Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

60 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs: Für eine Welt des Friedens und der Solidarität

Dokumentation: Verschiedene Ostermarschaufrufe (I); Baden-Württemberg, Nürnberg und Frankfurt a.M.

Im Folgenden dokumentieren wir eine Reihe von Aufrufen zu den Ostermärschen der Friedensbewegung 2005. Im Einzelnen:

Karsamstag 26.03.2005, Heilbronn

Für ein Europa, das sich dem Krieg verweigert
Für eine Welt des Friedens und der Solidarität
Abrüstung statt Sozialabbau

Vor 60 Jahren wurde Europa von der Geisel des Krieges und einem politischen System befreit, das auf Gewalt und Krieg zur Durchsetzung seiner Ziele setzte.

Nie wieder Faschismus und Krieg, das war die Erkenntnis, die damals in der ganzen Welt die Menschen einte.

Heute hat allen voran die US-Regierung unter Präsident Bush Krieg wieder auf die politische Tagesordnung gesetzt: "Neue Weltordnung" , "Krieg gegen den Terror", "Krieg für die Freiheit" sind die Schlagworte, die nur schlecht verhüllen, dass die Welt auch mit militärischer Gewalt nach dem Bild des Neoliberalismus geformt werden soll.
  • Im Irak setzt die Besatzungsmacht USA auf die Zerstörung ganzer Städte zur so genannten "Aufstandsbekämpfung". Folter und die Missachtung elementarer Menschenrechte gehören zur Tagesordnung.
  • Offen aber fast unbeachtet werden neue Kriege vorbereitet: Ein Militärschlag gegen den Iran ist unmittelbar zu befürchten.
  • Aus der ursprünglichen Kriegsablehnung der Bundesregierung und anderer europäischer Staaten in der UNO ist die stillschweigende Unterstützung dieser aggressiven US-Politik geworden.
  • Nato und EU stellen immer neue, immer kampfstärkere sogenannte schnelle Eingreiftruppen auf.
  • Aufrüstung und Rüstungsausgaben erreichen Rekordniveau, während die sozialen Ausgaben ständig gekürzt werden.
Wir aber wollen weltweit Frieden! Wir wollen Frieden und Demokratie durch die Beendigung der Besatzung für den Irak. Wir wollen Frieden für den Iran. Wir wollen Frieden und Abrüstung in der ganzen Welt.

Der 60. Jahrestag der Befreiung ist Mahnung zum Frieden.

Ausgerechnet an diesem Tag will die Bundesregierung die neue Verfassung der Europäischen Union im Bundestag ratifizieren.
Statt der Chance zum Frieden öffnet diese Verfassung erneut den Weg zum Krieg.
  • Alle EU-Mitgliedstaaten würden darin zu ständiger Steigerung ihrer Rüstungen verpflichtet.
  • Ein europäisches Rüstungsamt soll die Staaten kontrollieren und zu weiterer Hochrüstung veranlassen.
  • Militärisches Eingreifen innerhalb und außerhalb Europas würde ausdrücklich erlaubt und als Mittel der europäischen Politik legitimiert.
  • Sofern es dafür keine Mehrheiten gibt, würden Koalitionen der kriegswilligen Staaten ausdrücklich legitimiert.
  • Der Einsatz von Truppen im Inneren der EU wäre ausdrücklich erlaubt.
  • Nirgendwo in dieser Verfassung ist von europäischer Außenpolitik die Rede ohne daß unter dem Stichwort "gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik" nicht gleichzeitig an Militär, Rüstung und Krieg gedacht wird.
  • Der Entwurf schreibt ein neoliberales Wirtschaftsmodell fest. Das geht zu Lasten sozialstaatlicher Verpflichtungen und gerechter Handelsbeziehungen.
  • Der Verfassungsentwurf stünde über den einzelnen Verfassungen, wie dem Grundgesetz. Er sieht kein Parlament mehr vor, daß den Ministerrat kontrollieren könnte. Demokratische Rechte und Prinzipien blieben auf der Strecke.
  • Statt dem viel beschworenen gemeinsamen Haus, würde Europa zu einer Festung, das Flüchtlinge fernhält, seine Nachbarn mit militärischer Potenz einschüchtert und nach den Prinzipien eines Kasernenhofes funktioniert.
Der Grundgedanke des Jahrestages der Befreiung scheint vergessen:
Nach den blutigen Erfahrungen mit Faschismus und Krieg, wollen die Menschen nun Zusammenarbeit, Solidarität, Gerechtigkeit und vor allem und zuerst: Frieden. So ist es in die Verfassungen aller europäischen Länder eingegangen.

Das soll nun mit der neuen EU-Verfassung außer Kraft gesetzt werden.

