordet. Die Familie habe "den sicheren Beweis" für den Tod des 62-Jährigen, sagte der jüngere Bruder des Verschleppten, Philip Bigley, dem britischen Sender Sky News am 8. Okt. Der britische Außenminister Jack Straw sprach der Familie sein Beileid aus. In einer Erklärung sprach er von einer "barbarischen Blutbad nach drei Wochen schrecklichen Leidens". Der Sender Abu Dhabi TV erklärte, er habe ein Video, das die Tötung Bigleys zeige. Die Aufnahme werde aber nicht ausgestrahlt, da der Sender nicht "Sprachrohr" extremistischer Gruppen sein wolle. Die britische Regierung habe "alles" für die Freilassung seines Bruders getan, sagte Philip Bigley. Dagegen erklärte der Bruder Paul Bigley, der britische Premierminister Tony Blair habe "Blut an den Händen". Er forderte Blair zur Beendigung des Irak-Kriegs auf.
  • In der irakischen Stadt Ramadi haben Aufständische nach Angaben der US-Armee das Büro des Roten Halbmondes gesprengt. Eine US-Militärstreife sei Zeuge geworden, wie das Gebäude der Hilfsorganisation in der Innenstadt explodiert sei, teilte die Armee am 8. Okt. mit. Vier Aufständische hätten die Zerstörung der medizinischen Einrichtung gefilmt. Als sich die Streife genähert habe, hätten die Iraker Zuflucht in einer nahegelegenen Moschee gesucht. In den vergangenen zwei Wochen hätten Aufständische in Ramadi bereits drei öffentliche Gebäude in die Luft gejagt. Ramadi liegt etwa hundert Kilometer westlich der irakischen Hauptstadt Bagdad.
  • Die Milizen des Schiitenpredigers Moktada Sadr wollen nach eigenen Angaben gegen Geld ihre Waffen niederlegen. Es sei ein entsprechendes Abkommen getroffen worden, das am 11. Okt. in Kraft trete, sagte ein schiitischer Unterhändler am 9. Okt. in Bagdad nach einem Treffen mit Vertretern der irakischen Regierung und der US-Armee. Die US-Armee habe versprochen, den Bagdader Stadtteil Sadr City nicht anzugreifen; im Gegenzug würden die Kämpfer von Sadrs Milizen von der Führung aufgefordert, ihre Angriffe auf US-Soldaten und irakische Truppen zu stoppen.
  • In der Nähe des irakischen Ölministeriums in Bagdad ist am Morgen des 10. Okt. eine Granate eingeschlagen. Dabei wurden nach Polizeiangaben mindestens vier Menschen getötet und zwei weitere verletzt. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP sah, wie eine Frau und zwei Männer am Ort des Angriffs geborgen wurden. Die Granate schlug an einer Straße nördlich des Ölministeriums einen ein Meter tiefen Krater, die Windschutzscheiben von acht Autos zerbarsten durch die Wucht der Explosion. Das schwer bewachte Ministerium im Nordosten der Hauptstadt ist immer wieder Ziel von Angriffen Aufständischer.
    Später hieß es zu dieser Meldung:
    Bei einem Autobombenanschlag in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am 10. Okt. mindestens 17 Menschen ums Leben gekommen. Der Selbstmordanschlag habe sich in unmittelbarer Nähe des Ölministeriums ereignet, teilte ein Ministeriumssprecher mit. Mindestens sieben der Opfer seien Frauen. Ein schwarzes Auto koreanischer Bauart sei in die Luft gesprengt worden, als viele Menschen unterwegs waren zur Arbeit. Zuvor war von einem Granatenangriff mit vier Todesopfern die Rede gewesen.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ist am 10. Okt. überraschend zu einem Truppenbesuch im Irak eingetroffen. Der Pentagon-Chef landete am Morgen in der westirakischen Luftwaffenbasis Assad nahe der Grenze zu Syrien, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete, der den Minister begleitete.
  • Eine schwere Explosion nahe einer Polizeischule in Bagdad hat am 10. Okt. acht Menschen das Leben gekostet. Drei weitere wurden verletzt, wie Polizisten vor Ort berichteten. Die genaue Ursache der Explosion war noch unklar, sie könnte durch eine Autobombe oder den Einschlag einer Rakete verursacht worden sein, teilte das Innenministerium mit.
