Friedensbewegung zu Protesten im ganzen Land aufgerufen
Forderung nach Rücktritt des Verteidigungsministers erhoben - Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag im Wortlaut
Im Folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung sowie ein dazu gehöriges Flugblatt (hierf auf als pdf-Datei erhältlich) zu den jüngsten Ereignissen in Afghanistan.
Nach dem Massaker in Afghanistan: Verteidigungsminister Jung muss zurücktreten
Die Bundeswehr aus Afghanistan abziehen!
Am Mittwoch, 09.09., Aktionen im ganzen Land
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
Kassel, Frankfurt, Hamburg, Berlin, 7. September - Im Anschluss an ein
bundesweites Treffen des "Friedensratschlags" am Wochenende in Kassel
erklärte ein Sprecher zur Eskalation des Afghanistankrieges:
Wer immer noch behauptet, dass es sich beim Bundeswehreinsatz in
Afghanistan um einen "Stabilisierungseinsatz" handelt, wer immer noch
leugnet, dass sich Deutschland in Afghanistan in einem Krieg befindet,
lügt sich in die eigene Tasche und belügt die Bevölkerung.
Die Eskalation der Gewalt im Krieg gegen Afghanistan wurde mit dem
Bombardement bei Kundus erneut sichtbar. Für den Tod der 125 Menschen,
darunter eine größere Anzahl Zivilpersonen, ist die Bundeswehr und die
militärische Führung, also Verteidigungsminister Jung verantwortlich.
Die Politikerreden, der NATO-Einsatz richte sich gegen Terroristen und
sei für das Leben und Überleben der Menschen in Afghanistan notwendig
und von den Menschen dort erwünscht, erweisen sich als Schwindel. Dass
bei dem verheerenden Bombenangriff ausschließlich "Taliban" getötet
worden seien, glaubt außer dem Verteidigungsminister niemand. Franz
Josef Jung ist zu einem Sicherheitsrisiko geworden - für die afghanische
Bevölkerung und für die Bundeswehr. Der Minister muss sofort zurücktreten.
Die Lage in Afghanistan wird immer desolater und kritischer. Es gibt
mehr Opfer in der Zivilbevölkerung als je zuvor. Die Inkaufnahme
ziviler Opfer bei dem von der Bundeswehr am vergangenen Freitag
angeforderten NATO-Luftangriff hat noch einmal vor Augen geführt, dass
der Kriegseinsatz der Bundeswehr und der NATO gegen das
Kriegsvölkerrecht verstößt und das Gegenteil von dem bewirkt, was die
Politiker behaupten.
In diesem Jahr sind schon über 800 Zivilisten durch die NATO umgebracht
worden. Krieg ist kein Mittel, den Afghanen Frieden, Demokratie und
Menschenrechte zu bringen. Bomben und Granaten verursachen im Gegenteil
immer neue Gewalt und weitere Zerstörung.
Die ausschließliche Konzentration auf zivile Hilfe, auf
Entwicklungszusammenarbeit und Diplomatie eröffnet einen Ausweg aus der
afghanischen Sackgasse. Der sofortige Abzug der Bundeswehr ist ohne
Alternative.
Zahlreiche Friedensinitiativen werden ab kommenden Mittwoch, 09.09.2009
bundesweit mit Mahnwachen, Flugblattaktionen, Demonstrationen und
Kundgebungen gegen den Krieg in Afghanistan protestieren und den
sofortigen Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan fordern.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)
Aktionstag der Friedensbewegung am Mittwoch, 9. September 2009
Schluss mit dem Krieg!
Verteidigungsminister Jung muss zurücktreten
Bundeswehr raus aus Afghanistan
Bei einem Luftangriff der NATO-Truppe ISAF auf von Taliban entführte
Tanklastwagen sind am 4. Sept. in Nordafghanistan dutzende Menschen
getötet worden. Der deutsche Kommandeur, der den Angriffsbefehl gab,
bedauert das Massaker; Verteidigungsminister Franz Josef Jung leugnet
hartnäckig, dass Zivilpersonen zu Schaden gekommen seien und behauptet,
es seien "ausschließlich Taliban getötet worden". Doch das glaubt
außer ihm keiner. Selbst der oberste NATO-Kommandeur in Afghanistan,
US-General Stanley McChrystal, der sich vor Ort erkundigte, sprach
davon, dass es zivile Opfer gegeben habe. Der afghanische Präsident
Hamid Karsai sprach von rund 90 Toten und Verletzten.
