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Abrüstung ist das Gebot der Stunde

Dokumentiert: Erklärungen zum Abschluss der Ostermärsche

Im Folgenden dokumentieren wir die Erklärungen zum Abschluss der Ostermärsche:

Ukraine im Fokus

Abrüstung ist das Gebot der Stunde
Friedensratschlag: Jetzt den Blick auf den Tag der Befreiung

Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag

Entgegen mancher böswilligen Vorausschau zogen die Organisatoren der diesjährigen Ostermärsche eine positive Bilanz: Dies bezieht sich nicht nur auf die - leicht - gestiegenen Teilnehmerzahlen (an 100 Orten waren mehr als 10.000 Menschen in Bewegung), und auch nicht nur auf die relative einhellige Agenda (von der Eskalation im Ukraine-Konflikt bis zum Stopp der Rüstung hier zu Lande), sondern auch auf die Tatsache, dass die Friedensbewegung mit den Ostermärschen ihre Forderungen auf die Straße bringen kann.

Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand - noch mehr als im vergangenen Jahr - der Konflikt in der und um die Ukraine. Es geht dabei nicht nur um die Zukunft dieses Landes, das derart heruntergewirtschaftet ist, dass es lange Zeit am Tropf der EU bzw. der Eurasischen Wirtschaftsunion hängen würde. Es geht auch um die Behandlung Russlands durch den Westen, insbesondere duch die NATO. Lühr Henken, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, brachte in seiner Ostermarschrede in Kiel die Hauptforderungen der Friedensbewegung auf den Punkt: "Wir brauchen Kooperation statt Konfrontation. Es ist Zeit für eine neue Entspannungspolitik!", rief er unter dem Beifall der Anwesenden und präzisierte zugleich, was das konkret heißen könnte: Aufwertung und Stärkung der OSZE, die wirksame Rüstungskontrollen in allen Landesteilen durchführen müsse; direkte Verhandlungen zwischen der ukrainischen Regierung in Kiew und den Aufständischen im Osten; die Garantie des neutralen Status der Ukraine (d.h. der militärischen Unabhängigkeit von NATO und Russland) sowie eine Abmachung über konventionelle und atomare Abrüstung in Europa.

Aufrüstung in Deutschland hat einen zusätzlichen Namen: Kampfdrohnen. Wie vor wenigen Tagen bekannt wurde, hat die Bundesregierung ein milliardenschweres Beschaffungspaket für Spionage- und Kampfdrohnen geschnürt: Bis 2025 sollen europäische bewaffnete Drohnen in Dienst gestellt werden; bis dahin sollen US-amerikanische und israelische Kampfdrohnen die Fähigkeitslücke schließen helfen. Hinzu kommen weitere Aufrüstungsprogramme: Herzstück ist die strategische Verlegefähigkeit per Luft; neue A400 M-Kampfzonentransporter werden passgenau angefertigt: Für nagelneue Kampf- und Transporthelikopter, für Schützenpanzer und Mannschaftstransportfahrzeuge – und Hightech-Infanteristen, die aus der Ladeluke abspringen können. Das Heer wird für die Aufstandsbekämpfung insbesondere in der Stadt optimiert (hierfür wird in der Nähe Magdeburgs ein Gefechtszentrum gebaut). Die Marine wird mit Korvetten und Fregatten ausgerüstet, mit denen weit in das Innere fremder Länder geschossen werden kann. Und worum geht es dabei? "Die Bundeswehreinsätze sollen Handelswege sichern und Zugänge zu Rohstoffen ermöglichen" - so wiederum Lühr Henken in Kiel.

Der deutsche Waffenspezialist und Kriegsgegner Jürgen Grässlin nannte beim Start des Ostermarsches Rhein-Ruhr auf dem Marktplatz in Düsseldorf insgeamt 16 Rüstungsexportfälle, die zweierlei deutlich machen: 1. Wie es kommt, dass Deutschland sich unter den Rüstungsexportnationen auf Platz 4, vorübergehend sogar auf Platz 3 vorschieben konnte; 2. welche Staaten - allesamt keine menschenrechtlichen Musterknaben - in den Besitz deutscher Waffen und Waffentechnologie kamen. Darunter etwa Ägypten, Libyen, Algerien, Saudi-Arabien, Kroatien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait.

Auf fast allen Ostermärschen wurde dieser Umstand beim Namen genannt und gefordert, dass die Bundesregierung diese skandalöse Exportpraxis endlich aufgibt.

