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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

1. bis 15. Juni 2004

1. bis 6. Juni
  • Deutschland unterstützt die Bemühungen innerhalb der Vereinten Nationen, zu einer neuen Irak-Resolution des UN-Sicherheitsrates zu kommen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) habe US-Präsident George W. Bush bei einem Telefonat am 31. Mai für dieses Ziel Unterstützung zugesagt, hieß es am 1. Juni aus Regierungskreisen in Berlin. Damit habe sich die Position der Bundesregierung aber nicht geändert. Es gebe keine Diskussion um ein militärisches Engagement Deutschlands in Irak, hieß es weiter. Berlin habe aber ein Interesse, "an positiven Ergebnissen" der Gespräche in der UNO, die im Laufe des Tages fortgesetzt werden sollten. "Optimismus ist sehr wohl angebracht", hieß es in Regierungskreisen.
  • Der frühere irakische Außenminister Adnan Patschatschi hat seine Nominierung als künftiger Präsident Iraks abgelehnt. Dies sagte Planungsminister Mehdi el Hafes am 1. Juni in Bagdad. Zuvor hatten sich der Regierungsrat und die US-geführte Koaltion auf den 81-jährigen Sunniten geeinigt, wie Vertreter beider Seiten mitteilten. Patschatschi reagierte mit seinem Verzicht nach eigener Darstellung auf Kritik an seiner angeblichen Nähe zu den USA. "Es gibt Lügen und Behauptungen, dass mich die (US-geführte) Zivilverwaltung auf den Präsidentenposten bringen wollte", sagte Patschatschi auf einer Pressekonferenz in Bagdad. Der 81-Jährige beschuldigte ungenannte "gewisse Parteien", ihn damit als Präsidenten verhindern zu wollen. Die Angaben seien aber falsch, "die Zivilverwaltung hat micht nicht zu ihrem Kandidaten gemacht".
    Der irakische Regierungsrat hat die Nominierung seines bisherigen Vorsitzenden Ghasi el Jawar zum künftigen irakischen Präsidenten empfohlen. Dies gab ein Vertreter des Rats in Bagdad bekannt, nachdem der zunächst nominierte Kandidat Patschatschi abgelehnt hatte. El Jawer hatte vor kurzem in einem Interview die amerikanische Besatzung heftig kritisiert und Fehler der Truppen für die schlechte Sicherheitslage verantwortlich gemacht. Er verurteilte jedoch auch Gewalt gegen US-Soldaten und ihre Alliierten.
    Kurz nach der Nominierung des künftigen irakischen Präsidenten ereigneten sich in der Innenstadt von Bagdad mehrere schwere Explosionen.
    Der UN-Sondergesandte für Irak, Lakhdar Brahimi, hat die Nominierung des sunnitischen Politikers Ghasi el Jawar als künftiger irakischer Präsident bestätigt. Zudem gab er am 1. Juni in Bagdad die Nominierung des Schiiten Ibrahim Dschaafari und des Kurden Rodsch Nuri Schawis als Vizepräsidenten bekannt.
  • Bei einem Selbstmordanschlag vor dem Eingang zu einer US-Militärbasis im Norden Iraks sind am 1. Juni mindestens elf Zivilisten getötet worden. Mindestens 26 Menschen seien verletzt worden, als "ein schwarzer BMW mit einem bärtigen Fahrer" vor der Basis in Baidschi 200 Kilometer nördlich von Bagdad explodierte, sagte ein Leutnant der irakischen Zivilverteidigung. Die Explosion ereignete sich zum dem Zeitpunkt, als in Bagdad der künftige Präsident nominiert wurde.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf das Büro der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) sind am 1. Juni in Bagdad mindestens drei Wachmänner getötet worden. Dies teilte ein Vertreter des PUK-Sicherheitspersonals mit. Andere Quellen sprachen von 10 bis 11 Toten.
  • Der künftige irakische Präsident Ghasi el Jawar hat die "volle Souveränität" für sein Land gefordert. Mit der derzeit diskutierten neuen UN-Resolution müsse Irak wieder das unmfassende Selbstbestimmungsrecht bekommen, sagte Jawar am 1. Juni in Bagdad. Damit solle den Irakern die Möglichkeit gegeben werden, "ein freies, unabhängiges, demokratisches und föderal geeintes Heimatland" wiederaufzubauen.
    Der designierte Ministerpräsident Ijad Allawi versprach unterdessen bei der Vorstellung seiner Kabinettsliste, Irak nach 35 Jahren "des tyrannischen Regimes" zur Demokratie zu führen. Die beiden Politiker sprachen bei einer Pressekonferenz an der Seite des UN-Sonderbeauftragten Lakhdar Brahimi. Ijad Allawi stellte sein 30-köpfiges Kabinett vor. Künftiger Außenminister wird Hoschjar Sebari, das Finanzministerium übernimmt Adil Abdel Mahdi, das Verteidigungsministerium Hasem Schalan el Chusaei. Der neue Wirtschaftsminister Hadschim el Hassani sagte dem Fernsehsender El Dschasira, von nun an könnten keine US-Koordinatoren mehr den irakischen Ministerien ihren Willen aufzwingen.
  • Die US-Verwaltung hat am 1. Juni den irakischen Regierungsrat aufgelöst. Die neue Übergangsregierung des designierten Ministerpräsidenten Ijad Allawi solle ab sofort die Aufgaben des Rates bis zur Machtübergabe am 30. Juni übernehmen, sagte ein Vertreter der US-geführten Koalition in Bagdad. Ursprünglich sollte die Übergangsregierung dann erst ihr Amt antreten. Ein Mitarbeiter des zum Vize-Präsidenten nominierten Schiiten Ibrahim Dschaffari hatte die Auflösung des Regierungsrats zuvor angekündigt.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die Bildung einer neuen irakischen Übergangsregierung am 1. Juni begrüßt. Insbesondere die Wahl von sechs Frauen ins künftige Kabinett sei "ein ziemlicher Schritt vorwärts", sagte Annan in New York vor Journalisten. Er räumte zugleich ein, dass es Schwierigkeiten bei der Auswahl der künftigen Regierungsmitglieder gegeben habe: "Wir müssen uns alle eingestehen, dass der Prozess nicht perfekt war", antwortete der UN-Generalsekretär auf Fragen, ob die USA Druck auf den irakischen Regierungsrat ausgeübt habe.
  • US-Truppen und schiitische Milizen haben sich am 1. Juni in der heiligen Schiitenstatdt Kufa im Süden Iraks wieder Gefechte geliefert. Milizionäre der "Mehdi-Armee" des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr feuerten gegen Abend Mörsergranaten auf vier in der Innenstadt stationierte US-Panzer, die mit Salven aus schweren Maschinengewehren antworteten, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP beobachtete.
  • Die USA und Großbritannien wollen dem Weltsicherheitsrat einen überarbeiteten Entwurf für eine neue Irak-Resolution vorlegen. Über die Vorlage sollte noch am 1. Juni (ortszeit New York) beraten werden. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher, sagte in Washington, der überarbeitete Entwurf stelle klar, dass die irakische Übergangsregierung nach ihrer Machtübernahme am 30. Juni die vollständige Souveränität erhalten werde. Die USA verpflichten sich den Angaben zufolge in dem Entwurf, die Entscheidung der irakischen Interimsregierung darüber zu respektieren, ob die multinationalen Truppen in Irak bleiben sollen oder nicht. Der erste Entwurf für die neue Irak-Resolution war von verschiedenen Staaten kritisiert worden. Die Resolution soll die Befugnisse und die Arbeit der irakischen Übergangsregierung regeln, die am Dienstag vorgestellt worden ist. Die Regierung soll Wahlen im Januar 2005 vorbereiten.
    Die USA haben bei der UN in New York einen neuen Entwurf für eine Irak-Resolution vorgelegt. Darin bieten sie einen Rückzug ihrer Soldaten ab Ende 2005 an. Andere UN-Sicherheitsratsmitglieder wie Deutschland sind aber immer noch nicht einverstanden. Der Sicherheitsrat vertagte sich nach Diskussionen in der Nacht zum 2. Juni. (Siehe den umstrittenen UN-Resolutionsentwurf der USA und Großbritanniens im Wortlaut.)
    Die von den USA und Großbritannien vorgelegte neue Irak-Resolution wird nach Ansicht von US-Außenstaatssekretär Richard Armitage die Unterstützung einer Mehrheit der Staaten im UN-Sicherheitsrat bekommen. "Wir glauben, dass wir die Forderungen und Ansichten der meisten der 15 Sicherheitsrats-Mitglieder befriedigen können", sagte Armitage am 2. Juni nach einem Treffen mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana in Brüssel. In der neuen Irak-Resolution bekennt sich Washington erstmals zu einem klar überschaubaren Zeitrahmen für den Abzug seiner Truppen bis spätestens Frühjahr 2006.