Der Zusammenschluss der ehemals verfeindeten Europäischen Staaten findet seine Rechtfertigung nur dann,
  • wenn Frieden und friedliche Zusammenarbeit seine Ziele und Grundlagen sind.
  • wenn er Beiträge zur zivilen Bearbeitung und Lösung von Konflikten zur friedlichen und gerechten Entwicklung leistet.
  • wenn er sich als Impuls zur Stärkung der UNO und des Völkerrechts versteht, dessen grundlegender Bestandteil das Gewaltverbot bei zwischenstaatlichen Konflikten ist.
Ein Europa, wie es der vorliegende Verfassungsentwurf vorsieht, lehnen wir ab!

Wir treten ein für
  • Ein Europa, das den Krieg verweigert und den Krieg ächtet
  • Ein Europa, das keine hegemonialen Ziele verfolgt.
  • Ein Europa, das weder seine Mitgliedsländer noch seine Nachbarn mit schnellen Eingreiftruppen bedroht.
  • Ein Europa das offen und öffentlich den Krieg oder die Drohung mit Krieg und militärischer Intervention als Mittel seiner Politik ausschließt.
  • Ein Europa das umfassend abrüstet.
  • Ein Europa das seine Ressourcen, das Wissen und das Engagement seiner Menschen nutzt für die Herstellung sozialer Gerechtigkeit, die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, Armut, Hunger und Krankheit zu Hause und in aller Welt.
Unser Europa muß friedlich sein und zum Frieden in der Welt beitragen!

Deshalb sagen wir Nein zu dieser geplanten EU-Verfassung!
Deshalb wehren wir uns gegen jede weitere Aufrüstung!
Deshalb fordern wir: Abrüstung statt Sozialabbau.





Vor 20 Jahren, am 11.1. 1985 entzündete sich bei Montagearbeiten auf der US-Raketenbasis Waldheide in Heilbronn der erste Stufenmotor einer Pershing-II Atomrakete und brannte aus. Drei Menschen starben - nur knapp entkam die gesamte Region einer atomaren Katastrophe. Damals wie heute machte der Heilbronner Raketenunfall deutlich: Rüstung - zumal die atomare - und Kriegsvorbereitung stehen im Gegensatz zu jeder menschlichen Vernunft. Sie sind der Beginn der Barbarei und der erste Schritt zur Katastrophe. Deshalb führt der diesjährige Ostermarsch der Friedensbewegung in diesem Jahr nach Heilbronn.





Nürnberg:

Rüstung und Krieg lösen kein Problem

Der Krieg der US-Regierung im Irak dauert an. Frieden, Demokratie und Sicherheit sind trotz aller Erfolgsmeldungen nicht in Sicht. Und schon wird eine Bedrohung durch den Iran an die Wand gemalt. Nordkorea erklärt sich zur Atommacht und rückt deshalb in den Mittelpunkt des Interesses. Andere Kriege, wie in Tschetschenien oder in Uganda, geraten eher in den Hintergrund. Das sind Brennpunkte im Jahr 2005, in dem nicht nur in unserer Stadt zahlreiche Gedenktage begangen werden, weil vor 60 Jahren der von Hitler-Deutschland entfachte 2. Weltkrieg endete. Millionen Tote, Verwundete, Obdachlose, ungeheures Leid, ungeheure Zerstörungen waren das Ergebnis.

Die 1945 formulierte Selbstverpflichtung „Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg!“ zeigt den Zusammenhang auf zwischen der Machtübernahme der Faschisten 1933 und dem Grauen des Krieges sowie den Ungeheuerlichkeiten in den Konzentrationslagern. Wenn wir den 8. Mai 1945 in unsere Geschichte einordnen, kann er nur als Tag der Befreiung verstanden werden.

Doch die Hoffnungen auf eine friedliche Zukunft nach 1945 erfüllten sich nicht. Kriege und Bürgerkriege wüten weltweit. Bodenschätze und machtpolitische Interessen rufen dabei die militärisch und wirtschaftlich starken Staaten immer häufiger auf den Plan. Es geht von Waffenlieferungen über Androhung von militärischer Gewalt bis hin zu offenen Interventionen. Seit dem Terroranschlag vom 11.09.2001 wird bei der angeblichen Bekämpfung des Terrorismus das Völkerrecht völlig missachtet, siehe die Kriege in Afghanistan und im Irak. Die USA und nun auch Russland nehmen für sich in Anspruch im „Kampf gegen den Terror“ auch Präventivkriege zu führen.

Unser Grundgesetz zog eine Lehre aus dem Faschismus und stellt Angriffskrieg ausdrücklich unter Strafe. Die Aufgaben der Bundeswehr sind auf die Landesverteidigung beschränkt. Für Minister Struck wird jedoch `die deutsche Sicherheit auch am Hindukusch verteidigt`. Tausende Bundeswehrsoldaten befinden sich in Krisen- und Kriegsgebieten der Welt.

