"Europa in schlechter Verfassung" - Friedensbewegung lehnt EU-Verfassung ab und fordert Volksentscheid
Pressemitteilungen anlässlich der feierlichen Unterzeichnung der EU-Verfassung in Rom
Im Folgenden dokumentieren wir zwei Pressemitteilungen aus der Friedensbewegung, die sich mit der EU-Verfassung befassen.
Friedensbewegung lehnt EU-Verfassung ab und fordert Volksentscheid
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag-
Eintracht der Regierungen, Widerspruch aus der Bevölkerung
- EU wird zu "Verteidigungsunion"
- Militarisierung, Aufrüstung und Neoliberalismus in der Verfassung
- Für ein ziviles und soziales Europa
- Friedensratschlag für Volksentscheid über EU-Verfassung
Kassel, 28. Oktober 2004 - Anlässlich der am 29. Oktober stattfindenden
feierlichen Unterzeichnung der EU-Verfassung durch die Staats- und
Regierungschefs der EU erklärt der Bundesausschuss Friedensratschlag:
Die Unterschriften der 25 Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten unter den Text des EU-Verfassungsvertrags sind möglicherweise die Tinte nicht wert, die dazu verwendet wird. Die kommenden Monate nämlich werden
zeigen, dass die bei der Jubelfeier in Rom zur Schau getragene Eintracht
der Regierenden nicht unbedingt dem Willen der Mehrheit der europäischen
Bevölkerung entspricht. Dazu ist die EU-Verfassung zu militärfreundlich
und zu wirtschaftshörig.
Die Europäische Union, die in der Vergangenheit ihre größten Erfolge auf
wirtschaftlichem, strukturpolitischem, sozialem, kulturellem und
rechtlichem Gebiet errungen hat, soll nach Art. 41 EU-Verfassungsentwurf
in ein "Verteidigungsbündnis" umgewandelt werden.
Dieser Entwurf wird von der Friedensbewegung abgelehnt,
-
weil demnach EU-Streitkräfte (z.B. die neuen "battle groups") zu
weltweiten Kampfeinsätzen entsendet werden können;
- weil darin von allen Mitgliedstaaten verlangt wird, ihre
"militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern", also weiter
aufzurüsten;
- weil eine Agentur für Entwicklung der Verteidigungsfähigkeit,
Forschung, Beschaffung und Rüstung vorgesehen ist, jedoch keine
Institution für Abrüstung;
- und weil die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen wie
Alterssicherung, Bildung, Energie, Wasser und Gesundheit bevorzugt werden soll.
Dem setzen wir ein ziviles und soziales Europa entgegen. Wir verlangen
eine öffentliche Debatte über den Verfassungsentwurf und damit über die
Zukunft des Kontinents. Die Menschen in Europa müssen nach einer
gründlichen Debatte selbst entscheiden, welche Rolle die Verfassung
spielen und welche zentralen Inhalte sie haben soll.
Gerade haben die Koalitionsfraktionen in Berlin einen Gesetzentwurf ins
Gespräch gebracht, wonach die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes bei
politischen Grundsatzfragen per Volksentscheid mitbestimmen können
sollen. Es ist höchste Zeit für so eine Initiative und sie muss dazu
führen, dass die Bevölkerung hier zu Lande - wie in zahlreichen anderen
EU-Staaten - über die EU-Verfassung abstimmen darf.
Darin ist sich die Friedensbewegung in Deutschland mit ihren Freunden in
anderen Ländern einig. Der Bundesausschuss Friedensratschlag unterstützt
die Demonstrationen in Rom gegen den Festakt am Freitag. Die nächsten
Monate werden dazu genutzt, eine breite Bürgerbewegung gegen die
EU-Verfassung zu schaffen. Sie wird unter dem Motto stehen: "Wir sagen
ja zu Europa aber nein zur Militärverfassung".
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski
DEUTSCHE FRIEDENSGESELLSCHAFT - VEREINIGTE KRIEGSDIENSTGEGNERINNEN (DFG-VK)
- PRESSEMITTEILUNG vom 28.10.2004 -
EU-Verfassung sieht Aufrüstungspflicht vor:
Viele Friedensgruppen aus dem In- und Ausland beteiligen sich an Aktionstag
"Europa in schlechter Verfassung"
Anlässlich der für morgen geplanten Unterzeichnung des EU-Verfassungsentwurf
durch die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EU sind
mehrere Dutzend Gruppen aus dem In- und Ausland u.a dem Aufruf der Deutschen
Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und der
Informationsstelle Militarisierung (IMI) gefolgt und beteiligen sich an
einem europaweiten Aktionstag unter dem Motto "Europa in schlechter
Verfassung". Geplant sind Aktionen u.a. in Berlin, Hamburg, Potsdam,
Stuttgart, mehreren baden-württembergischen Städten sowie in Italien und
Österreich (Die unvollständige Liste finden Sie unter:
www.dfg-vk.de/eu2910/aktionen.html).
Mehrere Hundert Menschen aus Deutschland und Österreich haben bis heute
zusätzlich an einer Email-Aktion an alle Staats- und Regierungschefs
teilgenommen (www.dfg-vk.de/schritte-zur-abruestung/2004-eu.php). Der
Protest gegen die vorliegende EU-Verfassung richtet sich insbesondere gegen
die Militarisierung der Europäischen Union, die durch diesen Vertrag
bis hin zur globalen Kriegsführungsfähigkeit möglich wird. Zudem wird
Aufrüstung Verfassungsgebot, denn der Verfassungsentwurf verlangt: "Die
Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten
schrittweise zu verbessern".
"Die Beteiligung an den Aktionen zeigt, dass sich die Menschen sehr wohl mit
den Zielen und den Inhalten der Europäischen Union auseinander setzen",
beschreibt Roland Blach, Landesgeschäftsführer der DFG-VK Baden-Württemberg.
"Sie zeigt auch, dass die Menschen sich für einen neuen Verfassungsentwurf
einsetzen, der auf breiter gesellschaftlicher Basis unter Einschluss
sozialer und emanzipatorischer Bewegungen entsteht und der eine Europäische
Union schafft, die sich u.a. dem Krieg verweigert", so Blach weiter.
Um zu verhindern, dass dieser EU-Verfassungsvertrag in Kraft tritt,
unterstützt dieser Aktionstag eine große öffentliche Kampagne, die die
Bevölkerung während des Ratifikationsprozesses über die Inhalte dieses
Vertrages aufklärt. Dazu gehört auch die am 3. November beginnende
Veranstaltungsreihe "In welcher Verfassung ist Europa? Europäische Union:
Militarisierung und Flüchtlingsabwehr" mit dem Buchautor Rudi Friedrich und Terminen in 15 Städten in Deutschland und Österreich, organisiert von der DFG-VK Hessen und
Connection e.V. (Weitere Informationen unter www.dfg-vk-mainz.de/aktuell).
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