  • Bei der Explosion einer Autobombe ist im Zentrum von Bagdad der Fahrer des Wagens ums Leben gekommen. Das Fahrzeug sei am 10. Okt. im Sajuna-Viertel explodiert, sagte ein Polizeisprecher. Nach Angaben der US-Armee detonierte die Autobombe am frühen Morgen beim Vorbeifahren eines Armeekonvois.
  • Die italienische Regierung hat einen Dreistufenplan zur Befriedung des Irak und für einen Truppenabzug aus dem Land vorgeschlagen. Erster Schritt als "Vorbedingung" müssten die für Januar geplanten Wahlen sein, sagte der italienische Außenminister Franco Frattini am 10. Okt. der Tageszeitung "La Repubblica". Über die nächsten Schritte müsse ein durch Wahlen legitimiertes Parlament entscheiden. In einer zweiten Etappe müsse die irakische Regierung auf mittlere Sicht einen Plan entwickeln, wie das Land schrittweise unter Kontrolle von Armee und Polizei kommen könne. So sollten die US-geführten Koalitionstruppen "Provinz für Provinz" durch Soldaten aus arabischen Staaten ersetzt werden.
  • Die Zeitung "Sunday Times" berichtete am 10. Okt., zwei der irakischen Geiselnehmer seien mit Hilfe des britischen Geheimdienstes bestochen worden. Sie hätten daraufhin Bigley am Mittwoch in ein Auto gepackt und seien mit ihm in Richtung eines unter US-Kontrolle stehenden Gebietes gefahren. Nur fünf Minuten später sei ihr Fahrzeug jedoch von weiteren Angehörigen der Geiselnehmer-Gruppe gestoppt und Bigley zurückgebracht worden. Am Donnerstag sei er ermordet worden. Das britische Außenministerium wollte die Berichte nicht kommentieren.
Montag, 11. Oktober, bis Freitag, 15. Oktober
  • Die Entwaffnung der Miliz des Predigers Moktada Sadr im Bagdader Schiitenviertel Sadr City ist am 11. Okt. schleppend angelaufen. An der Polizeistation El Nasser gab am Morgen nur ein Milizionär seine Waffen ab, wie ein AFP-Reporter berichtete. In der Polizeistation El Dschasair wurde den Kämpfern Bargeld im Austausch für ihre Waffen angeboten, wie ein US-Armeesprecher sagte. Einer Vereinbarung der irakischen Regierung mit Sadrs Miliz zufolge soll die Entwaffnung nach fünf Tagen abgeschlossen sein.
  • Bei einem Autobombenanschlag in der nordirakischen Stadt Mossul sind am 11. Okt. mindestens zwei Iraker und ein amerikanischer Soldat getötet und 27 weitere menschen, darunter neun US-Soldaten, verletzt worden. Der Anschlag richtete sich nach Krankenhausangaben gegen einen US-Armeekonvoi. Laut Polizei sprengte ein Selbstmordattentäter sein Fahrzeug neben dem US-Konvoi in die Luft. Die Explosion riss einen großen Krater in die Straße, auf dem Boden lagen Helme von US-Soldaten verstreut. Der Rechtsmediziner Achmed Abdallah Radschab sagte, die beiden Todesopfer seien von Explosionssplittern sowie von Kugeln der Soldaten getroffen worden, die nach dem Anschlag das Feuer eröffnet hätten. Auch ein Augenzeuge berichtete, die Soldaten hätten nach der Explosion geschossen.
  • Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat John Kerry hat indirekte Wahlkampfhilfe von der kenianischen Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai erhalten. Die Amerikaner sollten am 2. November "eine Entscheidung" über die Beendigung des Irak-Krieges und über die Ratifizierung des Klimaschutzprotokolls von Kyoto treffen, sagte Maathai am 11. Okt. in der UN-Vertretung in Nairobi. "Es gibt viele Amerikaner, die nicht für den Krieg sind und sich wünschen, dass dieser Krieg ein Ende findet."
  • Bei Schusswechseln zwischen Aufständischen und der US-Armee sind in der irakischen Stadt Ramadi zwei Iraker getötet worden. Drei weitere Menschen seien bei den Kämpfen verletzt worden, sagte der Krankenhausarzt Hamdi Rawi am 11. Okt. in Ramadi. Augenzeugen berichteten, dass die Soldaten in mehreren Stadtvierteln Stellung bezogen und einige Viertel umstellt hätten. Das Militär bestätigte die Angaben zunächst nicht.