    Reaktion aus Berlin: Die Bundesregierung sieht weiterhin Gesprächsbedarf über die von den USA und Großbritannien angestrebte neue Irak-Resolution. Regierungssprecher Bela Anda sagte am 2. Juni in Berlin, Korrekturbedarf gebe es aus deutscher Sicht vor allem zu zwei Komplexen. Dabei gehe es um die Kompetenzen der designierten irakischen Übergangsregierung und um die Sicherheitsarchitektur für Irak. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte, die neue Fassung des Resolutionsentwurfs berücksichtige eine Reihe von Vorschlägen, die an die USA und Großbritannien herangetragen worden seien. "Das ist zu begrüßen und das wird auch die Grundlage weiterer Gespräche sein." Der neue Text müsse aber zunächst noch sorgfältig geprüft werden.
    Auch der französische Präsident Jacques Chirac hat Nachbesserungen auch am neuen amerikanisch-britischen Entwurf einer Irak-Resolution im UN-Sicherheitsrat gefordert. Diese Verbesserungen sollten "die vollständige Soveränität der irakischen Regierung besonders auf militärischem Gebiet stützen und bestätigen", sagte Chirac am 2. Juni in Paris.
  • Der bei Washington in Ungnade gefallene irakische Politiker Ahmed Tschalabi hat die USA laut einem Zeitungsbericht an Iran verraten. Der Verrat habe dazu beigetragen, dass die USA Tschalabi ihre Unterstützung entzogen, berichtete die "New York Times" am 2. Juni. Der Politiker habe dem Bagdader Bürochef des iranischen Geheimdienstministeriums vor sechs Wochen offenbart, dass Washington den internen Nachrichten-Code der iranischen Geheimdienstler kenne und so den gesamten Schriftverkehr der Agenten verfolgen könne. Der US-Geheimdienst wiederum sei hinter Tschalabis Verrat gekommen, weil der Bagdader Bürochef den Inhalt seines Gesprächs mit dem irakischen Politiker in einem Telegramm an seine Zentrale dargelegt habe, berichtete die "NYT".
  • Bei einem Autobombenanschlag im Norden von Bagdad sind am 2. Juni nach Krankenhausangaben mindestens vier Menschen getötet und 34 weitere verletzt worden. Unter den Verletzten seien mindestens fünf Kinder, sagte Polizei-Leutnant Mohammed Abdel Asis. Die Autobombe sei auf der Straße Omar Abdel Asis im Viertel Adhamijah explodiert, als ein Konvoi von US-Geländefahrzeugen vorbeigefahren sei. Der Konvoi sei nicht getroffen worden.
  • Der UN-Sonderbeauftragte für Irak, Lakhdar Brahimi, hat den US-Zivilverwaltungschef Paul Bremer als "Diktator" bezeichnet. "Ich glaube, er wird es mir nicht übel nehmen wenn ich sage, dass Bremer der Diktator von Irak ist. Er hat das Geld und das letzte Wort", reagierte Brahimi am 2. Juni in Bagdad auf Kritik am starken US-Einfluss auf die Bildung der Übergangsregierung für Irak. Es seien nach wie vor "die Amerikaner, die das Land regieren". Deshalb sei ihre Sichtweise bei der Zusammensetzung der Regierung selbstverständlich berücksichtigt worden.
  • Schwere Explosionen haben am Abend des 2. Juni den US-Luftwaffenstützpunkt in Kirkuk in Nordirak erschüttert. Der irakische Generalmajor Anwar Mohammed Amin, der Leiter der Irakischen Zivilverteidigung in dem Gebiet, berichtete, die Explosionen kämen anscheinend vom Munitionsdepot. Feuerwehren rasten auf den Flugplatz. Fast zwei Stunden nach der ersten Detonation berichteten Bewohner der Stadt, es gebe immer noch alle 10 bis 15 Minuten Explosionen. Das Oberkommando der US-Streitkräfte in Bagdad äußerte sich nicht.
  • Die US-Armee will keine Soldaten der Landstreitkräfte ihren Dienst beenden lassen, deren Einheiten in absehbarer Zeit nach Irak oder Afghanistan entsendet worden sollen. Eine entsprechende Anweisung gab am 2. Juni das Pentagon bekannt. Demnach dürfen die Soldaten des Heeres erst aus dem Militärdienst ausscheiden oder zu einer anderen Einheit wechseln, wenn ihr Auslandseinsatz beendet ist. Eine entsprechende Order gilt bereits für viele Soldaten, die schon in Irak oder Afghanistan im Einsatz sind.
  • CIA-Chef Tenet zurückgetreten
    Nach monatelanger Kritik an der CIA hat der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes, George Tenet, seinen Rücktritt eingereicht. Tenet habe "persönliche Gründe" für seinen Entschluss, sagte US-Präsident George W. Bush am 3. Juni. Das Weiße Haus betonte, Bush habe Tenet nicht zum Rücktritt gedrängt. Tenet war wegen möglicher Pannen vor den Terroranschlägen vom 11. September und falscher Informationen über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen wiederholt unter Druck geraten. Der CIA-Chef solle noch bis Mitte Juli im Amt bleiben. Nach Tenets Ausscheiden soll zunächst sein bisheriger Stellvertreter John McLaughlin die Leitung der Behörde übernehmen. Bush sagte, Tenet habe ihm seine Entscheidung bei einer Begegnung am Vorabend im Weißen Haus mitgeteilt. Der US-Präsident dankte dem 51-Jährigen für den "hervorragenden Job", den er an der Spitze der CIA "für das amerikanische Volk" geleistet habe.
    Der CIA-Chef erklärte in seinem Rücktrittsgesuch, er habe "mehrere Monate" mit seiner Familie über die Entscheidung gesprochen. Ex-CIA-Chef Stansfield Turner sagte dagegen im Fernsehsender CNN, er gehe davon aus, dass Tenet zum Rücktritt gedrängt worden sei. Tenet sei zu loyal, "um den Präsidenten in der Mitte des Wahlkampfes im Stich zu lassen", sagte Turner.
    Tenet war im Juli 1997 vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton zum CIA-Chef berufen worden. Er ist damit einer der am längsten amtierenden Vorsitzenden der Geheimdienstbehörde. Bush behielt ihn nach seinem Amtsantritt an der Spitze der Behörde. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 geriet die CIA allerdings erheblich in die Kritik. Ins Kreuzfeuer der Kritik geriet Tenet vor allem im vergangenen Jahr, als sich Geheimdienstberichte über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen als falsch herausstellten. Es gibt auch Berichte, wonach das Weiße Haus die CIA zur Lieferung von Gründen für den Irak-Krieg drängte.
    Nach dem Rücktritt von CIA-Direktor George Tenet will ein weiterer ranghoher Funktionär des US-Auslandsgeheimdienstes seinen Hut nehmen. Nach Angaben eines US-Regierungsmitarbeiters wird der stellvertretende Leiter der CIA-Operationsplanung, James Pavitt, im nächsten Monat seinen Rücktritt einreichen. Pavitt habe seine Entscheidung bereits vor dem Rücktritt Tenets getroffen, betonte der Regierungsmitarbeiter am 3. Juni. Er machte keine Angaben zu den Gründen für den Weggang Pavitts.
  • Der designierte irakische Regierungschef Ijad Allawi hat nach Angaben der Zeitung "USA Today" bislang mindestens 340.000 Dollar (rund 279.000 Euro) ausgegeben, um in einer breit angelegten Kampagne bei US-Politikern um Unterstützung für seine Kandidatur zu werben. Wie das Blatt am 3. Juni berichtete, wird die Kampagne von einem wohlhabenden irakischen Exilanten aus London finanziert. Die Koordination übernahm die Beraterfirma des ehemaligen US-Botschafters in Katar, Patrick Theros, die dafür rund 8.200 Euro monatlich bekommt. (Soviel zur "Souveränität" der irakischen Interimsregierung!)
  • Bei einem Anschlag neben der italienischen Botschaft in Bagdad sind am 3. Juni zwei Iraker getötet und mindestens drei weitere verletzt worden. Der Angriff mit Mörsergranaten traf ein Haus neben der Botschaft. Nach Einschätzung von Augenzeugen war die italienische Vertretung aber das eigentliche Anschlagziel.
    In der schiitischen Pilgerstadt Kufa dauerten trotz des Waffenstillstands die Gefechte zwischen US-Truppen und Anhängern des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr an; dabei wurden nach Krankenhausangaben fünf Iraker getötet und mindestens 15 weitere verletzt. Die meisten der verletzten Opfer Zivilisten seien, darunter auch Kinder, hieß es am 3. Juni.
