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Chronik Afghanistan

September 2007


Samstag, 1. September, bis Sonntag, 2. September
  • [Wiederholung der Meldung vom 31. Aug.]
    Afghanische Polizisten und Soldaten der internationalen Koalitionstruppen haben nach eigenen Angaben bei mehreren Gefechten rund 40 Aufständische getötet. In der zentralafghanischen Provinz Ghasni, in der erst kürzlich 19 südkoreanische Geiseln freikamen, entdeckte die Polizei am 31. Aug. eine Gruppe von Taliban, die gerade einen Angriff vorbereiten wollten. Bei den Kämpfen mit den Aufständischen seien 18 von ihnen getötet und sechs gefangen genommen worden, sagte Polizeigeneral Ali Schah Ahmadai am 1. Sept.
    Im Süden Afghanistans wurden nach Angaben der Koalitionstruppen nahezu zwei Dutzend Aufständische getötet. Die Rebellen hätten am 31. Aug. in der Provinz Helmand eine gemeinsame Patrouille von afghanischen Polizisten und Truppen der US-geführten Koalitionsstreitkräfte mit Granaten und Schusswaffen angegriffen, hieß es in einer Mitteilung. Bei dem folgenden Gefecht seien fast zwei Dutzend der Angreifer getötet worden. Eigene Verluste habe es nicht gegeben.
    Ein Sprecher der Taliban, Sabihullah Mudschaheed, sagte, bei den Angriffen seien etwa 40 Zivilisten getötet worden. Die Information konnte von unabhängiger Seite nicht bestätigt werden.
  • Bei einem Selbstmordanschlag nahe der Grenze zu Afghanistan sind am 1. Sept. vier pakistanische Soldaten getötet worden. Wie die Streitkräfte mitteilten, steuerte der Attentäter sein mit Sprengstoff beladendes Fahrzeug in der Stammesregion Bajur gegen einen Wagen der Sicherheitskräfte. Es gab fünf Verletzte, unter ihnen zwei Zivilpersonen.
  • Offenbar wegen unklarer Sicherheitsanordnungen ist eine Beamtin der Bundespolizei in Afghanistan beschossen worden. Nach einem Vorabbericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel" vom 1. Sept. wurde ihr Wagen, in dem sie mit einem finnischen Kollegen saß, an einem afghanischen Kontrollpunkt am Kabuler Flughafen zum Halten aufgefordert. Die afghanischen Polizisten hätten das Feuer eröffnet, weil die Deutsche ihren eigenen Weisungen gemäß die Aufforderung ignoriert und Gas gegeben habe. Mehrere Schüsse seien in den Geländewagen eingeschlagen, ohne jemanden zu verletzen, hieß es weiter. Das Bundesinnenministerium arbeitet dem Bericht zufolge an anderen Identifikationsverfahren, um solche Zwischenfälle künftig zu vermeiden.
  • Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) will die Personalstärke beim umstrittenen Anti-Terror-Einsatz Operation Enduring Freedom (OEF) offenbar deutlich reduzieren. Laut "Welt am Sonntag" (vom 2. Sept.) schlägt der Minister eine Verringerung von 1.800 auf 1.400 vor. Der SPD soll damit eine Zustimmung zu der Verlängerung des Mandats im November erleichtert werden, hieß es.
    SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Struck forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel zu mehr Überzeugungsarbeit hinsichtlich des Afghanistan-Einsatzes auf. Struck forderte Merkel auf, stärker für den deutschen Einsatz in Afghanistan zu werben. Er verteidigte im "Spiegel" den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, räumte aber ein, dass es in der SPD Forderungen nach einem Rückzug gebe. So könne ein Staat wie Deutschland international jedoch nicht agieren. Er glaube, dass das internationale Engagement "noch mindestens zehn weitere Jahre" dauern werde, bis Afghanistan auf eigenen Beinen stehen könne.
  • Für Soldaten und Helfer aus Deutschland verschärft sich die Sicherheitslage in Afghanistan offenbar immer mehr. Laut einer neuen Lageanalyse des Bundesnachrichtendienstes (BND) heißt es nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" (2. Sept.), die Taliban machten die Einsätze deutscher Tornado-Aufklärungsjets "mit verantwortlich für die US-amerikanische Luftkriegsführung in Afghanistan". Aus deutschen Sicherheitskreisen heißt es zu dem BND-Bericht laut "BamS": "Damit wird Deutschland auch im Empfinden der afghanischen Bevölkerung zur Besatzungsmacht." Deshalb sei mit weiteren Taliban-Anschlägen auf Deutsche zu rechnen.
  • Nach ihrer Freilassung aus afghanischer Geiselhaft sind 19 Südkoreaner am 2. Sept. unter Tränen von ihren Familien in der Heimat begrüßt worden. "Wir waren praktisch gestorben und haben unser Leben zurückerhalten", sagte der Sprecher der Gruppe nach ihrer Ankunft am Flughafen Incheon nahe Seoul. Er versprach, die Ex-Geiseln würden die "große Schuld", die sie gegenüber ihrem Land und ihrem Volk auf sich geladen hätten, zurückzahlen. Die südkoreanische Regierung dementierte Medienberichte, denen zufolge sie die Freiheit ihrer Landsleute mit Lösegeld erkauft hatte.
  • Afghanistans Vize-Präsident Ahmad Sia Massud hat der internationalen Gemeinschaft Versagen im Kampf gegen den Drogenhandel in seinem Land vorgeworfen. Die Maßnahmen müssten verschärft werden und in die Hände der afghanischen Regierung übergehen, forderte Massud in der britischen Wochenzeitung "The Sunday Telegraph" (2. Sept.). Er verwies auf den am vergangenen Montag (27. Aug.) veröffentlichten Opium-Jahresbericht der UNO, demzufolge die Opium-Ernte in Afghanistan in diesem Jahr um 34 Prozent gestiegen ist.
  • Bei einem US-Luftangriff auf mutmaßliche Taliban-Stellungen im Osten des Landes sind nach afghanischen Angaben vier Zivilisten getötet und fünf weitere verwundet worden. Der Vorfall habe sich in der Provinz Kunar ereignet, teilte die Polizei am 2. Sept. mit. "Vier Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, wurden bei einem US-geführten Angriff auf Taliban-Kämpfer getötet und fünf weitere wurden verletzt." Ein Sprecher der US-Armee bestätigte, dass am 1. Sept. Angriffe in der Region geflogen wurden. "Wir haben auch Berichte über unbeteiligte Opfer gehört, aber diese wurden bisher nicht bestätigt."
Monntag, 3. September, bis Sonntag, 9. September
  • Grünen-Parteichefin Claudia Roth hat ihr Nein zur Verlängerung des Tornado-Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan bekräftigt. Der neueste Lagebericht des Bundesnachrichtendienstes (BND) bekräftige ihre Befürchtung, dass die Bevölkerung Afghanistans die Aufklärungsflugzeuge als Teil des US-geführten Luftkrieges empfänden, sagte Roth am 3. Sept. im Südwestrundfunk. Deutsche Soldaten hätten "bei dieser Art des Krieges gegen den Terror nichts, aber auch gar nichts zu suchen". Die Grünen-Chefin verlangte im Bayerischen Rundfunk stattdessen "eine zivile Großoffensive" in Afghanistan.
  • Die Bundesregierung sieht derzeit keine Notwendigkeit für einen Strategiewechsel in Afghanistan. Auch künftig sei eine Präsenz von Bundeswehr und zivilen Helfern notwendig, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am 3. Sept. in Berlin. Wilhelm sagte, Politik könne sich "nicht von Umfragen abhängig machen". Gerade bei der militärischen Hilfe im Rahmen des NATO-Einsatzes gehe es um die Verlässlichkeit Deutschlands. Ein schneller Rückzug würde nur dazu führen, dass sich terroristische Strukturen wieder etablierten, was nicht zuletzt die Sicherheit Deutschlands gefährden würde. Zudem habe Deutschland eine Verpflichtung gegenüber den Menschen in Afghanistan.
  • Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) plant einem Zeitungsbericht zufolge eine eigene Aufbaumission in Afghanistan. Mögliche Aufgaben für die auf Konfliktlösung spezialisierte Organisation seien Hilfe bei der Polizei-Ausbildung oder bei der Grenzsicherung, sagte OSZE-Generalsekretär Marc Perrin de Brichambaut dem "Handelsblatt" (Ausgabe vom 4. Sept.). Eine Entscheidung darüber könne beim nächsten Ministerratstreffen der OSZE Ende November in Madrid getroffen werden, sagte de Brichambaut. Art und Umfang der Mission hingen allerdings von der Hilfsbereitschaft der 56 Teilnehmerstaaten ab.
  • Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hat sich offen für eine Verlängerung des Mandats zum US-geführten Anti-Terror-Einsatz «Enduring Freedom» (OEF) in Afghanistan ausgesprochen. "Wenn man Einfluss nehmen will, sollte man es durch eigene Kooperation tun. Sonst überlässt man die Strategie ja ganz den Amerikanern", sagte sie dem "Handelsblatt" (5. Sept.). Auf die Frage, ob SPD-Chef Kurt Beck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Fraktionschef Peter Struck, die beim SPD-Parteitag Ende Oktober für eine Verlängerung des umstrittenen Mandats werben wollen, auf ihre Unterstützung rechnen könnten, sagte die SPD-Linke: "Ja". Allerdings verlangte Wieczorek-Zeul eine Korrektur der militärischen Strategie: "Bei der notwendigen Eindämmung der Taliban dürfen zivile Opfer nicht einfach in Kauf genommen werden." Auch halte sie die Einbindung der afghanischen Regierung für unzureichend. Sie schlug "eine Form der Selbstverpflichtung" vor, um so "den Einsatz von Enduring Freedom an die Zustimmung der afghanischen Regierung zu binden".
  • Bei den jüngsten Gefechten im Süden Afghanistans sind mehr als als 20 Aufständische getötet worden. Die US-Truppen forderten Luftunterstützung gegen Taliban-Kämpfer im Bezirk Schah Wali Kot an, wie die Führung des Anti-Terror-Einsatzes "Operation Enduring Freedom" am 5. Sept. mitteilte. Neben Einheiten des von den USA geführten Bündnisses waren auch afghanische Truppen an den Kämpfen in der Provinz Kandahar beteiligt.
    Zu Gefechten kam es auch in der Provinz Ghasni. Dabei kam nach afghanischen Angaben ein Taliban-Kommandeur ums Leben, der an der jüngsten Entführung von 23 Südkoreanern beteiligt gewesen sein soll.
  • Die Bundesregierung hat eine neue Afghanistan-Strategie beschlossen, die den zivilen Aufbau des Landes stärker in den Mittelpunkt rückt. Unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel verständigte sich das Kabinett am 5. Sept. außerdem darauf, die Mandate für die Beteiligung an der Schutztruppe ISAF und die Tornado-Aufklärer der Bundeswehr zu einem einzigen Auftrag zusammenzufassen. Verteidigungsminister Franz Josef Jung sprach von einer Obergrenze von 3.500 Soldaten für beide Missionen, deren Zusammenlegung das Kabinett endgültig am 19. September beschließen will. Darüber und über die weitere Beteiligung an der Anti-Terror-Mission "Operation Enduring Freedom" (OEF) soll der Bundestag in getrennten Abstimmungen entscheiden. Das OEF-Mandat läuft am 15. November aus. Geplant ist eine Senkung der Personalobergrenze von 1.800 auf 1.400.