    Bei Schusswechseln in der Ortschaft Hit im Westen von Ramadi wurden einem dortigen Arzt zufolge drei Iraker verletzt.
  • Im Irak ist nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Atomtechnologie verschwunden, die auch zum Bau von Atomwaffen eingesetzt werden könnte. In einem Brief an den UN-Sicherheitsrat zeigte sich IAEA-Chef Mohamed ElBaradei am 11. Okt. besorgt über die "systematische" Demontage von Geräten und Material aus dem irakischen Atomkraftwerk von Tuwaitha südlich Bagdads, die sowohl zur friedlichen Nutzung von Atomenergie wie zum Bau von Atomwaffen genutzt werden können. Auf Satellitenaufnahmen sei zu sehen, wie ganze Lager leergeräumt und Gebäude geschleift worden seien.
  • Eine radikale Gruppe mit Verbindungen zur Terrororganisation El Kaida hat im Irak angeblich einen türkischen Auftragnehmer und einen irakischen Kurden geköpft. Maher Kemal habe zugegeben, dass er mit der US-Armee im Irak zusammengearbeitet habe und sei "abgeschlachtet" worden, teilte die Gruppierung Ansar el Sunna am 11. Okt. auf einer islamistischen Internetseite mit. Auch sein irakischer Übersetzer sei getötet worden, hieß es in einer weiteren Erklärung. Ein Link auf der Website führte zu einer Filmaufnahme, auf der die Ermordungen zu sehen waren.
  • Die US-Luftwaffe hat am Morgen des 12. Okt. in der irakischen Widerstandshochburg Falludscha erneut ein mutmaßliches Versteck des jordanischen Islamistenführers Abu Mussab el Sarkawi angegriffen. Bei dem Präzisionsangriff sei ein Haus im Nordosten der Stadt, in dem Extremisten Unterschlupf gefunden hätten, zerstört worden, teilte die US-Armee am 12. Okt. mit. Zur Zahl der Opfer wurden keine Angaben gemacht. Bei US-Luftangriffen auf vermutete Verstecke Sarkawis in Falludscha starben nach Angaben irakischer Ärzte seit Juni mindestens 200 Menschen, viele von ihnen Zivilisten.
  • US-Außenminister Colin Powell hat sich nach der Präsidentschaftswahl in Afghanistan zuversichtlich über den Irak geäußert. "Ich glaube, dass das Gleiche im Irak geschehen kann", sagte er in einem am 12. Okt. ausgestrahlten Gespräch mit dem arabischsprachigen US-Fernsehsender El Hurra. "Ich glaube, dass die irakische Bevölkerung das Gleiche will wie das afghanische Volk und andere Länder: Wählen können, um über ihre Zukunft und über ihre Führung zu entscheiden." Zwar gehe er davon aus, dass die Wahlen im Irak wie geplant im Januar stattfinden würden - aber "der Aufstand" dort dürfe nicht unterschätzt werden.
  • Bei zwei US-Luftangriffen in der irakischen Stadt Falludscha sind am Morgen des 12. Okt. vier Menschen getötet worden. Sechs weitere Menschen wurden verletzt, wie der Leiter des städtischen Krankenhauses mitteilte. Bei den Opfern habe es sich um Beschäftigte eines Restaurants gehandelt. Wie ein AFP-Reporter berichtete, wurde das Lokal im Zentrum der Stadt komplett zerstört. In einer Erklärung der US-Armee hieß es, der Angriff um Mitternacht habe sich gegen ein mutmaßliches Versteck des jordanischen Islamistenführers Abu Mussab el Sarkawi gerichtet. Die Extremisten hätten von dort seit mehr als einem Jahr "Operationen" geplant. Mehrere Explosionen nach der Bombardierung deuteten darauf hin, dass in dem Gebäude Waffen gelagert worden seien.
    Vier Stunden später griff die US-Luftwaffe nach eigenen Angaben ein weiteres mutmaßliches Versteck Sarkawis im Nordosten der Stadt an. Das Haus sei bei dem "Präzisionsangriff" zerstört worden, teilte die US-Armee mit. Kämpfer Sarkawis hätten dort Entführungen und Selbstmordanschläge geplant.
