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Zentrale Forderung: NATO auflösen

Das Peace Event Sarajevo 2014 diskutierte konkrete Aktionen

Von Reiner Braun, Sarajevo *

Am 28. Juni 1914 wurden der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau bei einem Attentat in Sarajevo getötet. Der Anschlag diente Österreich-Ungarn und dem deutschen Kaiserreich als Vorwand, einen umfassenden europäischen Krieg auszulösen, der zum Ersten Weltkrieg wurde. Der 100. Jahrestag des Ereignisses war Anlaß, in diesem Jahr in der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina ein internationales Peace Event stattfinden zu lassen. Mehr als 2500 Menschen aus 32 Ländern nahmen am vergangenen Wochenende daran teil. In 190 Workshops, vielen Kulturveranstaltungen sowie einem großen Jugendcamp wurde dabei erstmals seit 20 Jahren bei einer Konferenz dieser Art vor allem wieder über die Abschaffung der NATO diskutiert. Hinter die Forderung stellten sich auch zahlreiche prominente Politikerinnen und Politiker. Darunter waren u. a. die irische Friedensnobelpreisträgerin Mairead Maguire, der Programmdirektor des American Service Committee, Joseph Gerson aus den USA, und der Brite Dave Webb, Vorsitzende der Kampagne für nukleare Abrüstung. Ein weiteres Thema war die Organisierung von Widerstand gegen die Militarisierung der EU.

Mairead Maguire appellierte, das Treffen in Sarajevo, »wo 1914 der Frieden endete«, zum Ausgangspunkt für »einen universellen Aufruf zum Frieden durch die umfassende Beseitigung des Militarismus« zu machen. Sie und andere betonten die Bedeutung des UNESCO-Programms »Kultur des Friedens«. Die Spannbreite der Debatten reichte von der Systemfrage über Aktionen der Zivilcourage bis hin zu zivilen Konfliktlösungen, zu Prävention, Abrüstung und gemeinsamer Sicherheit.

Eine besondere Bedeutung hatte die Solidaritätsveranstaltung für die Flut­opfer in der Region, an der mehrere Gruppen aus Bosnien und Herzegowina, aber auch Manfred Maurenbrecher aus Deutschland teilnahmen. Am Sonntag fand ein Open-Air-Konzert zur Erinnerunge an Pete Seeger statt.

Am Montag verständigten sich Teilnehmer über gemeinsame Aktionen für das kommende Jahr, in dem die Welt den 70. Jahrestag des Weltkriegsendes 1945 begeht. Das Treffen war seit dem NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999 von lokalen und internationalen Friedensgruppen vorbereitet worden.

* Aus: junge Welt, Dienstag 10. Juni 2014


Dokumentiert: Die Presseerklärung der Sarajewo-Organiatoren (englisch und deutsch)

"More peace action are needed – mehr Friedensaktionen sind notwendig"

Over 2500 participants at the international Peace Event Sarajevo 2014

We have to counter the threat of war in the world more intensely and commonly and we have to interfere in the mankind question about “war and peace” with much more energy and more international actions. This was the unique vote of all participants of the largest Peace Event in 2014, which took place on Pentecost with more than 190 workshops and many cultural events as well as a large youth camp in Sarajevo.

“Peace is possible” – this was the common mood at the opening ceremony of the International Peace Event on Friday, June 6, 2014 in Sarajevo. We want "no more war and conflicts have to be resolved peacefully" was the message of more than 900 people and peace activists from 32 countries.

The event attended by well-known international and national guests coined the common concern for peace in the face of increasing international confrontations, but also the certainty - as a lesson learned from history - peaceful solutions to conflicts are possible and the only way to avoid war. This must be desired politically and enforced by the people who yearn for peace worldwide.

The peace messages of Nobel Peace Prize laureate Mairead Maguire, Noam Chomsky, Hildegard Goss-Mayr, Verdiana Grossi, Chico Whitaker, Jasmila Zbanic with their deep contentual impact, emotional charge and unique expressiveness, associated themselves in the program with the expressive peace messages of many Bosnian pupils and students, striving together for peace and actively advocating for it. The traditional singing of the Sarajevo-choir "Pontamina" and the lively rhythms of young musicians from the group "Balsica" full of vitality and positive energy delighted the national and international audience.

"We need to accept and celebrate diversity and otherness" were the words of Mairead Maguire, who also appealed to all participants of the Peace Event: "Let the Sarajevo, where peace ended, be the starting point for the bold beginning of a universal call for peace through the wholesale abolition of militarism." Again and again the importance of the UNESCO culture of peace program as an alternative program to war and militarization was emphasized. Or as Ingeborg Breines from the International Peace Bureau (IPB) put it: "without non-violent actions it will just not work."

