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Verschleppung nach Solidaritätsmarsch

Wo ist Philip Rizk? Menschenrechtsaktivist in Ägypten nach seiner Festnahme verschwunden

Von Karin Leukefeld *

Der deutsch-ägyptische Menschenrechtsaktivisten Philip Rizk (25) ist verschwunden. Er war am Freitag abend verhaftet und – mutmaßlich von ägyptischen Sicherheitskräften – verschleppt worden. Rizk, der an der Amerikanischen Universität von Kairo ein Aufbaustudium absolviert, hatte sich an einem Solidaritätsmarsch für die Palästinenser im Gazastreifen beteiligt und die Aufhebung der Belagerung sowie die Öffnung des Grenzübergangs Rafah gefordert. Der Marsch, an dem sich außer Rizk noch 14 weitere Personen beteiligt hatten, war ohne Zwischenfälle am Freitag abend in Qalyubiya nördlich von Kairo zu Ende gegangen, berichtete einer der Teilnehmer, der US-Amerikaner Travis Randall, der Middle East Times (9.2.). Als die Gruppe zurück nach Kairo fahren wollte, habe die Polizei sie zur Personalienfeststellung mitgenommen. Philip Rizk sei von der Gruppe getrennt und zu einem Verhör gebracht worden.

Dann hieß es, er sei festgenommen und kurz darauf in einem zivilen Fahrzeug ohne Nummernschild abtransportiert worden, erinnerte sich Randall. Der Versuch, den Wagen zu stoppen, sei fehlgeschlagen. Ein die Gruppe begleitender Journalist und ein Vertreter der ägyptischen Menschenrechtsorganisation »El Nadim« hätten versucht, dem Auto zu folgen, wurden jedoch durch Schläge der Polizei und Straßensperren daran gehindert. Das Nadim-Menschenrechtszentrum verurteilte die »barbarische, mafiöse Behandlung eines Bürgers« und forderte Aufklärung über den Aufenthaltsort von Philip Rizk. Strafverfolgungsbehörden in Kairo erklärten, von dem Vorgang nichts zu wissen. In der Nacht zum Montag durchsuchten allerdings staatliche Sicherheitskräfte die Wohnung von Rizk, in der er mit seinen Eltern und Schwestern lebt.

In Kreisen von Friedens- und Menschenrechtsaktivisten ist Philip Rizk, der die deutsche und ägyptische Staatsangehörigkeit hat, kein Unbekannter. Zwei Jahre lang lebte er in Gaza, wo er in Projekten mit Andrew White, dem Sonderbeauftragten für den Mittleren Osten des Erzbischofs von Canterbury, arbeitete. Vor kurzem hatte er eine Dokumentation über gewaltfreien Widerstand der Palästinenser gegen die israelische Besatzung fertiggestellt. Rizk ist auch Autor des Blogs »Tabula Gaza«, der den ägyptischen Sicherheitsbehörden ein besonderer Dorn im Auge sein dürfte. In verschiedenen Beiträgen wird in dem Blog auch die ägyptische Blockadepolitik gegenüber den Palästinensern in Gaza kritisiert. Erst kürzlich hatten die Strafverfolgungsbehörden Aktivisten und Blogger, die der Muslimbruderschaft nahestehen sollen und die Öffnung des Grenzübergangs Rafah gefordert hatten, als »kriminelle Vereinigung innerhalb der Hamas« angeklagt. Das berichtete die britische BBC.

Das Auswärtige Amt in Berlin sagte auf jW-Anfrage, die deutsche Botschaft vor Ort bemühe sich weiter um Informationen über den Grund der Festnahme und Angaben zum Aufenthaltsort von Philip Rizk. Ägypten erhält als Partnerland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit aus dem entwicklungspolitischen Haushalt finanzielle Unterstützung in Höhe von 177,8 Millionen Euro (2008–2010). Die »Achtung der Menschenrechte« ist eine Voraussetzung dafür.

* Aus: junge Welt, 11. Februar 2009


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