  • Nach seinem überraschenden Verzicht auf das irakische Präsidentenamt hat Iraks Ex-Außenminister Adnan Patschatschi eine Kandidatur bei den geplanten demokratischen Wahlen nicht ausgeschlossen. Er genieße "großen Rückhalt" in der Bevölkerung, sagte der 81-Jährige am 3. Juni dem US-Nachrichtensender CNN in Abu Dhabi. Deshalb habe ihm der UN-Sondergesandte für Irak, Lakhdar Brahimi, auch die Präsidentschaft angetragen. Das sei nicht auf Anweisung der US-Zivilverwaltung geschehen.
  • Die irakische Übergangsregierung hat sich prinzipiell hinter den von den USA und Großbritannien vorgelegten Entwurf für eine neue Irak-Resolution gestellt. In einer Anhörung vor dem UN-Sicherheitsrat am 3. Juni in New York begrüßte Außenminister Hoschjar Sebari die Vorlage. Der Entwurf behandle die künftigen Souveränitätsrechte Iraks in "angemessener" Weise. Sebari meldete dennoch Änderungsbedarf an. So forderte er die "volle Souveränität" für sein Land. Vor allem bei der Präsenz ausländischer Truppen nach dem Machtwechsel in Irak müssten die Iraker "ein Wort zu sagen haben". Dies müsse die neue Resolution berücksichtigen. Der Interims-Minister betonte, dass die irakische Regierung angesichts der instabilen Sicherheitslage einen zeitlich befristeten Verbleib der ausländischen Besatzungstruppen wünsche. Von großer symbolischer Bedeutung für die Iraker sei, dass frühere Resolutionen zur Unterstützung der Besatzung Iraks zurückgenommen würden. Damit werde "Terroristen und anti-demokratischen Kräften" der Vorwand genommen, weiter Gewalt zu verbreiten.
  • Die bewaffneten Anhänger des irakischen Schiitenführers Moktada Sadr wollen sich am 4. Juni aus der heiligen Stadt Nadschaf zurückziehen. Eine entsprechende Vereinbarung hätten Sadr und Vertreter einer Dachorganisation verschiedener Schiitengruppierungen bei einem Treffen am Abend des 3. Juni getroffen, sagte ein Sprecher des Predigers in Nadschaf. Im Zuge des Rückzugs würden auch all jene freigelassen, die von den Kämpfern Sadrs festgenommen worden waren. Auch der Chef des Irakischen Nationalkongresses, Ahmed Tschalabi, habe an dem Treffen teilgenommen.
  • Polizisten und Beobachter der schiitischen Parteien haben am 4. Juni die Kontrolle in der irakischen Stadt Nadschaf übernommen. Zuvor war eine neue Waffenruhe mit den US-geführten Besatzungstruppen vereinbart worden. Der arabische Nachrichtensender El Dschasira berichtet, in der Schiiten-Stadt und im benachbarten Kufa seien keine Kämpfer des Predigers Muktada el Sadr mehr zu sehen. Auch die Besatzungsarmee habe sich auf ihre Stützpunkte zurückgezogen.
  • Bei einem Bombenanschlag östlich von Bagdad sind am 4. Juni nach Angaben der US-Streitkräfte fünf Soldaten getötet und fünf verwundet worden. Sie gehörten zur Einsatzgruppe Bagdad, der vor allem Soldaten der 1. Kavalleriedivision aus Texas angehören, wie Divisionssprecher Oberstleutnant James Hutton mitteilte. Die Fahrzeuge der Soldaten wurden demnach kurz nach 13.00 Uhr in der Nähe von Sadr City, dem schiitischen Stadtteil von Bagdad angegriffen.
  • Papst Johannes Paul II. hat US-Präsident George W. Bush ins Gewissen geredet. Das Kirchenoberhaupt bekräftigte in einer Privataudienz am 4. Juni seine Kritik am Irak-Krieg und verurteilte die Folterungen irakischer Gefangener. Der Papst verlangte, Bagdad müsse seine Souveränität rasch wiedererlangen.
  • Zehntausende haben am 4. Juni zum Besuch von US-Präsident George W. Bush in Rom gegen den Irak-Krieg protestiert. Linke Gruppen hatten zu den Aktionen aufgerufen. Nach ersten Informationen kam es nur zu kleineren Rangeleien mit der Polizei. Die Beamten waren mit 10.000 Mann vor Ort. Die Veranstalter sprachen von 150.000 Demonstranten allein in Rom.
  • Die USA haben einer Expertengruppe bei den Vereinten Nationen am Abend des 4. Juni einen überholten Entwurf für die neue Irak-Resolution vorgelegt. Der revidierte Text ist noch nicht im Weltsicherheitsrat eingeführt und damit bisher nicht verfügbar. Ein UN-Sprecher erklärte, es sei unbekannt, in welchen Punkten Washington auf die Forderungen und Vorschläge anderer Ratsmitglieder wie Frankreich, Russland und Deutschland eingegangen sei. Der Rat verbringt das Wochenende auf einem Landsitz bei New York.
  • Bei einem Autobombenanschlag auf einen US- Militärkonvoi im Osten von Bagdad sind am 5. Juni ein Soldat getötet und drei verletzt worden. Das berichtete der arabische TV-Sender El Arabija. Auf der selben Schnellstraße waren am Vortag bei einem Angriff fünf US-Soldaten ums Leben gekommen.
  • Südlich von Tikrit töteten US-Soldaten am 5. Juni nach Angaben irakischer Augenzeugen zwei Iraker in ihren Autos, als diese ihren Konvoi überholen wollten.
    Nach Meldungen von El Arabija vom 5. Juni erschossen Unbekannte in der nordirakischen Stadt Mosul den Bruder des Mannes, der die beiden Söhne von Saddam Hussein im vergangenen Jahr an die US-Armee verraten haben soll. Der Mann, dessen Angaben im vergangenen Juli dazu geführt hatten, dass US-Soldaten Udai Saddam Hussein und seinen jüngeren Bruder Kusai in Mosul aufspürten und töteten, soll den Irak aus Angst vor Rache direkt nach dem Tod der beiden verlassen haben.
  • Der frühere US-Chefwaffeninspekteur David Kay hat die Suche nach Massernvernichtungswaffen in Irak als Selbstbetrug der verantwortlichen Politiker kritisiert. Der britische Premierminister Tony Blair und andere, die immer noch an die Existenz derartiger Waffen in Irak glaubten, "machen sich wirklich Illusionen", sagte Kay am 5. Juni dem BBC-Radio. Zwar habe der frühere irakische Machthaber Saddam Hussein ein Programm für Massenvernichtungswaffen betrieben und es "bis zu einem gewissen Punkt wieder aufbauen wollen, (...) aber es gibt keinen unlängst hergestellten Bestand von Massenvernichtungswaffen", sagte Kay. Das eigentliche Problem sei "die Weigerung, die Verantwortung zu übernehmen" und "einige sehr Worte einfache Worte (wie) 'Wir haben uns getäuscht' auszusprechen".
  • Bei einem Überfall in der nordirakischen Stadt Mossul ist am 5. Juni ein ausländischer Zivilist getötet worden. Drei weitere Ausländer wurden verletzt, als die Angreifer auf ihr Fahrzeug schossen, wie die US-Armee mitteilte. Der Angriff habe sich im Zentrum der Stadt ereignet.
  • Im Bagdader Stadtteil Sadr City eröffneten am 6. Juni Unbekannte das Feuer auf eine von US-Truppen geschützte Polizeiwache.
    Auf der Straße zum Flughafen gerieten zwei Geländefahrzeuge unter Feuer. Aus Kreisen des Innenministeriums verlautete, mindestens zwei Menschen seien getötet worden.
  • El Sadr traf am 5. Juni zu einem zehnminütigen Gespräch mit dem einflussreichen schiitischen Geistlichen Großayatollah Ali el Husseini el Sistani zusammen, wie die Büros der beiden Schiitenführer mitteilten. Sie hätten über den Abzug der Milizionäre und US-Truppen von den den heiligen Schreinen gesprochen, hieß es.
  • Mehrere Tausend Franzosen haben am 5. Juni in Paris gegen die amerikanische Besatzung des Iraks demonstriert. Unmittelbar vor dem Treffen von US-Präsident George W. Bush mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac forderten sie "Freiheit und Souveränität für alle Iraker". Zu der Kundgebung hatten 20 Vereinigungen von der Kommunistischen Partei bis zur Liga für Menschenrechte aufgerufen.
  • Hunderte Demonstranten haben am 5. Juni vor dem Weißen Haus in Washington gegen den Irak-Krieg protestiert. Die Proteste richteten sich nach Angaben der Organisatoren vom Bündnis ANSWER auch gegen die Präsenz von US- und französischen Truppen in Haiti. An der Demonstration beteiligten sich Angehörige von US-Soldaten in Irak, die eine sofortige Heimkehr der Truppen forderten.
