"Mit dem Drohnenkrieg untergraben die USA die Souveränität verschiedener Staaten"
Reden von Elsa Rasbach und Reiner Braun auf der Demo der Berliner Friedensbewegung: "Obama die rote Karte"
Anlässlich des bevorstehenden Besuchs des US-Präsidenten Obama in Berlin (siehe: Obama nicht willkommen) veranstaltete die Berliner Friedensbewegung am Vorabend eine Demonstration und Kundgebung: "Obama die rote Karte". Im Folgenden dokumentieren wir zwei Reden, die dort gehalten wurden.
Rede von Elsa Rassbach, Code Pink Germany
Obwohl ich schon lange in Berlin wohne, bin ich als US-Bürgerin auch in der US-Friedensbewegung aktiv. Unter anderem bin ich Mitglied der Organisation Code Pink, die schon seit einigen Jahren eine Kampagne gegen Drohnen führt. Wir begrüßen sehr, dass die Anti-Drohnen Kampagne sich zu einer internationalen Bewegung zur Ächtung der Kampfdrohnen entwickelt, weil diese neue Anforderung nur international gelöst werden kann.
Als der Präsidentschaftskandidat Obama im Juli 2008 bei der Siegessäule vor 200,000 Menschen sprach, waren Transparente verboten. Aber ich habe ein großes Transparent „Truppen raus aus Afghanistan“ unter meinem T-Shirt rein geschmuggelt. Ich wusste schon, dass Obama kein Friedenspräsident sein würde.
Trotzdem habe ich als US-Wählerin meine Stimme für ihn abgegeben. Obama ist an der Harvard-Universität als Verfassungsrechtler ausgebildet worden, und ich war fest davon überzeugt, dass er zumindest die Rechtstaatlichkeit wieder herstellen würde, die nach dem 11/9 unter George W. Bush schweren Schaden erlitten hat.
Jedoch hat Obama das Gegenteil getan. Mit unbemannten Flugkörpern, führt er einen Schattenkrieg in mehreren Ländern. In seiner Amtszeit hat Obama den Einsatz bewaffneter Drohnen vervielfacht, hat in den ersten vier Jahren im Amt mehr als sechsmal so viele Drohnenanschläge in Pakistan bewilligt wie Bush in acht Jahren. Die US-Drohnen-Anschläge in Afghanistan haben 2012 eine neue Höhe erreicht und Obama führt Drohnenkriege in Jemen und in Somalia und anderswo.
Dem Verfassungsrechtler Obama ist sicherlich bewusst, dass mit dem Drohnenkrieg das internationale Völkerrecht, die Normen der Menschenrechte, und die US-Verfassung untergraben werden. Die Entscheidung zum Kriegsangriff bleibt in den Händen des Präsidenten und seiner Handlanger, den Geheimdiensten und den Special Forces. Als Oberbefehlshaber wählt Obama die Ziele für die Drohneneinsätze selber aus. 2011 hat Obama sogar ein Gesetz unterzeichnet, wodurch er auch US-Bürger und Bürgerinnen als vermeintliche "Terroristen" ohne Recht auf Prozess verhaften kann oder sie auch umbringen kann, und zwar auf dem Territorium der USA oder im Ausland. Und Obama hat schon ohne Anklage US-Bürger durch Drohnen getötet.
Das Pentagon sagte neulich in einer Anhörung des US-Senats, dass die US-Regierung Kriege "von Pakistan bis Boston" führen kann, und zwar ohne weitere Bewilligung durch den US-Kongress. Das Pentagon sagte, dass dieser sogenannte "Krieg gegen den Terror" noch zehn oder zwanzig Jahren andauern wird, und unsere gewählte Vertreterinnen und Vertreter sollen gar nicht darüber abstimmen.
Der Drohnenkrieg untergräbt das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren. Menschen werden allein auf Verdacht umgebracht. Noch vor dem 11/9 hatten die USA Israel für außergerichtliche Tötungen durch Drohnen kritisiert. Nun weitet unser Verfassungsrechtler-Präsident Obama allmächtig diese kriminelle Tötungen aus. Er nimmt in Kauf, dass unzählige Zivilisten und Kinder nebenbei umgebracht werden. Ein CIA-Bericht kam zu dem Schluss, dass zumindest bei einem Viertel der Getöteten durch US-Drohnenangriffe die Identität gänzlich ungeklärt sei. Und der Drohnenkrieg senkt die Hemmschwelle zum Krieg, weil das Töten ohne Risiko an den eigenen Soldaten und Soldatinnen durchgeführt werden kann.