    Die neue Afghanistan-Strategie wurde von vier Ministerien ausgearbeitet: Auswärtiges, Innen, Verteidigung und Entwicklung. Kern ist der "vernetzte Ansatz": "Ohne Sicherheit kein Wiederaufbau und umgekehrt", wie das Verteidigungsministerium formulierte. Dazu sollen die Mittel für den zivilen Aufbau von 100 Millionen Euro in diesem Jahr auf 125 Millionen Euro 2008 aufgestockt werden.
  • Nach dem Beschluss des neuen Afghanistan-Konzepts im Bundeskabinett am 5. Sept. haben Opposition und Hilfsorganisationen umfangreiche Nachbesserungen gefordert. Die Bundesregierung habe einen "dringend notwendigen Strategiewechsel" versäumt, erklärte Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin. Die Kinderhilfsorganisation World Vision forderte, die deutsche Hilfe müsse künftig vorrangig in Aufbauarbeit und nicht im militärischen Einsatz bestehen.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonten die Bedeutung des deutschen Afghanistan-Einsatzes für die Sicherheit im eigenen Land. Die vom Kabinett beschlossene Vorlage enthält die Zusage zu weiterem militärischen Engagement einschließlich der Beteiligung an der Anti-Terror-Operation Enduring Freedom (OEF). Zugleich werden die Bemühungen um den zivilen Aufbau stärker in den Mittelpunkt gerückt. Über die Dauer des Bundeswehr-Einsatzes werden keine Angaben gemacht. Merkel kündigte im Nachrichtensender N24 an, Deutschland werde sich noch stärker in der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte im Norden des Landes engagieren. Schließlich könne Deutschland seine Sicherheit "heute nicht nur aus der Heimat heraus verteidigen, sondern dazu muss man auch engagiert sein in anderen Ländern".
  • Bei Kämpfen in der südafghanischen Provinz Ghasni töteten die afghanische Armee und die US-geführten Koalitionstruppen nach Polizeiangaben seit dem Abend des 4. Sept. mehr als 50 mutmaßliche Taliban-Kämpfer.
  • Bei Bombenanschlägen der Taliban sind nach Angaben der NATO in diesem Jahr bereits 227 afghanische Zivilpersonen getötet worden. Damit hätten die Anschläge unter der Bevölkerung wesentlich mehr Menschen das Leben gekostet als unter den afghanischen Soldaten und den internationalen Truppen, teilte die NATO-Schutztruppe ISAF am 5. Sept. mit.
  • Erneute Angriffe von Aufständischen kosteten zwei ISAF-Soldaten und zwei afghanischen Soldaten das Leben. Die Angehörigen der ISAF-Truppe wurden nach Angaben der NATO vom 5. Sept. in der Provinz Kandahar angegriffen. Die beiden afghanischen Soldaten wurden bei der Explosion eines Sprengsatzes unter ihrem Fahrzeug in der benachbarten Provinz Helmand getötet, wie örtliche Behörden mitteilten.
  • Die Sicherheitsbehörden haben nach Angaben von Generalbundesanwältin Monika Harms "massive Bombenanschläge" von islamistischen Terroristen in Deutschland vereitelt. Harms sagte am 5. Sept. in Karlsruhe, die drei am 4. Sept. festgenommenen Verdächtigen gehörten einer deutscher Zelle des internationalen Terrornetzwerks Dschihad-Union an. Sie hätten Terroranschläge gegen US-Einrichtungen in Deutschland vorbereitet. Es sei "eine der bislang schwerwiegendsten Anschlagsplanungen" in Deutschland gewesen. Über mögliche Ziele machte Harms keine konkreten Angaben. Nach Einschätzung des Bundeskriminalamts (BKA) sollten die geplanten Anschläge möglichst viele Menschen töten oder verletzen. Nach Angaben des BKA-Präsidenten Jörg Ziercke hatten sich die drei festgenommenen Männer 730 Kilogramm Wasserstoffperoxidlösung beschafft. "Diese Menge hätte ausgereicht, um Sprengsätze mit einer höheren Sprengkraft als bei den Anschlägen von Madrid und London zu konstruieren." Ziel der geplanten Aktionen seien Einrichtungen und Bürger der USA in Deutschland gewesen. Gegen einen der drei Verdächtigen - zwei zum Islam konvertierte Deutsche sowie ein Türke - ist nach Angaben von Bundesanwalt Rainer Griesbaum inzwischen Haftbefehl erlassen worden.
  • Nach den vereitelten Terroranschlägen fordern die USA die Bundesregierung zu einem weiteren Engagement in Afghanistan auf. Die US-Regierung sei sich bewusst, dass es in Deutschland derzeit eine "ernsthafte Diskussion" über die Verlängerung der Mandate gebe, sagte der Staatssekretär im US-Außenministerium, Richard Boucher, am 6. Sept. in Berlin. Der vereitelte Terroranschlag in Deutschland zeige aber, "dass wir uns weiter in Afghanistan engagieren müssen". Es sei wichtig, dass Deutschland sowohl militärisch als auch beim Wiederaufbau weiter in Afghanistan tätig sei. Die Nato-Führung benötige eine größtmögliche "Flexibilität" der in Afghanistan stationierten Truppen, betonte der US-Diplomat. Zu einem möglichen Einsatz der Bundeswehr im umkämpften Südafghanistan wollte er sich nicht äußern. Eine erhöhte Terrorgefahr gibt es durch den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr nach Einschätzung der US-Regierung nicht.
  • Die US-geführten Koalitionstruppen und einheimische Streitkräfte haben nach eigenen Angaben im Süden Afghanistans Dutzende radikalislamische Taliban-Kämpfer getötet. Mehr als 40 Taliban seien am 5. Sept. in einer zwölfstündigen Schlacht mit den Koalitionsstreitkräften in der Provinz Kandahar umgekommen, teilte die Koalition am 6. Sept. mit. Eine kleine Gruppe Aufständischer überfiel demnach die Streitkräfte im Bezirk Schah Wali Kot und erhielt später Verstärkung von rund 150 weiteren Taliban, die mit Granaten und Maschinengewehren angriffen. Kampfflugzeuge hätten die Streitkräfte unterstützt und Stellungen der Rebellen beschossen.
  • Die Spitzen von Unionsfraktion und SPD wollen für eine Fortführung aller drei Afghanistan-Mandate der Bundeswehr werben. SPD-Chef Kurt Beck sagte allerdings, über die Ausgestaltung des Mandats für die Operation "Enduring Freedom" (OEF) solle noch auf internationaler Ebene gesprochen werden. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) plädierte für eine Akzentverschiebung zugunsten der weniger strittigen ISAF-Mission. Dieses Mandat schließt künftig auch den Einsatz von Bundeswehrtornados ein. In einem Positionspapier setzt sich die CDU/CSU ebenfalls für die Fortführung aller Mandate ein, berichtet AFP am 7. Sept.
    Die afghanische Bevölkerung setze auf Deutschland große Hoffnungen; "wir dürfen diese Hoffnungen nicht enttäuschen, indem wir das Mandat gefährden", sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck nach einer Klausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion und der Parteispitze. Kritische Stimmen zum Tornado-Einsatz gab es laut Struck diesmal nicht. Zu der US-geführten OEF-Mission sagte Beck, die SPD werde die Entscheidung darüber dann treffen, "wenn sie zeitlich ansteht". Dies ist im November der Fall. Zuvor wird darüber Ende Oktober eine kontroverse Debatte auf dem SPD-Bundesparteitag in Hamburg erwartet. Für die ISAF-Mission brachte der SPD-Chef die Entsendung weiterer Polizeiausbilder ins Gespräch. Steinmeier sagte am Rande der Fraktionsklausur, die bereits bestehende Tendenz sei richtig, den OEF-Einsatz zu reduzieren und zugleich die ISAF-Mission auszubauen. Als wichtige Aufgaben nannte er erneut die Unterstützung beim Aufbau der afghanischen Armee und Polizei.
    In dem Positionspapier der Unionsfraktion werden die Zusammenlegung und Weiterführung der Mandate für die internationale Afghanistan-Schutztruppe ISAF und den Einsatz der Aufklärungs-Tornados ebenfalls befürwortet. Grundsätzlich soll der Bundeswehr-Einsatz weiter auf Nordafghanistan und Kabul beschränkt bleiben.
    FDP-Chef Guido Westerwelle signalisierte ebenfalls Zustimmung zur Verlängerung von ISAF-Mission, Tornado-Einsatz und OEF.
    Für die Linksfraktion erklärte deren Verteidigungsexperte Paus Schäfer, Struck versuche mit "zur Schau gestellter Gewissheit" in der Diskussion um die Afghanistan-Mandate das Fehlen von Konzepten zur Befriedung und zum Wiederaufbau Afghanistans zu übertünchen.
    Aktivisten des globalisierungskritischen Netzwerks Attac protestierten in Berlin gegen das Engagement der Bundeswehr in Afghanistan.
  • In einer bewegenden Trauerfeier haben Freunde und Verwandte am Samstag Abschied von einem der beiden in Afghanistan entführten und schließlich getöteten Südkoreaner genommen. Zu der Zeremonie für Pfarrer Bae Hyung Kyu in einem Vorort von Seoul versammelten sich am 8. Sept. die 21 freigelassenen südkoreanischen Geiseln sowie rund 1500 weitere Trauergäste. "Wir danken Gott, dass er sich selbst an diesem äußerst gefährlichen Ort geopfert hat", sagte der Pfarrer der presbyterianischen Kirche über den von seinen Entführern erschossenen Bae. Als während der zweistündigen Trauerfeier ein Video von dem 42-Jährigen gezeigt wurde, flossen bei Freunden und Verwandten die Tränen.
  • NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer will bei seinem bevorstehenden Berlin-Besuch für den Einsatz deutscher Militär-Ausbilder im umkämpften Süden und Osten Afghanistans werben. Das sagte de Hoop Scheffer in einem am 8. Sept. vorab veröffentlichten Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Er wünsche sich, dass es beim Einsatz der Truppen in Afghanistan möglichst wenige "Einschränkungen und Vorbehalte" gebe. De Hoop Scheffer wird am Donnerstag zu Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) in Berlin erwartet.
  • Im Süden Afghanistans sind zwei britische Soldaten am 8. Sept. bei einem Angriff von Taliban-Kämpfern getötet worden. Der Spähtrupp sei während einer nächtlichen Militäraktion in der Unruheprovinz Helmand von mehreren Taliban angegriffen worden, teilte das britische Verteidigungsministerium in London mit. Bei den anschließenden heftigen Feuergefechten seien zwei Soldaten getötet und vier weitere verletzt worden, zwei davon sehr schwer. Laut dem Ministerium kamen auch mehrere Angreifer ums Leben. Damit steigt die Zahl der seit der US-geführten Invasion Ende 2001 getöteten britischen Soldaten auf 78.
  • Die NATO-Truppen in Afghanistan haben bei Luftangriffen auf Verstecke von Aufständischen im Süden Afghanistans nach eigenen Angaben mehr als 30 mutmaßliche Islamisten getötet. Der Militäreinsatz habe am 8. Sept. in der Gegend in der südlichen Provinz Helmand stattgefunden, in der etwa zur gleichen Zeit zwei britische Soldaten bei einem Angriff von Taliban-Kämpfern ums Leben kamen, teilten die US-geführten Truppen am 9. Sept. in einer Erklärung mit. Dabei seien auch Waffenlager zerstört worden. An dem Einsatz ware nden Angaben zufolge auch afghanische Soldaten beteiligt.