Dieser neuerliche "Zwischenfall" belegt aus Neue, dass es sich in
Afghanistan nicht etwa um einen "Stabilisierungseinsatz" handelt (so
noch am 4. September der Sprecher des Verteidigungsministers), sondern
um einen veritablen Krieg. Einen Krieg, der immer härter und grausamer
geführt wird und in dem zivile Opfer an der Tagesordnung sind. Jahrelang
haben uns die Politiker der Regierungskoalition einzureden versucht, im
Norden Afghanistans, wo die Bundeswehr "Aufbauarbeit" leiste, sei die
Lage ruhig; gekämpft werden nur im Süden und Osten des Landes. Auch
diese Lüge ist längst an der rauen Wirklichkeit zerplatzt. Es wird Zeit,
dass der zuständige Minister wegen andauernden Lügens seinen Hut nimmt.
Der Zweite Weltkrieg, an dessen Beginn vor 70 Jahren am 1. September
erinnert wurde, dauerte weniger als sechs Jahre. Der Krieg des
Westens in Afghanistan geht im Oktober ins neunte Jahr. An diesem
ungleichen Krieg sind insgesamt 40 Staaten mit Soldaten und modernstem
militärische Gerät beteiligt. Weder konnten sie den Gegner in die Knie
zwingen, noch konnten sie sichtbare Erfolge im Kampf gegen die
Kriegsökonomie (Drogenanbau) erzielen, von wirtschaftlichem Aufbau in
scheinbar "ruhigeren" Zonen ganz zu schweigen. Bedenkt man, dass dem
jetzigen Krieg ein 20-jähriger Krieg und Bürgerkrieg vorausging, dann
kann man ermessen, wie sehr die Bevölkerung des Landes darunter zu
leiden hatte und hat.
Verteidigungsminister Jung und die ganze Bundesregierung sollen sich
nicht weiter in die Tasche lügen: Es wird keinen zivilen Aufbau geben,
solange das ausländische Militär in Afghanistan bleibt. Humanitäre
Hilfsorganisationen wie caritas, Welthungerhilfe, medico, Kinderhilfe
Afghanistan u.a. klagen seit Jahren darüber, dass die Verquickung von
ziviler Hilfe und militärischem "Schutz" die zivile Hilfe verunmöglicht.
Der Verband Entwicklungspolitik Deutscher Nichtregierungsorganisationen
e.V. (VENRO) kritisiert schon länger, dass sich die humanitäre Hilfe "im
Windschatten militärischer Interventionen" einzuordnen hat. Der Verband
fordert eine strikte Trennung von militärischen Aktionen und humanitärer
Hilfe. Auch der Vorsitzende der Welthungerhilfe nannte vor wenigen Tagen
die "zivil-militärische Zusammenarbeit" einen "Sündenfall" und forderte
deren strikte Trennung.
Wenn es aber richtig ist, dass zivile Hilfe nur dort ankommt und
wirklich hilft, wo kein Militär ist, dann ist es nur konsequent, wenn
sich das Militär ganz aus Afghanistan verabschiedet. Dies entspricht im
Übrigen dem eindeutigen Mehrheitswillen der Bevölkerung in Deutschland,
wie zahlreiche Umfragen immer wieder bestätigten. Der Bundestag sollte -
in Abkehr seiner bisherigen Politik - die Initiative ergreifen und sich
endlich für ein Ende des Bundeswehreinsatzes einsetzen. Dies entspräche
dem Willen der Bevölkerung.
Die Friedensbewegung ruft in diesen Tagen im ganzen Land zu Aktionen zur
Beendigung des Afghanistankrieges auf.
Wir fordern
-
den Rücktritt von Verteidigungsminister Franz Josef Jung,
- den sofortigen Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan,
- die Verstärkung der ausschließlich zivilen Hilfe, und zwar dort, wo
dies von der afghanischen Bevölkerung gewünscht wird.
Hier geht es zu einer pdf-Version des obigen Flugblatt-Textes:
Aktionstag der Friedensbewegung ....
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