Mit Fuchs und Flotte in den Krieg?
Eine Antwort auf Bush und Rumsfeld, Schröder und Scharping - Von Horst-Eberhard Richter und anderen
Auf Initiative von Horst-Eberhard Richter (IPPNW) wurde nachfolgender Text erarbeitet, der in den nächsten Tagen als Anzeige in einer überregionalen Tageszeitung erscheinen soll.
Mit Fuchs und Flotte in den Krieg?
Keine deutschen Soldaten auf arabische Schlachtfelder!
Die Anzeichen verdichten sich. Der Krieg wird von Afghanistan
ausgeweitet. Schon sind US-Truppen auf den Philippinen im Einsatz.
US-Präsident Bush spricht "fundamentalistisch" (Londoner Times) von
der "Achse des Bösen" und nennt Iran, Irak und Nordkorea. Auch
zumindest Somalia und Jemen sind im Visier der USA, die allein
entscheiden.
Der ehemalige republikanische Außenminister Henry Kissinger plädiert
entschieden für Krieg. Er schreibt: "Die Kernfrage ist nicht, ob der
Irak am Terrorangriff gegen die USA beteiligt war, obwohl kein
Zweifel besteht an Kontakten zwischen dem irakischen Geheimdienst
und den Anstiftern. Die irakische Herausforderung ist im
Wesentlichen eine geopolitische. Die Politik des Irak gegenüber den
USA und bestimmten Nachbarländern ist unversöhnlich feindselig.
(....)Wir müssen Amerikas Entschlossenheit beweisen, die regionale
Stabilität, unsere Interessen und die unserer Freunde zu
verteidigen."
Für diese "geopolitischen" Interessen wird nun auch die Bundeswehr
auf die zukünftigen arabischen Schlachtfelder und -meere gesandt.
Sowohl die entsandten Fuchspanzer wie der Flottenverband sind in
diese Aufgabe eingebunden. Wir fordern dagegen: Keine deutschen
Soldaten in den Krieg zu schicken und die Militäreinheiten sofort
zurück zu holen.
Die Last des Krieges tragen die Völker, in weit geringerem Maße die
Kämpfenden. Die Menschenrechte der Unbeteiligten werden auf das
Blutigste verletzt. Den Golf-Krieg und das folgende Embargo mußte
die Bevölkerung des Irak mit weit über einer Million Toten, darunter
über 500.000 Kinder bezahlen. Zwar herrscht im Irak ein
gewalttätiges Regime, das vor Massenmord und Gasangriffen auf die
eigene Bevölkerung nicht zurückschreckte, doch gelang es nicht im
faschistischen Spanien, in Chile, Griechenland, Argentinien und
anderswo Diktaturen ohne Krieg mit allen seinen furchtbaren
materiellen und psychischen Folgen zu überwinden?
Ein neuer Krieg gegen den Irak wird voraussichtlich zu einem
dreifachen Massenmord führen:An der kurdischen Bevölkerung im Norden
und den Schiiten im Süden, die voraussichtlich beim Beginn von
Luftangriffen von den Truppen Bagdads angegriffen werden, und unter
der irakischen Bevölkerung durch den Bomben- und Raketen-Terror der
so genannten Anti-Terror-Allianz. Sollen deutsche Soldaten an
solchem Massenmord, sei es auch nur logistisch, beteiligt sein?
Der 11. 9. 2001 ist kein Freibrief für Krieg und auch nicht für die
Missachtung und Zerstörung des internationales Rechts, das Krieg zur
Durchsetzung von Interessen ausschließt. Kollateral-Tote sind wie
die Opfer des 11.9. Menschen, denen das Menschenrecht auf "Leben,
Freiheit und persönliche Sicherheit" (Artikel 3 der Internationalen
Menschenrechtscharta) geraubt wurde. Wir sagen deshalb:
-
Die Durchsetzung von Menschenrechten erfordert menschenrechtliche
Mittel.
-
Die Herstellung von Gerechtigkeit verlangt die Verwendung von
gerechten Mitteln.