  • Im Irak sind zehn entführte Türken freigelassen worden. Wie Außenminister Abdullah Gül am 12. Okt. in Ankara sagte, handelt es sich um Mitarbeiter der Baufirma Visnan. Sie seien in der türkischen Botschaft in Bagdad eingetroffen.
  • Der entmachtete und inhaftierte irakische Staatschef Saddam Hussein ist wegen eines Leistenbruchs operiert worden. Der Eingriff habe schon vor zwei Wochen im Ibn-Sina-Krankenhaus in der irakischen Hauptstadt Bagdad stattgefunden und sei "erfolgreich" verlaufen, sagte der irakische Justizminister Bachtiar Amin am 12. Okt.
  • Die britische Regierung hat formell zwei Argumente zurückgezogen, mit denen sie den Irak-Krieg gerechtfertigt hatte. In einem Brief an die Unterhausabgeordneten habe der Chef des Geheimdiensts MI6 die Behauptungen zurückgezogen, die frühere irakische Regierung habe biologische Waffen produzieren und innerhalb von 45 Minuten Massenvernichtungswaffen einsetzen können, sagte Außenminister Jack Straw am 12. Okt. in einer Parlamentsdebatte in London. Es handle sich um einen "formellen Rückzug" der Argumente.
    (Anmerkung des Chronisten: Folgt dem "Rückzug der Argumente" nun ein Rückzug der Truppen?)
  • Im Irak ist nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Technologie spurlos verschwunden, die zum Bau von Atomwaffen eingesetzt werden könnte. In einem Brief an den UN-Sicherheitsrat zeigte sich IAEA-Chef Mohammed El Baradei besorgt über die "systematische" Demontage von ganzen Gebäuden am irakischen Atomkraftwerk Tuwaitha, berichtet AFP am 12. Okt. In den Häusern seien "Dual Use"-Güter gelagert worden, die sowohl zu zivilen wie zu militärischen Zwecken benutzt werden könnten, heißt es in dem Brief. Auf Satellitenaufnahmen seien die Gebäude nicht mehr zu sehen. Die darin aufbewahrte "Dual Use"-Technik wie Elektronenschweißgeräte und Hochpräzisions-Fräsmaschinen sei nicht mehr aufzufinden. Die Geräte können laut IAEA unter anderem zum Bau so genannter schmutziger Bomben eingesetzt werden, bei denen radioaktives Material mit herkömmlichen Bestandteilen vermischt wird. Sie haben zwar nicht die Kraft einer Atombombe, können aber dennoch weite Gebiete radioaktiv verseuchen und eine tödliche Wirkung haben.
    Die US-Regierung hatte im Juli mitgeteilt, dass sie knapp zwei Tonnen aus Tuwaitha gestohlenes und wiedergefundenes radioaktives Material außer Landes geschafft habe. Damit sollte verhindern werden, dass es zum Bau schmutziger Bomben oder zum Aufbau eines militärischen Atomprogramms missbraucht wird. Laut El Baradei könnte jedoch weiteres verschwundenes Material inzwischen in die falschen Hände geraten sein.
  • Verteidigungsminister Peter Struck hat einen Bundeswehr-Einsatz im Irak auf längere Sicht nicht ausgeschlossen. "Ich schließe den Einsatz deutscher Soldaten im Irak jetzt aus. Aber generell wird keiner die Entwicklung im Land so vorhersehen können, dass er verbindliche Aussagen machen kann", wird Struck in der "Financial Times Deutschland" (Ausgabe vom 13. Okt.) zitiert. Struck begrüßte außerdem den Vorschlag des US-Präsidentschaftskandidaten John Kerry, mit einem internationalen Treffen den Wiederaufbau Iraks auf eine breitere Basis zu stellen. Die Idee sei "sehr vernünftig", sagte der SPD-Politiker den Angaben zufolge. Die Situation im Land sei "nur dadurch zu bereinigen, dass alle Beteiligten an einem Tisch zusammenkommen". Deutschland habe sich durch die geleistete Hilfe "natürlich auch zur Teilnahme" qualifiziert.