All discussions were held in the atmosphere of great solidarity, mutual respect, understanding and learning from each other. Peaceful coexistence was lived and celebrated on the large cultural event. Militarism alternatives have been intensively worked on.

Of particular importance was also the solidarity concert for the flood victims in the region, in which several groups from Bosnia and Herzegovina, but also Manfred Maurenbrecher from Germany participated. Impressive was also the open air concert in memory of Pete Seeger, which took place on Sunday evening.

Many considerations for joint operations, including joint actions in 2015 (70 years after the end of World War II), another international women's conference, cross-border operations against the “fortress of Europe”, actions for peace in Syria, protests against the threat of war in Europe, an international campaign for the reduction of military spending were discussed at the Peace Assembly on Monday.


"More peace action are needed – mehr Friedensaktionen sind notwendig"

Mehr als 2500 Teilnehmer auf dem internationalen Peace Event Sarajevo 2014

Wir müssen intensiver und gemeinsamer der Kriegsgefahr in der Welt begegnen und uns mit größerer Energie und mit mehr internationalen Aktionen in die Menschheitsfrage Krieg-Frieden einmischen. Dies war das einheitliche Votum aller TeilnehmerInnen des größten internationalen Friedensereignisses 2014, das über Pfingsten mit mehr als 190 Workshops und vielen Kulturveranstaltungen sowie einem großen Jugendcamp in Sarajevo stattfand.

„Frieden ist möglich“ - dies war die gemeinsame Stimmung auf der Eröffnungszeremonie des internationalen Peace Events 2014 am Freitag, dem 6. Juni 2014 in Sarajevo. Wir wollen „nie mehr Krieg und Konflikte sind friedlich zu lösen“ - war die Botschaft der mehr als 900 Menschen und Friedensaktivisten aus insgesamt 32 Ländern.

Die von namhaften internationalen und nationalen Gästen besuchte Veranstaltung prägte die gemeinsame Sorge um den Frieden angesichts zunehmender internationaler Konfrontationen, aber auch die Gewissheit – als eine Lehre aus der Geschichte – friedliche Konfliktlösungen sind möglich und der einzige Ausweg, Kriege zu vermeiden. Dies muss politisch gewollt und von den Menschen, die sich weltweit nach Frieden sehnen, durchgesetzt werden.

Die Friedensbotschaften von Friedensnobelpreisträgerin Mairead Maguire, Noam Chomsky, Hildegard Goss-Mayr, Verdiana Grossi, Chico Whitaker, Jasmila Zbanic mit ihrem tiefen inhaltlichen Impact, emotionaler Geladenheit und einzigartiger Expressivität, verbanden sich im Programm mit den ausdrucksstarken Peace Messages vieler bosnischer Schüler_innen und Student_innen, die gemeinsam nach Frieden streben und sich aktiv dafür einsetzen. Der traditionelle Gesang des Sarajevo-Chors „Pontamina“ und die lebendigen Rhythmen der jungen Musikanten aus der Gruppe „Balsica“ voller Kraft, Lebensfreude und positiver Energie haben das nationale und internationale Publikum begeistert.

„We need to accept and celebrate diversity and otherness“ waren auch die Worte von Mairead Maguire, die an alle Teilnehmende des Peace Events appellierte: „Let the Sarajevo, where peace ended, be the starting point for the bold beginning of a universal call for peace through the wholesale abolition of militarism“. Immer wieder wurde die Bedeutung des UNESCO Programms “Kultur des Friedens” als alternatives Programm zu Krieg und Militarisierung betont. Oder wie es Ingerborg Breines vom International Peace Bureau (IPB) ausdrückte: „ohne non-violent actions geht es gar nicht“.

Alle Diskussionen fanden in der Atmosphäre großer Solidarität, gegenseitigen Respekts, Verständnisses und des Von-einander-Lernens statt. Beispielhaft wurde das friedliche Zusammenleben vorgelebt und auf der großen Kulturveranstaltung gefeiert. Intensiv wurde über Alternativen zum Militarismus nachgedacht.

Eine besondere Bedeutung hatte sicher auch die Solidaritätsveranstaltung für die Flutopfer in der Region, an der mehrere Gruppen aus Bosnien-Herzegowina, aber auch Manfred Maurenbrecher aus Deutschland teilnahmen. Beeindruckend war auch das Erinnerungskonzert an Pete Seeger, das am Sonntagabend als Open Air Konzert durchgeführt wurde.

Viele Überlegungen für gemeinsame Aktionen, unter anderem gemeinsame Aktionen für 2015 (70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges), eine weitere internationale Frauenkonferenz, grenzüberschreitende Aktionen gegen die Festung Europas, Aktionen für den Frieden in Syrien, Demonstrationen gegen die Kriegsgefahr in Europa, eine internationale Kamagne für die Reduzierung der Militärausgaben wurden auf der Peace Assembly am Montag diskutiert.


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