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Unerwünschtes Wahlkampfthema

Friedensratschlag dokumentiert Arbeitsschwerpunkte für 2013

Von René Heilig *

An Friedensbotschaften und Friedensforderungen ist gerade in der Zeit um Weihnachten und Silvester kein Mangel. Doch all das macht die Welt keineswegs friedlicher.

Die Anzahl der Kriege und bewaffneten Konflikte ist im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen - und zwar um drei auf 34. So rechneten jüngst die Experten der Hamburger Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) vor. Die von organisierten Kämpfen zahlenmäßig am stärksten betroffenen Weltregionen waren 2012 Afrika mit 13, gefolgt vom Vorderen und Mittleren Orient mit elf und Asien mit neun kriegerischen Konflikten.

Die Anforderungen an die Friedensbewegung sind größer, ihre momentane Mobilisierungskraft aber kleiner geworden, stellte der Bundesausschuss Friedensratschlag in seinen jüngst verabschiedeten »Friedenspolitischen Schwerpunkten 2013« fest. Kriege, so ist da zu lesen, haben vielfach Einzug in die internationalen Beziehungen gehalten und den Fortschritt des Völkerrechts und der UNO-Charta mit ihrem strikten Gewaltverbot zunehmend in Frage gestellt.

Aufgelistet werden in 15 Punkten auch weitere bedrohliche Tendenzen. Dazu gehören neben Kriegen auch Gewalt, Umweltzerstörung und Raubbau an den natürlichen Ressourcen sowie wachsende Armut, Hunger und massiver Abbau sozialer und demokratischer Rechte. Höchst kritisch wird die Entwicklung der Bundeswehr zu einer »globalen Interventionsarmee« gesehen, die transformiert und mit neuen Waffen versehen wird, um die Kriegführung der NATO effektiver zu machen.

Die Agenda der Friedensbewegung beginnt - nun schon zum elften Mal - mit der Forderung nach der sofortigen Beendigung des Kriegseinsatzes in Afghanistan. Der versprochene Truppenabzug bis Ende 2014 sei eine »Mogelpackung«, denn die NATO habe längst beschlossen, über diesen Zeitpunkt hinaus in Afghanistan zu bleiben. Insofern sei die von der Bundesregierung angekündigte Reduzierung der deutschen Truppen auf 3300 Soldaten bis Februar 2014 »eher ein Wahlkampfmanöver denn eine Trendumkehr«, heißt es in dem vierseitigen Papier, in dem auch vor weiteren Kriegsabenteuern - beispielsweise in Syrien - gewarnt wird. Die Bundeswehrbeteiligung bei der Stationierung von Patriot-Raketen und fliegenden AWACS-Kommandoplattformen in der Türkei erhöhe das Risiko eines Flächenbrands in der Nahost-Region.

Auch gegenüber Iran vertritt der Bundesausschuss Friedensratschlag den Standpunkt strikter Neutralität und der Einhaltung völkerrechtlicher Normen. Wenn es dem Westen wirklich darum gehe, den Bau einer iranische Atombombe zu verhindern, sollte das von der UNO beschlossene Vorhaben einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten vorangetrieben werden. Das aber schließt eine Debatte über die existierenden israelischen Atomwaffen ein. Sanktionen gegen Teheran und die militärische Einkreisung Irans lehnt die Friedensbewegung ab.

Schwerpunkte des Aktionsprogramms 2013 seien neben dem Kampf gegen Atomwaffen auch der Widerstand gegen die Produktion von Kampfdrohnen sowie gegen den Export von Rüstungsgütern in Länder wie Saudi-Arabien, Indonesien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und andere.

Auf der anderen Seite werden aber auch hoffnungsvolle Entwicklungen ausgemacht: Die Revolten des »arabischen Frühlings«, die Massenproteste in Griechenland, Spanien oder Portugal gegen das EU-Diktat, der selbstbewusste Aufbruch zahlreicher lateinamerikanischer Länder sowie die unter dem Sammelbegriff »Occupy« gehandelten Aktionen gegen die Diktatur der Finanzmärkte zeigten, dass Widerstand nötig und möglich ist.

In Deutschland allerdings sind die von der Friedensbewegung initiierten Aktionen nicht annähernd machtvoll. Doch der Bundesausschuss Friedensratschlag ist dennoch davon überzeugt, dass es auch hierzulande gelingen kann, wieder mehr Menschen für den aktiven Kampf gegen Krieg, Intervention und Gewalt zu gewinnen.

Das Jahr 2013 - das Jahr der Bundestagswahl - müsse von außerparlamentarischen Aktionen geprägt sein. »In einem Klima erhöhter politischer Aufmerksamkeit«, so heißt es im Programm, gelte es, »über den Zusammenhang von Krisen und Kriegspolitik zu informieren und alternative Wege der Gewaltlosigkeit und Solidarität zu entwickeln«.

* Aus: neues deutschland, Montag, 31. Dezember 2012

Friedenspolitische Schwerpunkte 2013


Herausgegeben vom Bundesausschuss Friedensratschlag (pdf)




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