  • Mehr als 650 US-Gelehrte haben der derzeitigen Außenpolitik ihres Landes schlechte Noten verpasst. In einem offenen Brief an US-Präsident George W. Bush kritisierten sie am 12. Okt., die derzeitige Konzentration auf den Irak-Krieg sei die "törichtste" Politik seit dem Vietnamkrieg, die zudem "dem Kampf gegen extreme islamistische Terroristen schadet." Der Krieg habe die Debatte über die richtige Außen- und Sicherheitspolitik verzerrt, heißt es in dem Schreiben der parteiunabhängigen Gruppe "Gelehrte auf dem Gebiet der Sicherheit für eine vernünftige Außenpolitik" weiter: Gewicht gelegt werde auf "Spekulation statt auf Fakten", auf "Mythen statt auf nüchterne Berechnung" sowie auf "unangebrachte Prinzipienreiterei statt auf Abwägungen der nationalen Interessen".
  • Bei einem Anschlag in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind drei US-Soldaten getötet worden. Ihr Konvoi sei am Abend des 12. Okt. im Osten der Stadt mit einem Sprengsatz angegriffen worden, hieß es in einer Erklärung der US-Armee am 13. Okt. Damit stieg die Zahl der im Irak seit Beginn der Invasion getöteten US-Soldaten nach Angaben des Pentagons auf 1072.
  • Der Grünen-Sicherheitsexperte Winfried Nachtwei geht trotz der Irak-Äußerungen von Verteidigungsminister Peter Struck weiter davon aus, dass in der rot-grünen Koalition und der Bundesregierung "völliger Konsens" bestehe, keine deutschen Soldaten in den Irak zu schicken. Auch wenn unter einem möglichen demokratischen US-Präsidenten John Kerry der Druck auf Verbündete stiege, wäre eine Entsendung "nicht verantwortbar", sagte er am 12. Okt. der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Jedoch könne niemand eine seriöse Aussage zur Sicherheitspolitik des Irak in fünf Jahren machen.
    Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sagte, kurz- und mittelfristig stehe eine Entsendung nicht zur Debatte. Langfristig handele es sich um ein abstraktes Szenario. Der Unionsverteidigungsexperte Christian Schmidt (CSU) erklärte, die rot-grüne Sicherheitspolitik zeige "völlige Orientierungslosigkeit".
    Mit Empörung haben Friedensaktivisten auf die jüngsten Äußerungen von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) reagiert, der langfristig einen Einsatz deutscher Soldaten im Irak nicht mehr ausschließen wollte. Dieser Vorstoß habe Struck "zum Sicherheitsrisiko für die Bundesrepublik" werden lassen, erklärte der Bundesausschuss Friedensratschlag am 13. Okt. in Kassel. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) müsse seinen Minister zurückpfeifen, oder Struck sollte von sich aus sein Amt aufgeben. (ddp)
    Vor dem Verteidigungsministertreffen der Allianz im rumänischen Poiana Brasov am 13. Okt. bekräftigte Struck zwar das Nein der Bundesregierung. "Derzeit schließe ich das aus". Zugleich präzisierte er: "Aber sind nicht auch Zeiten denkbar, in Jahren vielleicht, in denen sich Deutschland engagieren wird? Will denn jemand auf die Dauer, auf die Ewigkeit ausschließen, dass es ein deutsches Engagement im Irak gibt?" Auf die Frage, ob ein Sieg des demokratischen Herausforderers John Kerry bei den Wahlen im November gegen US-Präsident George W. Bush Einfluss auf die deutsche Position haben könnte, sagte Struck: "Das wird unsere Ablehnung eines Einsatzes deutscher Soldaten nicht ändern."
    Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) schließt einen Schwenk in der Irak-Politik der Bundsregierung kategorisch aus. "Es wird keine deutschen Soldaten im Irak geben", versicherte Schröder nach Angaben eines Regierungssprechers am 13. Okt. in Berlin. Schröder habe in der Sitzung des Kabinetts betont, die klare Haltung habe "heute Bestand und sie gilt für die Zukunft". Deutschland sei lediglich bereit, Hilfen bei der Ausbildung der irakischen Armee in einem Drittland zu leisten.
