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Unser Kampf für den Frieden

Von Marat Fjodorowitsch Jegorow *

Marat Fjodorowitsch Jegorow, Teilnehmer der Siegesparade in Moskau 1945, ist Vorsitzender des Friedensfonds von Belarus und Mitglied im Europäischen Friedensforum (epf). Jegorow spricht auf der epf-Konferenz »Nein zur NATO -- Nein zum Krieg. Für eine europäische Friedensordnung«. Die zweitägige Veranstaltung findet am 14./15. März in Berlin im Rahmen der Proteste gegen den bevorstehenden NATO-Jubiläumsgipfel statt. Tagungsort: BBJ Corvus GmbH, Festsaal, Herzbergstraße 84, 10365 Berlin-Lichtenberg. Weitere Informationen: www.gbmev.de (bzw. hier)

Die Veteranen des Großen Vaterländischen Krieges stehen bei uns in den ersten Reihen des Friedenskampfes. Das kommt nicht von ungefähr. Sie haben die Schwere des Krieges, die Leiden und Opfer unmittelbar kennengelernt und wissen das Leben und den Frieden als höchste Güter zu schätzen. Wir helfen als Friedensorganisation, daß sie ihre Gedanken und Erfahrungen jüngeren Generationen nahebringen. Ich selbst habe an verschiedenen Fronten des Krieges gekämpft -- für die Befreiung meiner Heimat, für die Niederwerfung des Faschismus und dafür, daß sich eine solche Katastrophe nicht wiederholt. Mit vielfältigen Aktivitäten -- nicht zuletzt im Europäischen Friedensforum -- wollen wir dieses Vermächtnis bewahren helfen.

Gar zu oft müssen wir feststellen, daß einige Politiker und Regierungen selbstsüchtige Ziele verfolgend Konflikte befördern. Sie entfachen bewaffnete Zusammenstöße zwischen den Völkern und Staaten, wobei sie der Welt weismachen wollen, daß sie eine auf Frieden gerichtete Politik betreiben. Denken wir an den Überfall der USA und der NATO auf Jugoslawien 1999, das nicht bereit war, sich Forderungen der westlichen Politik unterzuordnen. 2003 begannen die USA und ihre »Koalition der Willigen« ihren Krieg gegen den Irak, und die NATO führt heute ihren Krieg in Afghanistan unter dem Vorwand, dem Land Demokratie und der Bevölkerung Menschenrechte zu bringen. In diese Art Politik ordnet sich der Überfall Georgiens auf Südossetien im vergangenen Sommer genauso ein wie die jüngste Aggression Israels gegen Gaza und die damit verbundene menschliche Katastrophe bei den Palästinensern.

Die Aktivisten des belorussischen Friedensfonds sind in der Vergangenheit gegen jegliche Konflikte in allen ihren schrecklichen Erscheinungsformen und für ihre Verhinderung aufgetreten. So auch heute. Um so mehr, weil es notwendig ist, die heimlichen Triebkräfte solcher Konflikte, Kriege und terroristischen Akte, die unschuldige Menschen in den Tod reißen, aufzuzeigen. Der Terrorismus ist vielgesichtig wie das Leben selbst. Dafür sprechen die Terrorakte vom 11. September 2001 in den USA, aber auch in Moskau, Beslan, London, und ihre Akteure, menschenfeindliche Fanatiker, deren Verbrechen wir verurteilen.

Wir bedenken aber auch, daß nicht weit von den Selbstmordattentätern jene Gentlemen in Smoking und Fliege geistig angesiedelt sind, die sich, mit Atomwaffen spielend, in gefährliche Monster verwandeln können. Sie sind bereit, fremde Länder und Städte in Ruinen zu verwandeln. Die Menschheit hat das schon viele Male erlebt, und es schien, als gäbe es keinen Boden für solche Grausamkeiten in unserem demokratischen Jahrhundert.

Nachdem die Sowjetbürger in den Jahren des Zweiten Weltkrieges entscheidend daran mitwirkten, die Menschheit vor dem Untergang, vor der Pest des Hitlerfaschismus und seinen Todeslagern zu retten, hofften wir auf ein neues, ein friedliches Zeitalter. Aber gefehlt. Wie früher gilt die Regel: Für den Starken ist der Schwache immer schuldig.

Die Friedensbewegung in unserem Land versucht, die Wahrheit darüber zu vermitteln, was in der Welt geschieht. Wir wirken mit an der Erziehung und Bildung der heranwachsenden Generationen sowie der Entwicklung einer Kultur des Friedens. Dazu gehört auch, das Eis der Entfremdung zwischen den Völkern zum Schmelzen zu bringen, Freundschaft und gegenseitiges Verstehen herbeizuführen. So beteiligen wir uns aktiv an der Organisation von Ferienlagern mit Kindern und Jugendlichen aus verschiedenen Ländern und unterstützen die europäischen Friedensaktivisten, die mit einer Radfernfahrt von Paris nach Moskau den Gedanken des Friedens über Ländergrenzen tragen.

Uns besuchte eine Delegation aus der BRD. Sie bestand aus sehr unterschiedlichen Teilnehmern, darunter Geistliche, Politiker, Geschäftsleute. Die Gruppe einte der Wunsch, unser Volk kennenzulernen und gute Beziehungen herzustellen. Wie wir wollen auch sie im Frieden leben. Bei der Verabschiedung schenkten wir unseren Gästen ungewöhnliche Souvenirs: Stücke von den in der Zeit der Abrüstung vernichteten sowjetischen SS-12-Raketen. Wir wollten, daß unsere Gäste bei ihrer Rückkehr in die Heimat ihren Freunden und Bekannten ehrlich darüber berichten, wie die Belorussen für die Erhaltung des Friedens eintreten. Ein Mitglied dieser Delegation hat nach der Rückkehr neben seinem Haus eine Stele errichtet. Im Zentrum war ein Oval, in dem zwei goldene Hände den Splitter der Rakete hielten. Das Denkmal soll sagen: Das Leben ist wertvoller als Gold.

Wir streben nach der Einheit der Friedenskräfte aus Ost und West. Deshalb engagieren wir uns im Europäischen Friedensforum und bereiten gemeinsam mit unseren Freunden eine europäische Friedenskonferenz in diesem Monat vor, die im Zusammenhang mit dem zehnten Jahrestag des verbrecherischen Überfalls der NATO auf Jugoslawien die Auflösung dieses anachronistischen Militärbündnisses fordern wird.

* Aus: junge Welt, 11. März 2009


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