"Warmlaufen für den Bush-Besuch"
Presseerklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag zu den bevorstehenden Ostermärschen
Kassel, 22. März 2002
"Die Friedensbewegung steht vor einer der größten Herausforderungen der
letzten zwanzig Jahre", stellt der Bundesausschuss Friedensratschlag in
einer Stellungnahme zu den bevorstehenden Ostermärschen fest. Die
Ankündigung des US-Präsidenten, den "Krieg gegen den Terror" über
Afghanistan hinaus auszuweiten und insbesondere auch den Irak ins Visier
zu nehmen, stellt eine ernsthafte Bedrohung der ohnehin äußerst
zerbrechlichen Situation im Nahen Osten und des Friedens in der Welt
dar. Der Truppenaufmarsch rund um die Golfstaaten hat Dimensionen
angenommen, die bereits über die Kriegsvorbereitungen vor dem Golfkrieg
1991 hinausgehen. Auch internationale Hilfsorganisationen bereiten sich
auf einen Angriff der USA vor. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) hat
in den letzten Tagen damit begonnen, Hilfsgüter ins iranische
Grenzgebiet zu Irak zu verlegen. Dabei sollen Zelte, Decken und
Küchengeräte für bis zu 150 000 Flüchtlinge bereitgestellt werden.
Auch die gegenwärtigen "Vermittlungsversuche" des US-Sonderbeauftragten
Anthony Zinni im Nahostkonflikt dienen nach Auffassung der
Friedensbewegung nur der Vorbereitung des Krieges gegen den Irak. Die
USA brauchen einen diplomatischen Erfolg und vor allem Ruhe an der
israelisch-palästinensischen Front, um die arabischen Staaten still zu
halten. Es ist ein "zynisches Kalkül, hier einen vorübergehenden
Waffenstillstand auszuhandeln, um dort den Rücken für einen großen Krieg
frei zu haben", kritisiert der Sprecher des Friedensratschlags, Dr.
Peter Strutynski, die US-Politik. Allerdings werde die Rechnung nicht
aufgehen. Ein Krieg in Irak wird auch den israelisch-palästinensischen
Krieg wieder neu entflammen.
Auf massiven Protest in der Friedensbewegung ist auch das vor kurzem
bekannt gewordene Pentagon-Geheimpapier "Nuclear Posture Review"
gestoßen. Viele Menschen fragen sich, ob die US-Regierung denn noch bei
Trost sei, wenn sie nun auch bereit ist, mit Atomwaffen Staaten
anzugreifen, die selbst nicht im Besitz von Atomwaffen sind. Auch die
Ankündigung des britischen Verteidigungsministers, im "Kampf gegen den
Terror" auch von ihren Atomwaffen "Gebrauch zu machen", ist nichts
anderes als ein freches Eingeständnis, Verbrechen gegen die
Menschlichkeit begehen zu wollen. Der Einsatz von Nuklearwaffen außer zu
Verteidigungszwecken in Extremsituationen ist völkerrechtlich nämlich
verboten (Gutachten des Internationalen Gerichtshofs IGH 1996).
Immer mehr Menschen sind auch davon überzeugt, dass der US-"Krieg gegen
den Terror" nichts mit der Verteidigung von Freiheit, Demokratie und
"westlicher Zivilisation" zu tun hat. Vielmehr geht es um handfeste
ökonomische, politische und geostrategische Interessen. Auch die Politik
der Bundesregierung wird mit großem Misstrauen verfolgt. Wenn es
Schröder und Fischer mit ihrem Widerspruch zur US-Kriegsplanung gegen
den Irak wirklich ernst meinen, dann müssen sie die in Kuwait
stationierten ABC-Spürpanzer sofort zurückbeordern und die
Marineverbände vom Horn von Afrika und aus Kenia abziehen.
Die diesjährigen Ostermärsche stehen ganz im Zeichen dieser und
ähnlicher Fragen. Der Bundesausschuss Friedensratschlag rechnet mit
einer stärkeren Beteiligung als im vergangenen Jahr. Seit dem 11.
September sind so viele falsche Antworten auf den internationalen
Terrorismus gegeben worden, dass die Unsicherheit der Menschen eher noch
zugenommen hat und die Bedrohung der Welt noch größer geworden ist. In
fast allen Aufrufen zu den Ostermärschen wird gefordert, dem Terror mit
zivilen Mitteln (Justiz, Polizei, Internationaler Strafgerichtshof usw.)
entgegenzutreten. Krieg ist immer das falsche Mittel, Krieg wird selbst
zum Terror, weil er immer die Zivilbevölkerung trifft.
Schließlich wirft auch der für Mai angekündigte Besuch des
US-Präsidenten Bush seine Schatten voraus. Die Friedensbewegung werde
sich bei den Ostermärschen schon einmal "warmlaufen" für die Aktionen,
die anlässlich des Bush-Besuchs geplant sind, sagte Strutynski. Die Wut
über die Arroganz der einzigen Weltmacht USA ist groß und wird viele
Menschen auf die Straße bringen.
F.d. Bundesausschuss Friedensratschlag:
Dr. Peter Strutynski (Sprecher)
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Informationen über die Ostermärsche erhalten Sie außerdem unter:
www.ostermarsch.info
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