Kündigung wegen Friedensengagements
Stadt Bad Tölz bestraft Teilnehmer an Protest gegen Bundeswehrgelöbnis
Nachfolgende Meldung haben wir von der Friedensinitiative Bad Tölz-Wolfratshausen erhalten. Der Vorgang kann unseres Erachtens nicht einfach als "Provinzposse" oder als "bayerische Folklore"abgetan werden. Der Vorfall könnte ein raueres innnenpolitisches Klima andeuten, von dem gerade auch Friedensbewegte betroffen sind. Hintergrund dürfte der Wille der Regierenden sein, die Bundeswehr in eine Interventionsarmee umzuwandeln und jeden Ernst zu nehmenden Protest dagegen bereits im Keim zu ersticken. Die Herren (und Damen) der politischen Klasse werden nervös.
Liebe Freundinnen und Freunde,
unserem Mitstreiter Thomas Krahe ist gestern (9. April 2001) sein Job gekündigt
worden. Grund: Er protestierte mit anderen Aktiven der
Friedensinitiative Bad Tölz-Wolfratshausen während eines
Bundeswehrgelöbnisses in Bad Tölz mit Transparente gegen die
Umstrukturierung der Bundeswehr in eine Interventionsarmee und gegen
diesen Verfassungsbruch.
Dies dürfen wir nicht einfach so hinnehmen. Also, stärken wir Thom
persönlich und öffentlich den Rücken ... Sorgen wir dafür, dass die
Stadt Bad Tölz die Kündigung zurück nimmt!
Anbei ein Artikel aus dem Tölzer Kurier. Wer einen
Leserbrief schreiben will, hier die Adresse:
Tölzer Kurier, Marktstr. 1, 83636 Bad Tölz oder E-Mail:
toelz-kurier@merkur-online.de
Entscheidend ist nicht die Länge eines Leserbriefes. Wichtig ist
vielmehr, dass möglichst viele Leserbriefe die Redaktion erreichen.
Dies in aller Kürze. Wer mehr Infos braucht, meldet sich einfach bei
mir.
Viele Grüße!
Andi
Friedensinitiative Bad Tölz-Wolfratshausen
www.friedensini.de
Artikel aus dem Tölzer Kurier vom 10.04.2001:
Niedermaier feuert Bundeswehr-Gegner
Krahe muss wegen Protest bei Gelöbnis gehen
Bad Tölz (job) Die Bundeswehr hat von Konsequenzen wegen der Proteste
beim Gelöbnis am Donnerstag abgesehen, die Stadt Bad Tölz greift
hingegen hart durch: Thomas Krahe, Mitglied der Friedensinitiative Bad
Tölz-Wolfratshausen und 630-Mark-Kraft im Heimatmuseum, bekam gestern
die fristlose Kündigung. Einzige Begründung: Die Teilnahme des
35-Jährigen an der nicht genehmigten Demonstration im Kurpark. Da sich
der Bichler noch in der Probezeit befindet, hat er arbeitsrechtlich
schlechte Karten, dem Rausschmiss zu widersprechen. Thomas Krahe ist
Überzeugungstäter: Seit 20 Jahren schon arbeitet er aktiv in der
Friedensbewegung mit. In den 80er Jahren, im Kalten Krieg,
demonstrierte der gebürtige Mergentheimer gegen die umstrittene
Nachrüstung mit Pershing-II-Raketen, später dann arbeitete er in
Kriegsgebieten für "gewaltfreie Konfliktlösungen", etwa im Iran, in
Südostanatolien und auch in Jugoslawien. "Ich habe mir meine Meinung
darüber gebildet, ich weiß, was Krieg ist", sagt Krahe. Von 1994 an
studierte er in Benediktbeuern Sozialpädagogik. Seit kurzem hat er
einen Abschluss, und nahm - "um Zeit zu haben, mich neu zu
orientieren" - den Job als Sonntagsaushilfe im Heimatmuseum an.
"Während des Studiums habe ich auf der Glentleiten gearbeitet. Museen
faszinieren mich. Und das Tölzer ist toll, es hat ein irres
Potenzial."