Durch Drohnenkrieg untergräbt die USA die staatliche Souveränität von verschiedenen Ländern. Zum Beispiel, in Pakistan stellte ein High Court neulich fest, dass die US-Drohnenangriffe eine »Mißachtung der staatlichen Souveränität Pakistans« sind und ein Verbrechen darstellen. Eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen hatte schon im März gefunden, dass die US-Drohnenangriffe die Souveränität Pakistans verletzen. Und hier in Deutschland hat die USA - ohne Wissen oder Einwilligung der deutschen Bevölkerung - die Air Base in Ramstein benutzt, um Drohnenanschläge in Afrika auszuüben. Dadurch verletzen die USA Artikel 26 der deutschen Verfassung, wonach von deutschem Boden kein Angriffskrieg ausgehen darf.
Nun suchen die USA und Präsident Obama in Europa eine Kumpanei für diese Verbrechen. Deutschland und andere europäische Länder sollen die Killer-Drohnen kaufen. Auch wenn die deutsche Regierung behauptet, dass Deutschland sich keiner gezielten Tötungen oder Souveränitätsverletzungen schuldig machen wird, soll durch eine Anschaffung der Kampfdrohnen ein Signal gegeben werden, dass der Drohnenkrieg akzeptabel ist. Die Vernichtung des internationalen Völkerrechts und der Menschenrechten durch den Drohnenkrieg soll zur internationalen Norm werden. Dazu muss die deutsche Regierung "nein" sagen.
Wenn die deutsche Regierung die Anschaffung der Kampfdrohnen durchsetzt, ist zu erwarten, dass die bewaffneten Drohnen sich in Europa und auch in anderen Ländern schnell ausbreiten werden. Wenn aber die deutsche Regierung "nein" sagt, bestünde zumindest eine Chance, dass die notwendige internationale Debatte sich entwickeln könnte, um eine Grundlage für ein verbindliches internationales Abkommen gegen Drohnen vorzubereiten. Ein erfolgreiches Beispiel für ein solches Vorhaben wäre die 1992 gegründete internationale Kampagne gegen Landminen, die schon 1997 ein verbindliches Abkommens zur Ächtung der Landminen durchsetzen konnte. Der US-Politik die Grenzen aufzuzeigen, heißt in Deutschland: "Kampfdrohnen ächten!"
Rede von Reiner Braun (Geschäftsführer der IALANA)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
die USA tun es wieder –und dieses Mal heißt der Präsident Barack Obama. 2003 war die Lüge von den biologischen und den Atomwaffen die Begründung für den völkerrechtswidrigen Angriff auf den Irak Jetzt konstruiert sich Obama einen Kriegsgrund für Syrien, der aber so CNN schon länger vorbereitet ist Die Beweislage ist vorsichtig gesagt ganz dünn.
Selbst wenn tatsächlich Giftgas in Syrien eingesetzt wurde, bleibt völlig offen, von wem. Die Behauptung, nur Assad kontrolliere diese Waffen, ist sehr weit hergeholt Wollen vielleicht die Rebellen die USA in den Krieg ziehen, was ist mit den Verhaftungen wegen Besitz und Transport chemischer Substanzen in Bagdad und in Jordanien? Deshalb ist es richtig, dass die Syrien-Kommission der UNO immer darauf hinweist, dass es nicht möglich sei, die Täter festzustellen.
Es bleibt auch hier: das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit. Wir haben Dir nicht geglaubt Mr Präsident Bush und wir glauben Dir nicht, Mr Präsident Obama.
Es bleibt unsere Forderung: keine Intervention in Syrien, Waffenstillstand und Verhandlungen. Kein Waffenexport
Bush und Obama, so unterschiedlich sie bei ihrem Charisma, bei den sozialen Herkünften und auch bei politischen Positionierungen sein mögen, sie eint eins: sie wollen die Hegemonie der USA in dieser Welt sichern, sie streiten für die militärische Dominanz der USA und das heißt immer, sie sind bereit Krieg zu führen und diese auch auszuweiten
Es war der Krieg in Afghanistan, den der US-Präsident Obama massiv ausgeweitet hat. Erst die erkennbaren Niederlagen in Afghanistan selbst und der Widerstand der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung in den USA führen zu dem Wechsel, der unter dem „ Abzug 2014“ firmiert. Das ist aber nicht das Ende der NATO/USA Intervention sondern nur die Reduzierung und Verlagerung des Krieges:
Bring all troops home bleibt unsere zentrale Forderung.