  • Bei einem Besuch von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat die Regierung Bangladeschs ihre Haltung bekräftigt, nur für eine Friedensmission der Vereinten Nationen Truppen nach Irak zu entsenden. Außenminister Morshed Khan sagte am 6. Juni in Dhaka, er habe mit Rumsfeld über die Lage in Irak und Afghanistan gesprochen. Rumsfeld verstehe die Haltung der Regierung und habe deswegen auch nicht um eine Beteiligung an der von den USA geführten Koalitionsstreitmacht in Irak gebeten. Mit 7.000 Soldaten in zehn Friedensmissionen der Vereinten Nationen gehört Bangladesch zu den Ländern mit den größten Blauhelm-Kontingenten. Beim ersten Besuch eines amerikanischen Verteidigungsministers in Bangladesch traf Rumsfeld auch mit Ministerpräsidentin Khaleda Zia zusammen. Am 4. und 5. Juni demonstrierten in Dhaka mehrere tausend Menschen gegen Rumsfeld und bezeichneten ihn als Kriegsverbrecher.
  • Durch die Explosion einer Autobombe am Eingang eines Stützpunkts der US-Armee bei Bagdad sind am 6. Juni zwei US-Soldaten und sieben irakische Zivilisten getötet und mehr als 30 zum Teil schwer verletzt worden. Das mit Sprengstoff präparierte Fahrzeug explodierte seinen Angaben zufolge am Morgen am Eingang der US-Basis in Tadschi nördlich von Bagdad. Die Gruppe des gesuchten Extremistenführers Abu Mussab al-Zarqawi hat sich des Autobombenanschlags bezichtigt.
  • Der neue Irak-Resolutionsentwurf für den UN-Sicherheitsrat sieht nach Angaben von US-Außenminister Colin Powell ein Mandat der US-geführten Truppen bis Ende kommenden Jahres vor. Im Text werde stehen, "dass das Mandat vermutlich Ende 2005 beendet sein wird, wenn der politische Prozess seinen Lauf genommen hat, es eine schriftliche Verfassung und freie Wahlen gegeben hat", sagte Powell am 6. Juni am Rande eines Frankreich-Besuches dem US-Nachrichtensender CNN. Die Entschließung im UN-Sicherheitsrat wird für diese Woche erwartet; das Gremium sollte am 6. Juni in New York zu einer Sondersitzung zusammentreten.
  • Die US-Armee wird auch nach der Machtübergabe in Irak am 30. Juni als gefährlich eingestufte irakische Gefangene in Haft halten. "Die Koalition wird die Personen weiter in Haft halten, die sie für eine Bedrohung für unsere Streitkräfte hält", sagte ein US-Militärsprecher am 6. Juni in Bagdad. Es handelte sich um die erste Erklärung der US-Armee zur Zukunft der irakischen Gefangenen.
  • Irak wird nach der Machtübergabe Ende des Monats wieder die Todesstrafe einführen. Das sagte der irakische Justizminister Malik Dohan el Hassan am 6. Juni der Nachrichtenagentur AFP in Bagdad. Von der Maßnahme könne unter anderem der entmachtete Präsident Saddam Hussein betroffen sein. Die Todesstrafe sei nur vorübergehend ausgesetzt worden, aber sobald Irak souverän werde gebe es keinen Grund, sie für "sehr bestimmte Fälle" nicht wieder zu vollstrecken. US-General Tommy Franks, der frühere Chef des US-Zentralkommandos (Centcom) hatte die Todesstrafe nach der Besetzung Iraks im April 2003 ausgesetzt.
7. bis 13. Juni
  • Bei der Explosion eines Munitionslagers in der großen Mosche der zentralirakischen Stadt Kufa sind am 7. Juni mindestens neun Menschen verletzt worden. Einige der Opfer hätten sich ihre Verletzungen in der Moschee, andere davor zugezogen, sagte eine Krankenschwester der Nachrichtenagentur AFP. Augenzeugen berichteten, ein Teil der Moschee brenne. Mitglieder der Mehdi-Miliz des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr hätten verboten, sich dem Gotteshaus zu nähern. In der Moschee hält Sadr gewöhnlich seine Freitagspredigt.
  • Die irakische Übergangsregierung hat im Ringen um eine Stabilisierung Iraks einen Erfolg erzielt: Die Milizen von neun Parteien werden bis Ende kommenden Jahres aufgelöst, wie der designierte Ministerpräsident Ijad Allawi am 7. Juni mitteilte. Die El-Mahdi-Armee des radikalen schiitischen Geistlichen Muktada el Sadr trat dem Abkommen allerdings nicht bei. Solche Verbände würden künftig als "illegale bewaffnete Verbände" betrachtet und verboten, erklärte Allawi. Dem Abkommen traten laut Allawi Milizen bei, deren Parteien in der bisherigen Übergangsregierung vertreten sind: Die Kämpfer der kurdischen Parteien KDP und PUK, die im Norden gegen die Truppen Saddam Husseins kämpften, die Badr-Brigade des Obersten Rats der Islamischen Revolution in Irak, die Kämpfer der Irakischen Islamischen Partei, der Irakischen Nationalen Übereinkunft, des Irakischen Nationalen Kongresses, der Irakischen Hisbollah, der Kommunistischen Partei und der schiitischen Organisation Dawa. 75.000 der 100.000 Kämpfer sind Kurden; sie alle erhalten Rechte und Vergünstigungen wie Veteranen der Streitkräfte, sagte Allawi. - Im vergangenen Jahr hatten die Parteien in Verhandlungen mit den Koalitionstruppen die Auflösung ihrer Milizen angesichts der Sicherheitslage noch abgelehnt; insofern gilt das Abkommen auch ohne Beitritt der El-Sadr-Miliz als Erfolg für die Übergangsregierung. Milizionäre, die ihre Waffen abgeben, sollen Allawi zufolge in das zivile Leben integriert werden oder Stellen bei der Polizei und den Sicherheitsdiensten erhalten. Die Vereinbarung markiere einen Wendepunkt bei der Herstellung von Recht und Ordnung im Land, sagte Allawi. Sie stelle alle bewaffneten Sicherheitskräfte unter staatliche Kontrolle und stärke damit die Sicherheit in ganz Irak.
  • Bei Kämpfen zwischen US-Soldaten und Aufständischen in der irakischen Stadt Mossul sind am 7. Juni mindestens 17 Zivilisten verletzt worden. Die Kämpfe brachen aus, nachdem US-Soldaten in einem Viertel im Westen der Stadt eine Bombe entschärft hatten und sich zurückziehen wollten, wie ein Polizist sagte. In diesem Moment habe eine Gruppe Bewaffneter das Feuer eröffnet. Bei dem anschließenden Gefecht seien die Zivilisten verletzt worden.
  • Bei einem Einsatz westlich von Bagdad wurde nach Militärangaben am 7. Juni ein US-Marineinfanterist getötet.
  • Bei Bombenanschlägen in der nordirakischen Stadt Mossul sind am Morgen des 8. Juni mindestens vier Menschen getötet und neun weitere Opfer verletzt worden. Nach Polizeiangaben ist unter den Opfern der Sicherheitschef von Mossul, General Sami el Hadsch Issa. Demnach explodierten zeitgleich ein Autobombe sowie ein am Straßenrand deponierter Sprengsatz, als Issas Konvoi die Straße im Zentrum der Stadt passierte.
  • Bei einem Selbstmordanschlag vor dem US-Stützpunkt von Baakuba ist ein US-Soldat getötet worden. Nach US-Militär- und Krankenhausangaben wurden mindestens 16 Menschen verletzt, darunter drei weitere Soldaten. Augenzeugen berichteten, ein Wagen sei am Morgen des 8. Juni in die Betonsperren vor dem Stützpunkt gerast und explodiert. Zu dem Zeitpunkt warteten zahlreiche Iraker vor dem Stützpunkt auf Arbeit.
  • Mit letzten Änderungen haben die USA und Großbritannien nach wochenlangem Gezerre den Weg für die Verabschiedung der neuen Irak-Resolution im UN-Sicherheitsrat freigemacht. Die einstimmige Annahme des zum vierten Mal geänderten Entwurfs zur Machtübertragung an die Iraker wurde für den späten Abend des 8. Juni erwartet. Berlins UN-Botschafter Gunter Pleuger sagte, der Entwurf trage den deutschen Bedenken Rechnung.
  • Die drei in Irak festgehaltenen italienischen Geiseln und ein verschleppter Pole sind frei. Nach Angaben der polnischen Armee wurden die vier Geiseln durch ein Spezialkommando der Koalitionstruppen am 8. Juni befreit. Mehrere Kidnapper sind festgenommen worden. Die italienische Regierung bestätigte die Befreiung der Geiseln. Irakische Geiselnehmer hatten am 12. April insgesamt vier italienische Angestellte einer US-Sicherheitsfirma verschleppt. Eine der Geiseln wurde zwei Tage später vor laufender Kamera erschossen. Die Geiselnehmer forderten einen Abzug der italienischen Truppen aus Irak und Anti-Kriegs-Demonstrationen in Italien. Der polnische Arbeiter war vor einer Woche gemeinsam mit zwei Irakerinnen und drei kurdischen Leibwächtern verschleppt worden.