Das hilft Thomas Krahe nun auch nicht mehr. Am Freitag, einen Tag
nachdem er bei der Demo vor 1000 Zuschauern von Feldjägern abgeführt
wurde, bekam er einen Anruf von der Stadt, dass er Sonntag nicht
arbeiten solle und am Montag in der Personalstelle zu erscheinen habe.
Dort bekam er seine Papiere ausgehändigt. "Ich hatte so etwas irgendwo
schon geahnt. Aber ich kann's nicht glauben, dass mein Grundrecht auf
freie Meinung so mit Füßen getreten wird."
Bürgermeister Sepp Niedermaier sieht das anders: "Herr Krahe ist als
städtischer Bediensteter auch ein Repräsentant unseres Staates. Er und
seine Kollegen haben mit ihrer Protestaktion das Image der Stadt
massiv geschädigt." Niedermaier, der unmittelbar nach der
Demonstration noch gesagt hatte, dass solche Vorfälle "zu unserer
Gesellschaft gehören", sieht sich dabei "als Teil des Staates" und als
"Betroffener": Krahe habe sein "Vertrauen als Arbeitgeber
missbraucht": "Wenn er irgendwo am Rand der Veranstaltung demonstriert
hätte, dann hätte ich damit kein Problem. Aber die Friedensinitiative
hat die Feier der Bundeswehr massiv gestört."
Dass genau das das Ziel der Friedensinitiative war, die drei Mal
jeweils zwei Mitglieder mit Transparenten vor den wartenden Soldaten
aufmarschieren ließ, um dann von Feldjägern des Platzes verwiesen zu
werden, bestreitet der Bichler gar nicht. "Wir wollten darauf
aufmerksam machen, dass die Bundeswehr das Grundgesetz bricht, indem
sie zur Interventionsarmee umgewandelt wird." Mehr habe man nicht
getan, darüber, so Krahe, "würde ich auch gerne mit dem Bürgermeister
reden". Der hätte das auch umgehend getan, wenn Thomas Krahe nicht nur
auf Probe bei der Stadt beschäftigt wäre, sondern ein ordentliches
Arbeitsverhältnis bestehe: "Mir ist schon klar, dass wir dann Herrn
Krahe nicht hätten kündigen können."
Kommentar: Wo bleibt die Gelassenheit?
Eigentlich sind die Zeiten des "Radikalen-Erlasses" ja längst vorbei,
nur in Bad Tölz scheint das nicht zu gelten: Da feuert man einen
Mitarbeiter, nur weil er anderer Meinung ist, als man sich das im
Rathaus wünscht. Natürlich war es eine Unverschämtheit von der
Friedensinitiative, die Spielregeln bewusst zu missachten und ihre
Demonstration nicht anzumelden. Natürlich hätte die Bundeswehr deshalb
auch Strafanzeige gegen die Protestierer stellen können. Sie hat es
aber nicht. Und so muss sich nun Bürgermeister Niedermaier von den
Soldaten vormachen lassen, was Toleranz und das Recht auf freie
Meinung bedeuten.
Den Teilzeit-Museumswärter Thomas Krahe als "Repräsentanten der Stadt"
aufzuwerten, als jemanden, der dem Image der Stadt Schaden zufügt,
ist - freundlich ausgedrückt - ein schlechter Witz. Die Kurgäste,
denen er sonntags im Museum Eintrittskarten verkauft, sehen in ihm
sicher keinen "Staatsfeind".
Und überdies lässt sich in einer Demokratie über die Ansichten Krahes
trefflich diskutieren. Ein Bundeswehr-Gelöbnis ist zwar dafür nicht
der richtige Ort, ein Rausschmiss aber auch nicht die richtige
Reaktion der Stadt. Die verkörpert damit ein Obrigkeitsdenken, das in
die heutige Zeit nicht mehr passt. Wenn Niedermaier nach den Vorfällen
beim Gelöbnis über ein bayernweites "negatives Medienecho" für die
Stadt Bad Tölz klagt, jetzt bekommt sie genau das - und zwar zu Recht!
Joachim Braun
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