Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

"Stoppt die Kriegsvorbereitungen gegen Iran und Syrien!" / "Krieg darf kein Mittel der Politik sein!"

Ostermarschaufrufe Teil 4: Baden Württemberg und Berlin


2012 finden in der Bundesrepublik wieder die traditionellen Ostermärsche statt. Sie können auf über 50 Jahre zurückblicken. In den Aufrufen werden vor allem der Afghanistan-Krieg, die drohenden Kriege im Nahen Osten sowie die Transformation der Bundeswehr, die Atomwaffen und die innere Militarisierung thematisiert. Immer wieder wird auch der Waffenexport kritisiert und werden Konversionsprogramme zur Umwandlung der Rüstungsproduktion verlangt.
Aus der Fülle der jeweils lokalen oder regionalen Aufrufe dokumentieren wir im Folgenden Aufrufe aus:


Hände weg vom Krieg! Atomwaffen ächten! Abrüsten!

Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.
(Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 26, Satz 1)

Raus aus Afghanistan. Jetzt!

Fast 11 Jahre schon dauern Krieg und Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Angeblich ging es darum, die Hintermänner des 11.9. zu fassen. Doch statt Polizei schickte man Bomben und Soldaten, keiner kam je vor Gericht. Dann hieß es, man wolle das Land wiederaufbauen und demokratisieren sowie die Rechte der Frauen stärken. Doch auch dieser Krieg führte vorhersehbar zur Katastrophe für die Menschen. Die Lebensverhältnisse sind schlechter als zuvor. Nichts ist gut in Afghanistan.

Vor 9 Jahren begannen die USA und ihre Verbündeten ihren Krieg gegen den Irak. Angeblich ging es um die Vernichtung von Massenvernichtungswaffen. Sie wurden nicht gefunden. Dann sollte es darum gehen, Demokratie herzustellen. Demokratische Verhältnisse sind nicht in Sicht. Auch dieser Krieg führte in die Katastrophe. Der Lebenstandard im Ölland Irak sackte auf das Niveau der ärmsten Länder ab.

Im letzten Jahr führte die Nato Krieg gegen Libyen. Angeblich ging es darum, eine Flugverbotszone zum Schutz der Menschen herzustellen. Niemand wurde geschützt. Laut der neuen Führung starben 50000 Menschen, viele davon unter den Bomben der Nato. Auch dieser Krieg wurde zur Katastrophe. Hilfsorganisationen berichten heute wieder von Massenmorden und Folter. Statt gegen Gaddafi demonstrieren die Menschen heute gegen die mit Hilfe der Nato an die Macht gelangten neuen Machthaber für demokratische Verhältnisse.

Stoppt die Kriegsvorbereitungen gegen Iran und Syrien!

Heute, heißt es, müsse das Kernenergieprogramm des Iran gestoppt werden, um ihn am Bau von Atombomben zu hindern. Für ein iranisches Atomwaffenprogramm gibt es keine belastbaren Beweise. Die USA aber, Hauptankläger gegenüber dem Iran, planen, ihr Atomwaffenarsenal mit 8 Milliarden Dollar zu "modernisieren". Statt ernsthaft über Sicherheiten für beide Seiten zu verhandeln, setzen die Atomstaaten auf eine völkerrechtswidrige Drohkulisse. Nahezu offen wird ein neuer Krieg vorbereitet. Zur "Ausschaltung" iranischer Atomanlagen stehen Atomraketen bereit.

Heute heißt es auch, in Syrien müsse ein Regimewechsel erfolgen. Bereits jetzt werden die syrischen Aufständischen offen militärisch von der Türkei und anderen unterstützt. Auch in Syrien muss ein neuer Interventionskrieg nach dem Muster Libyens befürchtet werden. Tatsächlich geht es bei Syrien weder um Menschenrechte noch um Demokratie - grundlegend für Demokratie ist zu verhandeln statt konsequent alle Verhandlungsvorschläge abzuschlagen - sondern um das Vorfeld zum Schlag gegen den Iran.

Warum scheinen sich die Regierungen der NATO-Staaten zu weigern, Lehren aus den Katastrophen der jüngsten Kriege zu ziehen? Weil es beim Krieg führen eben nicht um die Menschen geht, sondern um handfeste Interessen: Den Zugriff auf Öl und Rohstoffe und ihre Transportwege. Dazu werden unbequeme Regimes durch den Einsatz von militärischen Mitteln gewaltsam gestürzt. Regierende wie Medien entdecken Diktaturen immer nur dort, wo sie nicht oder unzureichend kooperieren. Niemals dort, wo sie wie z.B. Saudi Arabien und andere Golfstaaten, den westlichen Interessen entgegen kommen.

