Kriegslogistiker DHL im Visier
Proteste zur Aktionärsversammlung
Von Niels Seibert *
Im Herbst 2008 starteten Antimilitaristen eine Kampagne gegen das
Logistikunternehmen DHL. Anlässlich der Aktionärsversammlung wollen sie
die Beteiligung des Konzerns am Geschäft mit dem Krieg ein weiteres Mal
öffentlichkeitswirksam skandalisieren.
Bevor die Aktionäre von Deutscher Post DHL am 28. April um 10 Uhr die
Jahrhunderthalle in Frankfurt am Main betreten, werden sie aller
Voraussicht nach auf die Mitverantwortung ihres Unternehmens an Kriegen
weltweit hingewiesen. Antimilitaristen rufen anlässlich der
Hauptversammlung zu Protesten auf.
Die DHL-Kampagne begann im Oktober 2008 während der Mobilisierung gegen
den NATO-Gipfel in Straßburg. Sie informiert über die zivil-militärische
Zusammenarbeit in der Logistikbranche: Deutsche Post DHL ist für das
US-Militär in Irak und Afghanistan im Einsatz und transportiert seit
2002 weltweit für die Bundeswehr leichte militärische Ausrüstung. Die
Antimilitaristen wollen mit ihrer Kampagne den Konzern dazu bewegen,
vollständig aus dem Kriegsgeschäft auszusteigen.
Zahllose Flugblätter, Aufkleber und Plakate, Kundgebungen vor
Postfilialen, olivgrün angemalte Postbriefkästen und mehrere durch
Brandanschläge zerstörte Post- und DHL-Fahrzeuge haben der Kampagne zur
bundesweiten Bekanntheit verholfen. Der Slogan »Deutsche Heeres
Logistik«, wie DHL von den Kriegsgegnern bezeichnet wird, findet sich in
der Berichterstattung bürgerlicher Medien wieder.
Der gute Ruf des Konzerns ist angeknackst. Das Logistikunternehmen sieht
es nicht gern, dass es in der öffentlichen Wahrnehmung mit Kriegsführung
verknüpft wird und versucht zu verharmlosen: »Für uns ist die Bundeswehr
ein Kunde wie jeder andere auch«, antwortete Konzernchef Frank Appel auf
eine Frage nach den Problemen, die der Konzern aktuell mit
Antimilitaristen habe.
Auch seine Mitarbeiter musste Appel über das militärische Engagement
ihres Arbeitgebers informieren. Der Konzern hat ein neues
Sicherheitskonzept erarbeitet und darüber in seiner Mitarbeiterzeitung
berichtet: DHL-Fahrzeuge müssen fortan in einem Abstand von mindestens
1,5 Metern voneinander entfernt geparkt werden, damit die Anzahl der
beschädigten Fahrzeuge durch Übertritt des Feuers bei Brandstiftung
möglichst gering gehalten wird. Bei Protesten vor oder in Postfilialien
sollen die Beschäftigten nicht mit den Demonstranten das Gespräch
suchen, sondern die Polizei rufen.
Im November 2009 konnten die Antimilitaristen zum ersten Mal jubeln:
Deutsche Post DHL zog seine Bewerbung um einen Milliardenauftrag der
Bundeswehr zurück. Das Unternehmen sah in der geplanten Privatisierung
von Lagerung und Transport von Bundeswehrmaterialien kein lukratives
Geschäft mehr, weil die mit dem Auftrag verbundenen Risiken als zu groß
galten.
»2009 war ohne Zweifel ein schwieriges Jahr für Ihr Unternehmen«,
schrieb Vorstandsvorsitzender Appel den Aktionären. Der Konzernumsatz
ist im Vergleich zum Vorjahr gesunken. In zwei Wochen werden die
Aktionäre mit einer weiteren unangenehmen Botschaft konfrontiert. Sie
werden unmittelbar erfahren, dass Kriegsgegner das Image des Konzerns zu
beschmutzen versuchen.
Ähnliche Kampagnen wie gegen das Abschiebegeschäft der Lufthansa und
Proteste zu Aktionärsversammlungen brachten die Konzerne in Bedrängnis
und verschafften den Kritikern eine breite und internationale
Öffentlichkeit.
* Aus: Neues Deutschland, 14. April 2010
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