Frieden und Atomausstieg
Ostermärsche 2011: Antikriegsbewegung und AKW-Gegner rücken zusammen und planen gemeinsame Aktivitäten
Von Markus Bernhardt *
Mit einer Demonstration am Sonnabend in Potsdam hat die Friedensbewegung die diesjährige Ostermarschsaison eröffnet. Etwa 150 Menschen nahmen an der Friedensaktion in der brandenburgischen Landeshauptstadt teil, die traditionell nicht am Osterwochenende selbst stattfindet und von der lokalen Friedenskoordination und der »Sozialen Bewegung Land Brandenburg« veranstaltet wird.
Der erste Ostermarsch wurde 1960 in Deutschland durchgeführt. Seitdem protestieren Tausende Menschen Jahr für Jahr gegen Krieg und Aufrüstung. Nachdem die Bewegung in den 1980er Jahren im Rahmen der politischen Auseinandersetzungen um die Aufrüstung der NATO ihren Höhepunkt erreicht hatte, nahmen die Teilnehmerzahlen nach Ende des sogenannten Kalten Krieges ab. Trotz alledem nehmen noch heute insgesamt etwa 100000 Menschen bundesweit an den Veranstaltungen um Ostern teil.
Überschattet werden die diesjährigen Aktivitäten der Friedensbewegung vom Krieg der NATO gegen Libyen und der Atomkatastrophe in Fukushima. Die Antiatombewegung ruft für Ostermontag zu Protesten an zwölf AKW-Standorten in Deutschland auf. Im nordrhein-westfälischen Gronau rechnen die Veranstalter des dortigen Ostermarsches, der am 25. April direkt vor der Urananreicherungsanlage enden soll, mit mehr als 10000 Teilnehmern aus ganz NRW. Die Atomkraftgegner werfen der Firma Urenco, die die Gronauer Anlage betreibt, vor, Uran für den Einsatz in Atomkraftwerken vorzubereiten, ohne das europäische Meiler nicht betrieben werden könnten. Außerdem stehe die Urananreicherung »für die untrennbare Verknüpfung von angeblich friedlicher Atomenergie und Atomwaffen«, so die Kritiker. So sei Pakistans Atombombenprogramm erst durch die Zentrifugen-Anreicherungstechnologie von Urenco ermöglicht worden.
Parallel zu den geplanten Protesten in Gronau findet die Kundgebung des Ostermarsches Ruhr in Dortmund statt. Einen der Schwerpunkte der dortigen Marschierer stellt die Kritik an den zunehmenden Rüstungsexporten Deutschlands dar. So ist die Bundesrepublik drittgrößter Waffendealer. Die Düsseldorfer Firma Rheinmetall stieg mittlerweile zum größten bundesdeutschen Rüstungsproduzenten auf.
Harsche Kritik üben die nordrhein-westfälischen Ostermarschierer auch am gegen Libyen gerichteten Krieg der »Koalition der Willigen«. Der unter dem Kommando der NATO stehende Angriff bewirke genau die Eskalation, vor »der viele Stimmen nicht nur aus der Friedensbewegung gewarnt haben«, heißt es in einer Erklärung des Ostermarschbündnisses. Unter Inkaufnahme zahlreicher ziviler Opfer in der libyschen Bevölkerung wandle die »Kriegskoalition den Bürgerkrieg zu einer militärischen Intervention westlicher Staaten mit ungewissen Folgen für die Menschen in Libyen und der Gesamtregion«, so die Aktivisten weiter.
In Berlin rufen Friedensbewegung und Atomkraftgegner für Ostersamstag (12 Uhr) zu gemeinsamen Protesten vor der Vattenfall-Zentrale in der Chausseestraße auf und fordern die sofortige Stillegung aller AKW. Laut Schätzungen lagern derzeit 22600 Kernwaffen weltweit in den Arsenalen. Als deutschen Beitrag zur atomaren Abrüstung müßten daher die in Büchel lagernden US-Atomwaffen sofort aus der Bundesrepublik abgezogen werden, so die Berliner Ostermarschierer in ihrem Aufruf.
* Aus: junge Welt, 18. April 2011
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