  • Bei einer Explosion bei einer Minenräumaktion südlich von Bagdad wurden nach Angaben des polnischen Militärs am 8. Juni mindestens sechs Soldaten getötet, darunter zwei Polen, ein Lette und zwei Slowaken.
    Einen Tag später hieß es dazu: Der Tod von sechs europäischen Soldaten am Dienstag in Irak war nach Ermittlungen der polnischen Streitkräfte kein Unglücksfall, sondern auf einen Angriff zurückzuführen. Das Munitionslager in Suwarijah, 40 Kilometer südlich von Bagdad, sei mit einer Mörsergranate beschossen worden, teilte der polnische General Piotr Czerwenski am 9. Juni in Warschau mit. Bei der Explosion kamen drei Soldaten aus der Slowakei, zwei aus Polen und einer aus Lettland ums Leben. Sie waren mit der Entschärfung von Munition beschäftigt. Polen hat 2.400, Lettland 122 und die Slowakei 105 Soldaten nach Irak geschickt.
  • Bei Gefechten im westirakischen El Karma sind nach Angaben des Nachrichtensenders El Arabija vom 8. Juni zehn irakische Zivilisten getötet worden. Der Sender nannte keine weiteren Einzelheiten. El Karma liegt westlich von Bagdad. (dpa, 8. Juni.)
  • Die beiden am 6. Juni in Irak entführten Türken und ihr irakischer Fahrer sind wieder frei. Wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu am 8. Juni meldete, werden die drei Männer bereits am 9. Juni in Mossul im Norden des Irak erwartet. Dort unterhält die Firma Serka, bei der die Türken angestellt sind, eine Niederlassung.
  • Tausende Schiiten haben am 8. Juni in der Innenstadt von Bagdad gegen die neue Regierung und die Übergangsverfassung demonstriert. Mehrere Teilnehmer der Demonstration trugen Bilder von Großajatollah Ali el Sistani. Der Geistliche hatte davor gewarnt, die unter US-Aufsicht verabschiedete irakische Übergangsverfassung in die neue Irak-Resolution des UN-Sicherheitsrats aufzunehmen. Sistani kritisiert vor allem, dass die Übergangsverfassung den Kurden ein Vetorecht bei dem Referendum über die endgültige Verfassung gibt.
  • US-Präsident George W. Bush hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für die deutsche Mitarbeit an der neuen UN-Resolution zu Irak gedankt. Bush sagte am 8. Juni zu Beginn eines Gesprächs mit Schröder vor dem Start des G-8-Gipfels auf Sea Island im US-Bundesstaat Georgia, er schätze die Bereitschaft des Kanzlers, "für die Freiheit rund um die Welt zu arbeiten". Schröder sagte, die neue Resolution werde "ein Stück mehr Stabilität" und "ein Stück mehr Chancen" für das irakische Volk bringen. Auch werde ein Beitrag zur Stabilität in der gesamten Region geleistet.
  • Der UN-Sicherheitsrat hat am Nachmittag des 8. Juni die neue Resolution zu Irak mit den Stimmen aller seiner 15 Mitglieder verabschiedet. (Vgl. die UN-Resolution 1546 in einer deutschen Übersetzung sowie eine Kritik aus der Friedensbewegung: "Irak-Resolution ändert nichts am Besatzungsregime und unterstellt die UNO den USA".)
  • Aufständische Iraker haben in Bagdad einen US-Militärkonvoi angegriffen und einen Lastwagen in Brand gesetzt. Unbekannte warfen nach US-Angaben am 9. Juni im nordwestlichen Stadtteil El Chadra einen Molotowcocktail auf das Fahrzeug. Nach Angaben eines irakischen Augenzeugen konnte sich ein Soldat aus dem Lkw befreien und in ein anderes Fahrzeug retten. Feuerwehrleute, die den brennenden Lastwagen löschen wollten, wurden von einer aufgebrachten Menge beschimpft.
  • Im Norden Iraks haben Aufständische erneut eine Ölpipeline gesprengt. Die Explosion ereignete sich am 9. Juni in der Nähe von Beidschi, etwa 250 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad, wie die Polizei erklärte. Ein Sprecher des Ölministeriums sagte, der Anschlag werde die Exporte aus den nördlichen Ölfeldern nicht beeinflussen. Allerdings habe die Ölpipeline ein Elektrizitätswerk beliefert, das nun seine Produktion um zehn Prozent zurückfahren müsse.
  • Der frühere Chef der UN-Waffeninspektoren im Irak, Hans Blix, ist am 9. Juni mit dem Hessischen Friedenspreis 2004 geehrt worden. Der schwedische Diplomat erhielt die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung der Albert-Osswald-Stiftung bei einer Feierstunde im Landtag. In der Urkunde heißt es zur Begründung, Blix stehe für den Grundsatz, "dass Macht an Recht" gebunden sein müsse. Die von ihm geleiteten und durch den Irak-Krieg beendeten Inspektionen schufen demnach eine "Alternative zum Krieg, die nicht genutzt wurde".
  • Nach der Verabschiedung der neuen UN-Resolution strebt US-Präsident George W. Bush eine verstärkte Rolle der NATO in Irak an. Er hoffe, dass die Allianz ihr Engagement in dem Land ausdehnen werde, sagte Bush am 9. Juni beim G-8-Gipfel auf Sea Island im US-Bundesstaat Georgia. Das Treffen drehte sich auch um eine Initiative des US-Präsidenten für den Nahen Osten, mit der demokratische und wirtschaftliche Reformen in der ganzen Region angestoßen werden sollen.
  • Nach dem einstimmigen Votum für die Irak-Resolution der Vereinten Nationen beraten die Kurden über ihren Verbleib in der neuen Regierung. Die beiden großen Parteien der irakischen Kurden sind verstimmt, dass die Übergangsverfassung nicht in die Entschließung mit aufgenommen wurde. "Jetzt ist unsere Zukunft zweideutig", sagte die kurdische Politikerin Nesrin Berwari, die der neuen irakischen Regierung angehören soll. Bei einem entsprechenden Beschluss des kurdischen Volkes werde sie ihren Rücktritt erklären, sagte Berwari am 9. Juni in Bagdad. Die Übergangsverfassung sieht eine föderalistische Staatsordnung mit weit gehenden Rechten für die Minderheiten vor. Der einflussreiche schiitische Geistliche Ali el Husseini el Sistani habe sich jedoch erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Übergangsverfassung nicht in die UN-Resolution aufgenommen werde, teilten Diplomaten in New York mit.
  • Die US-Armee hat am 9. Juni die Zugänge im Osten und Süden zur irakischen Stadt Falludscha abgeriegelt. Marineinfanteristen spannten dort Stacheldraht und stellten Betonbarrieren auf, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Ein Armeesprecher bestritt jedoch, die als Hochburg des sunnitischen Widerstandes bekannte Stadt werde vollständig abgeschottet. In der Stadt versammelten sich mit Gewehren und Granaten bewaffnete Männer auf den Straßen, die sich offenbar auf einen Angriff vorbereiteten.
  • Bei Gefechten zwischen Polizei und Milizionären des radikalen Schiitenpredigers Moktada Sadr in der zentralirakischen Stadt Nadschaf sind nach jüngsten Angaben vier Menschen getötet worden, unter ihnen ein Polizist. Mindestens 14 weitere Menschen wurden am Donnerstag nach Angaben des örtlichen Krankenhauses und des Büros von Sadr verletzt, die meisten davon Zivilisten. Anhänger Sadrs und Sicherheitskräfte hatten sich die ganze Nacht hindurch Gefechte geliefert, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP am 10. Juni berichtete.
  • Ein Jahr nach ihrer Entlassung sollen mehr als 12.000 ehemalige Mitglieder der irakischen Baath-Partei wieder ins Berufsleben integriert werden. Es handelt sich bei den ehemaligen Baath-Mitgliedern vor allem um Angestellte des öffentlichen Dienstes wie Lehrer und Ministerialbeamte, wie Mithal Allussi vom Komitee zur Überprüfung früherer Baath-Mitglieder am 10. Juni sagte. Vor einem Jahr hatte das Komitee dafür gesorgt, dass rund 30.000 Parteimitglieder entlassen wurden. 12.000 hatten dagegen geklagt. Sie sollen nun zunächst für ein Jahr auf Probe wiedereingestellt werden oder wurden bereits wieder eingestellt; rund 3000 von ihnen gehen laut Allussi direkt in Rente. Ihre Namen werden in irakischen Zeitungen veröffentlicht.