  • Die Zahl der Selbstmordanschläge in Afghanistan ist nach einer am 9. Sept. vorgelegten UN-Studie zwischen 2001 und dem ersten Halbjahr 2007 dramatisch gestiegen. Wurden von 2001 bis 2005 gerade einmal fünf Selbstmordattentate gezählt, so waren es 2006 schon 123 und bis Ende August dieses Jahres 103, heißt es in einem Bericht der UN-Unterstützungsmission in Afghanistan (UNAMA). Ein Großteil der Selbstmordattentate werde von jungen Afghanen verübt, die in Pakistan angeworben und ausgebildet werden. Inzwischen seien Selbstmordattentate zum "integralen Bestandteil" der Taliban-Strategie im Kampf gegen die westlichen Truppen und die Regierung in Kabul geworden, heißt es in dem Bericht. Aber auch andere radikalislamische Gruppierungen wendeten sie vermehrt an. Ein Motiv der Attentäter sei Rache für den Tod von Zivilisten bei internationalen Militäraktionen gegen die Taliban. Andere seien entführt und zu den Attentaten gezwungen oder mit dem Versprechen auf Gewinn dazu verführt worden. Obwohl rund Dreiviertel der Anschläge afghanischen oder westlichen Soldaten galten, waren die meisten Opfer laut der Studie Zivilisten. Die meisten Selbstmordattentäter seien "jung, arm, ungebildet, von ihren Ausbildern leicht zu beeinflussen und kommen oftmals von den Koranschulen jenseits der Grenze", heißt es in dem Bericht weiter, der sich erstmals mit dem Phänomen der Selbstmordanschläge befasst. Die Studie beruht unter anderem auf Gesprächen mit rund zwei Dutzend Attentätern, die nach fehlgeschlagenen Anschlägen in Kabul inhaftiert wurden. (AFP, 9. Sept.)
  • Offenbar aus Angst vor einem Anschlag hat der afghanische Präsident Hamid Karsai am 9. Sept. eine Rede in Kabul abrupt beendet. Während der Staatschef vor 15.000 Menschen sprach, gaben die Sicherheitskräfte vor dem vollbesetzten Stadion Warnschüsse ab. Sie wollten eine Gruppe Männer davon abhalten, sich Zugang zu dem Stadion zu verschaffen, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte. Karsai hielt eine Ansprache zum Gedenken an vor sechs Jahren ermordeten Ahmad Schah Massud, der in den 80er Jahren gegen die sowjetischen Besatzungstruppen kämpfte und später den Widerstand gegen die Taliban anführte. "Die Sicherheitslage ist zunehmend schwieriger geworden", erklärte Karsai später auf einer Pressekonferenz, ohne dabei direkt auf die Vorkommnisse im Stadion einzugehen.
  • Der japanische Regierungschef Shinzo Abe hat seinen Rücktritt für den Fall erwogen, dass das Parlament das Mandat für die logistische Unterstützung der US-Truppen in Afghanistan nicht verlängert. Internationale Beiträge gehörten zu den Grundlagen seiner Diplomatie, sagte Abe am 9. Sept. nach dem Gipfeltreffen der 21 Pazifik-Anrainerstaaten in Sydney. "Wir müssen die Aktivitäten um jeden Preis fortsetzen." Das Mandat läuft am 1. November ab. Für seine Verlängerung benötigt die japanische Regierungskoalition die Unterstützung der Opposition, die die Afghanistan-Mission ablehnt. Abe steht wegen der Niederlage seiner Partei bei der Oberhauswahl im Juli auch in den eigenen Reihen verstärkt unter Beschuss. Einen Rücktritt lehnte er bislang ab.
Monntag, 10. September, bis Sonntag, 16. September
  • Japans Regierungschef Shinzo Abe hat am 10. Sept. vor dem Parlament in Tokio für die Fortsetzung des japanischen Beitrags zur Terrorismusbekämpfung in Afghanistan plädiert. Die logistische Unterstützung für die internationale Koalition in Afghanistan solle über den 1. November hinaus verlängert werden, verlangte Abe. Die Opposition lehnt die Mission, bei der die japanische Marine vom Indischen Ozean aus Nachschub-Unterstützung leistet, kategorisch ab. Oppositionsführer Ichiro Ozawa hatte gedroht, er werde mit seiner Mehrheit im japanischen Oberhaus ein Veto gegen die Verlängerung einlegen.
  • Der erst vor drei Monaten ernannte deutsche Chef der EU-Polizeimission in Afghanistan, Friedrich Eichele, muss gehen. Eichele werde im "Rahmen der Neuorganisation der Bundespolizei" in Deutschland eingesetzt, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am 10. Sept. in Berlin. Er bestätigte damit einen "Spiegel"-Bericht vom Wochenende. Der Zeitpunkt für den Abzug Eicheles ist dem Sprecher zufolge noch unklar. Als Nachfolger ist nach AFP-Informationen ein hochrangiger Polizeibeamter aus Baden-Württemberg im Gespräch.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in der südafghanischen Provinz Helmand sind am 10. Sept. 27 Menschen ums Leben gekommen. Wie der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Kabul, Sahir Azimi, mitteilte, wurden bei dem Attentat in der Stadt Gereschk mindestens sieben Polizisten und 13 Zivilisten getötet. Zudem seien mindestens 45 Menschen verletzt worden. Der von einem Motorradfahrer verübte Anschlag habe vermutlich einem ranghohen Vertreter der Polizei von Helmand, Hadschi Abdul Kodus, gegolten. Kodus habe überlebt.
  • Die Entführer des im Irak verschleppten Deutschen Sinan Krause haben sich mit einem weiteren Video gemeldet, indem sie binnen zehn Tagen den Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan fordern. Andernfalls wollen sie den 20-Jährigen hinrichten. Das in der Nacht zum 11. Sept. im Internet veröffentlichte Video zeige den Deutschen und seine bereits am 10. Juli freigelassene Mutter Hannelore Krause, berichtete die US-Organisation Intelcenter, die auf die Überwachung islamistischer Webseiten spezialisiert ist. Die mutmaßlichen Entführer haben das Video auf einer islamistischen Internetseite veröffentlicht. Es ist nach Angaben von Intelcenter zwei Minuten und 44 Sekunden lang.
    Das Auswärtige Amt in Berlin hat zurückhaltend auf das im Internet aufgetauchte Video mit Aufnahmen des im Irak entführten Deutschen Sinan Krause reagiert. "Die Aufnahme des im Irak entführten Deutschen ist offensichtlich älteren Datums und war möglicherweise schon länger auf einer einschlägigen Web-Site eingestellt."
  • Zu einer Großdemonstration gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan werden am 15. Sept. in Berlin Teilnehmer aus dem ganzen Bundesgebiet erwartet. Wie die Veranstalter am 11. Sept. in Berlin mitteilten, kommen die Demonstranten mit 30 Bussen und einem Sonderzug. Als Redner wird demnach unter anderem Linken-Chef Oskar Lafontaine auftreten. Auch eine Vertreterin der Grünen wird trotz des parallel stattfindenden Göttinger Sonderparteitags als Rednerin erwartet. (AFP)
    (Siehe hierzu: die Presseschau "Nicht in unserem Namen")
  • Der UN-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Tom Koenigs, hat Kritik am Einsatz der Bundeswehr im Norden des Landes geübt. "Ich glaube, die dort stationierte Bundeswehr sollte die Polizei im Kampf gegen Drogen und Drogenlabore tatkräftiger unterstützen und nicht sagen: Damit haben wir nichts zu tun", sagte Koenigs der "Berliner Zeitung" (Ausgabe vom 12. Sept.). Es gebe etwa in der Provinz Badakschan "einen hervorragenden Polizeichef", dem die nötige Unterstützung fehle. "Man könnte mehr für die Durchsetzung des Rechtsstaates tun", sagte Koenigs der Tageszeitung.
    Das Verhandlungsangebot des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai an die Taliban bewertete Koenigs positiv: "Die Talibanbewegung ist vielfältig. Man kann da nicht alle in einen Topf schmeißen." Viel werde von Streitigkeiten zwischen verschiedenen Stämmen bestimmt, nicht von Ideologien. "Da ist das meiste verhandelbar und lässt sich auf der Grundlage der Verfassung umsetzen", sagte Koenigs. Man sei jetzt an einem Punkt, wo sich die Regierung und ihre Freunde überlegen müssten, wie man Frieden mache.
  • Der US-Geheimdienst CIA hat den Taliban in Afghanistan nach Angaben der "Berliner Zeitung" eine Regierungsbeteiligung angeboten, wenn sie sich im Gegenzug vom Terrornetzwerk El Kaida trennen. In der zweiten Augusthälfte hätten in der pakistanischen Stadt Quetta direkte Gespräche zwischen den USA und den Talibanmilizen stattgefunden, berichtete die Tageszeitung am 12. Sept. unter Berufung auf diplomatische Kreise in Afghanistan. Demnach trafen sich Vertreter der CIA mit Repräsentanten der sogenannten Quetta-Shura, der Talibanführung um Mullah Mohammed Omar.
  • Japans Regierungschef Shinzo Abe hat seinen Rücktritt erklärt. Das teilte der konservative Politiker auf einer Pressekonferenz am 12. Sept. in Tokio mit. Abe, der erst seit September vergangenen Jahres im Amt war, reagierte damit auf eine Reihe von Skandalen, Ministerrücktritte und die Niederlage seiner liberaldemokratischen Partei (LPD) bei den Oberhauswahlen im Juli. Noch am 10. Sept. hatte der angeschlagene Regierungschef in Tokio seinen Rücktritt ausgeschlossen. Ende August hatte Abe bei einer groß angelegten Kabinettsumbildung alle wichtigen Minister ausgetauscht, um das Vertrauen seiner Bürger zurückzugewinnen. Abe hatte am 10. Sept. vor dem Parlament in Tokio für die Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes über den 1. November hinaus geworben, einen Rücktritt aber ausgeschlossen. Oppositionsführer Ichiro Ozawa hatte angekündigt, dass er mit seiner Mehrheit im Oberhaus ein Veto gegen die Verlängerung einlegen werde.
  • Umnfrage: Eine knappe Mehrheit der Bundesbürger ist nach einer Umfrage für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. In der Befragung des Forsa-Instituts plädierten 52 Prozent dafür, dass die Bundesregierung den Einsatz abbrechen sollte. 43 Prozent vertraten die Meinung, dass die Truppen stationiert bleiben sollen. Damit sank die Zustimmung deutlich: Bei einer vergleichbaren Umfrage vor zwei Jahren hatten sich noch 60 Prozent für einen Verbleib der Truppen ausgesprochen und nur 34 Prozent für einen Abzug. (dpa, 12. Sept.)
  • Die NATO hat Forderungen zurückgewiesen, sie solle sich an der Vernichtung von Mohnfeldern in Afghanistan beteiligen. Die Internationale Schutztruppe (ISAF) werde aber afghanische Sicherheitskräfte für die Drogenbekämpfung ausbilden und Informationen zur Verfügung stellen, sagte ein NATO-Sprecher am 12. Sept. in Kabul. Die UNO hatte die NATO Ende August aufgefordert, gegen den Drogenanbau in Afghanistan vorzugehen. Ähnliche Forderungen hatte die afghanische Regierung gestellt. Nach UN-Angaben ist die Opiumernte in Afghanistan im vergangenen Jahr um etwa ein Drittel gewachsen.
