"Umbruch: Die Politik in die eigenen Hände nehmen"
Der 18. Friedenspolitische Ratschlag tagt wieder in Kassel / Ein großes Programm voller Aktualität und Brisanz
Presseerklärung der AG Friedensforschung und des Bundesausschusses Friedensratschlag
Kassel 19. November 2011
"Umbruch: Die Politik in die eigenen Hände nehmen
Kriege beenden - Waffenexporte stoppen - Demokratie und soziale Gerechtigkeit durchsetzen"
Unter diesem Motto findet am 26./27. November der 18. Friedenspolitische Ratschlag in Kassel statt. Veranstalter ist die an der Universität Kassel ansässige AG Friedensforschung, unterstützt von der durch den Bundesausschuss Friedensratschlag vertretenen Friedensbewegung.
Die "Friedenspolitischen Ratschläge" werden seit 1994 jährlich in Kassel veranstaltet und stellen das wichtigste und größte gemeinsame Forum friedenswissenschaftlicher Analyse und friedenspolitischer Praxis dar. Mehrere hundert Teilnehmer/innen aus dem In- und benachbarten Ausland diskutieren zwei Tage lang über die Kriege und Konflikte in der Welt, über die Entwicklung der internationalen Beziehungen und des Völkerrechts, über zwischen- und innerstaatliche Gewaltprozesse sowie über Möglichkeiten und Formen nicht-militärischer, ziviler Prävention und Konfliktbearbeitung.
Der diesjährige "Friedensratschlag" befasst sich schwerpunktmäßig mit sieben aktuellen und brisanten Themenbereichen:
(1) Da geht es einmal um eine Analyse und Bewertung des "arabischen Frühlings", der von der kritischen Friedensforschung und der Friedensbewegung freudig als Chance begrüßt wurde, die Jahrzehnte dauernde Bevormundung und Unterdrückung der Bevölkerung abzuschütteln sowie die Souveränität der Völker im Sinne der UN-Charta herzustellen. Der Ausgang dieses sozialen und politischen Prozesses ist offen. Ebenso offen ist, inwieweit es gelingt, äußeren Einwirkungsversuchen erfolgreich zu widerstehen.
Referate und Workshops hierzu sind vorgesehen mit Prof. Dr. Werner Ruf und Joachim Guilliard.
(2) Die Entwicklung in Libyen verdient die besondere Aufmerksamkeit des "Friedensratschlags". Ein in mancher Beziehung problematisches Mandat des UN-Sicherheitsrats und ein sieben Monate dauernder Bomben- und Raketenkrieg der NATO haben ein aus westlicher Sicht unbotmäßiges Regime beseitigt und - sozusagen als Kollateralschaden - Zehntausende Menschen getötet und die Infrastruktur des Landes erheblich zerstört. Wenn das Schule macht, ist das Völkerrecht mit seinem strikten Gewaltverbot in den internationalen Beziehungen aufs schwerste beschädigt; der "gerechte Krieg" scheint wieder führbar geworden zu sein. Zugleich ist Libyen ein Lehrbeispiel für die "double standards" in den internationalen Beziehungen: während hier die NATO eingreift um angeblich "Zivilpersonen zu schützen" (das allein war der Auftrag der UN-Resolution), schweigt sie zur blutigen Unterdrückung der Protestbewegung in Bahrain und im Jemen und wird erst wieder munter im Fall Syriens. Von der NATO bis zu den Vereinten Nationen gehört alles auf den Prüfstand.
Vorträge und Workshops von und mit Daniela Dahn, Karin Leukefeld, Dr. Erhard Crome und Dr. Alexander Neu.
(3) Im Schatten des "arabischen Frühlings" tritt der israelisch-palästinensische Konflikt weiter auf der Stelle - zum Schaden vor allem der Palästinenser. Deren verzweifelter Versuch, wenigstens vor der UNO die ihnen gebührende Anerkennung zu erhalten, scheitert am Veto der USA und an der einseitigen Bindung weiterer westlicher Mächte (auch Deutschlands) an die Interessen der israelischen Regierung. Die Katastrophe in diesem Kernkonflikt des Nahen Ostens hat einen Namen: Besatzung und Verweigerung der Staatlichkeit Palästinas. Doch auch die Rolle der Türkei und die Behandlung der Kurdenfrage spielen eine wichtige Rolle in der Region.
Vorträge und Workshops von und mit Prof. Dr. Norman Paech und Matthias Jochheim sowie mit Murat Cakir und dem Soziologen Baki Gül (Brüssel).