  • Bei der Explosion einer Mörsergranate in der 365 Kilometer südöstlich von Bagdad gelegenen Stadt Amara wurde in der Nacht zum 10. Juni ein zwölfjähriger Junge getötet. Fünf Familienmitglieder seien verletzt worden, als die Granate in ihrem Garten landete und detonierte, sagte ein Krankenhausarzt in Amara.
  • Deutschland und Frankreich ziehen bei einem Einsatz der NATO im Irak an einem Strang: Beide sagen dazu im Prizip Nein. Das betonte Bundeskanzler Gerhard Schröder beim G8-Gipfel auf Sea Island am 10. Juni. Sollte sich die NATO allerdings auf ihrem Gipfel Ende Juni in Istanbul für ein stärkeres Engagement entscheiden, werde Deutschland das nicht blockieren. Der französische Präsident Jacques Chirac hatte die Amerikaner mit seinem kategorischen Nein zu einer stärkeren NATO-Rolle verärgert.
  • Eine irakische Rebellengruppe hat nach eigenen Angaben sieben Türken in ihre Gewalt gebracht. In einem dem arabischen Sender El Arabija zugespielten Video verlangen die Bewaffneten den Abzug türkischer Truppen aus Irak, wie die in Dubai ansässige TV-Station am 10. Juni berichtete. Auf dem Band waren vier Maskierte und vier Männer zu sehen, bei denen es sich um türkische Geiseln handeln soll. Der Sprecher der Gruppe sagte, alle sieben Geiseln arbeiteten für türkische Unternehmen in Irak; sie würden erst freigelassen, wenn ihre Arbeitgeber das Land verließen.
  • Der irakische Übergangspräsident Ghasi El Jawar hat sich für einen Beitrag der NATO zur Stabilisierung Iraks ausgesprochen. "Wir würden eine Beteiligung der NATO entschieden begrüßen, besonders wenn sie die europäische Gemeinschaft einschließen würde", sagte El Jawar am 10. Juni in Washington.
    US-Präsident George W. Bush gab die Forderung nach zusätzlichen Truppen der NATO-Staaten für Irak indes auf. Angesichts des Widerstands von Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac erklärte Bush zum Abschluss des G-8-Gipfels im US-Staat Georgia, er rechne nicht mehr damit, dass die NATO-Staaten zusätzliche Truppen zur Verfügung stellten. Er erneuerte aber seine Forderung an die Bündnispartner, sich an der Ausbildung irakischer Soldaten zu beteiligen.
  • Bei Gefechten im Bagdader Stadtteil Sadr wurde am Abend des 10. Juni mindestens ein Iraker getötet. Etliche Aufständische griffen amerikanische Posten mit Maschinengewehren und Granaten an, US-Hubschrauber kreisten über der Stadt. Nahe einem Konvoi explodierte eine am Straßenrand versteckte Bombe, Berichte über Opfer gab es jedoch nicht.
  • In Hillah südlich von Bagdad gerieten am Abend des 10. Juni Koalitionstruppen unter Beschuss. Nach polnischen Angaben wurde niemand verletzt. Die Angreifer seien geflohen, als die Soldaten das Feuer erwidert hätten.
  • Die Briten haben Premierminister Tony Blair und seiner Labourpartei die Rechnung für die Beteiligung am Irak-Krieg präsentiert. Bei den Kommunalwahlen in England und Wales erlebten sie nach den Hochrechnungen vom 11. Juni eine beispiellose Niederlage. Labour wurde hinter die oppositionellen Konservativen und Liberaldemokraten auf den dritten Platz verwiesen. Dies passierte einer regierenden Partei im Vereinigten Königreich noch nie. Blairs Partei kam bei der Abstimmung vom Donnerstag nach vorläufigen Angaben nur noch auf 26, die Tories auf 38 und die Liberalen auf 30 Prozent.
  • Nach neu aufgeflammten Kämpfen in der südirakischen Stadt Nadschaf haben am 11. Juni mehrere hundert Menschen für die Einhaltung des erst vor wenigen Tagen vereinbarten Waffenstillstandes demonstriert. Anhänger des Predigers Muktada el Sadr fingen Schlägereien an, als die Demonstranten zum Imam-Ali-Schrein marschierten. Der Schrein sei aus Sicherheitsgründen geschlossen worden, berichteten Augenzeugen.
  • Die Welle von Angriffen auf amerikanische Soldaten im Irak ebbt nicht an. Nahe Falludscha wurde am 11. Juni ein Autobombenanschlag auf eine US-Patrouille verübt, bei der aber niemand verletzt wurde.
    Bei einer anderen Attacke in Bagdad war zuvor ein Amerikaner getötet worden.
    Die US-Truppen haben inzwischen beschlossen, weiteren Schaden von den archäologischen Stätten im Irak abzuwenden. So soll die Armee das Hauptquartier der multinationalen Division im antiken Babylon an einen anderen Ort verlegen. (dpa, 11. Juni)
  • Südkorea will die seit langem angekündigte Stationierung von Truppen in Nordirak im August wahr machen. Das teilte das Verteidigungsministerium in Seoul am 11. Juni mit. Eine endgültige Entscheidung über die Entsendung von 3.600 Soldaten nach Erbil werde zwar erst in der kommenden Woche getroffen, sagte ein Vertreter der regierenden Uri-Partei, Hong Jai Hyung. Er betonte aber: "Die Regierung und der Präsident müssen ihr Versprechen halten." Dies sei für das Bündnis Südkoreas mit den USA notwendig.
  • Die Niederlande ziehen ihre Soldaten im März 2005 aus Irak ab. Ihr Einsatz werde dann nicht weiter verlängert, kündigte Regierungschef Jan Peter Balkenende am 11. Juni an. Eigentlich reichte das Mandat der niederländischen Soldaten nur bis Juli; es sei um acht Monate verlängert worden, laufe dann aber endgültig aus, sagte Balkenende. "Acht Monate zusätzlich, mehr nicht." Derzeit sind etwa 1.300 niederländische Soldaten unter britischem Kommando in der südirakischen Provinz El Muthanna stationiert.
  • Die Mehrheit der Menschen in den USA hält den Krieg gegen Irak einer Umfrage zufolge für ungerechtfertigt. In einer am 11. Juni veröffentlichten Studie der "Los Angeles Times" vertraten 53 Prozent der Befragten die Ansicht, die Lage in Irak habe den Krieg nicht gerechtfertigt, 43 Prozent befürworteten den Angriff. Bei Umfragen im November und März waren die Kriegsbefürworter noch in der Überzahl gewesen.
  • Der irakische Vize-Außenminister Bassam Kubba ist am 12. Juni auf dem Weg zur Arbeit in Bagdad erschossen worden. Unbekannte hätten Kubba am Morgen im Stadtteil Adhamijah in der Nähe der El-Assaf-Moschee ermordet, teilte ein Vertreter des irakischen Außenministeriums, Thamer el Asami, mit. Unbekannte hätten das Feuer auf ihn eröffnet und ihn im Bauch getroffen. Kubba sei ins Krankenhaus gebracht worden, wo er gestorben sei. Sein Fahrer sei verletzt worden. Nach Angaben des katarischen Fernsehsenders El Dschasira wurde Kubba von mehreren Kugeln getrofen. Der Vize-Minister ist der erste Vertreter der am 1. Juni gebildeten irakischen Übergangsregierung, auf den ein Attentat verübt wurde.
  • Der Oberbefehlshaber der US-Truppen in Irak, Generalleutnant Ricardo Sanchez, hat laut einem Pressebericht Misshandlungen von Gefangenen im Gefängnis Abu Ghraib in Irak gebilligt. Sanchez habe genehmigt, dass Wärter in Abu Ghraib "wann immer sie es wollten" Gefangene mit Militärhunden, Extremtemperaturen, Störungen des Schlafrhythmus, dem Abschneiden von Sinneseindrücken sowie mit Wasser und Brot als einziger Kost unter Druck setzen konnten, berichtete die "Washington Post" am 12. Juni unter Berufung auf Dokumente der US-Regierung. Demnach bediente sich Sanchez einer Liste mit Verhörtaktiken für das US-Gefangenenlager Guantánamo in Kuba.
  • Sieben in Irak als Geiseln genommene Türken sind wieder frei. Die Bauarbeiter seien freigelassen worden und befänden sich bereits auf dem Heimweg in die Türkei, sagte ein Sprecher der türkischen Botschaft in Bagdad am 12. Juni. Dies habe der Arbeitgeber der Männer mitgeteilt. Die Bauarbeiter waren Anfang der Woche verschleppt worden.
  • Bei der Explosion einer Bombe am Straßenrand im Osten Bagdads kam am 12. Juni nach Angaben der US-Armee ein Iraker ums Leben.