  • Die pakistanische Armee hat nach eigenen Angaben etwa 40 mutmaßliche Rebellen im Grenzgebiet zu Afghanistan getötet. Der Angriff habe am Abend des 11. Sept. begonnen und sei am 12. Sept. fortgesetzt worden, sagte Armeesprecher General Waheed Arshad der Nachrichtenagentur AFP. Bei den Kämpfen in der Provinz Süd-Waziristan seien auch Kampfhubschrauber zum Einsatz gekommen. Die Stammesgebiete entlang der Grenze zu Afganistan gelten als Rückzugsgebiet der radikalislamischen Taliban, die in Afghanistan von der NATO-geführten Afghanistan-Schutztruppe ISAF verfolgt werden. Auch Kämpfer des Terrornetzwerks El Kaida von Osama bin Laden werden dort vermutet.
  • Die USA haben einen mutmaßlichen Anführer des Terror-Netzwerks El Kaida aus Afghanistan ins Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba gebracht. Es handele sich um den Afghanen Inajatullah, den die US-Armee bei Kämpfen gegen Extremisten gefangengenommen habe, teilte das Pentagon am 12. Sept. in Washington mit. Der Mann habe zugegeben, der "Emir von El Kaida" im iranischen Sahedan zu sein und terroristische Angriffe geplant und angeführt zu haben. Wegen anhaltenden Gefahr, die von Inajatullah ausgehe, und seines hohen Rangs in dem Terror-Netzwerk sei er nach Guantanamo gebracht worden. Er wirkte demnach an der Koordination zwischen El-Kaida-Kämpfern in Afghanistan, Pakistan, im Iran und im Irak mit.
  • Bei Kämpfen unmittelbar vor Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan sind in Afghanistan nach offiziellen Angaben vom Donnerstag etwa 75 Menschen getötet worden. Allein in der südlichen Provinz Urusgan kamen mindestens 45 mutmaßliche Taliban ums Leben, wie die US-geführten Streitkräfte am 13. Sept. mitteilten. Die Aufständischen griffen den Angaben zufolge dort am 12. Sept. einen Konvoi der afghanischen Streitkräfte und der Allianz an. Diese forderten Luftunterstützung an. Die ISAF erklärte, es sei zu befürchten, dass die Taliban wie im vergangenen Jahr zum Fastenmonat Ramadan ihre Anschläge intensivierten.
  • Ein deutscher NATO-General hat den Ausstieg der Bundeswehr aus der Anti-Terrormission OEF in Afghanistan vorgeschlagen und dafür einen breiteren Einsatz bei der Schutztruppe ISAF angeregt. General Egon Ramms, Befehlshaber im niederländischen NATO-Kommandozentrum Brunssum, sagte am 13. Sept. im ZDF-Morgenmagazin, der Ausstieg aus der OEF ("Operation Enduring Freedom") könne die Entscheidung im Bundestag über die Verlängerung der Afghanistan-Mandate der Bundeswehr vereinfachen. Innerhalb der NATO-geführten ISAF könne die Bundeswehr auch Spezialkräfte einsetzen, erläuterte Ramms. Die Schutztruppe habe ein breit angelegtes Mandat, das Aufgaben vom Kampf gegen Aufständische bis hin zum Wiederaufbau umfasse. Ramms sprach sich überdies dafür aus, dass die Ausbilder von afghanischen Soldaten diese dann auch in den Süden des Landes begleiten sollten, der als besonders gefährliches Einsatzgebiet gilt. Das entspreche militärischer Tradition, sagte der General. Ramms zeigte sich enttäuscht über die Ablehnung deutscher Militäreinsätze durch große Teile der deutschen Bevölkerung. "Es ist wichtig für die deutschen Soldaten, dass sie wissen, dass sie die eigene Bevölkerung hinter sich haben."
  • Der deutsche NATO-General Egon Ramms hat Überlegungen zu einem möglichen Ausstieg aus der US-geführten Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" (OEF) angestellt, diese aber später relativiert. Der OEF-Einsatz sei momentan unverzichtbar, da sonst ein "Vakuum" Anti-Terror-Kampf entstehe, sagte ein Sprecher des Generals am 13. Sept.
  • NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer ist am 13. Sept. in Berlin dem Eindruck entgegengetreten, die Allianz dränge Deutschland zum Bundeswehr-Einsatz im umkämpften Süden Afghanistans. Es liege zwar im Interesse eines NATO-Generalsekretärs, beim Afghanistan-Einsatz möglichst wenig Einschränkungen und Vorbehalte der einzelnen Nationen zu haben. Aber «es gibt keinen Druck auf Deutschland, in den Süden zu gehen», versicherte er nach einem Gespräch mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Der NATO-Generalsekretär traf auch mit Verteidigungsminister Franz Josef Jung und Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) zusammen. Merkel unterrichtete am Abend im Kanzleramt die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen über die Haltung der Regierung zur künftigen Afghanistan-Politik. Die FDP hatte das Treffen gefordert, um von Merkel persönlich Auskunft über unterschiedliche Positionen des Verteidigungsministeriums und des Auswärtigen Amtes zum Afghanistan- Einsatz der Bundeswehr zu bekommen. Dabei geht es vor allem um die Frage, inwieweit die Bundeswehr außerhalb ihres Standortes im Norden eingesetzt werden kann. Das Jung-Ressort ist strikt gegen eine Entsendung in den Süden, was im Außenministerium teilweise nicht ausgeschlossen worden war. Nach Bundestagsmandat und den NATO-Absprachen kann die Bundeswehr bereits jetzt zeitlich und personell begrenzt in anderen Regionen eingesetzt werden, wenn der Gesamteinsatz der internationalen Schutztruppe ISAF sonst gefährdet wäre.
  • Umfrage:
    Bei den Bundesbürgern halten sich Befürworter und Gegner des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan fast die Waage. 49 Prozent befürworten die Beteiligung an der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF, 47 Prozent sind dagegen, wie das am 14. Sept. veröffentlichte ZDF-Politbarometer ergab. Die Befragung der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen ergab eine Mehrheit für den Einsatz bei den Anhängern von CDU/CSU (59 Prozent), FDP (53 Prozent) und Grünen (68 Prozent). Die SPD-Anhänger sind exakt gespalten in 49 Prozent Befürworter und 49 Prozent Gegner des Afghanistan-Einsatzes. Bei den Anhängern der Linken lehnen ihn 60 Prozent ab.
  • Der Bundeswehrverband hat der Bundesregierung Versagen beim Aufbau der Polizei in Afghanistan vorgeworfen. Er fürchte, dass man beim Afghanistan-Einsatz deutscher Soldaten "in Jahrzehnten" denken müsse, sagte Verbandschef Bernhard Gertz der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom 15. Sept. Die Bundesrepublik habe beim Aufbau der Polizei mit der Konzentration auf die Ausbildung von Führungskräften den "völlig falschen Ansatz" gewählt. Zudem sei Deutschland offenbar nicht in der Lage, genügend Ausbilder zu rekrutieren.
  • Die US-Botschafterin bei der NATO in Brüssel, Victoria Nuland, hat die Aufstockung der von der EU gestellten Ausbilder für die afghanische Polizei von 160 auf mindestens 5.000 gefordert. "Die Ausbildung der Polizei steht an einem kritischen Punkt. Aus unserer Sicht reicht es nicht, Polizisten nur im Klassenzimmer auszubilden, so wie es Deutschland bislang gemacht hat", sagte Nuland der "Welt am Sonntag" (Ausgabe vom 16. Sept.), wie die Zeitung vorab am 15. Sept. berichtete. "Was genauso wichtig ist: Wir müssen mit den afghanischen Polizisten in die Einsätze gehen, auch in gefährliche Gegenden im Süden und Osten Afghanistans."
  • In Kabul können mehr als tausend Familien in ihre Häuser zurückkehren, nachdem der UN-Minenräumdienst MAPA den Stadtteil Karte Sachi nach über zehn Jahren Arbeit für "minenfrei" erklärt hat. Das in der Nähe der Universität gelegene Viertel war während des afghanischen Bürgerkrieges Anfang der neunziger Jahre stark vermint worden. Viele Einwohner waren damals vor den Kämpfen geflohen und lebten seither in anderen Teilen der afghanischen Hauptstadt. Seit 1995 hat MAPA in dem Viertel im Westen der Stadt gut 260.000 Quadratmeter gesäubert und dabei 723 Anti-Personen-Minen und 686 andere Sprengsätze zerstört. Nach Angaben der UNO haben Minensuchdienste in Afghanistan seit dem Abzug der sowjetischen Truppen 1989 mehr als 5,5 Millionen Anti-Personen-Minen und 18.000 Anti-Fahrzeug-Minen geräumt. Im Juli hatte MAPA-Chef Haidar Raza mitgeteilt, dass in Afghanistan jeden Monat durchschnittlich 44 Menschen durch Anti-Personen-Minen sterben. Vor drei Jahren waren noch rund 100 monatliche Minentote gezählt worden. (AFP, 15. Sept.)
  • Fast 5.000 Menschen haben am 15. Sept. in der Berliner Innenstadt gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan demonstriert. Der Protestzug stand unter dem Motto "Frieden für Afghanistan - Bundeswehr raus". Wie eine Polizeisprecherin sagte, verlief die Demonstration, die am Alexanderplatz startete, bis zum Nachmittag friedlich. Die Abschlusskundgebung sollte gegen 15.00 Uhr auf der Straße des 17. Juni beginnen. (AP)
    Weitere Berichte zur Friedensdemonstration auf der Sonderseite: "Bundeswehr raus aus Afghanistan".
    Mehrere tausend Menschen haben in Berlin gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan demonstriert. Unter dem Motto "Bundeswehr raus aus Afghanistan" zogen die Teilnehmer nach einer Auftaktkundgebung am Roten Rathaus zum Brandenburger Tor. Dort war für den Nachmittag eine Abschlusskundgebung geplant, auf der neben Friedens- und Sozialforschern auch Vertreter der US-Friedensbewegung "United für Peace and Justice" und der IG Metall sprechen wollten. Eine Polizeisprecherin beschrieb die Atmosphäre während der Demonstration als friedlich und entspannt. Zu der Protestveranstaltung hatten zahlreiche Organisationen aus dem gesamten Bundesgebiet aufgerufen, darunter das globalisierungskritische Netzwerk Attac, die Ärzte für die Verhütung eines Atomkrieges (IPPNW), die Linke sowie eine Vielzahl regionaler Friedensinitiativen. Die Organisatoren kritisieren, dass die Terrorismusbekämpfung sowie die Demokratisierung und der Wiederaufbau Afghanistans als zentrale Ziele des Militäreinsatzes nicht erreicht worden seien. Den USA und ihren Verbündeten werfen sie vor, ihre ökonomischen und geostrategischen Interessen in der Region militärisch absichern zu wollen. Der Bundestag will in wenigen Wochen über die Verlängerung der Bundeswehr-Mandate entscheiden. (AFP)
  • Vier Monate nach dem Selbstmordanschlag auf die Bundeswehr in Kundus haben die radikalislamischen Taliban das deutsche Feldlager am Rande der nordafghanischen Stadt beschossen. Ein Bundeswehr-Sprecher in Kundus sagte am 15. Sept., es habe keine Verletzten oder Toten gegeben. Schaden sei nicht angerichtet worden. Drei Raketen seien in der Nacht zum 15. Sept. in Richtung des Wiederaufbauteams abgefeuert worden und in der Nähe eingeschlagen.
  • Der Sonderparteitag der Grünen zur Afghanistan-Politik ist nach einer Schlappe für den Bundesvorstand beendet worden. Sein Leitantrag wurde in Göttingen von der Basis nicht zur Abstimmung zugelassen und durch einen von Parteilinken eingebrachten Gegenantrag ersetzt. Dieser sieht vor, den Bundestagsabgeordneten eine Ablehnung des Afghanistan-Einsatzes im Oktober zu empfehlen. Die Parteispitze wollte der Fraktion keine Empfehlung aussprechen. Der neue Antrag lehnt die ISAF-Schutztruppe aber nicht grundsätzlich ab. (Hier geht es zu dem beschlossenen Antrag.
