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"Trauriger Jahrestag": Zehn Jahre Afghanistankrieg - und kein Ende in Sicht

Friedensbewegung zieht Bilanz und klagt an

Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
  • 70.000 Tote, darunter die Hälfte Zivilpersonen
  • Verschlechterte Sicherheitslage
  • Die wahren Gründe für den NATO-Krieg
  • Berlin führt Krieg gegen die Mehrheit
Kassel, Berlin, 5. Oktober 2011 - Aus Anlass des 10. Jahrestags des Beginns des Afghanistankrieges der USA und ihrer Verbündeten lädt die Friedensbewegung zu einer zentralen Veranstaltung nach Berlin ein. Die Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Lühr Henken und Peter Strutynski, erklären dazu:

Während am Mittwoch und Donnerstag die NATO zusammenkommt, um ihren "Sieg" gegen Gaddafi in Libyen zu feiern und die "Erfolge" im zehnjährigen Krieg in Afghanistan schön zu reden, zieht die Friedensbewegung am Freitag eine etwas andere Bilanz.

Worum geht es?
Am 7. Oktober 2011 jährt sich zum zehnten Mal der Beginn des US-Kriegs gegen Afghanistan, dem sich die Bundesrepublik Deutschland im November desselben Jahres angeschlossen hat. Im Dezember vor zehn Jahren wurde auf der Konferenz in Petersberg bei Bonn eine provisorische Regierung für Afghanistan eingesetzt; wenige Tage später beschloss der UN-Sicherheitsrat den ISAF-Einsatz zur „Stabilisierung“ des Karsai-Regimes. Der angebliche „Krieg gegen den Terror“ und der ISAF-Einsatz hatten sich bald zu einem umfassenden Krieg um die Kontrolle über das zentralasiatische Land entwickelt – mit zunehmender Gewalt und einer wachsenden Zahl ziviler Opfer.

Mindestens 70.000 Tote:
Der Krieg forderte bisher nach einer vorsichtigen Schätzung 70.000 Todesopfer, darunter etwa die Hälfte Zivilpersonen, Frauen, Kinder und Jugendliche. Nur selten erfährt auch die Öffentlichkeit hier zu Lande davon, dass auch Bundeswehrsoldaten am Tod unschuldiger Menschen beteiligt ist. Skandalösester Vorfall bisher war das Massaker von Kunduz am 4. September 2009 mit ca. 140 getöteten Afghanen – überwiegend Zivilpersonen.

Die Sicherheitslage
hat sich in den letzten drei bis vier Jahren ständig verschlechtert. In dieser Situation verspricht die Bundesregierung den Abzug der Bundeswehr bis 2014 – allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Afghanen tatsächlich für ihre Sicherheit selbst sorgen können. Somit ist ein weiterer Verbleib am Hindukusch programmiert. Die „Abzugsperspektive“ eine faustdicke Lüge.

Hintergrund des Krieges:
Es geht weder um Menschenrechte, noch um Demokratie, noch um mehr Schulen und Bildung, sondern um imperiale Interessen: 1) Bodenschätze, 2) Trassen für Pipelines, 3) Geostrategische Überlegungen (inmitten des „eurasischen Schachbretts“, Brzezinski), 4) Profitinteressen der Rüstungswirtschaft, 5) Existenz der NATO.

Regieren gegen die Mehrheit:
Seit Jahren gibt es in Umfragen hier zu Lande stabile Mehrheiten von 60 bis 75 Prozent gegen den Afghanistankrieg. Selbst in den USA ist die Stimmung gekippt. Einer aktuellen Umfrage von CBS zufolge verlangen 62 Prozent der US-Bürger/innen den sofortigen Abzug aus Afghanistan. Nichtsdestotrotz wird der Krieg weiter geführt. Zum Schaden Afghanistans und zum Schaden der Demokratie hier zu Lande.

Daher sagen wir: Die Menschen in Afghanistan brauchen einen sofortigen Waffenstillstand sowie den unverzüglichen und bedingungslosen Abzug der fremden Truppen. Tod und Zerstörung würden gestoppt, Ressourcen der Kriegskoalition könnten für den Wiederaufbau des Landes eingesetzt werden. Damit würden wichtige Voraussetzungen für Frieden und Entwicklung geschaffen.

Zur Veranstaltung:

Im Rahmen des "Aktionsherbstes" der Friedensbewegung für die Beendigung des Afghanistankriegs findet am 10. Jahrestag des Kriegsbeginns eine zentrale Veranstaltung in Berlin statt, zu der wir herzlich einladen:


Zehn Jahre Krieg in Afghanistan:

BILANZ und ANKLAGE

Freitag, 7. Oktober 2011 - 17.00 bis 20.30 Uhr
In Berlin, IG Metall-Haus, Alte Jakobstr. 149

(U-Bhf Hallesches Tor)

Es wirken mit:
Matin Baraki * Daniela Dahn * Sevim Dagdelen * René Heilig * Lühr Henken * Otto Jäckel * Karim Popal * Mariam Rawi * Sabine Schiffer * Peter Strutynski * Frieder Wagner * Sabour Zamani
(Informationen zu den Redner/innen finden Sie weiter unten).



Die Veranstaltung am 7. Oktober könnte der Auftakt sein für ein zivilgesellschaftliches Tribunal gegen die Kriegsverantwortlichen (vergleichbar den Russel-Tribunalen). Die Angeklagten sitzen in den Regierungen der Kriegsallianz, in den Führungsetagen der beteiligten Streitkräfte, in den Konzernetagen der internationalen Rüstungsindustrie. Kläger sind die Opfer des Krieges und die betrogene Bevölkerung in den Ländern der Kriegsallianz.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Lühr Henken, Berlin,
Peter Strutynski, Kassel

* Zu den Rednerinnen und Rednern der Veranstaltung:
  • Dr. Matin Baraki: Politikwissenschaftler, Lehrbeauftragter u.a. in Marburg, Gießen, Kassel
  • Daniela Dahn, Autorin und Journalistin, Berlin
  • Sevim Dagdelen, MdB Die Linke
  • René Heilig, Redakteur der Tageszeitung "Neues Deutschland", Autor
  • Lühr Henken, Berlin, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag und Beirat von IMI
  • Otto Jäckel, Rechtsanwalt, Wiesbaden, Vorstandsmitglied von IALANA
  • Karim Popal, Rechtsanwalt, Bremen; vertritt die Opfer des Kundus-Massakers gegenüber der Bundesregierung
  • Mariam Rawi, Afghanistan, Vertreterin der Frauenvereinigung RAWA
  • Dr. Sabine Schiffer, Institut für Medienverantwortung Erlangen, Medienwissenschaftlerin
  • Dr. Peter Strutynski, Politikwissenschaftler und Friedensforscher, Kassel, AG Friedensforschung, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag
  • Frieder Wagner, Journalist und Filmemacher; Autor des Films "Deadly Dust" (darin geht es um den Einsatz von Uranmunition u.a. im Afghanistankrieg)
  • Sabour Zamani, Berlin, Afghanischer Kulturverein



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