    Aufständische feuerten am 12. Juni Raketen und Granaten auf einen Stützpunkt der Koalitionstruppen nördlich von Bagdad. Berichte über Schäden oder Opfer lagen nach US-Angaben nicht vor.
    In ein Gebäude im Osten Bagdads schlug am Abend des 12. Juni eine Granate ein. Dabei entstand ein Feuer, Menschen kamen nicht zu Schaden.
    Auf einer Straße nördlich von Falludscha wurde am Abend des 12. Juni ein US-Konvoi angegriffen. Ein Geländewagen geriet nach Angaben eines Augenzeugen in Brand. Schüsse und eine Explosion seien zu hören gewesen. Berichte über Opfer lagen zunächst nicht vor.
  • Bei einer Pressekonferenz in Bagdad am 12. Juni räumte US-Brigadegeneral Mark Kimmitt ein, dass die Amerikaner ihre Ziele in Falludscha nicht erreicht hätten. Es gebe noch viel zu tun, bis die Koalition und die irakische Regierung eine zufriedenstellende Lösung für Falludscha gefunden hätten, sagte Kimmitt. Koalitionssoldaten hatten ihre Offensive gestoppt, nachdem sie Falludscha drei Wochen lang belagert hatten. Einsatzziele waren unter anderem die Gefangennahme des radikalen schiitischen Predigers Muktada el Sadr und der Mörder von vier amerikanischen Zivilangestellten, deren verbrannte Leichen im März an einer Brücke aufgehängt wurden. Bei der Belagerung wurden zehn US-Marineinfanteristen und Hunderte Iraker getötet.
  • Auch deutsche Sicherheitskräfte sind angeblich derzeit im Irak im Einsatz oder bereiten sich auf ihren Dienst dort vor. Ein 37-jähriger ehemaliger Fallschirmjäger der Bundeswehr habe gestanden, dass er bald nach Bagdad reisen wolle, um dort Aufgaben als Personenschützer für einen europäischen Manager zu übernehmen, berichtet die Zeitung "Bild am Sonntag" am 13. Juni. Nach eigenen Angaben erhalte er als Bodyguard dort einen Sold von 1.400 Euro am Tag. Er habe sich für ein halbes Jahr für diesen Job verpflichtet. Vermittler von Sicherheitskräften für den Irak sei der Lübecker Geschäftsmann Björn-Michael Birr, schreibt das Blatt. Der frühere Angehörige der Grenzschutzgruppe 9 (GSG 9) leite die Firma BSN (Baltic Safety Network), die in einer ehemaligen Kaserne in Lübeck-Blankensee unter anderem Sicherheitspersonal für Flughäfen und andere gefährdete Gebäude sowie Personenschutzfachkräfte ausbilde. Birr habe eingeräumt, bereits mehrere deutsche Bodyguards in den Irak vermittelt zu haben.
  • In der irakischen Hauptstadt Bagdad hat es am Morgen des 13. Juni mehrere starke Explosionen gegeben. Die Detonationen im Zentrum der Stadt ereigneten sich gegen 08.30 Uhr Ortszeit (06.30 Uhr MESZ), wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Ein US-Armeesprecher erklärte, es habe eine Explosion gegeben. Noch sei der Ort unklar.
  • In der irakischen Hauptstadt Bagdad ist erneut ein ranghoher Regierungsmitarbeiter erschossen worden. Kamal Dscharrah, Direktor für kulturelle Beziehungen im Bildungsministerium, sei am Morgen des 13. Juni vor seinem Haus im Stadtteil Ghasalia im Westen Bagdads erschossen worden, teilte ein Ministeriumsvertreter mit. Er sei auf der Stelle tot gewesen. Die Leiche sei ins Jarmuk-Krankenhaus gebracht worden.
  • 16 Menschen starben nach Angaben von El Dschasira, als am 13. Juni eine Autobombe in dem Bagdader Stadtteil Rostamija detonierte. Unter den Toten sollen sechs irakische Polizisten sein. Außerdem berichteten Augenzeigen von schweren Explosionen in Bagdads Regierungsviertel am Westufer des Tigris. Dabei soll es schwere Schäden an einem Palast des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein gegeben haben.
  • Die US-Armee hat einem Zeitungsbericht zufolge bei mindestens 50 Luftangriffen auf hohe irakische Vertreter im Irak-Krieg im vergangenen Jahr Fehlschläge hinnehmen müssen. Grund für die gescheiterten Angriffe seien falsche Geheimdienstinformationen gewesen, berichtete die Tageszeitung "New York Times" am 13. Juni unter Berufung auf hochrangige US-Vertreter aus Militär und Geheimdiensten. Bei den Attacken mit Präzisionsbomben, von denen nur wenige öffentlich bekannt geworden seien, seien bisweilen zahlreiche unschuldige Zivilisten getötet worden. Die "New York Times" zitierte einen anonymen hochrangigen US-Offizier mit den Worten, die Angriffe seien "allesamt nur Ratespiele" gewesen. Innerhalb der Regierung sei noch umstritten, ob die falschen Informationen zu den Aufenthalten der anvisierten irakischen Vertreter auf ein Scheitern der Geheimdienste oder gezielte Desinformation von irakischer Seite zurückzuführen seien. Möglicherweise hätten Doppelagenten oder irakische Offiziere, die damit rechneten, dass ihr Funkverkehr von den USA abgehört wurde, bewusst falsche Informationen gestreut.
  • Die US-geführte Zivilverwaltung will auch nach der Machtübergabe an die irakische Regierung in gut zwei Wochen bis zu 5.000 Gefangene unter ihrer Kontrolle behalten. Von den derzeit knapp 6.400 irakischen Häftlingen unter Verwaltung der Besatzer würden bis zum 30. Juni mindestens 1400 entweder an die irakischen Behörden übergeben oder freigelassen, sagte ein Sprecher der US-geführten Zivilverwaltung am 13. Juni in Bagdad. Es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass es jeden Tag weitere Angriffe auf die Koalitionstruppen gebe und daher auch weiterhin Verdächtige festgenommen werden würden.
14. bis 15. Juni
  • Auf der verkehrsreichsten Straße Bagdads sind am Morgen des 14. Juni bei der Explosion einer Autobombe offenbar zahlreiche Menschen getötet worden. Ein Offizier der irakischen Zivilverteidigung sprach von zwölf Toten. Der arabische Sender El Dschasira berichtete von mindestens drei Toten und 25 Verletzten. Wütende Iraker riefen "Nieder mit den USA" und zündeten eine amerikanische Flagge an. Laut einer am 13. Juni von den US-Streitkräften veröffentlichten Statistik explodierten im Juni schon 15 Autobomben in Irak. Unter den Verletzten seien mindestens drei Ausländer, sagte Interims-Ministerpräsident Allawi in Bagdad. Die Ausländer seien im Elektronik-Sektor mit "Hilfe für Irak" beschäftigt gewesen, fügte Allawi hinzu, ohne jedoch Angaben über deren Nationalität zu machen. Ein Polizeioffizier hatte zuvor von einem Sudanesen unter den Todesopfern berichtet. Krankenhausangaben zufolge wurden insgesamt mindestens sieben Menschen getötet und 50 weitere verletzt.
    Nach dem Autobombenanschlag in Bagdad ist die Zahl der Todesopfer auf 16 gestiegen. Bei dem Anschlag seien fünf Ausländer und elf Iraker getötet worden, sagten Sprecher von Militär und Krankenhäusern am Montag. Mindestens 60 Menschen wurden verletzt.
  • Ingenieure der neuseeländischen Armee sind am 14. Juni im südirakischen Basra unter Beschuss geraten. Der Stützpunkt der Ingenieure sei von drei Mörsergranaten getroffen worden, berichtete das neuseeländische Radio unter Berufung auf einen Beamten des Verteidigungsministeriums. Angaben über Opfer lagen zunächst nicht vor. In der Region sind rund 80 neuseeländische Armee-Ingenieure stationiert, die unter britischem Kommando stehen.
  • Hochrangige US-Militärs wussten einem Pressebericht zufolge seit langem von Misshandlungen Gefangener im Gefängnis Abu Ghraib in Irak. Wie die "New York Times" am 14. Juni berichtete, schrieb eine Gruppe von Vernehmungsbeamten bereits vor rund sechs Monaten Berichte über Fälle von Misshandlungen an Vorgesetzte. Die Zeitung beruft sich auf US-Soldaten, die in der Haftanstalt nahe der irakischen Hauptstadt Bagdad eingesetzt waren. US-Regierungsvertreter hatten bislang betont, bei den Misshandlungen handle es sich um Einzelfälle, welche erst nach der Veröffentlichung von Bildern im April bekannt geworden seien.