-
Friedenspolitik bedarf der friedlichen, zivilen Mittel zu ihrer
Verwirklichung.
Eine zivile Friedenspolitik ist möglich
Für den Irak ist der UNO ein Verhandlungsmandat zu erteilen mit dem
Ziel, neutrale Waffeninspektoren zuzulassen und das Embargo,
verantwortlich für Hundertausende von Toten, aufzuheben. Im
türkisch-kurdischen Konflikt kann vom Westen im Sinne präventiver
Politik viel zu einer politischen Lösung in der Türkei beigetragen
werden.Im israelisch-palästinensischen Konflikt gilt es, die
Waffenhilfe zu stoppen, internationale Beobachter bzw. Überwachung
durch Dritte durchzusetzen und unmißverständlich für die
Verwirklichung der UN-Beschlüsse einzutreten, die einen
eigenständigen Staat der Palästinenser vorsehen.
Im Weltmaßstab sind die unerträglichsten Belastungen für die armen
Völker aufzuheben. Ein Beispiel: Für nur etwa 5% des internationalen
Militärbudgets, für 40 Mrd. $ jährlich können laut UNDP alle
Menschen mit Wasser und Kläranlagen versorgt, eine
Gesundheitsbetreuung für Schwangerschaften und Geburten organisiert,
die Grundversorgung in Nahrung und Gesundheit gewährleistet und die
Grundausbildung der Kinder gesichert werden. Das ist weniger als die
gegenwärtige Erhöhung des US-Militäretats durch Präsident Bush.
Würde diese Grundversorgung mit Unterstützung der reichen
Industriestaaten ernsthaft und zügig in die Wege geleitet, so würde
es sehr viel schwieriger, Selbstmordattentate vor der islamisch-
arabischen Öffentlichkeit zu rechtfertigen.
Wer "Weltinnenpolitik" sagt, muss eine Vision einer solidarischen
Welt verfolgen und nicht eine neo-liberale Welt, in der die reichen
Länder die armen repressiv nach ihren Interessen globalisieren und
bombardieren. Krieg und Terror sind beides die falschen
Alternativen.
Deutschland und die anderen EU-Staaten haben allen Grund,
militärischem Größenwahn und Weltherrschaftsvorstellungen eine
Absage zu erteilen, die in unserer komplexen Welt nur mehr
Unsicherheit und menschliches Leid bringen können. Statt sich an den
von Bush angekündigten weltweiten Kriegen zu beteiligen und hierfür
aufzurüsten, soll sich die EU als bedeutende politische Kraft der
Lösung von Konflikten mit friedlichen zivilen Mitteln widmen und
Zusammenarbeit fördern. Deutschland kann bei einer solchen Politik
eine wichtige Rolle spielen.
Die Gegner der rücksichtslosen kapitalistischen Globalisierung durch
die großen Konzerne und unkontrollierten Marktkräfte sagen: "Eine
andere Welt ist möglich".
Wir fügen hinzu: Eine nicht-militärische Friedenspolitik kann schon
heute eingeleitet werden. Deshalb, keine deutschen Soldaten auf
arabische und sonstige Schlachtfelder!
Die Bürgerinnen und Bürger unserer Republik fordern wir auf, ihren
Widerstand gegen die eingeleitete Kriegspolitik in allen geeigneten
gewaltfreien Formen zum Ausdruck zu bringen.
Unterzeichnet bisher von (u.a.):
Christoph Bautz (attac), Reiner Braun (NaurwissenschaftlerInnen Initiative für Frieden und Zukunft), Prof. Dr. Andreas Buro (Komitee für Grundrechte und Demokratie), Jürgen
Grässlin (DFG-VK), Regina Hagen (IANUS/INESAP), Matthias Jochheim (IPPNW), Heiko Kaufmann (Pro Asyl), Horst-Eberhard Richter (IPPNW), Paul Russmann (Ohne Rüstung leben), Mani Stenner (Netzwerk Friedenskooperative), Dr. Peter Strutynski (Friedenspolitischer Ratschlag), Horst Trapp (Ostermarsch), Reinhard Voß (Pax
Christi)
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