Mit dieser neokolonialistischen Politik, die sich die Rohstoffe mit Waffengewalt aneignet und die Menschen zu Opfern von Kriegen und ihren desaströsen Folgen macht, muss endlich Schluss sein!

Atomwaffen verschrotten!

Eine solche Politik trägt letztlich auch die steigende Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen durch die atomwaffenbesitzenden Staaten in sich. Mit dem Aufbau eines sogenannten „Raketenabwehrschildes“ in Europa, dessen Zentrale im rheinland-pfälzischen Ramstein errichtet werden soll, wird die Schwelle zum Einsatz atomarer Waffen abgesenkt.

Weltweit lagern 20.000 Atomsprengköpfe, die die Menschheit mehrfach vernichten können. Auch in Deutschland sind weiterhin Atomwaffen stationiert.

Die Ostermärsche stehen in der Tradition des Kampfes gegen die Atomkriegsgefahr.

Auch zum diesjährigen Ostermarsch fordern wir ein Ende aller Kriege, ein Ende aller militärischen Drohungen und politischen Optionen, ein Ende der Atomkriegsgefahr!

Hände weg vom Krieg gegen Iran oder Syrien. Raus aus Afghanistan! Atomwaffen abrüsten!

Auch deutsche Außenpolitik darf sich keine militärischen Optionen vorbehalten. Das verlangt das Grundgesetz schon als unabweisbare Lehre aus der eigenen Geschichte.

Dennoch sind Aufrüstung, Kriegsvorbereitung und eine zunehmende Militarisierung deutlich zu beobachten.

Die Bundeswehr wird zur "Armee im Einsatz" umgerüstet. Statt bisher 7.000 Soldaten sollen demnächst 15.000 gleichzeitig in Kriegseinsätze geschickt werden. Der Umbauprozess und die Aussetzung der Wehrpflicht dienen nicht dem Frieden, sondern sollen die Bundeswehr für den weltweiten Einsatz rüsten.

Die Bundeswehr wirbt in aller Öffentlichkeit um Nachwuchs für ihr neues Konzept bei feierlichen Gelöbnissen, bei Messen und Stadtfesten, in Arbeitsagenturen und auch an Schulen. Auch das Kultusministerium Baden-Württemberg hat mit der Bundeswehr eine Kooperationsvereinbarung geschlossen, die der Bundeswehr einen bevorzugten Zugang zu den Schulen verschafft.

Mit Krieg und Rüstung wird Geld verdient: Deutschland hat sich Platz 3 der Rüstungsexportnationen gesichert. Auch in Baden-Württemberg sitzen die Profiteure des Krieges, allen voran Europas drittgrößter Rüstungsproduzent EADS. Über ein Dutzend Firmen im Bodenseeraum produzieren schwere Waffen. In Oberndorf widmet sich Heckler & Koch dem tödlichen Geschäft mit der Rüstung. Die dort produzierten Handwaffen, sind in nahezu jedem kriegerischen Konflikt auf dieser Erde im tödlichen Einsatz.
  • Kein weiterer Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee.
  • Kein Werben fürs Sterben und fürs Töten an Schulen, Jobzentren, Messen und Volksfesten!
  • Umstellung der Rüstungsproduktion auf zivile Produkte. Stopp aller Rüstungsexporte!
  • Keine Rüstungsforschung! Zivilklausel für Hochschulen und Forschungseinrichtungen!
Statt einer Politik der militärischen Optionen brauchen wir eine Politik des gleichberechtigten Austausches von Gütern und Ideen, der Zusammenarbeit zwischen den Staaten und Menschen, der Bekämpfung von Hunger, Krankheit und Armut.

Kurz: Vernunft muss her, statt Militär.


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Berliner Ostermarsch 2012:

Krieg darf kein Mittel der Politik sein!

Die Regierung setzt die Wehrpflicht aus, lässt die Zahl der Bundeswehrsoldaten schrumpfen, gibt an, auch im Verteidigungshaushalt sparen zu wollen, kündigt den Abzug aus Afghanistan an und sie beteiligte sich nicht aktiv am Libyenkrieg. Warum dann noch Ostern für Frieden und Abrüstung auf die Straße gehen?