  • Die in Afghanistan stationierten NATO-Truppen haben nach einem Bericht der Tageszeitung "Washington Post" vom 16. Sept. eine Lieferung iranischer Waffen für die aufständischen Taliban beschlagnahmt. Unter Berufung auf anonyme Vertreter der NATO-geführten Schutztruppe ISAF berichtete das Blatt, darunter seien auch Bomben gewesen, die Fahrzeugpanzerungen durchschlagen und sich dadurch als besonders zerstörerisch bei Anschlägen erwiesen hätten. Es sei das dritte Mal in diesem Jahr, dass eine solche Lieferung aus Iran abgefangen worden sei. Diesmal habe es sich um besonders viele Waffen gehandelt, sagte ein ISAF-Vertreter dem Bericht zufolge.
    Ein führender iranischer Regierungsvertreter wies die Angaben zurück, wie die Zeitung berichtet. "Wir haben kein Interesse an Instabilität im Irak oder in Afghanistan", sagte der Sprecher, dessen Namen nicht genannt wurde.
  • In Afghanistan ist erneut der Mitarbeiter einer humanitären Organisation entführt worden. Wie das bangladeschische "Komitee für ländlichen Fortschritt" (BRAC) am 16. Sept. mitteilte, wurde einer seiner Angestellten am 15. Sept. in der Provinz Logar rund 50 Kilometer südlich der Hauptstadt Kabul verschleppt. Der Mann sei Bangladescher. "Sechs Personen drangen in sein Büro ein und führten ihn mit Gewalt ab", sagte er BRAC-Chef in Afghanistan, Gunendu Roy. Die Organisation BRAC ist seit 2002 in Afghanistan und hilft beim Bau von Schulen, Straßen und Krankenhäusern. Außerdem vergibt sie Mikrokredite an bedürftige Frauen. Roy sagte, Bekenner oder Forderungen gebe es bislang nicht: "Niemand hat uns kontaktiert."
Montag, 17. September, bis Sonntag, 23. September
  • Meldung 1 (dpa): Bei einem Luftangriff der Internationalen Schutztruppe ISAF im Bezirk Sarobi nahe der afghanischen Hauptstadt Kabul sind nach Polizeiangaben vom 17. Sept. erneut Zivilisten getroffen worden. Ein Sprecher der NATO-geführten Schutztruppe erklärte dagegen, er habe keine Informationen über einen Luftangriff in dem Bezirk. Der Luftangriff habe nach Polizeiangaben begonnen, nachdem Soldaten der ISAF und der afghanischen Armee in dem Dorf unter Beschuss gekommen seien.
    Meldung 2 (AP): Bei Gefechten östlich von Kabul kam mindestens ein mutmaßlicher Aufständischer ums Leben, wie ein ISAF-Sprecher mitteilte. Soldaten der NATO und der afghanischen Regierung wurden demnach im Bezirk Surobi angegriffen und forderten Luftunterstützung an. Nach Angaben der lokalen Polizei wurde bei dem Bombardement in dem Dorf Gasbala ein Haus zerstört, dabei kamen zwei Männer ums Leben.
  • Bei Kämpfen in der afghanischen Provinz Ghasni sind in den vergangenen drei Wochen nach Regierungsangaben 120 Aufständische getötet worden. Fünf Kommandeure der Rebellen seien bei der gemeinsamen Aktion von afghanischen und US-geführten Streitkräften gefasst worden, teilte das Innenministerium in Kabul am 17. Sept. mit. Nach früheren Angaben wurden in Ghasni mindestens vier Taliban-Anführer getötet, die an der Verschleppung von 23 Südkoreanern beteiligt gewesen sein sollen.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates hat die Entscheidung mehrere NATO-Partnerländer, keine Soldaten für Kampfeinsätze in Afghanistan zur Verfügung zu stellen, scharf kritisiert. "Afghanistan ist ein Lackmus-Test für die Frage, ob ein Bündnis aus weit entwickelten Demokratien immer noch in der Lage ist, Opfer zu bringen und sich für den Aufbau einer Demokratie (in Afghanistan) zu engagieren", sagte Gates am 17. Sept. in einer Rede in Williamsburg im US-Bundesstaat Virginia laut vorab verbreitetem Redetext. "Es wäre ein Schandmal für uns alle, wenn ein Bündnis, das auf demokratischen Werten basiert, genau in jenem Moment versagt, in dem es anderso das Fundament für eine Demokratie zu legen versucht."
  • Drei Wochen nach der Freilassung der südkoreanischen Geiseln in Afghanistan ist nach afghanischen Polizeiangaben vom 18. Sept. der für die Entführung verantwortliche Taliban-Kommandeur getötet worden. Er sei in der Nacht bei einem Luftangriff der US-geführten Koalitionstruppen mit elf weiteren Aufständischen ums Leben gekommen. Die Taliban hatten Mitte Juli 23 Südkoreaner entführt. Zwei Männer aus der Gruppe wurden erschossen. Die letzten Geiseln kamen Ende August frei.
  • Ein Deutscher wird neuer Chef der umstrittenen EU-Polizeimission EUPOL in Afghanistan. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte am 18. Sept. in Brüssel an, er werde den rheinland-pfälzischen Polizeibeamten Jürgen Scholz auf diesen Posten berufen. Der 1950 geborene Scholz leitete seit Ende 2004 die europäische Polizeimission ("Eupol-Proxima") in Mazedonien. Er löst den Deutschen Friedrich Eichele ab, der nach nur gut drei Monaten im Amt gehen muss. Hintergrund der Abberufung ist laut Brüsseler Diplomaten ein Kompetenzstreit.
  • Die radikal-islamischen Taliban haben nach Erkenntnissen der Bundeswehr ihre Taktik geändert und den Einsatz für die deutschen Soldaten in Nordafghanistan gefährlicher gemacht. "2007 gab es zwar weniger Vorfälle als 2006, und zwar deutlich weniger", sagte der deutsche Kommandeur der Internationalen Schutztruppe ISAF in der Nordregion, General Dieter Warnecke, am 18. Sept. in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa in Masar-i-Scharif. "Aber die Qualität der Anschläge hat sich deutlich verändert." Sie seien nun "bedauerlicherweise noch hinterhältiger und mit viel mehr Effekt für Medien und für die Öffentlichkeit"."Wir haben viel, viel mehr spektakuläre Todesfälle jetzt", sagte Warnecke, der auch Kontingentführer der Bundeswehr-Soldaten in ganz Afghanistan ist. Der Einsatz sei gefährlicher geworden, weil man sich gegen Selbstmordanschläge und Sprengfallen der Taliban nur schwer schützen könne. Warnecke sprach sich trotzdem eindringlich für eine Fortsetzung des Einsatzes aus, über die der Bundestag im Oktober abstimmt. "Wir sind nicht zufrieden, wie die Lage jetzt ist. Die anderen kämpfen mit allen Möglichkeiten, die sie haben, auf perfide Art und Weise. Wir müssen durchhalten. Wir müssen dagegenhalten."
  • Am Bundeswehr-Standort Masar-i-Scharif wurde am 18. Sept. ein Anschlag auf einen finnischen ISAF-Konvoi verübt. "Wir sind froh, dass keine Soldaten zu Schaden gekommen sind", sagte der Sprecher der finnischen Streitkräfte in Afghanistan, Juha Vauhkonen. Ein Fahrzeug sei bei der Detonation beschädigt worden, der Konvoi habe aber weiterfahren können. Der Anschlagsort lag zwei Kilometer vom schwedischen Lager entfernt und damit auch in der Nähe des Bundeswehr-Camps Marmal, in dem rund 1800 Bundeswehr-Soldaten stationiert sind. Schweden leitet das zivil-militärische Wiederaufbauteam in Masar-i-Scharif, an dem sich auch Finnen beteiligen.
  • Entgegen ihrer persönlichen Position ruft die Grünen-Fraktionsspitze ihre Abgeordneten auf, bei der anstehenden Afghanistan-Abstimmung im Bundestag nicht zuzustimmen. "Wir empfehlen der Fraktion, dass sie die Empfehlung des Parteitags umsetzt, indem eine Mehrheit sich enthält oder mit Nein stimmt", sagte Fraktionschef Fritz Kuhn am 18. Sept. vor einer Fraktionssitzung in Berlin. Angesichts auseinanderklaffender Haltungen war völlig unklar, wieviele Ja-Stimmen es geben wird. Mehrere Abgeordnete forderten die Führungscrew der Grünen zu mehr Geschlossenheit auf.
  • Das Parteitagsvotum der Grünen gegen die Bundeswehreinsätze in Afghanistan bedeutet nach Auffassung des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Jürgen Trittin kein Führungsproblem in Fraktion und Partei. "Wir haben gerade unsere Fraktionsvorsitzenden mit großer Mehrheit wieder gewählt für zwei Jahre. Insofern sehen wir überhaupt keinen Anlass, da etwas zu tun", sagte er am 19. Sept. im ARD-Morgenmagazin. Der Streit stelle ein Stück Annäherung der Fraktion an die Basis dar, sagte Trittin. Die Bundesvorsitzenden der Grünen seien bis zum Jahr 2008 gewählt. "Wir haben überhaupt keine Lust, irgendwelche Führungsdiskussionen zu führen. Das wollten die Delegierten auch nicht."
  • Das Bundeskabinett hat sich am 19. Sept. dafür ausgesprochen, den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr um ein Jahr zu verlängern. Wie aus dem Verteidigungsministerium verlautete, umfasst die Verlängerung den ISAF-Einsatz zur Absicherung des Wiederaufbaus und den Einsatz der sechs deutschen Tornadoaufklärungsflugzeuge. Die Verlängerung des gekoppelten Mandats muss der Bundestag im Oktober noch endgültig beschließen. Knapp 3.000 deutsche Soldaten befinden sich derzeit in Afghanistan im Einsatz. Getrennt davon entscheidet der Bundestag im November über die Verlängerung der umstrittenen Antiterror-Operation Enduring Freedom.
    Regierungssprecher Ulrich Wilhelm berichtete, das am 13. Oktober auslaufende Mandat für die deutsche Beteiligung an der UN-geführten Afghanistan-Schutztruppe ISAF könne um ein weiteres Jahr verlängert werden, sobald der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dafür grünes Licht gebe. Der Bundestag werde dann über die Verlängerung von ISAF und Tornado-Aufklärern gemeinsam entscheiden. "Die Zusammenführung beider Mandate trägt dazu bei, die deutschen ISAF-Kräfte unter Wahrung der personellen Obergrenze flexibel einzusetzen und die Unterstützung beim Aufbau afghanischer Sicherheitskräfte dadurch verstärken zu können", erklärte der Regierungssprecher. Wilhelm sagte, für beide Mandate zusammen gelte künftig eine personelle Obergrenze von 3.500 Soldaten. Sie sollen im Norden Afghanistans und im Raum Kabul eingesetzt werden. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Thomas Raabe, bezifferte die Kosten für das kombinierte Mandat auf 487 Millionen Euro für zwölf Monate. Davon entfielen 44 Millionen Euro auf den Einsatz der Tornado-Aufklärungsflugzeuge.
