Friedensbewegung 2003: Neue Koalitionen und Feindbildkonstruktionen
Das aktuelle Dossier von D-A-S-H
Im Folgenden dokumentieren wir den einleitenden Teil eines Projektberichts von D-A-S-H *, der sich mit der Friedens- und Antikriegsbewegung des Jahres 2003 befasst. Im Rahmen des Projekts wurden verschiedene Befragungen durchgeführt, von denen wir bei uns ebenfalls ein paar Auszüge dokumentieren. Wir empfehlen sehr, sich das Dossier insgesamt anzusehen: www.d-a-s-h.org/dossier/08.
Unser aktuelles Dossier beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Friedensbewegung 2003 – dabei geht es uns in erster Linie um die Proteste gegen den Irak-Krieg.
Die »alte« Friedensbewegung der Bundesrepublik hat ihre Ursprünge in den Protesten gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Anfang der Fünfziger Jahre. Anfang der Achtziger Jahre entfaltete sie Massendemonstrationen gegen die Raketenstationierung in der Bundesrepublik – und konnte die Stationierung der Pershing II und Cruise Missiles doch nicht verhindern. Spätere Proteste richteten sich gegen den Eurofighter (früher »Jäger 90«) und gegen die Beteiligung der Bundeswehr am NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999.
Im Mittelpunkt des Interesses der Aktiven der Friedensbewegung stehen aber längst nicht nur aktuelle militärische Auseinandersetzungen, sondern auch eine dauerhafte Diskussion um die Geschichte des 2. Weltkrieges, um die Rolle der Bundeswehr in einer globalisierten Welt oder die Friedensarbeit in Ländern mit bewaffneten Konflikten oder Kriegen.
Die Demonstrationen und Aktionen in den Wochen vor bzw. während des Irak-Krieges lassen sich nur bedingt dieser Friedensbewegung zuordnen. Natürlich standen ihre AktivistInnen im Mittelpunkt, aber es wurden auch Menschen aktiv, die vorher noch nicht an derartigen Protesten teilgenommen hatten – wie die unzähligen SchülerInnen. Andererseits versuchten zahlreiche Neonazis mit eigenen Demonstrationen oder durch Teilnahme an den großen Friedensdemos, ihre rassistische motivierte Globalisierungskritik zu vermitteln.
Im Mittelpunkt unseres Interesses stand, wie sich die Ablehnung der US-amerikanischen Politik entwickelt hat, wie die verschiedenen Initiativen und ihre Aktionen gegen den Irak-Krieg entstanden, sowie grundlegende Fragen, die auch auf andere bewaffnete Konflikte und Kriege – wie sie jederzeit, auf allen Kontinenten stattfinden – zutreffen.
Die Antikriegsproteste wurden zu einem großen Teil von Schülerinnen und Schülern getragen, die landesweit vom Schulstreik bis zu eigenen Demonstrationen gegen den Irak-Krieg aktiv wurden. Wir haben einige dieser Initiativen angeschrieben und um eine kurze Selbstdarstellung in
Interviews gebeten. Die wenigen Antworten belegen, dass die Gruppen nach dem Ende der offiziellen Kampfhandlungen ebenso schnell wieder verschwanden, wie sie sich zusammengefunden hatten. Nur wenige Interessierte blieben weiter und zu anderen Themen aktiv.
Peter Strutynski ist eher der »alten« Friedensbewegung zuzurechnen und daher war uns seine Einschätzung der Proteste gegen den Irak-Krieg sehr wichtig. Im
Interview mit Dr. Strutynski von der AG Friedensforschung der Uni Kassel wollten wir wissen, wie die »alteingesessene« Friedensbewegung mit dem enormen Zulauf vor bzw. während des Krieges im Irak umgegangen ist, wie er Antiamerikanismus und Neonazis in der Friedensbewegung einschätzt und was von den Protesten geblieben ist.
Dass die Antikriegsproteste in der BRD dank der massiven Zustimmung der Friedenspolitik durch die Parteien im Bundestag (allen voran Bundeskanzler Schröder und Außenminister Fischer), verschiedenster Organisationen bis hin zu den Kirchen und nicht zuletzt der umfangreichen (Anti-Kriegs-) Berichterstattung in den Medien ein großes Ausmaß erreichten, ist bekannt. Gerade auf die Proteste der unzähligen Schülerinnen und Schüler scheint dies großen Einfluss gehabt zu haben. Der Spiegel sprach in seiner Ausgabe 13/03 von der »Generation Golfkrieg«. Prof. Dieter Rucht widmete sich in seiner Studie den SchülerInnen in der Antikriegsbewegung. Seine Ergebnisse der soziologischen Betrachtung des Phänomens der Jugendprotestkultur 2003 wurden von uns zusammengefasst.
