Frankfurt verbietet alles, 11.05.2012
Auch Ordensleute für den Frieden dürfen keine Kundgebung abhalten *
Die Stadt Frankfurt am Main hat immer noch eine Überraschung parat. Nun hat sie sogar eine Kundgebung der Ordensleute für den Frieden, die am 18. Mai stattfinden sollte, verboten. Auch ein Rave wurde untersagt. Damit seien gegen alle angemeldeten Veranstaltungen während der
antikapitalistischen Aktionstage vom 16. bis 19. Mai Verbotsverfügungen eingegangen, erklärte Blockupy Frankfurt am Mittwoch. Das Bündnis ruft an diesen Tagen zu Bankenblockaden, Besetzungen und einer internationalen Großdemonstration in Frankfurt auf.
»Anscheinend ist der Stadt die Sicherheit der Reichen wichtiger als die der Armen, die Freiheit eines Bankers wichtiger als die einer Arbeitslosen«, sagte Pater Gregor Böckermann von den Ordensleuten für den Frieden am Mittwoch. Seit 1990 halten die Ordensleute regelmäßig jeden ersten Donnerstag im Monat eine Mahnwache vor der Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt ab. Sie protestieren damit gegen die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich und fordern ein Wirtschaftssystem, in dem der Mensch und nicht der Profit im Mittelpunkt steht.
Unter dem Motto »Rave against the Troika« wollten Jugendliche am Mittwoch, den 16. Mai, mit einer Tanz-Demo »gegen die unsoziale und undemokratische Krisenpolitik« der Europäischen Zentralbank, des Internationalen Währungsfonds und der EU-Kommission durch die Bankenmetropole ziehen. Immer wieder sei die Rede von der angeblichen Politikverdrossenheit Jugendlicher. Das Verbot der Veranstaltung mache aber vielmehr deutlich, »daß unser Engagement von der Stadt Frankfurt unerwünscht ist«, erklärte Timeela Manandhar von Blockupy.
Das Bündnis ist weiterhin sicher, daß die Proteste stattfinden werden. »Die Verbote werden vor Gericht keinen Bestand haben«, erklärte es am Mittwoch. »Ansonsten wäre der Schritt zur Abschaffung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung und Demonstrationsfreiheit nicht mehr sehr weit«. Rückendeckung bekam die Stadt aus dem Wiesbadener Landtag. Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) verteidigte am Mittwoch ebenso wie die Regierungsfraktionen seiner Partei und der FDP das Totalverbot. »Jeder, der zu Gewalt aufruft, wie schon für Mitte Mai angekündigt, hat sein Recht auf Demonstrationsfreiheit verwirkt«, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Holger Bellino. (jW)
* Aus: junge Welt, Donnerstag, 10. Mai 2012
Landtag streitet über Blockupy
Von Hans Gerd Öfinger **
Das Verbot der internationalen Blockupy-Aktionstage durch die Stadt Frankfurt am Main beschäftigte auch den Hessischen Landtag. Auslöser des einstündigen Schlagabtausches am Mittwoch war ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen von CDU und FDP mit dem Titel »Extremistische Gewalttaten und Infragestellung unseres erfolgreichen Wirtschaftssystems bedrohen die freiheitlich-demokratische Grundordnung«. Ihre Angriffe richteten sich insbesondere gegen die hessische LINKE, die zu den Aktionstagen gegen die Krise in Frankfurt am Main mobilisiert und sich angeblich nicht ausreichend von Gewalttaten am Rande einer linksradikalen Demonstration am 31. März in der Mainmetropole distanziert habe. Deshalb werde sie »zu Recht vom Verfassungsschutz beobachtet«, erklärte der CDU-Abgeordnete Holger Bellino. Die Linksfraktion kritisierte das Verbot aller Protestveranstaltungen über die Himmelfahrtstage als Verletzung der Demonstrationsfreiheit. »Was in New York möglich war, muss auch in Frankfurt möglich sein«, forderte Willi van Ooyen. Ein breites Bündnis bereitet seit Monaten Demonstrationen und Blockaden im Bankenviertel vor.
Auch die SPD kritisierte das Totalverbot. »Das Demonstrationsverbot ist nicht im Sinne der Verfassung«, unterstrich SPD-Mann Gernot Grumbach. Gewaltfreie Proteste gegen Sozialdumping und die aktuelle EU-Politik wie auch die geplanten Blockupy-Demonstrationen seien legitim, »sofern die Grundsätze des Versammlungsrechts eingehalten werden«. Demonstrations- und Versammlungsfreiheit müsse es selbst dann geben, »wenn mit Ausschreitungen Einzelner zu rechnen ist«, so Grumbach. Nun stünden die Behörden in der Verantwortung, die Demonstrationsfreiheit zu sichern. Die Grünen riefen Blockupy-Organisatoren und Frankfurter Ordnungsbehörde dazu auf, aufeinander zuzugehen und in »lösungsorientierten Kooperationsgesprächen« auf friedliche Demonstrationen hinzuwirken. Dabei seien auch die Rechte von Anwohnern und Beschäftigten zu wahren.
* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 10. Mai 2012
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