  • Unbekannte haben fünf kurdische Rekruten der neuen irakischen Armee nördlich von Bagdad getötet und ihre Leichen anschließend verbrannt. Die Männer seien auf dem Weg zu ihrer Ausbildung in der Region von Tadschi zehn Kilometer nördlich von Bagdad gewesen, sagte ein Verantwortlicher der Patriotischen Union Kurdistans am 14. Juni bei der Trauerfeier in Kirkuk. Ihr Auto habe in der Region zwischen Berdschil und Samarra 75 Kilometer entfernt von Bagdad eine Panne gehabt, worauf sie eine Garage aufgesucht hätten. Dort seien sie angegriffen worden. Die Täter hätten die Leichen der Opfer in den Wagen gesteckt und anschließend in Brand gesetzt. Der Angriff ereignete sich den Angaben zufolge bereits am 12. Juni.
  • Die Vereinten Nationen wollen nach den Worten von UN-Generalsekretär Kofi Annan ihr Engagement in Irak nur dann fortsetzen, wenn die Sicherheitslage dies zulässt. "Wenn die Sicherheitsbedingungen es erlauben, haben wir die Absicht, unsere Bemühungen fortzusetzen, dem irakischen Volk zu helfen", erklärte Annan am 14. Juni am Rande der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung in der brasilianischen Stadt Săo Paulo. Es hänge von der Lage nach dem für Ende Juni geplanten Machttransfer an die irakische Übergangsregierung ab. Die Sicherheitslage in Irak müsse sich "verbessern", betonte Annan.
  • In Irak sind drei Libanesen verschleppt worden, für deren Freilassung die Geiselnehmer ein Lösegeld verlangen. Die libanesische Zeitung "As-Safir" berichtete unter Berufung auf Diplomaten, unbekannte Täter hätten am 14. Juni zwei für eine Baufirma in Irak tätige Libanesen entführt. Außerdem sei bereits vor einem Monat ein aus Südlibanon stammender Mitarbeiter einer Marketingfirma verschleppt worden.
  • Der Tod von sechs irakischen Lastwagenfahrern belastet erneut das Verhältnis zwischen Schiiten und Sunniten. Aufgebrachte Schiiten versammelten sich am 15. Juni auf dem Firdus-Platz in Bagdad zur Beisetzung. Die Leichen waren am 14. Juni in Ramadi gefunden worden. Den Trauernden zufolge wurden die Lkw-Fahrer von sunnitischen Extremisten in Falludscha ermordet, nachdem sie von der irakischen Polizei den Aufständischen übergeben worden waren. Die Fahrer sollten Zelte für die im vergangenen Monat gegründete Falludscha-Brigade transportieren, die die Kontrolle in der Stadt übernehmen soll. Die Fahrer seien auf dem Rückweg von Bewaffneten gestoppt und verschleppt worden, berichteten Teilnehmer der Beerdigung. Einige hätten in eine Polizeistation flüchten können. Die Polizisten hätten die Männer dann einem Geistlichen übergeben. Dieser habe sie wegen ihrer schiitischen Religion nicht gehen lassen wollen, berichtete ein Mann namens Alaa Mery.
  • Der irakische Übergangspräsident Ghasi El Jawar hat die Beteiligung von Armeekontingenten aus den Nachbarstaaten an der multinationalen Stabilisierungstruppe nach dem 30. Juni abgelehnt. Für die Wiederherstellung der Sicherheit in Irak sei die Beteiligung arabischer Staaten an der multinationalen Truppe notwendig, nicht jedoch die der Nachbarstaaten, sagte Jawar am 15. Juni in Bagdad. Die Iraker befürchten, dass Streitkräfte aus Staaten wie Iran oder Syrien einseitig Stellung zugunsten einzelner irakischer Volksgruppen beziehen und dadurch das Land weiter destabilisieren könnten.
  • Die Vereinigten Staaten haben den Zeitpunkt der Überstellung Saddam Husseins an die irakischen Behörden offen gelassen. Der frühere irakische Machthaber werde zur "geeigneten Zeit" übergeben, um "sich dem Urteil des irakischen Volkes zu stellen", sagte ein Regierungssprecher am 15. Juni in Washington. Die irakische Übergangsregierung hatte zuvor erklärt, Saddam Hussein solle noch vor dem Machtwechsel am 30. Juni von den USA an die Iraker übergeben werden.
  • Nach einem Anschlag auf eine Pipeline nahe der südirakischen Stadt Basra ist die Ölausfuhr über die beiden Terminals in Südirak gestoppt worden. Dies sagte der Leiter des Hafenterminals von Basra, Moajjed Haschem, am 15. Juni der Nachrichtenagentur AFP. Ölminister Thamer Ghadban sprach von Sabotage. Unbekannte hätten die Ölleitung südlich von Basra gesprengt.
  • Der Vier-Sterne-General George Casey wird Nachfolger von Ricardo Sanchez als Oberbefehlshaber der US-Bodentruppen in Irak. Dies teilte das Pentagon am 15. Juni mit. Casey ist bisher Vizestabschef des Heeres. Er war bereits in den vergangenen Wochen in den US-Medien als möglicher Nachfolger von Sanchez genannt worden.
  • Auf Wunsch der USA entsendet das südpazifische Königreich Tonga 44 Soldaten zur Verstärkung der US-geführten Truppen in Irak. Regierungschef 'Ulukalala Lavaka Ata sagte am 15. Juni, das Kontingent werde an der Seite der gleichen US-Marine-Division dienen, die während des Zweiten Weltkriegs auf dem Pazifik-Atoll im Einsatz war. Die insgesamt 400 Mann starke tongaische Armee ist größtenteils eine Palastgarde. Im vergangenen Jahr waren Einheiten des Königreichs allerdings an der multinationalen Eingreiftruppe auf der von schweren ethnischen Konflikten erschütterten südpazifischen Inselgruppe Salomonen beteiligt. Ausgerüstet ist die Truppe überwiegend mit veralteten belgischen Sturmgewehren. Im 169 Inseln umfassenden Königreich Tonga nordöstlich von Neuseeland leben etwa 110.000 Einwohner hauptsächlich vom Fisch- und Kürbisexport sowie von den Überweisungen ausgewanderter Landsleute.
  • Die irakische Übergangsregierung hat sich am 15. Juni die Unterstützung der Nachbarländer gesichert. Am Rande eines Treffens der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) erklärten die Delegierten der Nachbarländer und Ägyptens, sie begrüßten die geplante Machtübergabe am 30. Juni und wünschten der neue Regierung viel Erfolg. An dem Treffen nahmen Vertreter aus der Türkei, Iran, Kuwait, Saudi-Arabien, Jordanien, Syrien und Ägypten sowie der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi teil. Sie betonten in einer Stellungnahme, die Souveränität müsse vollständig auf die Iraker übertragen werden. Sie begrüßten außerdem die in der vergangenen Woche verabschiedete UN-Resolution, die die Machtübergabe regeln soll.
  • Umfrage im Irak
    Mehr als die Hälfte der Iraker würde sich in ihrem Land sicherer fühlen, wenn die amerikanischen Besatzungstruppen einfach abzögen. Etwa ebenso viele sind der Ansicht, dass alle Amerikaner sich so verhalten wie die der Folter beschuldigten Wachleute im Bagdader Abu-Ghraib-Gefängnis. Dies ist das Ergebnis einer bislang unveröffentlichten Umfrage unter 1.093 Irakern, die der von den USA eingesetzte Regierungsrat im Mai durchführte. Die Nachrichtenagentur AP erhielt am 15. Juni von US-Beamten eine Kopie dieser Erhebung.
    Demnach vertraten 63 Prozent der Befragten die Ansicht, dass sich ihre Situation verbessern dürfte, sobald die neue Übergangsregierung im Amt ist. Das Vertrauen in die Besatzungsverwaltung lag lediglich bei 11 Prozent gegenüber 47 Prozent im vergangenen November. Die Besatzungstruppen erhielten mit 10 Prozent noch weniger Unterstützung.
    Fast die Hälfte der Befragten klagte über mangelnde Sicherheit auf den Straßen. 55 Prozent erklärten, sie würden sich sicherer fühlen, wenn die US-Truppen das Land verließen. Im vergangenen Januar hatten nur 28 Prozent diese Ansicht vertreten. 41 Prozent forderten einen sofortigen Abzug der Amerikaner, 45 Prozent wollten damit nur noch bis zum Amtsantritt einer permanenten Regierung warten.
    71 Prozent der Befragten zeigten sich überrascht über die Bilder vom Folterskandal in irakischen Gefängnissen. 54 Prozent erklärten jedoch, ein solches Verhalten sei allen Amerikanern zuzutrauen. Bei 81 Prozent hat der radikale schiitische Prediger Muktada el Sadr an Sympathien gewonnen. 64 Prozent werteten seinen Aufstand als Aktion, um Irak zu vereinen. Allerdings wollten nur zwei Prozent El Sadr als Präsidenten sehen - noch weniger als den gestürzten Staatschef Saddam Hussein, den drei Prozent unterstützen wollten.


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