In der größer gewordenen EU sind auch ehemals verfeindete Staaten Mitglieder. Diese EU lässt die Chance völlig ungenutzt Friedensfähigkeit vorzuleben und zivile Konfliktlösungen zu entwickeln. Im Gegenteil! Im EU – Verfassungsentwurf sind gemeinsame Truppen (`battle groups`) für Kampfeinsätze in aller Welt vorgesehen und die Mitgliedsstaaten werden verpflichtet, ihre `militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern`. Koste es was es wolle!

Rüstung und Sozialabbau sind 2 Seiten derselben Medaille. Während die Bundeswehr ´bekommt was sie braucht`(Struck), wird aus angeblicher Finanznot der Abbau der sozialen Sicherungs-systeme im Rahmen von Hartz IV und Agenda 2010 vorangetrieben und die Mittel für Bildung werden gekürzt. Damit verschlechtern sich die Lebensqualität und die soziale Sicherheit für große Teile der Bevölkerung.

Die Herausforderungen in unserer Welt sind nicht militärischer Art. Es sind die von Menschen verursachten ökologischen Schäden, Naturkatastrophen, sowie die sich vertiefende soziale Kluft zwischen Armut und Reichtum, die die Menschen in allen Erdteilen bedrohen. Da schützen keine Kampftruppen, Eurofighter und Raketenabwehrsysteme. Abrüstung gibt Mittel frei für Frühwarnsysteme in gefährdeten Regionen, für Projekte ökologischer Nachhaltigkeit und unbedingt für ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit; auch in unserem Land.

Eine andere Welt ist nötig und möglich! Abrüsten! Im eigenen Land beginnen!

Gehen Sie dafür mit uns gemeinsam zum Nürnberger Ostermarsch am 28. März 2005!


Aufruf zum Frankfurter Ostermarsch 2005

60 Jahre danach:
Krieg darf kein Mittel der Politik sein

Vor 60 Jahren endeten Naziherrschaft und Zweiter Weltkrieg, ein demokratischer und friedlicher Neubeginn wurde möglich. Übereinstimmend wurde damals unter den demokratischen Kräften formuliert: „Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg“. Trotz der vielen Gedenktage zu diesem Anlass scheinen heute die geschichtlichen Mahnungen vergessen. Drohungen mit militärischer Gewalt und völkerrechtswidrige Angriffskriege sind zu „legitimen“ Mitteln der herrschenden Politik geworden. Entgegen dem Grundgesetz bejaht die geltende Militärdoktrin Kampfeinsätze in aller Welt.

Mehr noch: Die Europäische Union soll laut EU-Verfassung in ein Militärbündnis mit eigenen Angriffskapazitäten umgewandelt werden. Diese Verfassung will der deutsche Bundestag am 9. Mai ratifizieren, ohne die Bevölkerung zu befragen.

Der durch die Bush-Administration proklamierte „Kampf gegen den Terror“ provoziert nicht nur neue Kriege, sondern führt auch zu Militarisierung unserer Gesellschaft. Neonazismus, Demokratieabbau, Rassismus und Generalverdächtigungen besonders gegenüber ausländischen Mitbürgern wachsen dramatisch an..

Auch nach den Wahlen in Irak wird das Ausmaß der sozialen, wirtschaftlichen und humanitären Katastrophe verschleiert. Neben der Zerstörung ganzer irakischer Städte durch die Besatzungstruppen hat die Anzahl der Todesopfer in der Zivilbevölkerung mittlerweile weit über 100.000 erreicht. Die wirtschaftliche Ausplünderung im Rahmen einer neoliberalen Globalisierungsstrategie und den Hegemonialbestrebungen der USA im Nahen und Mittleren Osten wird fortgesetzt.

Wir fordern:
  • keine logistische Unterstützung für die US-Kriegsmaschinerie im Nahen und Mittleren Osten und Rückzug aller Interventionsstreitkräfte, Rückzug aller deutschen Soldaten aus Militäreinsätzen im Ausland
  • kein Abbau demokratischer und sozialer Rechte, keine Ausgrenzung von Minderheiten durch fremdenfeindliche und rassistische Maßnahmen
  • Für ein ziviles und soziales Europa anstatt einer Festschreibung der Aufrüstung durch die EU-Verfassung
  • Umlenkung von Rüstungsausgaben in Sozialausgaben anstatt neuer Rüstungsprojekte für die Bundeswehr
Nein zu Aufrüstung, Demokratieabbau und Krieg
Für eine friedliche Welt

Dafür wollen wir zu Ostern demonstrieren, um uns mit diesen Forderungen Gehör zu verschaffen.



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