  • US-Truppen und ihre Verbündeten im Irak haben nach Informationen des US-Fernsehsenders CNN zwei Mal vergeblich versucht, die am 16. September in Bagdad verschleppten US-Bürger Eugene Armstrong und Jack Hensley sowie den Briten Kenneth Bigley zu befreien. Wie der Sender unter Berufung auf einen ungenannten Regierungsvertreter am 13. Okt. berichtete, fanden die Befreiungsversuche jeweils in Bagdad statt. In beiden Fällen hätten die Soldaten bei ihrem Eintreffen vor den vermeintlichen Verstecken der Geiseln niemanden mehr angetroffen.
  • Der US-Sonderbeauftragte für irakische Schulden, James Baker, befindet sich wegen seiner geschäftlichen Verbindungen einem britischen Pressebericht zufolge möglicherweise in einem Interessenskonflikt mit seinem Amt. Der frühere US-Außenminister sei mit 180 Millionen Dollar (150 Millionen Euro) an der Unternehmensgruppe Carlyle beteiligt, die im Auftrage Kuwaits 27 Milliarden Dollar (22 Milliarden Euro) von der irakischen Regierung eintreiben solle, berichtete die britische Tageszeitung "The Guardian" am 13. Okt. Die Carlyle Group behaupte allerdings, dass Baker nicht persönlich von dem Auftrag profitiere. Der Zeitung zufolge rechnet das Konsortium gleichwohl mit Millioneneinnahmen durch Gebühren und Kommissionen.
  • Wenige Tage vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan sind amerikanische Soldaten von Bagdad bis zur syrischen Grenze in die Offensive gegen sunnitische Aufständische gegangen. Am 13. Okt. rückten sie wieder in Zentren des Widerstands in Ramadi und Bakuba ein, berichteten Anwohner und Militärsprecher. Sunnitische Geistliche kritisierten scharf, dass auch mehrere Moscheen unter Beschuss genommen worden seien. Das US-Oberkommando erklärte, Aufständische hätten von dort das Feuer eröffnet. US-Soldaten würden Moscheen nicht betreten; sie gäben aber irakischen Truppen Feuerschutz.
  • Ermittler aus den USA und dem Irak haben am 13. Okt. im Norden des Iraks die Exhumierung von knapp 200 Menschen aus einem Massengrab abgeschlossen, viele von ihnen Frauen und Kinder. Bei den Opfern handele es sich um Kurden, die während der El-Anfal-Kampagne der Regierung von Saddam Hussein zwischen 1987 und 1988 getötet worden seien, sagte der US-Beauftragte für das Sondergericht gegen die ehemalige irakische Führungsriege, Greg Kehoe, an der Grabstätte nahe der Stadt Hatra in der Provinz Niniwe. Bei den Leichen gefundenen Papieren zufolge stammten die Opfer aus der Region Duchan in der Nähe von Suleimanija. Unter den Toten seien auch die Überreste von mehr als 120 Frauen und Kindern.
  • Der einflussreiche schiitische Religionsführer Großajatollah Ali el Sistani hat seine irakischen Landsleute aufgerufen, sich für die Anfang 2005 geplanten ersten freien Wahlen registrieren zu lassen. Alle wahlberechtigten Iraker sollten darauf achten, dass ihre Namen in den Wählerlisten erscheinen beziehungsweise in diese aufgenommen werden, hieß es in einer am 13. Okt. in Nadschaf verbreiteten Erklärung des Geistlichen. Die Unabhängige Wahlkommission (IEC) will am 1. November mit der Registrierung der Wähler beginnen.
  • Der frühere irakische Präsident Saddam Hussein hat sich vor zwei Wochen einer Leistenbruchoperation unterzogen und inzwischen vollständig von dem Eingriff erholt. Das bestätigten am 13. Okt. amerikanische Militärkreise in Bagdad.
  • In der Nähe von Baakuba nordöstlich von Bagdad töteten Unbekannte einen irakischen Polizeioffizier. Die Täter hätten in der Ortschaft El Bajjaa aus einem Auto heraus das Feuer auf das Fahrzeug des Offiziers eröffnet, sagte ein Augenzeuge am 13. Okt.
