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Mit Drachen gegen Drohnen

Es hätte Signalwirkung: Friedensaktivisten fordern Bundesregierung und Bundestag auf, die Anschaffung von Kampfdrohnen abzulehnen

Von Michael Schulze von Glaßer *

Weltweit fanden am Wochenende Aktionen gegen Kampfdrohnen statt. In Berlin gab es zudem eine Antikriegskonferenz.

Zum internationalen Anti-Drohnen-Tag versammelten sich Friedensaktivisten in Deutschland, um gegen den Einsatz von Militärdrohnen zu protestieren. Zwischen Bundestag und Kanzleramt ließen sie am Sonnabend Drachen im Wind fliegen. »In Pakistan ist Drachensteigen sehr beliebt und das Land ist stark von Drohneneinsätzen betroffen«, erklärte Elsa Rassbach, die bei der US-Friedensgruppe »Code Pink« und der deutschen »Drohnenkampagne« aktiv ist. Die Drachen sollen die Drohnen symbolisch vertreiben – nur eine von vielen Aktionen beim »Globalen Aktionstag gegen Drohnen« am vergangenen Wochenende.

Bereits am Freitag demonstrierten rund 700 Menschen im niederrheinischen Kalkar gegen ein NATO-Luftwaffenführungszentrum, von dem aus weltweite Drohneneinsätze koordiniert werden. Auf dem Frankfurter Römerberg beteiligten sich etwa 50 Menschen mit Drachen, Papierflugzeugen und Transparenten an einem Flashmob gegen Drohnenkriege. In der Main-Metropole bereiten Kriegsgegner zudem derzeit Proteste gegen die Ende Oktober stattfindende Messe »AirTec« vor, auf der militärische Drohnen ausgestellt werden sollen. Auch an rund zwei Dutzend weiteren Orten in Deutschland wurde am Wochenende kreativ gegen Militärdrohnen protestiert.

In den USA gab es von Hawaii über Kalifornien bis zum US-Regierungssitz in Washington mindestens 19 Protestaktionen. In Großbritannien fanden Demonstrationen vor Drohnenherstellern und Standorten der »Royal Air Force« statt. Auch in Süd-Korea, Schweden, Finnland, Spanien sowie den Niederlanden, die im November die Anschaffung von vier MQ-9 »Reaper«-Drohnen beschlossen haben, gab es Proteste.

Deutschland kommt in der weltweiten Debatte eine besondere Rolle zu: »Wenn sich die Bundesrepublik gegen die Anschaffung von Drohnen aussprechen würde, hätte das eine Signalwirkung«, so Elsa Rassbach. Die Bundesregierung hat die Anschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen noch nicht beschlossen, erinnert die Aktivistin. Auch Lühr Henken vom Bundesausschuss Friedensratschlag sieht Chancen, den Drohnenkauf zu verhindern: »Wenn im Bundestag über die Anschaffung entschieden wird, werden wir wieder hier sein«, kündigte Henken in Berlin an.

Den theoretischen Unterbau für Aktionen wie »Drachen statt Drohnen« lieferte am Wochenende eine Antikriegskonferenz in der Hauptstadt. Dort warnte Hans-Jörg Kreowski von der Universität Bremen vor den absehbaren Entwicklungen: »Die USA planen, ein Drittel ihrer Bewaffnung auf unbemannte Militärvehikel umzustellen«, so der Informatikprofessor. Dabei seien rechtliche und ethische Fragen offen: »Es wird stark daran gearbeitet, dass auch der Waffeneinsatz autonom erfolgt«, erklärte Kreowski den 80 Konferenzteilnehmern im »Haus der Demokratie und Menschenrechte« in Berlin.

Ein Vorschlag, die Entwicklung autonomer Drohnen zu verhindern, der auch beim »Globalen Aktionstag gegen Drohnen« oft zu hören war, ist die internationale Ächtung solcher Waffen. Auch ein Verbot ähnlich dem biologischer und chemischer Waffen sei möglich. Bei den Vereinten Nationen soll es kritische Stimmen gegen die Waffensysteme geben. Doch auch vor Ort kann aus Sicht der Friedensaktivisten etwas getan werden: So seien deutsche Universitäten zunehmend in die Entwicklung von Waffen wie Drohnen involviert. Mit sogenannten »Zivilklauseln«, die Militärforschung an Universitäten untersagen, könne diese Entwicklung zumindest gebremst werden.

* Aus: neues deutschland, Montag, 6. Oktober 2014


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