Jeder Krieg, jede militärische Auseinandersetzung bedient sich der Propaganda, um Ziele abzustecken, Feindbilder in den Köpfen der Menschen zu verankern oder einfach, um mit falschen Darstellungen und Lügen Zustimmung zu Kriegseinsätzen in der Bevölkerung zu erzeugen. Wie die Fehlinformationen im Golfkrieg 1991 lanciert wurden, ist bekannt. Dass auch im Krieg gegen den Irak 2003 mit derartigen Mittel gearbeitet wurde, war von den USA und Großbritannien lange bestritten worden, doch auch hier mussten letztlich Manipulationen an Geheimdienstberichten und Beispiele von falschen HeldInnengeschichten eingestanden werden.
Der Politologe Rolf Seip setzt sich in seinem Artikel mit der Geschichte der Kriegspropaganda auseinander. In den beigefügten Links verweisen wir auf die Enthüllungen um Jessica Lynch und David Kelly.
Um die Rolle der Medien in diesem Krieg noch einmal kritisch unter die Lupe zu nehmen, fragten wir den Professor für Allgemeine und Spezielle Journalistik der Universität Leipzig Michael Haller zu seiner Einschätzung der Arbeit von Journalistinnen und Journalisten im Vorfeld bzw. während des Irak-Krieges. Für uns wichtig waren vor allem seine Forderungen an die journalistische Arbeit in Krisensituationen.
Während der Protestaktionen gegen den Krieg tauchten in verschiedenen Städten zu den Friedensdemonstrationen immer wieder Neonazis auf. Sie versuchten mit eigenen Transparenten und Flugblättern – mal mehr, mal weniger erfolgreich – an den Demonstrationen teilzunehmen. Beispiele hierfür sind für den bundesweiten Aktionstag in Berlin am 15. Februar belegt, für Städte wie Halle/Saale, Bad Nauheim oder Fürstenwalde im April 2003. Auf Aufmärschen der Rechtsextremen zu anderen Anlässen tauchten ebenfalls Transparente auf, die z.B. zur Solidarität mit dem Irak aufriefen, oder es wurden eigene Kundgebungen gegen den Irak-Krieg abgehalten, z.B. in Hanau oder Heidelberg. Um dieser Erscheinung der rechten Globalisierungskritik, die auch im Zusammenhang mit anderen sozialen Protesten auftaucht, auf den Grund zu gehen, dokumentieren wir in Auszügen einen Text des Bulletins des Zentrums Demokratische Kultur Berlin.
Die in diesem Dossier vorgestellten Praxisprojekte zeigen, wie Kinder und Jugendliche sich mit Hilfe medienpädagogischer Ansätze mit dem Thema Krieg auseinandersetzen, wie das erfolgreiche Medienprojekt Wuppertal e.V. mit den Filmproduktionen »Hallo Krieg«. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind auch als Streams bei D-A-S-H zu sehen. Die weiteren vorgestellten Projekte, der Hallenser Friedenskreis und der Aktionskreis Frieden Leipzig sowie der Ostermarsch Leipzig e.V., sind seit langem in der antimilitaristischen Arbeit aktiv und geben einen Überblick über ihre Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg und zu anderen Schwerpunktthemen wie Militarisierung, Bundeswehr und Nato aber auch Friedensarbeit in Krisenregionen.
Die Linkliste stellt eine Möglichkeit zur weiteren Recherche dar. Sie ist geordnet nach den Schwerpunkten:
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Allgemeine Informationen über Krieg, Kriegsursachen und Militarisierung
- Informationen zum Krieg im Irak und die darum geführten politischen Auseinandersetzungen
- Initiativen der antimilitaristischen Arbeit und der Friedensbewegung
- Gruppen und Initiativen, die im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg entstanden]
Wie immer befinden sich auch im Anschluss an die einzelnen Texte und Interviews Links, Literatur- und Videohinweise, die direkt auf die Arbeit der einzelnen Gruppen und Personen verweisen bzw. weitere Rechercheansätze darstellen.
* D-A-S-H wird herausgegeben von: JFF - Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, Pfälzer-Wald-Strasse 64, 81539 München.
D-A-S-H wird gefördert im Rahmen des Aktionsprogramms "Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus". D-A-S-H wird durchgeführt mit der Unterstützung des Programms JUGEND der europäischen Gemeinschaft. Der Inhalt dieses Projekts gibt nicht notwendigerweise den Standpunkt der europäischen Gemeinschaft oder der Kommission wieder und sie übernehmen dafür keinerlei Haftung.
D-A-S-H wird zusätzlich unterstützt von der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB).
Quelle: Homepage www.d-a-s-h.org)
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