  • Der rotbraune Sand aus dem nahen Marmal-Gebirge ist der größte Feind in der nordafghanischen Stadt Masar-i-Scharif, er ist überall und hinterlässt eine klebrige Schicht. Doch den deutschen Tornados schadet er nicht: Sie stehen in blitzsauberen riesigen weißen Hangars. "Die Flugzeuge funktionieren besser als in Deutschland, weil die Luft hier trockener ist", sagt der Chef des Geschwaders, Oberst Thorsten Poschwatta. Die sechs "Recce"-Flugzeuge des Aufklärungsgeschwaders 51 Immelmann sind seit fünf Monaten in Einsatz - mehr als fünfhundert Flüge haben sie laut AFP vom 19. Sept. bereits absolviert und dabei viertausend Fotos geschossen. Im Oktober will der Bundestag über die Verlängerung der Beteiligung der Bundeswehr an der ISAF-Schutztruppe in Afghanistan abstimmen - in einem gemeinsamen Mandat mit den Tornados. Poschwatta, der in der nächsten Woche turnusmäßig nach Deutschland zurückkehrt, ist mit dem bisherigen Einsatz der Tornados äußerst zufrieden. "Wir wollen zur Sicherheit des Landes beitragen und genau das tun wir hier", sagt er. Täglich werden zweimal jeweils zwei Tornados mit hochauflösenden Filmkameras, die an den Rumpf der Kampfflieger geschnallt werden, in die Luft geschickt, um Aufklärungsbilder von ganz Afghanistan zu schießen.
  • Rund 2.500 Soldaten der NATO und der afghanischen Armee haben am 19. Sept. eine neue Offensive gegen die Taliban in der umkämpften südafghanischen Provinz Helmand gestartet. Ziel sei es, die radikalislamischen Aufständischen zu vertreiben und die Region wieder unter die Kontrolle der Regierung zu bringen, sagte ein Sprecher der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF in Kabul.
  • Nach dem umstrittenen Afghanistan-Parteitag der Grünen erwägt der afghanische Außenminister Rangin Spanta einen Austritt aus der Partei. Spanta, der als Flüchtling in Aachen studiert hatte und bei den Grünen ist, will dann austreten, wenn die Grünen-Fraktion der Empfehlung des Parteitags folgt und bei der anstehenden Abstimmung über das gekoppelte Mandat für deutsche Tornados und ISAF-Soldaten nicht zustimmt. In einem Interview warf Spanta der Partei vor, sich "in eine Wohlstandsecke" zurückzuziehen. (dpa, 19. Sept.)
    Der Grünen-Kreisverband Aachen-Stadt, bei dem der afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta Mitglied ist, hat dessen Drohung eines Parteiaustritts als verständlich bezeichnet. "Ich kann seine Enttäuschung sehr gut nachvollziehen", sagte Jochen Luczak, Geschäftsführer des Kreisverbands, am 19. Sept. der Nachrichtenagentur AFP.
  • Der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, Bernhard Gertz, hat der Bundesregierung "völliges Versagen" beim Aufbau der afghanischen Polizei vorgeworfen. Voraussetzung für einen Truppenabzug sei eine selbsttragende Sicherheitsstruktur aus funktionierender Verwaltung und Justiz sowie loyalen Polizei- und Streitkräften, sagte Gertz am 19. Sept. in Berlin und betonte: "In allen Bereichen sind wir nach gut fünf Jahren in Afghanistan noch um Lichtjahre von der Erreichung der selbstgesteckten Ziele entfernt." Bei der Justiz habe sich "so gut wie gar nichts getan", kritisierte Gertz. Beim Aufbau der Polizei, für den Deutschland jahrelang als "Lead Nation" die Verantwortung getragen habe, habe die Bundesrepublik "vollständig versagt". Der Ansatz, sich in einer Polizeiakademie in der Hauptstadt Kabul auf Führungskräfte zu konzentrieren, verfehle vollständig das Ziel der afghanischen Regierung, die Polizei in der Fläche präsent zu machen. Dass die Bundesregierung über Jahre nur etwa 40 Polizeiausbilder bereitgestellt habe, sei angesichts des Aufgebots von rund 3.000 Bundeswehr-Soldaten am Hindukusch "ziemlich beschämend". Auch die Eupol-Mission der Europäischen Union verbessere die Lage nicht. Erforderlich seien "weit mehr" als die angekündigten 190 Ausbilder. Den Aufbau der afghanischen Streitkräfte seitens der Staatengemeinschaft bezeichnete der Verbandschef als "Katastrophe". Bis vor kurzem habe es nicht einmal in dem von der Bundesrepublik verantworteten Norden Afghanistans Anstrengungen gegeben, sich mit den übrigen Nationen auf gemeinsame Grundsätze bei der Militärausbildung zu verständigen.
  • Vor der anstehenden Entscheidung des Bundestags über den Bundeswehreinsatz haben die deutschen Aufklärungs-Tornados in Afghanistan ihren 500. Einsatz geflogen. Die Besatzungen der Jets hätten mehr als 4000 Fotos gemacht, teilte die "Schutztruppe" ISAF laut dpa am 19. Sept. mit.
  • Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat den Einsatz der NATO-geführten Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) am 19. Sept. um ein weiteres Jahr verlängert. 14 der 15 Mitglieder des höchsten UN-Gremiums stimmten in New York für eine entsprechende Resolution, Russland enthielt sich der Stimme. Der russische UN-Botschafter Vitali Tschurkin kritisierte den "übermäßigen Zeitdruck" bei der Entscheidung im Sicherheitsrat, welche den "innenpolitischen Erwägungen bestimmter UN-Mitglieder" Vorrang eingeräumt habe.
  • Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wirbt für die Fortsetzung der Bundeswehr-Beteiligung an der Afghanistan-Schutztruppe ISAF. Steinmeier sagte am 20. Sept. im Bundestag, zwar sei beim Wiederaufbau einiges erreicht worden. Der Weg habe sich aber als schwieriger erwiesen als erhofft. Steinmeier verwies dabei auch auf die angespannte Sicherheitslage. In dieser Situation sei es notwendig, das militärische Engagement aufrechtzuerhalten. Wer den Abzug der Truppen fordere, setze all das aufs Spiel, was in sechs Jahren erreicht worden sei. (Hier geht es zur ganzen Bundestagsdebatte.)
  • Bei einem Verkehrsunfall im Süden Afghanistans sind am 20. Sept. zwei britische Soldaten ums Leben gekommen, wie das Verteidigungsministerium in London erklärte. Das Panzerfahrzeug der Soldaten sei bei einer Nachschubmission in der Nähe von Gereschk in der Provinz Helmand von der Straße abgekommen. Seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes im November 2001 kamen dort 81 britische Militärangehörige ums Leben. Die Internationale Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) erklärte lediglich, zwei ihrer Soldaten seien bei einem Unfall ums Leben gekommen. Nähere Einzelheiten nannte sie nicht.
  • Bei Kämpfen von Soldaten der NATO und der afghanischen Armee mit mutmaßlichen Taliban sind nach Angaben des Militärs und eines Provinzgouverneurs mehr als 50 Aufständische getötet worden. Wie die NATO-geführten Truppen am 20. Sept. mitteilten, starben bei einem 14-stündigen Gefecht nahe des Dorfs Kabrak im Westen der südlichen Provinz Urusgan mehr als 30 Aufständische. Auf Seiten der von NATO-Flugzeugen unterstützten afghanischen Armee habe es nur einen Verletzten gegeben.
    In der westlichen Provinz Badghis wurden bei einem Angriff der Aufständischen auf einen Polizeiposten im Distrikt Bala-Murghab am 19. Sept. 20 Taliban und vier Polizisten getötet, wie der Gouverneur Mohammed Aschraf Nasiri der Nachrichtenagentur AFP sagte.
  • Etwa 40 Kämpfer wurden nach Angaben der US-geführten Koalition bei Gefechten im Bezirk Garmsir in der Provinz Helmand getötet. Dazu hatten die Truppen Luftunterstützung angefordert. Bei einer Durchsuchung des Gebiets wurden mehr als 20 Granaten, Munition und Landminen entdeckt.
  • Ein niederländischer Soldat ist am 20. Sept. im Süden Afghanistans bei einem Gefecht mit Aufständischen Taliban getötet worden. Das teilte Ministerpräsident Jan Peter Balkenende am Abend mit, nachdem er während einer Parlamentsdebatte von dem Tod des 20-Jährigen erfahren hatte. Die Einheit des Soldaten war den Angaben zufolge bei Deh Rawud in der Provinz Urusgan von Taliban angegriffen worden. Damit sind seit Beginn des Einsatzes 2006 bereits elf niederländische Soldaten in Afghanistan ums Leben gekommen. Die Regierung will in den nächsten Wochen entscheiden, ob die Beteiligung an der NATO-Mission in Afghanistan nach Ablauf des zweijährigen Mandats im August 2008 verlängert werden soll. Die Niederlande haben 2.000 Soldaten in Afghanistan stationiert.
  • Bei einem NATO-Luftangriff in der südafghanischen Provinz Helmand sind Zivilisten ums Leben gekommen. Die internationale Afghanistan-Truppe ISAF gab am 21. Sept. bekannt, die Zivilisten seien bei einem Einsatz im Gereschk-Tal am 19. Sept. getötet worden, für den Luftunterstützung angefordert worden war. Die ISAF habe "nicht gewusst", dass sich in der Nähe des eigentlichen Zieles Zivilisten aufhielten. Über die Zahl der getöteten Zivilisten machte die ISAF keine Angaben. "Unglücklicherweise wurden anscheinend Nicht-Kombattanten getroffen und getötet", hieß es in der ISAF-Erklärung. Die Kämpfe im Gereschk-Tal dauerten demnach mehrere Stunden.
  • Auf einen französischen Militärkonvoi in der afghanischen Hauptstadt Kabul ist am 21. Sept. ein Bombenanschlag verübt worden. Ein Soldat wurde nach Angaben der Polizei getötet. Außerdem kamen zahlreiche Afghanen ums Leben oder wurden verletzt. Bei der Explosion wurde ein Bus beschädigt und ein weiteres Fahrzeug in Brand gesetzt.
  • UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat am Weltfriedenstag dazu aufgerufen, in allen Konfliktregionen der Welt einen 24-stündigen Waffenstillstand einzuhalten. Alle Staaten und Kämpfer sollten innehalten und den hohen Preis bedenken, den die Menschen für Konflikte zahlen müssten, sagte er am 21. Sept. beim traditionellen Läuten einer von Japan gestifteten Friedensglocke. "Ich fordere sie dringend auf, Wege zu suchen, um diesen befristeten Waffenstillstand dauerhaft zu machen", appellierte Ban.
  • Vor der Afghanistan-Konferenz der Vereinten Nationen hat sich der UN-Beauftragte Tom Koenigs für Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und den Taliban ausgesprochen. Die UN seien vorbereitet, dabei eine Vermittlerrolle einzunehmen, sagte der deutsche Diplomat am 21. Sept. in New York. Der Aufstand der Taliban könne mit militärischen Mitteln allein nicht bezwungen werden, sagte Koenigs. Deshalb seien Gespräche sehr wichtig, auch wenn keine schnellen Ergebnisse zu erwarten seien. Die Vereinten Nationen könnten zwischen Stämmen vermitteln, die auf Seiten der Regierung stünden und solchen, die den Kampf der Taliban unterstützten. Die Probleme in Afghanistan bestünden zur Hälfte in der Entfremdung einzelner Stämme von der Regierung in Kabul. Daher müsse die Regierung vor allem in den Provinzen unterstützt werden, sagte Koenigs.