  • Auf einer Geberkonferenz in Tokio, die am 13. Okt. Begann, hat der Irak die internationale Gemeinschaft zum Erlass aller Schulden aus der Ära von Ex-Machthaber Saddam Hussein aufgefordert. Vor den Vertretern von 55 Staaten und internationalen Organisationen bat der irakische Vize-Ministerpräsident Barham Saleh auch die UNO um mehr Hilfe: "Wir brauchen mehr Unterstützung durch die UNO und wir brauchen sie jetzt. Bitte, enttäuschen Sie das irakische Volk nicht."
    Während der zweitägigen Konferenz in der japanischen Hauptstadt wollten die Teilnehmer vor allem über die Verteilung der bereits zugesagten Hilfsgelder beraten. Die erstmals vertretene irakische Übergangsregierung wollte dazu eine Liste mit mehr als 320 Wiederaufbauprojekten vorstellen, deren Kosten allein auf 43,5 Milliarden Dollar geschätzt werden.
    Bei einer Konferenz vor einem Jahr in Madrid war dem Irak Hilfe in Höhe von rund 33 Milliarden Dollar (etwa 27 Milliarden Euro) für die Jahre 2004 bis 2007 zugesichert worden. Wegen der instabilen Lage trafen davon aber erst 6,7 Milliarden Dollar vor Ort ein. Zusätzlich zu den Kriegs- und Embargoschäden wird der Irak von einer Schuldenlast von geschätzten 120 Milliarden Dollar geplagt.
    Der japanische Außenminister Nobutaka Machimura kündigte eine Hilfe von 40 Millionen Dollar zur Unterstützung der für Januar vorgesehenen ersten freien Wahlen im Irak an. Die Summe ist Teil der von Japan bereits zugesagten Leistung von fünf Milliarden Dollar
  • Im Bagdader Stadtteil Sadr City drängten sich laut AFP am 13. Okt. Dutzende Schiiten vor den Polizeistationen, um ihre Waffen abzugeben. Vor der Polizeistation El Nasser standen Dutzende Kämpfer der radikalen Mehdi-Miliz Schlange. Viele tauschten gleich mehrere Waffen gegen Geld ein, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. So brachte ein 21-jähriger Milizionär 25 Maschinengewehre und zwei Granaten.
  • Bei einem Selbstmordanschlag sind am 13. Okt. in Mossul zwei US-Soldaten getötet und fünf weitere verletzt worden. Das bestätigte ein US-Militärsprecher in der nordirakischen Stadt. Der Attentäter raste mit seinem Wagen in einen US-Konvoi und sprengte sich selbst in die Luft. Ein Fahrzeug in dem Konvoi wurde durch die Explosion völlig zerstört.
  • Nach Äußerungen von Bundesverteidigungsminister Peter Struck zur Irak-Politik hat sich US-Außenminister Colin Powell in Berlin telefonisch nach der Haltung der Bundesregierung erkundigt. Powell rief am 13. Okt. den deutschen Außenminister Joschka Fischer an, um ihn nach Angaben seines Sprechers Richard Boucher zu fragen, ob die Bundesregierung ihre Haltung geändert habe. Fischer habe geantwortet, dass dies nicht der Fall sei, sagte Boucher in Washington.
  • Zum Abschluss der zweitägigen Geberkonferenz in Tokio bekräftigten 57 Staaten und internationale Organisationen am 14. Okt. Ihre "Unterstützung für die Entwicklungsstrategie". Neue Finanzhilfen in nennenswerter Höhe wurden allerdings nicht versprochen. Die Gespräche wurde geprägt durch Bedenken über die Sicherheitsklage im Irak. Hauptthema war die beschleunigte Verteilung der bereits zugesagten Hilfsgelder. Irakische Vertreter beklagten, dass von den 14 Mrd. US-Dollar, die vor einem Jahr für den Wiederaufbau versprochen worden waren, nur ein Bruchteil in die entsprechenden Fonds von Weltbank und UN überwiesen worden sei.
  • Der irakische Präsident Ghasi al-Jawar hat den Termin für die Wahl bis Ende Januar 2005 in Frage gestellt. Der Termin könne geändert werden, wenn die Sicherheitslage keine faire Wahl zulasse, sagte al-Jawar der Zeitung "Aschark al-Awsat" (Ausgaben vom 14. Okt.).
  • Am 14. Okt. War im Internet ein Video zu sehen, worin ein türkischer LKW-Fahrer ermordert wurde. Verantwortlich sei die Gruppe "Ansar al-Sunna".
