Abstimmung gegen Afghanistan-Krieg
Friedensbewegung will Druck für Abzug machen
Kassel (ND). Mit einer bundesweiten Abstimmungsaktion will die Friedensbewegung den Druck auf
den Bundestag erhöhen, einer weiteren Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan
nicht zuzustimmen. Bei den Abstimmungen soll der Bevölkerung die Frage vorgelegt werden: »Sind
Sie für die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan?«
»Der Afghanistan-Krieg geht inzwischen in sein neuntes Jahr. Der bisherige Verlauf des Kriegs und
historische Erfahrung lassen heute nur einen Schluss zu: Dieser Krieg kann nicht ›gewonnen‹
werden. Der schnellstmögliche Abzug der NATO-Truppen ist das Gebot der Stunde«, betonen die
Sprecher der
Kampagne »Truppen raus aus Afghanistan«, Reiner Braun und Peter Strutynski. Alle
Versprechungen der Bundesregierung, in Afghanistan einen »umfassenden Ansatz« unter
Einschluss ziviler Komponenten zu praktizieren, hätten sich als Augenwischerei erwiesen. Afghanistan und das Regime in Kabul seien von Stabilität, Wiederaufbau und demokratischer
Legitimität weiter entfernt als je.
Die Ergebnisse der Abstimmungen, die zwischen dem 20. und 28. November durchgeführt werden,
sollen den Abgeordneten des Bundestages zugeleitet und bekanntgemacht werden.
* Aus: Neues Deutschland, 17. November 2009
Neinsager gesucht
Raus aus Afghanistan – Friedensbewegung startet bundesweite Abstimmungsaktion gegen Bundeswehreinsatz am Hindukusch
Von Sebastian Thalheim **
Es ist eine einfache Frage: Sind Sie für die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan? Ab heute kann die Bevölkerung in einer bundesweiten Abstimmung über den Einsatz am Hindukusch entscheiden. Die Wahl läuft im Rahmen der Kampagne »Truppen raus aus Afghanistan«, die am Donnerstag von Laura von Wimmersperg, Moderatorin der Berliner Friedenskoordination, und Uwe Hiksch, Linksparteipolitiker und Sprecher der Naturfreunde e.V., in Berlin vorgestellt wurde. An der Aktion beteiligt sich ein breites Bündnis aus Friedensinitiativen, Gewerkschaften und politischen Parteien.
Zwischen dem 20. und 28. November können die Einwohner aller großen Städte Deutschlands in Schulen, Universitäten, Cafés und an Straßenständen den Wahlzettel ausfüllen. In Berlin soll es allein 80 Stellen geben. Eine Liste der bundesweiten Abstimmungsorte findet sich auf der Internetseite www.afghanistandemo.de.
Eröffnet wird die Aktion am heutigen Freitag (20. Nov.) mit einem Vortrag des US-Deserteurs André Sheperd, der in Berlin über seine Erlebnisse in Afghanistan berichten wird. Enden soll die Kampagne am 28. November mit einer Kundgebung und der Veröffentlichung des Resultates des Votums am Brandenburger Tor. Mit der Abstimmung zur Mandatsverlängerung soll Druck auf den Bundestag ausgeübt werden, der voraussichtlich am 3. Dezember über die weitere deutsche Militärpräsenz am Hindukusch entscheidet. Bekanntlich lehnen zwei Drittel der Deutschen den Kriegseinsatz ab, aber 90 Prozent der Parlamentarier befürworteten ihn.
Die neue Aktion sei »dringend nötig«, erklärte Laura von Wimmersperg. 2009 sei mit Abstand das blutigste Jahr des seit 2001 andauernden Afghanistan-Krieges. 445 ausländische Soldaten und über 1500 Zivilisten seien in diesem Jahr getötet worden. Während der letzten acht Jahre hätten sich die Lebensverhältnisse der Afghanen entscheidend verschlechtert. Acht Millionen Menschen würden an Hunger und Unterernährung leiden, nur 25 Prozent der Bevölkerung hätten Zugang zu sauberem Trinkwasser. Angesichts dieser Tatsachen wollen Kanada, Japan und die Niederlande ihre Truppen abziehen. Drei Milliarden Euro habe die BRD bis heute für den Einsatz in Afghanistan ausgegeben, so Wimmersperg. Mit einem Bruchteil des Geldes hätten Schulen und Krankenhäuser aufgebaut und die Armut verringert werden können. Die Afghanen müssen über ihre Zukunft selber entscheiden, doch solange die militärische Besatzung weitergehe, sei eine friedliche Entwicklung unmöglich, verdeutlichte die erfahrene Friedensaktivistin.
Dessenungeachtet setzten Deutschland und die USA ihren Kriegskurs fort und wollen ihre Truppen weiter aufstocken. Gegen diese Politik muß es einen »breiten Widerstand« geben, verlangte Uwe Hiksch. Mit der Abstimmungsaktion soll endlich wieder die Diskussion in der Bevölkerung angeregt werden. »Die Leute müssen wachgerüttelt und zum Denken angeregt werden«, forderte der Berliner Linke-Politiker. Es müsse ein Bewußtsein geschaffen werden, daß mit dem Militär kein Frieden kommt. »Es wird ein mühsamer Weg sein, aber ein nachhaltiger«, so Hiksch.
Peter Strutynski, Sprecher des Kasseler Friedensratschlags, sieht in der Aktion den Anfang für weitere Kampagnen im kommenden Jahr. Der Druck auf die »Herrschenden« wird zunehmen. Auch wenn Abgeordnete von SPD und Grünen weiterhin für die Mandatsverlängerung stimmen werden, »wird es mehr Neinsager unter den Oppositionsparteien geben als im letzten Jahr«, erklärte Strutynski gegenüber junge Welt. Die Stimmung sei positiv. Viele seien gegen den Krieg, aber die Menschen müßten noch für den Protest überzeugt werden. Die Kampagne »Truppen raus aus Afghanistan« sei hierfür ein erster Schritt.
** Aus: junge Welt, 20. November 2009
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