Die Wehrpflicht wurde ausgesetzt, um mehr Kapazitäten für Auslandseinsätze zur Verfügung zu haben. Bis zu 20.000 Ausbilder können nun anders eingesetzt werden, denn Sinn der Bundeswehrreform ist es, statt gleichzeitig 7.000 künftig mindestens 11.000 Bundeswehrsoldaten dauerhaft im Ausland einsetzen u können. Gelder für nicht mehr benötigte Kasernen können für neue Hightech-Waffen verwendet werden. Die Regierung will die Bundeswehr zu einem schlagkräftigen und weltweit flexibel einsetzbaren Instrument der Außenpolitik machen. Infanteriekräfte für den Häuser- und Stadtkampf werden ebenso verstärkt wie die Luftwaffe und die Marine mit Marschflugkörpern. Ihr Einsatz erfolgt im wirtschaftlichen Interesse. Denn in den Verteidigungspolitischen Richtlinien heißt es: "Zu den deutschen Sicherheitsinteressen gehört, [...] einen freien und ungehinderten Welthandel sowie den freien Zugang zur Hohen See und zu natürlichen Ressourcen zu ermöglichen."

Die Umrüstung der Bundeswehr in eine weltweit interventionsfähige Armee stoppen!

Entgegen der Ankündigung, bis 2015 den Betrag von 8,3 Milliarden Euro für den Militärapparat einsparen zu wollen, sollen bis dahin sogar noch 300 Millionen mehr ausgegeben werden. 2012 wachsen die deutschen Militärausgaben um mehr als fünf Prozent gegenüber 2011.

Keinen Cent für Rüstung!

Die Bundeswehr versucht Nachwuchs mit offensiven Werbekampagnen insbesondere in Schulen, Hochschulen, Arbeitsagenturen und auf Volksfesten zu rekrutieren. Dies trägt zu einer fortschreitenden Militarisierung der Gesellschaft bei.

Bundeswehr raus aus Schulen und Hochschulen!
Weg von Jobbörsen und Jahrmärkten!
Keine öffentlichen Gelöbnisse und Zapfenstreiche!


Der Abzug aus Afghanistan ist nur Gerede. Der Krieg wird sogar verstärkt fortgesetzt. Denn die Ankündigung, bis Ende Januar 2013 real 600 Bundeswehrsoldaten vom Hindukusch abziehen zu wollen, ist "an die Lage vor Ort" geknüpft. Um die Lage aber zugunsten der NATO zu verändern, will die Bundeswehr Kampfhubschrauber schicken. Obwohl es für Afghanistan keine militärische Lösung gibt, geht das Töten weiter.

Truppen sofort und bedingungslos aus Afghanistan abziehen!

Die kriegerische Außenpolitik der Bundesrepublik - vom völkerrechtswidrigen Angriff auf Jugoslawien über logistische Unterstützung der Kriege gegen Irak und Libyen - wird fortgesetzt durch die Sanktionspolitik gegen Syrien und Iran. Wirtschaftliche Isolierung, militärische Drohungen und die Aufrüstung der arabischen Gegner dieser Regierungen soll zum "Regime Change" führen.

Das westliche Vorgehen gegenüber den Regierungen in Damaskus und Teheran erinnert stark an das Vorgehen gegenüber dem Irak, das nach strangulierenden Sanktionen zu einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg mit Hunderttausenden von Toten führte. Die Gestaltung der politischen und gesellschaftlichen Ordnung eines Landes ist ausschließlich Angelegenheit seiner Bevölkerung. Sich mit ihr zu solidarisieren heißt vor allem, die Gewaltspirale zu beenden und sich jeglicher Intervention von außen zu widersetzen.

Verhandlungen statt Sanktionen! Hände weg von Damaskus und Teheran! Für einen atomwaffenfreien Nahen und Mittleren Osten!

Die aggressive Außenpolitik der Bundesrepublik zeigt sich auch in der verstärkten Lieferung von Kriegswaffen in Spannungsgebiete, wie nach Indien und Pakistan und nach Süd-Korea. Die Bundesregierung heizt den Konflikt um den Iran weiter an. Entgegen den deutschen Ausfuhrbestimmungen werden atomwaffenfähige U-Boote an Israel sowie Kampfpanzer und eine Waffenfabrik an das repressive Saudi-Arabien geliefert. Beim Rüstungsexport belegt Deutschland Platz drei in der Welt und den ersten Platz in der EU. Aufrüstung führt nicht zu Stabilität, sondern erhöht die Kriegsgefahr und die Profite der Rüstungsfirmen. 78 Prozent der deutschen Bevölkerung sind für ein grundsätzliches Verbot des Rüstungsexports.

Waffenexport stoppen!
Konversionsfonds einrichten, um die Waffenproduktion auf zivile Produkte umzustellen!


Sonnabend, 7. April 2012: 12.30 Uhr Auftakt am Potsdamer Platz; Abschluss Brandenburger Tor


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