  • Am 14. Okt., dem Tag vor Beginn des Fastenmonats Ramadan, wurden bei Anschlägen und Gefechten mindestens 30 Menschen getötet.
    Bei einem Anschlag in der Grünen Zone im Zentrum, Bagdads starben laut US-Angaben acht Zivilisten. Ein US-Soldat kam bei einer Explosion ums Leben
    Im nordirakischen al-Kaim wurde das Hauptquarteier der irakischen Nationalgarde angegriffen; 15 Gardisten wurden getötet.
    Die US-Luftwaffe bombardierte erneut Falludscha; dabei kamen nach Krankenhausangaben fünf Iraker ums Leben.
    Fünf Menschen wurden bei weiteren Angriffen getötet.
  • Am 14. Okt. wurden die Friedensgespräche zwischen den Aufständischen in Falludscha und der irakischen Übergangsregierung für gescheitert betrachtet. Regierungschef Ijad Allawi hatte am Tag zuvor ultimativ die Herausgabe des jordanischen Terroristen Abu Mussab al-Sarkawi gefordert; daraufhin brachen die Aufständischen die Gespräche ab.
  • Die US-Truppen starteten in der Nacht zum 15. Okt. eine Großoffensive gegen mutmaßliche Stützpunkte al-Sarkawis in Falludscha. Einwohner berichteten von heftigen Bombardements. Nach Krankenhausangaben wurden mindestens drei Menschen getötet und sieben verletzt. Nach US-Angaben handelt es sich um die größte Bodenoffensive seit einem halben Jahr.
  • US-Soldaten nahmen am 15. Okt. den Chefunterhändler des örtlichen Mudschahedin-Rates, Scheich Chalid Hammud al-Dschumaili, fest.
    Unterdessen warnten islamische Geistliche davor, dass amerikanische Soldaten in Falludscha eindringen. In dem Fall würden sie zum zivilen Widerstand und zum "heiligen Krieg" aufrufen.
  • Bei einem Autobombenanschlag im Bagdader Vorort Dora kamen am 15. Okt. zehn Iraker ums Leben, zahlreiche weitere wurden verletzt. Der Anschlag richtete sich gegen eine Polizeistreife, traf aber vor allem Unbeteiligte.
  • Bei einem Anschlag auf einen US-Konvoi in Mossul starb ein Iraker.
  • Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF beklagte am 15. Okt. in Köln den Verfall des Schulsystems im Irak.Jahrelange Vernachlässigung, Kriegsschäden und Plünderungen hätten das einst "vorbildliche" Schulsystem "an den Rand der Funktionsfähigkeit gebracht". Zwar sei in den letzten vier Jahren die Zahl der Grundschüler von 3,6 auf 4,3 Mio. Kinder gestiegen, doch sei vernünftiger Unterricht kaum möglich. Laut Unicef wurden im Krieg mehr als 700 Schulen beschädigt oder zerstört (soviel zur Wirkungsweise der modernen "Präzisionswaffen" der US-Luftwaffe, Anm. des Chronisten). Nach dem offiziellen Kriegsende (1. Mai 2003) seien 3.400 Schulen geplündert worden.
  • Das Pentagon plant laut einem Bericht der Los Angeles Times vom 15. Okt., den ehemaligen US-Oberbefehlshaber im Irak, General Ricardo Sanchez, zum Vier-Sterne-General zu befördern. Sanchez war wegen des Folterskandals zurückgetreten. Die Ehrung soll aber erst nach der Präsidentenwahl stattfinden. Der US-Senat muss der Beförderung zustimmen. Dies gilt keineswegs als sicher. Die Maßnahme ist also ein riskantes Unternehmen für Pentagon-Chef Rumsfeld.
  • Irakische Grenzschützer haben bei Razzien in Dörfern an der Grenze zum Iran 135 Afghanen und Pakistaner festgenommen. Wie der Sprecher der Grenzbeamten in der Provinz Dijala am 15. Okt. weiter mitteilte, wurden bei den Hausdurchsuchungen nördlich von Bagdad zahlreiche Waffen, darunter Kalaschnikows und Raketenwerfer, sowie 2.000 Stück Munition entdeckt. Die Razzien fanden den Angaben zufolge zwischen dem 11. und 14. Okt. statt.


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