  • Bei Kämpfen und Anschlägen in Afghanistan sind nach offiziellen Angaben vom 22. Sept. weitere acht Menschen ums Leben gekommen. Soldaten der Regierungstruppen töteten am 21. Sept. sechs Aufständische, darunter zwei Kommandeure der Taliban, bei Gefechten in der Provinz Wardak, wie das Verteidigungsministerium in Kabul mitteilte. Nahe der Stadt Kundus im Norden des Landes griffen Rebellen einen Kontrollpunkt der Polizei an und beschossenen einen zweiten Kontrollpunkt mit Raketen. Dabei wurden zwei Polizisten getötet und zwei verletzt, wie der stellvertretende Polizeichef der Provinz, Nur Afgha Omerchail, mitteilte.
  • Freiwillige Helfer haben im unruhigen Süden Afghanistans eine großangelegte Impfkampagne zum Schutz vor Kinderlähmung begonnen. Dabei arbeiteten sie mit dem Gouverneur der Provinz Kandahar und Stammesältesten zusammen, die ihnen sicheres Geleit gewährleisten wollten, erklärte die Vertreterin des Kinderhilfswerks UNICEF in Afghanistan, Catherine Mbengue, am 22. Sept. Taliban-Sprecher Kari Jussef Ahmadi erklärte, dem Impfpersonal werde für den Zeitraum der Impfkampagne freier Zugang gewährt. Die rund 10.000 Helfer sind seit dem 19. Sept. unterwegs. Innerhalb einer Woche sollen 1,3 Millionen Kinder geimpft werden. Auch die Provinz Helmand, wo die schwersten Kämpfe zwischen den Taliban und den internationalen Truppen stattfinden, wurde in das Programm einbezogen. Dort wurden seit eineinhalb Jahren keine Impfungen durchgeführt. Mbengue sprach von einer "unglaublichen, glücklichen Entwicklung".
  • Nach einem Raketenangriff auf einen Stützpunkt der afghanischen Truppen haben Hubschrauber der NATO eine Gruppe von Menschen beschossen, die für Aufständische gehalten wurden. Es gab vier Tote und zwölf Verletzte, wie die ISAF am 23. Sept. mitteilte. Die Identität der Todesopfer sei unklar. Bei den Verletzten handele es sich um Zivilpersonen, teilten die afghanischen Streitkräfte mit. Ersten Berichten zufolge feuerten die Hubschrauber möglicherweise auf afghanische Polizisten und bewaffnete Sicherheitskräfte in Zivil an einer Baustelle. Der Vorfall ereignete sich am 22. Sept. in der Provinz Kunar im Osten des Landes.
  • In der südlichen Provinz Sabul verschleppten und töteten die Taliban drei Afghanen, denen sie Spionage für die USA vorwarfen. Wie die Behörden am 23. Sept. mitteilten, wurden die Leichen am Abend des 22. Sept. gefunden. Ein Opfer wurde von den Aufständischen enthauptet, die anderen erschossen.
  • Zwei seit dem Wochenende in Afghanistan vermisste italienische Soldaten sind vermutlich entführt worden. Man habe seit mehreren Stunden keinen Kontakt zu den beiden und ihren zwei afghanischen Mitarbeitern, erklärte das Verteidigungsministerium in Rom am 23. Sept. ""Wir glauben dass sie verschleppt worden sind". Die vier passierten am 22. Sept. eine Kontrollstelle der Polizei in der westlichen Provinz Herat, seither blieben sie verschollen.
  • Die internationale Gemeinschaft hat der Regierung des vom Bürgerkrieg erschütterten Afghanistan Unterstützung zugesagt unter der Bedingung, dass Kabul verstärkt gegen Drogenanbau und Korruption vorgeht. "Wir hoffen, dass die afghanische Regierung ihre Bemühungen um ein verantwortungsvolles Regieren sowie den Kampf gegen Korruption und Drogenhandel weiter fortsetzt", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am 23. Sept. nach einem Treffen von Diplomaten aus 18 Ländern in New York, an dem auch Afghanistans Präsident Hamid Karsai teilnahm. In einer Erklärung betonten die Teilnehmer zudem die Notwendigkeit "internationaler Anstrengungen" für den Wiederaufbau Afghanistans.
Montag, 24. September, bis Sonntag, 30. September
  • Zwei italienische Soldaten, die seit Samstag (22. Sept.) im Westen Afghanistan vermisst wurden, sind gewaltsam befreit worden. Die beiden Militärs seien von einem Einsatzkommando der NATO in Afghanistan am Morgen des 24. Sept. aus der Gewalt ihrer Entführer befreit worden, meldete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Dabei seien aber beide verletzt worden, einer von ihnen schwer. Die italienische Botschaft in Kabul bestätigte die Befreiung. Nach Angaben der Polizei der Provinz Herat waren die Italiener am 22. Sept. in Begleitung zweier Afghanen - eines Fahrers und eines Übersetzers - auf der Hauptstraße des Bezirks Schindand unterwegs. In dem Gebiet sollen auch Rebellen der Taliban aktiv sein. Taliban-Sprecher Jusuf Ahmadi erklärte, er wisse nichts über die vermissten Italiener.
    Italien beteiligt sich mit rund 2.000 Soldaten an der NATO-geführten Afghanistan-Stabilisierungstruppe ISAF. Die Italiener sind in Kabul und im als vergleichsweise ruhig geltenden Westen stationiert. In Afghanistan wurden bereits drei Italiener entführt. Der Journalist Daniele Mastrogiacomo wurde im März drei Wochen festgehalten. Der Fotograf Gabriele Torsello wurde im Oktober vergangenen Jahres verschleppt und ebenfalls nach drei Wochen freigelassen. Die Entwicklungshelferin Clementina Cantoni blieb im Mai 2005 in Kabul 24 Tage in der Gewalt von Geiselnehmern.
  • Die Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hält einen Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan derzeit für unverantwortlich. Zwar hätten rücksichtslose Militärschläge zu zahlreichen Toten unter der Zivilbevölkerung geführt. Gleichwohl sei Sicherheit wichtig für den Wiederaufbau des Landes, schrieb die Ministerin in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", der am 23. Sept. erschien. Der Westen müsse daher "an dem Konzept der politischen, wirtschaftlichen und der militärischen Stabilisierung" Afghanistans festhalten.
  • Zwei spanische Soldaten sind am 24. Sept. in Afghanistan bei einem Anschlag auf einen Militärkonvoi getötet worden. Ein iranischer Übersetzer, der sie begleitete, sei offenbar ebenfalls ums Leben gekommen, teilte ein Sprecher des spanischen Außenministeriums mit. Zwei weitere spanische Soldaten seien bei dem Angriff auf den Militärkonvoi im Bezirk Schewan in der westafghanischen Provinz Farah schwer verletzt worden. In der Region sind die Taliban in jüngster Zeit vermehrt aktiv. Spanien ist mit rund 700 Soldaten an der NATO-geführten internationalen Afghanistanschutztruppe ISAF beteiligt.
  • Spanien will trotz eines tödlichen Anschlags auf zwei spanische Soldaten sein militärisches Engagement in Afghanistan verstärken. Der Verteidigungsausschuss des Parlaments in Madrid stimmte am 25. Sept. mit klarer Mehrheit der Entsendung von 52 Militärausbildern nach Afghanistan zu. Verteidigungsminister Jose Antonio Alonso betonte, dass Spanien weiterhin seien Beitrag zum Wiederaufbau Afghanistans leisten werde.
  • Im Süden Afghanistans sind nach Angaben der US-geführten NATO-Truppen bei schweren Kämpfen mehr als 60 Aufständische und ein ausländischer Soldat getötet worden. Zu den von NATO-Flugzeugen unterstützten Gefechten in der Provinz Helmand sei es gekommen, als die NATO-Streitkräfte und afghanische Soldaten radikalislamische Taliban-Kämpfer aufspüren wollten, hieß es in einer Erklärung in der Nacht zum 26. Sept. Vier Soldaten der Koalitionstruppen wurden demnach bei den Kämpfen am 25. Sept. verletzt.
  • Bei der Bruchlandung eines Hubschraubers der Internationalen Schutztruppe ISAF in der nordwestafghanischen Provinz Badghis sind nach Militärangaben vom 26. Sept. keine Soldaten verletzt oder getötet worden. Die NATO-geführte ISAF teilte mit, es habe keinen feindlichen Beschuss gegeben. Die Unfallursache werde untersucht. Ein Taliban-Sprecher sagte dagegen, Aufständische hätten den Helikopter abgeschossen. Alle Soldaten an Bord seien ums Leben gekommen.
  • Im Süden Afghanistans sind bei heftigen Gefechten mit den NATO- und US-geführten Koalitionstruppen am 25. und 26. Sept. mindestens 170 Aufständische getötet worden. Auch ein ausländischer Soldat sei ums Leben gekommen, teilten die Koalitionstruppen am 26. Sept. mit. Sowohl in der Unruheprovinz Helmand und im benachbarten Urusgan setzten die Soldaten Flugzeuge gegen die Aufständischen ein.
  • Unterdessen blockierten rund 500 Afghanen in der Provinz Kandahar ein wichtige Straße, um gegen die Tötung eines Mullahs durch NATO-Truppen zu protestieren.
    Die NATO meldete den Verlust eines Hubschraubers, der am Abend des 25. Sept. in der Westprovinz bei der Landung verunglückte. (AFP, 26. Sept.)
  • Nach Angaben der Bundesregierung hat der 2002 begonnene Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr bislang 1,9 Milliarden Euro gekostet. Das geht aus der am 26. September veröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen hervor. Die Aufwendungen für den "zivilen Wiederaufbau" beziffert die Regierung bisher auf 550 Millionen Euro. Bis 2010 seien weitere 400 Millionen Euro zugesagt. Die Bundesregierung sieht weiter "erhebliche Defizite" auf dem Weg Afghanistans zu einem dauerhaften Frieden. Zwar übten die Taliban nirgendwo effektiv und dauerhaft territoriale Kontrolle aus. Sie nutzten aber gezielt Zivilisten als Schutzschilde und bedienten sich bedenkenlos terroristischer Mittel, so die deutsche Bundesregierung. Die Sicherheitslage in Afghanistan bewertet die Bundesregierung als "sehr schwierig" - vor allem in den Kerngebieten der Taliban im Süden und Osten des Landes. Die Zentralregierung in Kabul sei aber nicht gefährdet.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates will das Budget des kommenden Jahres für die Kriege im Irak und in Afghanistan noch einmal aufstocken. Wie Pentagon-Sprecher Geoff Morrell am 26. Sept. mitteilte, wollte Gates vor dem Finanzausschuss des Senats einen Etat in Höhe von 189,3 Milliarden Dollar (134 Milliarden Euro) fordern. Morrell zufolge ist es das höchste Budget, das in den vergangenen sechs Jahren für den "Kampf gegen den Terror" beantragt wurde. Im Februar hatte das Finanzministerium noch 42,3 Milliarden Dollar (30 Milliarden Euro) weniger für den Kriegsetat 2008 veranschlagt.
  • In einem äußerst negativen Bericht über die Entwicklung in Afghanistan hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am 26. Sept. eine völlige Erneuerung der UN-Strategie im Kampfe gegen Drogen und Aufständische verlangt. In dem am 26. Sept. am Sitz der UNO in New York veröffentlichten Bericht an den Sicherheitsrat kritisiert Ban die Schwäche der Regierungsgewalt, die zunehmende Korruption und die blühende Drogenwirtschaft. "Eine umfassende Strategie im Kampf gegen Aufständische ist nötig, um auch vernachlässigte Gruppen politisch zu erreichen und die Sicherheitslücken zu füllen, die den Aufständischen ermöglicht, sich von Verlusten wieder zu erholen", sagte Ban in dem Bericht für den UN-Sicherheitsrat.
