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Leoparden anleinen

Rüstungsgegner bereiten für den Spätsommer Großkampagne gegen Waffenexporte vor. Schwerpunkt: Berlin, Kassel und der Bodenseeraum

Von Daniel Bratanovic *

Ein breites Bündnis aus über 50 Organisationen bereitet für diesen Sommer eine bundesweite Kampagne gegen deutsche Rüstungsexporte vor. Unter dem Motto »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel! Den Opfern Stimme – den Tätern Name und Gesicht« sind vorwiegend Proteste gegen den Export deutscher Kampfpanzer des Typs Leopard-2 nach Saudi-Arabien vorgesehen.

Der Politologe Peter Grottian sagte am Freitag in Berlin vor Journalisten, erstmals in der Geschichte der BRD gebe es die Chance, ein derartiges Rüstungsgeschäft zu verhindern. Einer emnid-Umfrage zufolge seien 70 bis 80 Prozent der Deutschen gegen diese Panzerlieferung. Jetzt komme es darauf an, diese Ablehnung mit Methoden des zivilen Ungehorsams wachzuhalten. »Es muß den Herrschenden weh tun!«, sagte der emeritierte Universitätsprofessor. Beabsichtigt seien Aktionen an den Orten, an denen Waffen produziert, bzw. wo politische Entscheidungen für Rüstungsexporte gefällt werden.

Für die letzte Augustwoche ist laut Grottian zunächst ein Illuminationsprojekt geplant, bei dem eine Bildmontage mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als Panzerkommandantin per Laserstrahl an öffentliche Gebäude projiziert werden soll. Motto: »Legt Merkel und die Leos an die Kette«. Anschließend soll es Aktionen am Firmensitz des Panzerherstellers Krauss Maffei-Wegmann (KMW) in Kassel geben. Ein großer Teil der Proteste soll auch am Bodensee stattfinden, wo zahlreiche Rüstungsfirmen ihren Sitz haben: u.a. die ATM-Computersysteme in Konstanz (Software für den Leopard-Panzer), die Diehl-Defence in Überlingen (Munition, Drohnen und Panzerketten) oder die MTU Friedrichshafen GmbH (Panzermotoren). Es sind auch Proteste auf der Schweizer Seite des Bodensees geplant, wo ebenfalls viele Rüstungsfirmen angesiedelt sind.

Seit Jahresbeginn hat das Bündnis in ganz Deutschland mit über 50 Veranstaltungen versucht, die Bevölkerung über Ausmaß und Folgen deutscher Rüstungsexporte aufzuklären. Nach Angaben von Monty Schädel von der Deutschen Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG/VK) hatten Kriegsversehrte aus vielen Ländern über ihre persönlichen Erfahrungen berichtet, was Waffen aus Deutschland anrichten. Außerdem ließ das Bündnis vor dem Berliner Reichstag am 26. Februar heliumgefüllte Ballons in Bombenform aufsteigen. Die Aktion spielte nach Schädels Angaben auf den Artikel 26,2 des Grundgesetzes an, der nach Wunsch der Organisatoren durch den Passus ergänzt werden müsse: »Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter werden grundsätzlich nicht exportiert. Das Nähere regelt das Rüstungsexportgesetz.«

Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit erläuterte zu dem anstehenden Panzergeschäft mit Saudi-Arabien, in »einer ersten Runde« würden 250 bis 300 Leopard-2 geliefert. Hauptproduzent sei Spanien, das dieses Modell seit 2001 in Lizenz fertigt. Allerdings müßten zahlreiche Komponenten aus deutscher Produktion zugeliefert werden.

Deutsche Waffenschmieden haben laut Nassauer mittlerweile eine besondere Form von Humor entwickelt: Im Februar 2011, wenige Wochen, bevor saudische Streitkräfte in das Nachbarland Bahrain einfielen, um die dortige Demokratiebewegung zu zerschlagen, präsentierte KMW auf einer Rüstungsmesse in der saudischen Hauptstadt Riad ein besonderes Leopard-2-Modell. Name: Revolution.

* Aus: junge Welt, Samstag, 14. Juli 2012


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