Die Friedensbewegung ist eine antifaschistische Bewegung. Daher wurde in allen Reden und Abschluss-Resolutionen der 70. Jahrestag der Befreiung angesprochen, der am 8. Mai begangen wird. Am 8. und 9. Mai 2015 werden in vielen Städten und Gedenkorten unter Federführung der VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der AntifaschistInnen) Demonstrationen, Kundgebungen und Friedensfeste zur Erinnerung an das Ende des verbrecherischen 2. Weltkriegs begangen. Auch hier wird es keinen Platz für Kriegsverharmloser oder Holocaust-Leugner geben.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski



Frieden schaffen ohne Waffen


Flüchtlinge willkommen heißen – Absage an Nationalismus und Rassismus

Von bunten und kreativen Aktionen berichten die Ostermarschinitiativen aus allen Regionen des Landes. Trotz in manchen Regionen schlechten Witterungsbedingungen informierten die regionalen Organisatoren der Ostermärsche von einer stabilen Beteiligung an bisher über 60 Veranstaltungen. „Dies zeigt die stabile Organisationsstruktur der Friedensbewegung, die im ganzen Land in der Lage ist, für Frieden und Abrüstung gegen die Militarisierung nach Innen und Außen Aktionen zu organisieren“, so der Sprecher des Ostermarschbüros, Willi van Ooyen.

Vorrangig wird bei den Ostermärschen der sofortige Abzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen und die Kürzung der Rüstungsausgaben gefordert. Anstelle der Waffenexporte soll Rüstungskonversion stehen. Und entsprechende deutsche Initiativen sollen zur Ächtung und Abschaffung von Atomwaffen führen. Die Anschaffung von Drohnen für die Bundeswehr, um die neue Kriegsführung in aller Welt weiter voranzutreiben, wurde bei den Ostermarschaktionen kritisiert. Eine klare Absage wird der militaristischen Werbung der Bundeswehr an Schulen, Hochschulen und Arbeitsagenturen erteilt.

Am heutigen Ostermontag finden Ostermärsche u. a. in folgenden Städten: Bochum, Breitenbach, Büchel, Dortmund, Frankfurt, Fürth, Gardelegen, Hamburg, Kassel, Konstanz, Landshut, Magdeburg, Marburg, Müllheim, Münchener Umland, Nürnberg, Offenbach, Sassnitz, Wittmund und im schweizerischen Bern und in Bregenz am Bodensee. statt

Frankfurt am Main, 06. April 2015


An die Presse, 06.04.2015
Netzwerk Friedenskooperative:

Bilanz der Ostermärsche 2015:

Ukraine-Konflikt und Angst vor neuem kalten Krieg vorrangige Themen

Das Netzwerk Friedenskooperative zieht eine positive Bilanz der rund 80 Ostermärsche und Aktionen 2015. Bundesweit gingen auch in diesem Jahr wieder viele Tausend Menschen für den Frieden auf die Straße. Kristian Golla vom Netzwerk Friedenskooperative: „Wie sind zufrieden mit der Teilnehmerzahl. Die Ostermärsche haben erneut gezeigt, dass vielen Menschen das Thema Frieden wichtig und dass die Bewegung lebendig und politisch hellwach ist. Auch bei regnerischem Wetter gingen die Menschen auf die Straße um sich gegen militärische und für friedenspolitische Lösungsansätze auszusprechen.“

In Düsseldorf sprach Harald Fuchs aus, was viele von ihnen in den vergangenen Monaten bewegte: „Wir sind besorgt über das Spiel mit dem Feuer, das von der NATO und Russland im ukrainischen Bürgerkrieg gespielt wird.“ Lühr Henken forderte bei seiner Rede in Kiel „der Konflikt darf sich nicht ausweiten, sondern muss gelöst werden! Wir brauchen Kooperation statt Konfrontation. Es ist Zeit für eine neue Entspannungspolitik!“.

Über die Schuldfrage an dem Konflikt in der Ukraine sagte Otmar Steinbicker in seiner Rede in Saarbrücken: „Nicht selten werden wir Friedensbewegten aufgefordert, wir sollten doch in solchen Konflikten Partei ergreifen und sagen, wer da der „Gute“ und wer der „Böse“ ist und dann wahlweise auf die „böse“ Regierung in Kiew oder den „bösen“ Putin in Moskau schimpfen […]. Als Friedensbewegung fragen wir bei Konflikten nicht: Wer ist der ‚Gute‘ und wer ist der ‚Böse‘, sondern wir fragen wie lässt sich dieser Konflikt lösen!“ Steinbicker warnte auch vor einer weiteren Eskalation. Sorge bereite ihm „die Bereitschaft der NATO und Russlands zur Eskalation und zu gezielten Provokationen.“ Er verwies auf die Gefahr von Fehlinterpretationen von Provokationen, die dazu führen könnten, dass es „wirklich knallt“.

