Bohrend, aufrecht, standfest
Trauer um den linken Politiker Eberhard Dähne
Von Hans-Gerd Öfinger *
Mit dem früheren Frankfurter Stadtverordneten Eberhard Dähne ist dieser Tage ein Pionier linker Kommunalpolitik in Hessen verstorben. Dähne gehörte zum Urgestein der bundesdeutschen Friedensbewegung.
Der 1938 in Bad Freienwalde (Brandenburg) geborene Eberhard Dähne verließ 1953 die DDR und erreichte 1962 an der Uni Kiel den akademischen Grad eines Diplomlandwirts. Als Bundesvorsitzender des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) wurde er im selben Jahr aus der SPD ausgeschlossen. Die Partei hatte sich 1961 von ihrem Hochschulverband und per Unvereinbarkeitsbeschluss von SDS-Mitgliedern und -Sympathisanten getrennt. Dähne setzte sich in den frühen 60er Jahren in Ostermärschen gegen die Wiederbewaffnung und die Stationierung von Atomwaffen in der Bundesrepublik ein.
Ab 1963 war Eberhard Dähne an der Universität Marburg tätig, wo er eng mit dem legendären Professor Wolfgang Abendroth kooperierte und 1972 als Soziologe promovierte. In der mittelhessischen Universitätsstadt wirkte er in den 1970er Jahren als DKP-Stadtverordneter, Ortsvereins-Vorsitzender der Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen (HBV) und Mitglied im DGB-Kreisvorstand.
Von 1973 bis 1989 arbeitete Dähne am Frankfurter Institut für Marxistische Studien und Forschungen und befasste sich mit Klassenanalyse, Gewerkschafts-, Betriebs- und Kommunalpolitik. Aus jener Zeit stammt auch sein »Handbuch für eine alternative kommunalpolitische Praxis«. 1989 verließ er die DKP, ohne damit die Hoffnung auf eine nichtkapitalistische Gesellschaft und eine Rätedemokratie über Bord zu werfen. Das Ziel einer grundlegenden Gesellschaftsveränderung und beharrliche Kleinarbeit für bessere Lebensverhältnisse gehörten für ihn zusammen. 2001 bis 2006 saß Eberhard Dähne als parteiloser Stadtverordneter für die PDS im Frankfurter Rathaus.
Heiner Halberstadt, der mit ihm damals eine Zwei-Mann-Fraktion bildete, erinnert sich an Dähnes unermüdliches Engagement gegen die Privatisierung kommunalen Eigentums und sogenannte PPP-Projekte, vor denen er früh eindringlich warnte: »Eberhard eignete sich durch umfangreiche Akteneinsicht eine intensive Kenntnis der Stadtfinanzen an, äußerte fundierte linke Kritik und debattierte mit dem Stadtkämmerer auf Augenhöhe.« Die letzten 21 Jahre seines Lebens gehörte der langjährige ND-Leser Dähne keiner Partei mehr an. Das Projekt der Neugründung der LINKEN ab 2005 verfolgte er kritisch-konstruktiv. Politische Anpassung waren ihm ebenso zuwider wie dogmatische Alleinvertretungsansprüche, erinnern sich Weggefährten, die ihn als »bohrend und aufrichtig«, »bodenstämmig« und »standfest wie ein Baum« beschreiben. Dähne war naturverbunden und schöpfte auf erlebnisreichen langen Wanderungen mit dem Rücksack durch deutsche Mittelgebirgslandschaften Kraft für den politischen Alltag.
Eberhard Dähne erlag in der vergangenen Woche einem Krebsleiden. Weggefährten, Mitstreiter und Freunde werden ihn und sein Lebenswerk nach der Beisetzung am 18. Mai in einer öffentlichen Trauerfeier in Frankfurt am Main gemeinsam würdigen.
* Aus: Neues Deutschland, 28. April 2010
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