Es war Barak Obama, der die Drohneneinsätze – besonders auch gegen Länder mit denen die USA keine Kriege führt, massiv ausweitete: Afghanistan, Irak, Lybien, Somalia, Jemen, Pakistan – vielfach waren Zivilisten die Opfer. Mehr als 3000 vielleicht sogar 5000 Menschen wurden geradezu hingerichtet – wahrscheinlich viel mehr.
Drohnen mögen aus militärisch Sicht praktisch sein, in ihrer Konsequenz wirken sie barbarisch, weil sie gezielte Tötungen von Menschen ohne vorherige Gerichtsverhandlung bedeuten, aus sicherer Distanz, wenn es darauf ankommt auch grenzüberschreitend, ohne dass es jemand merkt, unter Bruch des Völkerrechts. .
Die Ächtung der Drohnen, ein unüberhörbares nein zur weiteren Roboterisierung und Automatisierung des Krieges. Wir protestieren entschieden und immer wieder gegen dien Einsatz der Drohnen von deutschem Boden, von Ramstein und von Stuttgart aus. Wir fordern Kanzlerin Merkel auf, Zeigen sie Präsident Obama das Grundgesetz unseres Landes. Diese grundgesetzwidrige Kriegführung muss sofort beendet werden.
Die UN und tausende von Erklärungen fordern einmütig eine Welt ohne Atomwaffen, was macht der Friedensnobelpreisträger, er veranlasst die Modernisierung dieses Teufelszeug für 700 Milliarden Dollar in den nächsten 1o Jahren. Vergessen sind die Sonntagsreden von Kairo und Prag, was bleibt sind die Profitinteressen der Rüstungskonzerne.
Es waren Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die immer wieder betonten, Krieg und Kriegsvorbereitung sowie der Abbau ja die Zerstörung der Demokratie sind zwei Seiten einer Medallie.
Es brauchte nicht erst die Ereignisse der letzten Tage um zu verdeutlichen, welcher gigantische internationale Überwachungs- und Bespitzelungsapperat uns gegenübersteht und das die Kritik der Europäer an den USA eher die Kritik von ertappten Heuchlern ist. Europa und Deutschland sind an dem Demokratieabbau, an der Verfestigung und dem Ausbau von Überwachungsstrukturen aktiv beteiligt
So ist unsere heutige Demonstration auch ein Akt der Demokratieverteidigung!
Wir brauchen die Demokratie wie die Luft zum Atmen, wir werden sie verteidigen – jeden Tag und weltweit: Deswegen gilt unsere Solidarität auch den Menschen auf dem Taksim-Platz, deswegen stehen wir fest an der Seite der Whistleblower Bradley Mannings und Edward Snowden.
Enthüllungen von Verbrechen ist ein Akt der Demokratie und des Mutes, verklagt und verurteilt müssen die Verantwortlichen für Krieg und Verbrechen werden, niemals die, die diese enthüllt haben.
Zivilcourage bleibt eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Unsere ganze Solidarität gilt Bradley Mannings, Edward Snowden und den Cuban 5. Sie sind Kampfer für Freiheit, Demokratie, Wahrhaftigkeit und Menschenrechte.
Über sie sollte an allen Schulen und Universität gelehrt werden.
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde.
Auch nach heute bleibt, das weiche Wasser bricht den Stein: niemals mit nur einer Aktion aber mit Mut und Entschlossenheit werden wir unsere humanistischen Ziele erreichen, wir müssen und werden den Weg des Protestes und Widerstandes weitergehen, das ist die Konsequenz auch der Proteste angesichts des Besuches von Barak Obama.
Wir werden immer wieder dort sein, wo für Frieden und gegen Krieg, für Freiheit und Demokratie gestritten werden muss, wir werden unsere Aufklärungs- Informationsarbeit intensiv fortsetzen. Unsere Solidarität gilt den Mitstreiterinnen und Mitstreitern überall auf der Erde.
Gemeinsam werden wir das große Ziel: eine Welt frei von Krieg und Unterdrückung erreichen.
Heute gilt: Obama die rote Karte.
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