Auch deutsche Rüstungsexporte fanden in vielen Reden Beachtung. In Düsseldorf, dem Stammsitz des Rüstungskonzerns Rheinmetall, sprach sich Jürgen Grässlin im Rahmen des Ostermarschs Rhein-Ruhr für einen Stopp von Rüstungsexporten aus und forderte die Umstellung der deutschen Rüstungsindustrie auf Zivilproduktion. Er betonte, dass „nicht alles was legal ist, auch legitim“ ist und sprach damit deutsche Rüstungsexporte an menschenrechtsverletzende und diktatorische Regime an.

Ebenso sprach sich der Gewerkschafter Kai Burmeister in Stuttgart für Konversion aus und zeigte auf, dass die Wirtschaftskraft der Rüstungsindustrie nur marginal ist: „In der Metallindustrie sind über 3,4 Millionen Beschäftigte tätig, von der Rüstungsproduktion sind 80.000 Arbeitsplätze abhängig. Der Anteil der Rüstungsexporte an allen Ausfuhren liegt bei unter 1 Prozent. Der Titel des Exportweltmeisters lässt sich auch ohne Rüstung verteidigen.“

Am Atomwaffenstandort Büchel, der zurzeit gewaltfrei von Aktivisten blockiert wird, nannte es Reiner Braun einen „ungeheuren Skandal“, dass die Politiker dieser Welt noch immer nicht „ihre Lehren aus Hiroshima und Nagasaki gezogen haben und die Atomwaffen noch immer nicht vernichtet seien“. Das „Teufelszeug“ solle nun sogar modernisiert werden, wofür in den kommenden Jahren weltweit geschätzte „1.000 Milliarden Dollar“ eingeplant sind. „Wie viele Kinder könnten davon zur Schule gehen, wie viele Mütter nach der Geburt überleben, wie viele Hungernde ernährt werden, wie viel Land bestellt, wie viel Arbeitsplätze geschaffen werden?“, fragt Reiner Braun in seiner Rede. „Es ist ein moralisches Armutszeugnis für die politischen Eliten aller Atomwaffenstaaten, dieses Geld in Atomwaffen zu stecken. Wir sagen nein zu Atomwaffen – laut und immer wieder!“.

Neben Ukraine-Konflikt, Rüstungsexporten und Atomwaffen ging es bei den Ostermärschen u.a auch um Kampfdrohnen, Rüstungsetat, Umstrukturierung der Bundeswehr zu einer Interventionsarmee, Auslandseinsätze, Rekrutenwerbung an Schulen, Solidarität mit Flüchtlingen, Atomenergie, das Engagement gegen Rassisten und Neonazis, sowie um die vielen weltweiten Konflikten in Syrien, Jemen, Afghanistan, Irak oder Zentralafrika. Dazu Philipp Ingenleuf vom Netzwerk Friedenskooperative: „Die Themenvielfalt zeigt, wie notwendig Engagement für Frieden heutzutage ist. Macht- und militärorientierten Konzepten muss dringend friedenspolitisches Denken und Handeln entgegengesetzt werden.“

Auch die Verhandlungen mit dem Iran im Atomkonflikt waren Thema. Das Netzwerk Friedenskooperative begrüßt den Durchbruch bei den Atomverhandlungen und sieht das Ergebnis als einen ermutigenden Schritt an. Dies birgt Hoffnung auf eine friedliche Lösung des Streits und das Ende der Sanktionen, ebenso wie auf eine Entspannung in der Region. Nach jahrelangen Verhandlungen zeigt sich, dass Diplomatie Lösungen ohne Krieg und Zerstörung herbeiführen kann.

Bei vielen Ostermärschen wurde auch auf kommende Aktionen der Friedensbewegung hingewiesen. Im Vordergrund stand dabei vor allem das Gedenken an die Befreiung Deutschlands sowie der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, die sich am 8. Mai, bzw. am 6. und 9. August zum 70 Mal jähren.

Eine umfangreiche Dokumentation der Ostermärschen ist zu finden unter www.ostermarsch-info.de


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