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"Die Jugend bleibt von der Kriegshetze nicht unberührt"

Luxemburg-Liebknecht-Demonstration: Jugendblock soll Friedenswillen und prekäre Situation der Jugend aufzeigen. Ein Gespräch mit Paul Rodermund *


Paul Rodermund ist Bundesvorsitzender der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ). Diese ruft zusammen mit Teilen der Linksjugend ['solid] sowie dem SDS, der Naturfreundejugend NRW und der Föderation demokratischer Arbeitervereine (DIDF) zum Jugendblock bei der LL-Demonstration auf.

Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend, SDAJ, ruft für die Liebknecht-Luxemburg-Demonstration zu einem Jugendblock auf. Weshalb sollten junge Menschen am Wochenende demonstrieren?

Es geht ja nicht nur um das Andenken an zwei Revolutionäre, sondern um ihre auch heute wichtige Ablehnung der Kriegstreiberei. Ein Gauck, der von mehr Verantwortung spricht, eine Ursula von der Leyen, die von veraltetem Kriegsgerät schwafelt: Deutschland soll sich stärker an den Kriegseinsätzen in der Welt beteiligen, das ist die einhellige Botschaft, die heute wieder verbreitet wird. Die Welt, die unsere Eltern noch kannten, gerät gerade aus den Fugen.

Und deshalb braucht es einen eigenen Jugendblock?

Die Jugend bleibt davon ja nicht unberührt. Doch wo Milliarden für Auslandseinsätze und Rüstung ausgegeben werden, da gehen eben die Mittel für Bildung und Gesundheit verloren. Wenn es dann um Kriegseinsätze geht, sollen Jugendliche das nächste Kanonenfutter sein. Eine ganze »Werbestrategie« der Bundeswehr hat sich um sie herum gebildet. Erfolgreich ist die, weil auf der anderen Seite das, was früher als »prekär« galt, heute für weite Teile der Jugendlichen Normalität ist. Mehr als ein Drittel der Jugendlichen bekommt jährlich keinen Ausbildungsplatz, wer einen kriegt, der ist oft mit niedrigen Löhnen konfrontiert.

Beginnend mit dem Wochenende will die SDAJ nun den Antiimperialismus zum Schwerpunkt des nächsten halben Jahres machen. Was genau soll da passieren?

Dieser Schwerpunkt ergibt sich daraus, dass die Kriegsgefahr vor der eigenen Haustür wächst. Aber mit den Aktionen, die dieses Jahr anstehen, sehen wir eine Chance, einer stärkeren Friedensbewegung wieder auf die Beine zu helfen. So etwa mit den Demonstrationen gegen die Münchner Sicherheitskonferenz, gegen den G7-Gipfel oder unserer Beteiligung an den Protesten von Blockupy. Wir mussten zuletzt aber sehen, dass es noch viel Unklarheit in der Friedensfrage gibt, gerade wenn es darum geht, gegen wen sich der Kampf richten soll. Da wollen wir einhaken und etwa an Liebknecht erinnern: »Der Hauptfeind steht im eigenen Land!« Er trägt Namen wie Kraus Maffei, Thyssen Krupp oder Deutsche Bank.

Das Ziel ist dabei, einen größeren Teil der schweigenden Mehrheit, die immer noch gegen Kriegseinsätze ist, auf die Straße zu bringen.

Nun waren im vergangenen Jahr Tausende für den Frieden auf der Straße. Geändert hat sich dennoch wenig. Kann die von Ihnen gewünschte Bewegung überhaupt erfolgreich sein, wenn sie nicht auch in den Betrieben stark ist?

In einzelnen Fällen lassen sich sicher Erfolge erringen, grundsätzlich stimme ich Ihnen aber zu. Wir dürfen nicht die Illusion verbreiten, dass wir mit einer Gruppe von einigen tausend Leuten dem deutschen Kriegstreiben Einhalt gebieten könnten. Auch müssen wir den Leuten ehrlich sagen, dass es einen Kapitalismus ohne Kriegseinsätze nicht geben wird – erst recht nicht, wenn man keinen Druck auf die Konzerne ausüben kann. Gerade deshalb geben wir auch unseren eigentlichen Schwerpunkt nicht auf, die Interessenvertretungspolitik an Uni, Schule und im Betrieb.

Gerade da fällt allerdings auf, dass keine Gewerkschaftsjugend an Ihrem Jugendblock teilnimmt.

Angefragt haben wir sie. Aber innerhalb der Gewerkschaften klassische Antikriegspositionen zu vertreten, ist leider nicht immer von Erfolg gekrönt. Trotzdem konnten wir im vergangenen Jahr neue Kontakte zu den Gewerkschaften knüpfen. Auf der nächsten Bundesjugendkonferenz von ver.di wird es etwa einen Antrag von uns zur Umstellung der Rüstungsproduktion auf zivile Güter geben. Auf dem Jugendpodium der Rosa-Luxemburg-Konferenz wird neben uns jemand aus der Geschäftsführung der ver.di-Jugend sitzen, ein Vertreter des Bundesvorstands der DGB-Jugend könnte eventuell noch hinzukommen.

Sie organisieren auch einen Workshop mit der Kommunistischen Jugend Österreichs. Internationale Solidarität gegen Imperialismus?

Natürlich nutzen wir die Möglichkeit der Konferenz für Gespräche und den Erfahrungsaustausch mit unseren Schwesterorganisationen. Mit der KJÖ wird es dieses Jahr um den Kampf gegen rechte Kräfte gehen. Während deren Aufstieg und die Bildung einer entsprechenden Massenbasis in Deutschland mit »Pegida« und AfD nun ein vergleichsweise neues Phänomen ist, haben unsere österreichischen Genossen mit der FPÖ schon eine längere Erfahrung. Da erhoffe ich mir schon spannende Einsichten für unsere Arbeit.

Interview: Johannes Supe

* Aus: junge Welt, Dienstag, 6. Januar 2015


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