Krieg gegen Syrien – wir sagen nein!
Antikriegsprotest in Kassel: 150 Menschen bei Kundgebung
Kassel, 1. September (Eigenbericht) - "Gegen Rüstung - gegen Krieg – in Kassel und überall" unter diesem Motto hatte das Kasseler Friedensforum am 31. August zum stillen und lauten Protest aufgerufen. Angesichts des drohenden Militärschlags der USA und anderer Nato-Mächte gegen Syrien haben die Friedensaktivisten die ursprünglioch geplante Antikriegstags-Aktion gegen Rüstungsexporte und die Kasseler Rüstungsindustrie "umfunktioniert" in eine Protestveranstaltung gegen die drohende Intervention des Westens in den syrischen Bürgerkrieg.
Und es kamen immerhin ca. 150 Personen in die Kasseler Fußgängerzone - obwohl zeitgleich eine ebenfalls wichtige Protestaktion gegen Fracking an einem anderen Ort der Stadt (vor dem Verwaltungsgebäude von Wintershall) veranstaltet wurde.
Die Redner (Kai Böddinghaus von der LINKEN, Dr. Rabani Alekuzei von der SPD und Murat Cakir von der Rosa-Luxemburg-Stiftung) verwiesen auf die Gefahr einer weiteren Eskalation und eines Flächenbrandes in der Region. Geheimdienstinformationen wurden unter Bezugnahme auf den Irakkrieg als fragwürdige Beweisquelle bezeichnet und die aktuellen Kriege in unterschiedlichen Ländern der Welt als "Stellvertreterkriege". Weder in Afghanistan noch im Irak habe sich die Situation der Menschen vor Ort durch den Militäreinsatz verbessert. Wenn es wirklich darum ginge, den Menschen zu helfen, könnten die westlichen Länder, könnte vor allem auch die Bundesrepublik syrische Flüchtlinge aufnehmen. Der Irak z.B. nehme täglich 3000 Flüchtling aus Syrien auf. In Deutschland war vor Monaten versprochen worden 5000 Syrer aufzunehmen; seither sind erst ein paar Hundert angekommen. Vor allem aber müssten jegliche Rüstungsexporte eingestellt werden.
Notwendig sei eine politische Lösung des Konflikts auf der Grundlage folgender Foderungen:
-
ein sofortiger Waffenstillstand
- Einstellung aller Waffenlieferungen an die Kriegsparteien
- eindeutige Klärung des Chemiewaffeneinsatze durch die UNO
- umgehende Einberufung der vereinbarten Friedenskonferenz in Genf.
Von der Bundesregierung wurde verlangt, dass sie sich weder direkt noch indirekt an militärischen Maßnahmen gegen Syrien beteiligt.
Die Protestaktion war Auftakt zu zwei weiteren Veranstaltungen am 1. September: Am Sonntagmorgen, 1. September, versammelten sich um 5:45 Uhr zahlreiche Menschen, um an den Beginn des 2. Weltkriegs zu erinnern. Dieser schrecklichste aller Kriege begann bekannlich auch mit einer Lüge - dem von den Nazis fingierten "Überfall" polnischer Soldaten auf den deutschen Sender in Gleiwitz, worauf Hitler seinen geplanten Feldzug gegen Polen begann ("Ab 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen"). André Schönewolf, DGB-Jugendsekretär Nordhessen, schlug in einer beeindruckenden Ansprache den Bogen von den Nazi-Verbrechen des 2. Weltkriegs - insbesondere bei zahlreichen Massakern in der mit Hessen verschwisterten italienischen Region Emilia Romagna - zu den rassistischen Umtrieben der rechtsradikalen Szene heute, von den Kameradschaften über "Pro Deutschland" bis zur NPD. Der DGB Kassel organisiert jährliche Bildungsfahrten für Jugendliche in die Partnerregion. Dort erfahren sie nicht nur etwas über die Grausamkeiten, die an der italienischen Zivilberbölkerung begangen wurden, sondern
"auch viel über die vielfältigen Formen des Widerstandes der italienischen PartisanInnen, die weit mehr umfassen wie den bewaffneten Kampf". André Schönewolf weiter:
"An den Orten des Geschehens wird Geschichte erfahrbar. Von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen die Ereignisse geschildert zu bekommen, ist ein unschätzbarer Wert. Tief beeindruckt kehren die Teilnehmenden in der Regel von dieser Bildungsfahrt zurück und sehen sich bestärkt für ein antifaschistisches Engagement vor Ort."