  • Nach Verhandlungen über die Freilassung des entführten Deutschen Rudolf Blechschmidt sollen zwei ausländische Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Afghanistan verschleppt worden sein. Wie ein afghanischer Gewährsmann am 27. Sept. mitteilte, waren die beiden mit zwei einheimischen Fahrern in die Provinz Wardak gefahren, um mit Extremisten über das Schicksal von Blechschmidt zu sprechen. Alle vier seien am Nachmittag des 26. Sept. verschleppt worden, hieß es. Die Rot-Kreuz-Mitarbeiter waren auch an den erfolgreichen Verhandlungen zur Freilassung von 19 südkoreanischen Geiseln im vergangenen Monat beteiligt gewesen.
    Wenig später hieß es, die Rot-Kreuz-Mitarbeiter hätten nicht über die Freilassung der vor mehr als zwei Monaten entführten deutschen Geisel verhandelt, sie sollten Rudolf B. "abholen". Das erklärte eine Sprecherin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) am 27. Sept. in Genf ohne weitere Details zu nennen.
  • Der Taliban-Sprecher Kari Jussef Ahmadi ist festgenommen worden. Er sei während einer Polizeirazzia in der südlichen Unruheprovinz Helmand gefasst und zusammen mit seinem Bruder in Haft genommen worden, teilte das Innenministerium in Kabul am 27. Sept. mit. Die Taliban äußerten sich zunächst nicht dazu. Ahmadi war vor allem bei den jüngsten Entführungsfällen als Medienrepräsentant seiner Bewegung in Erscheinung getreten.
    Später rief ein Mann, der sich als Ahmadi vorstellte, bei der Nachrichtenagentur AP an und erklärte, er sei nicht festgenommen worden. Der AP-Reporter, der häufig Telefonkontakt mit Ahmadi hatte, erkannte seine Stimme. Der Polizeichef von Helmand räumte ein, es handele sich bei dem Festgenommenen möglicherweise um einen Mann gleichen Namens.
  • Die Militärbehörden in Kopenhagen vermeldeten am 27. Sept. den Tod von zwei dänischen Soldaten in Afghanistan. Sie seien einem Feuergefecht mit Aufständischen in der Unruheprovinz Helmand zum Opfer gefallen. Ein dritter Däne sei verwundet worden. Dänemark hat rund 600 Soldaten im Rahmen der internationalen Schutztruppe ISAF in Afghanistan stationiert.
  • In Afghanistan gehen die Bemühungen um die Freilassung von vier verschleppten Rotkreuz-Mitarbeitern weiter. Der Gouverneur des Bezirks Sajed Abad, Anajatullah Mangal, sagte der Nachrichtenagentur AFP, Unterhändler stünden mit den Entführern der Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Kontakt. Ein militärisches Eingreifen sei auf Anraten des Roten Kreuzes ausgeschlossen worden: "Die Angelegenheit muss durch die Vermittlung von Stammesältesten gelöst werden", sagte der Gouverneur am 28. Sept. Mangal hatte zuvor erklärt, es sei unklar, wer die Rotkreuz-Mitarbeiter in seiner Gewalt habe. Die vier Helfer waren zum Zeitpunkt ihres Verschwindens in der Provinz Wardak unterwegs, wo sie bei der geplanten Freilassung des im Juli entführten deutschen Bauingenieurs Rudolf B. behilflich sein sollten. Das IKRK sprach bislang jedoch nicht von einer Entführung, sondern erklärte, die vier würden festgehalten. Mit ihrer baldigen Freilassung werde gerechnet. Bei den Vermissten handelt es sich um zwei Einheimische, einen Mazedonier und einen Birmaner.
  • Knapp vier Wochen vor dem SPD-Parteitag in Hamburg haben die Jusos den Widerstand der Parteilinken gegen die Reformpläne der großen Koalition in punkto Erbschaftsteuer und Bahnprivatisierung bekräftigt. Juso-Chef Björn Böhning verlangte am 28. Sept. in Berlin, das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer von aktuell gut vier Milliarden Euro müsse deutlich gesteigert werden. Auch mit Blick auf die im Bundestag anstehende Verlängerung der Bundeswehreinsätze in Afghanistan blieb Böhning bei seiner von der Partei- und Fraktionsspitze abweichenden Position, die Fortsetzung der US-geführten Anti-Terror-Mission Operation Enduring Freedom (OEF) abzulehnen. Stattdessen brauche es verstärkte zivil-gesellschaftliche Aufbauanstrengungen und eine neue Friedenskonferenz für das Land, meinte der Juso-Chef. Gefragt sei eine "road map" für den schrittweisen Rückzug des ausländischen Militärs, denn eine solche Strategie könne er bisher nicht erkennen.
  • Die radikalislamischen Taliban in Afghanistan haben erneut bekräftigt, dass die vier vermissten Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) sich nicht in ihrer Gewalt befänden. "Wir haben fast alle Kämpfer in der Region Wardak kontaktiert", sagte Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid am 28. Sept. der Nachrichtenagentur AFP, "sie haben alle berichtet, dass sie nicht wissen, wer die Angestellten des Roten Kreuzes entführt hat". Er könne zwar nicht endgültig ausschließen, dass es sich bei den Entführern um eine Taliban-Gruppe handele, fügte er hinzu. Allerdings würde in diesem Falle umgehend dafür gesorgt, dass die vier freikommen. "Das Rote Kreuz hat in Afghanistan eine gute Geschichte und wir müssen mit ihnen zusammenarbeiten. Sie dürfen von niemandem geschädigt werden", verlangte Mudschahid.
  • Angesichts der Zunahme der Attentate und Entführungen durch die Aufständischen ist die Schutztruppe ISAF nach Einschätzung eines hochrangigen NATO-Offiziers viel zu klein. Um das Land zu befrieden "müssten die personellen und materiellen Ressourcen um ein Vielfaches aufgestockt werden", sagte ein führender Militär der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom 28. Sept. Westliche Sicherheitskreise bezifferten den Bedarf gegenüber dem Blatt auf weit über 100.000 Soldaten.
    Anmerkung des Chronisten: Die Sowjetunion hatte in den 80er mehr als 100.000 Soldaten in Afghanistan stationiert. Sie mussten sich am Ende doch geschlagen geben.)
  • Bei einem der blutigsten Anschläge seit dem Sturz der Taliban hat ein Selbstmordattentäter in Afghanistan am 29. Sept. mindestens 30 Menschen mit in den Tod gerissen. 30 weitere wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Kabul verletzt, als der Attentäter vor einem Bus der Streitkräfte einen gewaltigen Sprengsatz zündete. Die Wucht der Explosion riss das Fahrzeug auseinander, Leichenteile wurden in alle Richtungen verstreut. Zu dem Anschlag bekannten sich die Taliban. Der Bus hatte am frühen Morgen vor einem Kino in Kabul gehalten. Der Attentäter habe eine Uniform der Streitkräfte getragen und gemeinsam mit Soldaten versucht einzusteigen, erklärte ein Militärsprecher. Mehrere Gebäude wurden durch die Detonation schwer beschädigt. Ein Polizeioffizier sagte, er habe anfangs fast an die Explosion einer Atombombe geglaubt. "Überall war Feuer, Rauch und Staub", sagte Mohammed Asim. Nach Angaben der Streitkräfte saßen rund 50 Personen in dem Bus. Unter den Todesopfern seien 28 Soldaten und zwei Zivilpersonen, teilte das Büro von Präsident Hamid Karsai mit.
  • Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana hat die europäische Polizeiausbildungsmission in Afghanistan gegen Kritik aus der NATO verteidigt. "Die EU tut ihr Bestes. Wir fangen ja gerade erst an, uns in Afghanistan zu engagieren", sagte Solana am 29. Sept. mit Blick auf die im Juni gestartete EUPOL-Mission. Von den angestrebten 160 Polizei-Ausbildern sind nach Diplomatenangaben bislang nur rund 75 vor Ort, darunter rund 40 Deutsche. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung erklärte am 28. Sept., EUPOL solle bis März eine Stärke von 195 Personen erreichen - in dieser Zahl sind neben den Polizei-Offizieren Übersetzer und technisches Personal eingeschlossen.
    Solana sagte: "Die Zahlen sind nicht so wichtig, weil wir nicht jeden Polizisten im Land ausbilden wollen."" Vielmehr gehe es um den Aufbau effizienterer Strukturen im Innenministerium und den Polizeibehörden auf regionaler Ebene. "Dazu braucht man keine Bataillone."
  • In der deutschen Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) hat es einem Bericht des "Spiegel" zufolge Fälle von Alkoholmissbrauch beim Einsatz in Afghanistan gegeben. Deutsche und US-Augenzeugen hätten dies dem "Spiegel" bestätigt, berichtete das Magazin am 29. Sept. vorab. Zudem belegten dies interne Bundeswehr-Dokumente. Im 1. Kontingent der KSK, das seit Dezember 2001 in Kandahar im Süden Afghanistans stationiert war, sei der Kontingentführer "über lange Zeit hinweg alkoholisiert gewesen", zitierte der "Spiegel" einen Soldaten. Auch der Kompaniechef hatte nach Angaben eines anderen Soldaten "ein bekanntes Alkoholproblem". Die Fälle von Alkoholmissbrauch hatten demnach Auswirkung auf die Führung des Kontingents. "Differenzen gab es auf allen Ebenen; die Führung hat versagt", zitierte der "Spiegel" einen weiteren Soldaten. Ein Mitglied des 1. Kontingents beklagte demnach in einer E-Mail an den zuständigen Oberst im Einsatzführungskommando in Potsdam verschiedene Missstände wie den Alkoholmissbrauch des Kompaniechefs "und alle damit zusammenhängenden bekannten Probleme" sowie die "Untätigkeit aller, die diese Problematik kannten".
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat am 29. Sept. erstmals Bereitschaft zu Verhandlungen mit dem Taliban-Anführer Mullah Omar und dem radikalislamischen Milizenchef Gulbuddin Hekmatjar gezeigt. "Wir sind bereit, mit allen Afghanen zu sprechen", anwortete Karsai auf die Frage, ob er mit Mullah Omar und Hekmatjar verhandeln würde. "Was wir wollen, ist ein umfassender Frieden in Afghanistan. Wenn wir ihn dadurch erreichen, sind wir dazu bereit". Die US-Regierung hat auf Hekmatjar und Mullah Omar ein millionenschweres Kopfgeld ausgesetzt. Hekmatjar ist Chef des Islamisten-Netzwerkes Hisb-i-Islami, das gemeinsam mit den Taliban und anderen Gruppen gegen die Regierung von Karsai kämpft.
  • Die vier in Afghanistan entführten Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) sind wieder frei. Sie trafen am 29. Sept. wohlbehalten in Kabul ein, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP beobachtete. Bei den Freigelassenen handelt es sich um zwei Einheimische, einen Mazedonier und einer Birmaner. Die radikalislamischen Taliban hatten die Freilassung der Rotkreuz-Mitarbeiter angekündigt, die nur "versehentlich" verschleppt worden seien. "Die Freilassung der vier IKRK-Mitarbeiter ohne Vorbedingungen ist für uns und ihre Familien eine große Erleichterung", sagte IKRK-Vertreter Franz Rauchenstein in Kabul.
  • Das Angebot von Hamid Karsai an den Taliban-Führern über den gemeinsamen Verhandlungen wurde am 30. Sept. von den Radikalisten zurückgewiesen, sie wollen solange nicht verhandeln bis ausländische Truppen im Land seien.


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