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Von Kosovo bis Syrien: "Krieg ist ein Bombengeschäft"

Rede von Angela Rauscher beim Nürnberger Ostermarsch *

Morgen, am 10.April soll in Syrien eine Beobachtermission der UNO eintreffen, um das Waffenembargo zu überwachen, das der UNO-Gesandte Kofi Annan mit der syrischen Regierung ausgehandelt hat. Wird dies den Menschen in dem Land zu mehr Sicherheit verhelfen oder steht das Land vor der Frage Krieg oder Frieden? Sollte das Embargo scheitern, so fühlen sich zahlreiche Mitglieder der sog. Staatengemeinschaft dazu verpflichtet, „humanitär zu intervenieren“ zum Schutz der syrischen Bevölkerung. Denn das Vorgehen Assads erfülle den Tatbestand des „Verbrechens gegen die Menschlichkeit“.

Um Kriegseinsätze zu rechtfertigen werden oft Formulierungen verwendet wie Humanität, Unterstützung von notleidenden Menschen und Hilfe für Minderheiten. Man hat den Begriff der „responsibility to protect“, der Verantwortung zu schützen geschaffen.

Eine sog. humanitäre Intervention heißt aber nichts anderes als Aggression und Krieg – getragen von ökonomischen, geostrategischen und Machtinteressen des Westens. Wurde durch Krieg jemals die Lage der Menschen verbessert?

Der völkerrechtswidrige Krieg im Kosovo (1999) wurde mit einer drohenden humanitären Katastrophe begründet. Die Katastrophe wurde nicht verhindert, sondern diese erst recht noch verschlimmert. Flüchtlingselend, Mord und Totschlag zwischen Albanern und Serben setzten mit Beginn des Krieges ein.

Das bereits vorhandene Unrecht, das viele Menschen erleiden, würde durch einen Kriegseinsatz vermindert. Das behaupten Befürworter von Kriegen. Im Gegenteil - das Elend vermehrt sich, Flüchtlingsströme wachsen, Krankheiten und Epidemien breiten sich aus.

Gewinner im Kosovo-Krieg waren die USA, die sich mehr territorialen Einfluss in Europa geschaffen haben. Gewinner waren – wie sollte es auch anders sein – Rüstungskonzerne. Krieg ist schließlich ein Bombengeschäft. Die Eigendynamik von Militär und Rüstungsindustrie gewinnt an Fahrt.

Ab dem 11.Sept. 2001 sprach der amerik. Präsident vom globalen Terrorismus, den es zu bekämpfen gelte. Als Begründung für den Einmarsch in den Irak wurde von den USA neben Besitz von Massenvernichtungswaffen ein Regimewechsel aus humanitären Gründen angegeben. Einen Diktator abzusetzen ist immer noch Sache der Bürger und rechtfertigt auf keinen Fall die Verletzung der Souveränität eines Landes.

Der jetzige Zustand in Afghanistan und die Lage der Menschen dort wurde uns dank der Ausführungen von Dr. Schönlein sehr deutlich vor Augen geführt. Damit erfüllt er eine Bitte von Malalai Joya, einer afghanischen Friedensaktivistin, die unter Einsatz ihres Lebens weltweit und in ihrem Land für dessen Befreiung von der Besatzung und von Fundamentalisten, Taliban und Warlords kämpft. Sie sagt:“ Halten Sie sich auf dem Laufenden, wie es in Afghanistan wirklich aussieht. Friedensbewegungen sind eine Bedrohung für Kriegstreiber, Fundamentalisten und Terroristen.“

Wir fordern einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan.

Menschenrechte können durch Krieg nicht herbei gebombt werden. Vielmehr werden sie erst recht verletzt. Vorhandenes Unrecht wird nicht gelöst, sondern verschlimmert, eine Spirale der Gewalt entsteht. Nicht im Irak, nicht in Afghanistan, genau so wenig in Syrien und Iran hilft ein Waffeneinsatz.

Deshalb fordern wir einen sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen in die Staaten des Nahen und Mittleren Ostens. Dies schließt die Schützenpanzer in die Arabischen Emirate genau so ein wie die Kampfpanzer nach Saudi-Arabien oder U-Boote nach Israel.

Im Art.2 der UN-Charta steht klipp und klar, dass jede Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen andere Staaten zu unterlassen ist. Die Bundesrepublik, die Staaten der EU und die USA versuchen, sich aus diesen eindeutigen Verpflichtungen heraus zu stehlen. Sie arbeiten seit Jahren systematisch daran, Kriegseinsätze zu rechtfertigen.

Damit die Bundeswehr für die heutigen Interessen zu gebrauchen ist, wurde sie schon seit 1992 nicht mehr nur als reine Verteidigungsarmee gesehen. Die Staaten der EU treten im Verfassungsentwurf von Lissabon (2003) unverblümt für das Recht ein, ihre Interessen als Risiken zu erklären und sie damit zu Sicherheitsproblemen zu machen. Dies alles selbstverständlich im Einklang mit den USA.

Wir fordern: Die Bundeswehr darf nicht mehr Interventionsarmee sein, sondern muss zur ausschließlichen Verteidigungsarmee zurück gebaut werden.

Kriegsbefürworter in der Bundesregierung sind nicht zufrieden mit den Reaktionen in der Bevölkerung. Denn eine überwältigende Mehrheit der Deutschen hat sich gegen den Krieg in Afghanistan ausgesprochen. Auf verschiedenste Art und Weise wird versucht, gegen zu steuern, die Bevölkerung noch mehr davon zu überzeugen, dass Krieg manchmal notwendig ist, um die nationalen Interessen zu verteidigen. Da baut man Bedrohungsszenarios auf, man spielt mit der Angst von Menschen. Die Bundeswehr drängt in die Schulen zur Rekrutierung junger Leute für den Krieg. Ich erinnere an die Bildungsziele, die in der Verfassung des Freistaats Bayern formuliert sind: „Erziehung der Schülerinnen und Schüler im Geiste der Demokratie, der Achtung vor der Würde des Menschen und im Sinne der Völkerverständigung“. Werben für´s Sterben findet deshalb bei mir im Klassenzimmer nicht statt und ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen in ihren Schulen evtl. Anfragen seitens der Bundeswehr im Sinne einer Friedenserziehung zu beantworten.

Dabei sollten wir in Deutschland doch endlich diese eine Lektion gelernt haben: Nie wieder Krieg. Und was wir für uns wollen, dürfen wir nicht anderen Ländern vorenthalten.

Ich erwarte von der Bundesregierung eine Abkehr von der bisherigen aggressiven Politik. Sie soll Außenpolitik als Friedenspolitik gestalten und auch innerhalb der EU vehement gegen Kriegseinsätze eintreten. Die Länder der EU können sehr wohl mit ihren beiden Vertretern im UN-Sicherheitsrat England und Frankreich, eine wichtige Rolle spielen mit dem Ziel, Konflikte weltweit friedlich zu lösen. Dafür gibt es wirksame Möglichkeiten wie Diplomatie, wirtschaftlich Druck ausüben, soziale und kulturelle Kooperation, zivile Konfliktbearbeitung.

Wir fordern die Bundesregierung auf Schluss zu machen mit der Aufrüstung und mit Waffenexporten Wir wollen keine neuen Kriegsschauplätze im Iran, Syrien oder sonst auf der Welt, denn Krieg ist ein Verbrechen.

* Rede beim Nürnberger Ostermarsch am 9. April 2012, Abschlusskundgebung vor der Lorenzkirche.


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