Dieses Engagement kann verschiedene Formen annehmen:
"Wir stellen uns quer, wenn diskriminierendes und menschenverachtendes Gedankengut auftritt und für andere zur Bedrohung wird. Wir sind präsent, wenn Neonazis hier in Kassel öffentlichen Raum für sich in Anspruch nehmen, Plätze besetzen und ganze Stadtteile einschüchtern."
Am Ende seiner Ansprache ging der DGB-Jugend auf die aggressive Werbung der Bundeswehr an Schulen ein:
"Allein in Kassel haben in diesem Jahr 900 SchulabgängerInnen keinen Ausbildungsplatz gefunden. Ich möchte nicht, dass sie aufgrund einer drohenden Perspektivlosigkeit der Bundeswehr in die Arme getrieben werden. Daher sagen wir, auch an die Adresse der Politik: Kein Werben fürs Sterben! Schafft Zukunftsperspektiven für die junge Generation, setzt Euch für gute und sichere Beschäftigung ein und bietet ihnen eine zivile Perspektive!"
Am späten Vormittag des 1. September schloss sich eine weitere Veranstaltung des Kasseler Friedensforums an - in Kooperation mit der "Stolperstein"-Initiative und der VVN-BdA: Es war eine Lesung zu einem soeben erschienenen Buch des Friedensaktivisten Rolf Wekeck: "Widerstand gegen die Nationalsozialisten - Plätze, Straßen, Stolpersteine. Erinnern in Kassel". 60 Besucher waren zu dieser bewegenden Matinée gekommen. Das Buch fand reißenden Absatz.
Und das stand in der Regionalpresse
Friedensforum veranstaltete Syrien-Kundgebung *
Kassel. Es gebe keine Bundesstaaten und keine größeren Städte in den USA, in denen die Menschen seit Donnerstag nicht auf die Straße gingen, um gegen ein militärisches Eingreifen in Syrien zu demonstrieren.
Überall auf der Welt protestierten Menschen in diesen Tagen gegen den drohenden Krieg im Nahen Osten, sagte Friedensaktivist Peter Strutynski am Samstagmittag auf dem Opernplatz. Das Kasseler Friedensforum hatte zu einer spontanen Kundgebung zum Auftakt des Antikriegstages am 1. September eingeladen. Etwa 100 Frauen und Männer zeigten mit ihrer Teilnahme, dass sie gegen einen militärischen Angriff auf Syriens Machthaber Baschar al-Assad sind. In diesem Kontext müsse er das „Vorgehen der deutschen Bundesregierung positiv zur Kenntnis nehme“, sagte Strutynski. Die militärische Zurückhaltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel sei bemerkenswert.
Die beiden Kommunalpolitiker Kai Boeddinghaus (Bundestagskandidat der Linken) und Dr. Rabani Alekuzei (SPD) warnten in kurzen und engagierten Redebeiträgen vor einem Angriff. Dadurch würden möglicherweise Assad und seine Kumpanen getroffen, sagte Boeddinghaus. Auf alle Fälle würden aber Zivilisten zu Opfern. „Ein Eingreifen des Westens bedeutet Eskalation.“ Deutschland müsse dem syrischen Volk, das unter dem Bürgerkrieg leide, durch diplomatische Bemühungen und Flüchtlingshilfe, die natürlich auch Geld koste, unterstützen.
Sozialdemokrat Alekuzei, der seine Heimatstadt Kabul vor 35 Jahren verlassen hat, sagte, „Krieg ist kein richtiges Mittel, um Konflikte zu lösen“. In Afghanistan werde seit 35 Jahren Krieg geführt, ein Stellvertreterkrieg, der von anderen Mächten in das Land exportiert worden sei. Alekuzei forderte zudem, dass Waffenlieferungen in diese Länder nicht mehr stattfinden dürfen. (use)
* Hessische Allgemeine-HNA, Montag, 2. September 2013
[Siehe auch Artikel und Fotos
h i e r ! (pdf)]
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