(4) Der Afghanistan-Krieg spielt auch auf diesem Friedensratschlag wieder eine große Rolle: Es ist der zentrale Konflikt um die Herrschaft des Westens in Zentralasien und zudem das herausragende Beispiel für die Untauglichkeit militärischer Mittel zur Befriedung oder Entwicklung eines Landes. Eine Woche vor der internationalen Konferenz in Bonn (10 Jahre Petersberg), auf der sich die Krieg führenden Staaten bescheinigen, dass sie auf dem richtigen Weg sind, wird in Kassel eine kritische Bilanz des zehnjährigen Krieges gezogen.
Vorträge und Diskussion mit der Kriegsgegnerin und Bürgerrechtlerin Malalai Joya (Afghanistan) sowie mit Frieder Wagner (Uran-Munition) und Kirsten Janssen (Kundus-Untersuchungsausschuss).
(5) Friedensforschung und Friedensbewegung interessiert natürlich auch der Blick nach Innen. Wozu wird die Bundeswehr gebraucht? Welche Rolle spielen deutsche Waffen und deren Export in alle Welt? Welche Anstrengungen werden unternommen, Bildungseinrichtungen (Schulen, Universitäten) für militärische Zwecke in Dienst zu nehmen?
Antworten darauf geben der Militärexperte Lühr Henken, Michael Schulze von Glaßer, Dietrich Schulze und Peter Förster.
(6) Der jüngst bekannt gewordene Skandal über das offenkundige Versagen des "Verfassungsschutzes" bei der Abwehr rechter, neonazistischer Gewalt sollte Anlass sein, über zivilgesellschaftliche Strategien antifaschistischen Engagements zu diskutieren.
Über Probleme und Erfolgsbedingungen antifaschistischer Bewegungen am Beispiel der Aktionen "Dresden nazifrei" referiert Ringo Bischoff (Bundesjungendsekretär von ver.di).
Der Blick nach "Innen" wäre unvollständig, wenn nicht auch die europäische Schuldenkrise und der wenig demokratische Umgang mit bestimmten Ländern der EU thematisiert würden.
Die Wirtschafts- und Finanzexperten Dr. Andreas Wehr und Lucas Zeise werden hierzu Workshops anbieten, der Verleger Hannes Hofbauer aus Wien über das "Ende der Meinungsfreiheit in der EU" referieren.
(7) Immer geht es bei den "Friedenspolitischen Ratschlägen" auch um Alternativen und andere Sichtweisen. Diese betreffen welt- und entwicklungspolitische Modelle jenseits des real existierenden Welt-Kapitalismus sowie Widerstands- und Protestformen der Gewaltfreiheit. Alternative Entwicklungsmodelle in Lateinamerika kommen hier genauso in den Blick wie der asiatische Raum, die junge "Occupy"-Bewegung genauso wie die "klassischen" sozialen Bewegungen.
In verschiedenen Workshops und im Plenum werden hierzu referieren und diskutieren: Achim Wahl, Kai Ehlers, Bernhard Nolz, Christoph Marischka, Tobias Pflüger, Christian Koch und Christine Buchholz sowie Stefan Lindner (Attac), Matthias Jochheim (IPPNW), Heike Hänsel (MdB Die Linke) und Helga Schwitzer (geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG-Metall (Moderation: Medienwissenschaftlerin Dr. Sabine Schiffer).
Die Organisatoren des "Friedensratschlags", Dr. Peter Strutynski und Prof. Dr. Werner Ruf (beide von der AG Friedensforschung) sind zuversichtlich, dass auch in diesem Jahr viele friedensbewegte Menschen aus dem ganzen Land nach Kassel kommen werden. Sie freuen sich auf interessante Vorträge und lebhafte Diskussionen. Der Tagungsbeitrag beträgt 30 EUR (ermäßigter Preis für Studierende, Arbeitslose, Hartz-IV-Empfänger usw.: 12 EUR). Im Preis ist ein Abendessen am Samstag enthalten.
Für die AG Friedensforschung:
Dr. Peter Strutynski
Hier geht es zum kompletten Programm des Friedensratschlags:
Programm
Anmeldungen per e-mail bei:
strutype@uni-kassel.de
oder bei:
Bundesausschuss.Friedensratschlag@gmx.net
Oder per Post bei:
AG Friedensforschung
Germaniastr. 14
34119 Kassel
Tel.: 0561 93717974
Bei Rückfragen:
P. Strutynski, Tel. 0561-311693; mobil: 0160 97628972
P.S.: Besuchen Sie die friedenspolitische Website der AG Friedensforschung:
http://www.ag-friedensforschung.de/Welcome.html
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